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Auslegung der Satzung einer Kommanditgesellschaft in Bezug auf Beschlussmehrheiten

Auslegung der Satzung einer Kommanditgesellschaft in Bezug auf Beschlussmehrheiten

Rechtslage

Über das Zustandekommen eines Gesellschafterbeschlusses entscheidet die Auszählung der Stimmen. Nach dem GmbH-Gesetz bedarf es zur wirksamen Beschlussfassung grundsätzlich der einfachen Mehrheit, die ausschließlich nach der Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen zu bestimmen ist. Diese kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsätze sind generell auch auf die Publikumsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft (KG) anwendbar. Ist in einem Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft allerdings geregelt, dass über bestimmte Beschlussgegenstände die Mehrheit der anwesenden Stimmen entscheidet, bedeutet das für die schriftliche Beschlussfassung, dass die an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter maßgeblich sind.

Sachverhalt

Der Kläger ist Kommanditist der Beklagten, einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer KG. Der Gesellschaftsvertrag enthält bestimmte Regelungen zur Beschlussfassung; für die dort genannten Gegenstände, u. a. auch die Änderung des Gesellschaftsvertrages, bedarf es einer ¾ Mehrheit der anwesenden Stimmen. Alle anderen Beschlüsse bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Im Jahr 2006 sollte in schriftlicher Abstimmung über die Änderung des Gesellschaftsvertrages beschlossen werden. Dem Kläger wurde sodann mitgeteilt, die Beschlussanträge seien mit der erforderlichen Mehrheit angenommen worden. Hiergegen wandte sich der Kläger und begehrte die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses.

Entscheidung

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs wurden die angefochtenen Änderungsbeschlüsse mit der satzungsmäßig festgelegten Stimmenmehrheit gefasst. Die entsprechende Regelung verlangt für das Zustandekommen eines Beschlusses nicht die 75 %ige Mehrheit aller, sondern lediglich der an der Abstimmung teilnehmenden Gesellschafter. Bei schriftlicher Beschlussfassung sind unter „anwesenden“ Stimmen nur die Gesellschafter gemeint, die sich an der schriftlichen Abstimmung beteiligen. Auch im schriftlichen Verfahren besteht zwischen der Mehrheit der anwesenden (teilnehmenden) und der Mehrheit der abgegebenen Stimmen ein Unterschied. Denn auch derjenige, der am schriftlichen Verfahren teilnimmt, kann sich der Stimme enthalten. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages ergab daher, dass die Mehrheit der anwesenden Stimmen als Mehrheit aller teilnehmenden und nicht als Mehrheit der mit Ja oder Nein stimmenden Gesellschafter zu verstehen ist.

Konsequenz

Wie die Mehrheit bei Gesellschafterbeschlüssen zu verstehen ist, bedarf der klaren Formulierung. Gewollte inhaltliche Unterschiede sind deutlich im Gesellschaftsvertrag herauszuarbeiten.

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Kernaussage

Der Insolvenzverwalter verschiedener insolventer Falk-Fonds kann die Treugeberkommanditisten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen in Anspruch nehmen, soweit die gezahlten Einlagen den Anlegern zurückgezahlt wurden. Zwar trifft die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe seiner Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin. Diese kann von den Anlegern jedoch verlangen, von der Haftung freigestellt zu werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter mehrerer Fonds der Immobilienfondsgruppe Falk in der Form einer Kommanditgesellschaft. Die Beklagten der 8 Parallelverfahren waren über eine von der Treuhandkommanditistin zu verwaltende Einlage wirtschaftlich an der KG beteiligt. Gemäß dem Treuhandvertrag hatten die Treugeber die Treuhänderin entsprechend ihrem Anteil an der Kommanditbeteiligung von einer persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft freizustellen. Die Beklagten erhielten jährliche Ausschüttungen von 5 % ihrer über die Treuhänderin geleisteten Einlagen, obwohl die Fonds teilweise von Anfang an Verluste erwirtschafteten bzw. größtenteils nicht durch Gewinne gedeckt waren. Der Kläger nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Kommanditistenhaftung (§§ 171, 172 Abs. 4 HGB) auf Rückzahlung der Ausschüttungen in Anspruch.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab den Klagen (überwiegend) statt. Der BGH hat zwar seine Ansicht bestätigt, dass die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe der Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin trifft. Diese kann jedoch verlangen, dass die Anleger sie von der Haftung freistellen. Mit der Abtretung wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, so dass die beklagten Anleger dem Kläger die Ausschüttungen zurückzuzahlen haben, bis die Rückgewähr ihrer Kommanditeinlagen wieder ausgeglichen ist. Eine solche Abtretung verstößt weder gegen ein gesetzliches noch vertragliches Abtretungsverbot.

Konsequenz

Anleger können sich nicht mit dem Argument vor der Inanspruchnahme schützen, dass alle Zahlungen über eine Treuhandkommanditistin gelaufen sind und sie nur zu dieser in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis stehen. Der Freistellungsanspruch begründet nämlich die Haftung der Anleger. Die mit diesen Urteilen geklärten Rechtsfragen können generelle Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung von Immobilienfonds haben.