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Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein

Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein

Kernproblem
Genussrechte sind schuldrechtliche Kapitalüberlassungsrechte ohne Mitgliedschaftsrechte an einer Gesellschaft, die einkommensteuerrechtlich je nach der Intensität der Ausstattung mit Vermögensrechten zwischen qualifizierten und einfachen Genussrechten unterschieden werden. Qualifizierte Genussrechte sind steuerlich Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen, wenn diese mit einem Recht am Gewinn als auch am Liquidationserlös verbunden sind. Dagegen war die Veräußerung von einfachen Genussrechten vor Einführung der Abgeltungssteuer nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei, wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2012 entschieden hat. Werden jedoch einem Arbeitnehmer Genussrechte eingeräumt, kann bei Veräußerung steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegen. Wann das der Fall ist, hat der BFH jetzt entschieden.

Sachverhalt
Dem Geschäftsführer einer GmbH wurde im Jahr 2000 ein Genussrecht mit Nennwert gleich Ausgabepreis von 20.000 DM eingeräumt. Das Recht gewährte keine Gesellschafterrechte und konnte grundsätzlich nur an die GmbH veräußert oder übertragen werden. Gut 2 Jahre später wurde das Ende des Genussrechtsverhältnisses auf den 31.12.2003 und ein Rückkaufswert von 1,6 Mio. EUR vereinbart, der mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers, spätestens am 14.1.2004, fällig werden sollte. Der geänderte Vertrag sah im Fall der Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen schuldhaften Verhaltens des Geschäftsführers die vorzeitige Beendigung und Rückzahlung des eingesetzten Kapitals unter Wegfall sämtlicher Zahlungsansprüche vor. Die Zahlung erfolgte im Januar 2004, der Geschäftsführer schied im Juni aus. Das Finanzamt sah zunächst 1,6 Mio. EUR als Arbeitslohn an, zog sodann jedoch den selbst ermittelten Wert des Genussrechts von über 1,1 Mio. EUR ab. Den verbleibenden Betrag von 0,5 Mio. EUR wollte der ausgeschiedene Geschäftsführer im Klageverfahren als steuerfreien Vermögenszuwachs durchfechten, was das Finanzgericht ablehnte.

Entscheidung
Der BFH beließ es bei dem Ergebnis des Finanzamts. Nach dessen Auffassung war der erzielte Überschuss durch das Dienstverhältnis bei der GmbH veranlasst, weil sich der Wert des Genussrechts nach der Übertragung nicht selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis entwickeln konnte. Eine Verwertung war nur durch Veräußerung an die Arbeitgeberin möglich und die Höhe des Rückkaufswerts hing vom Ende des Anstellungsverhältnisses ab. Der Vorteil des Rückkaufs war nicht durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst, sondern die Höhe war vom Verhalten als Arbeitnehmer der GmbH abhängig und somit Belohnung für die Leistung als Arbeitnehmer.

Konsequenz
Der geldwerte Vorteil ist als sonstiger Bezug nicht beim Versprechen der GmbH, sondern bei Auszahlung im Jahr 2004 zugeflossen.

Steuerpflicht von Erträgen aus der Veräußerung von vor dem 1. Januar 2009 erworbenen obligationsähnlichen Genussrechten

BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 – I R 27/12; Änderung des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953)

Der BFH hat in seinem Urteil vom 12. Dezember 2012 – I R 27/12 – entschieden, dass Veräußerungsgewinne aus im Privatvermögen gehaltenen obligationsähnlichen Genussrechten, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, nach Ablauf der Haltefrist nicht steuerbar sind. Er leitet dieses Ergebnis aus § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG ab.

Diese Auffassung steht im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung in Randziffer 319 des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953). Danach ist der Gewinn aus der Veräußerung obligationsähnlicher Genussrechte steuerpflichtig; ein Bestandsschutz besteht nach § 52a Abs. 10 Satz 6 EStG nicht.

Der BFH hat zudem angeführt, dass die Kreditinstitute insoweit das BMF-Schreiben nicht hätten anwenden sollen.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus der Veräußerung von vor dem 1. Januar 2009 erworbenen obligationsähnlichen Genussrechten und der Anwendung des o. g. Urteils Folgendes:

1.)
Auf Grund der Systematik der Abgeltungsteuer bleibt es dabei, dass die Kreditinstitute als Organe der Steuererhebung die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich des Kapitalertragsteuereinbehalts anzuwenden haben (vgl. BT-Drs. 17/3549 Seite 6). Nur so kann verhindert werden, dass der Umfang der Steuererhebung davon abhängig ist, bei welchem Institut der Steuerpflichtige sein Kapital anlegt.

2.)
Randziffer 319 des BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953) wird wie folgt geändert:

„Für die Veräußerung von obligationsähnlichen Genussrechten und Gewinnobligationen i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG in der bis 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung findet § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG (BFH vom 12. Dezember 2012 [BStBl 2013 II Seite …]) Anwendung.“

Das BMF-Schreiben ist insoweit auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Dieses BMF-Schreiben wird gleichzeitig mit dem BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2252 / 07 / 0002:010 vom 12.09.2013