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Bedrohung eines Vorgesetzen ist fristloser Kündigungsgrund

Bedrohung eines Vorgesetzen ist fristloser Kündigungsgrund

Kernfrage

Eine fristlose Kündigung langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist schwierig. In der Regel rechtfertigt die lange Betriebszugehörigkeit eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers mit der Folge, dass bei Bestehen eines Kündigungsgrundes lediglich eine Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist möglich ist. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hatte nunmehr darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzung eine Bedrohung dieses Kriterium erfüllt.

Sachverhalt

Der Kläger war 25 Jahre beim Arbeitgeber als Straßenbauer beschäftigt. Während der Arbeit bedrohte er, obwohl bereits einmal einschlägig abgemahnt, einen Vorgesetzten mit den Worten: „Ich hau Dir in die Fresse, ich nehme es in Kauf, gekündigt zu werden, der kriegt von mir eine Schönheitsoperation, wenn ich dann die Kündigung kriege, ist mir das egal.“ Darauf sprach der Arbeitgeber, eine Kommune, die fristlose Kündigung aus. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Die gegenüber dem Vorgesetzten ausgesprochene Bedrohung erfülle den strafrechtliche Tatbestand der Bedrohung. Eine (weitere) Abmahnung sei nicht mehr erforderlich gewesen; entscheidend sei die Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestands. Hinzu komme, dass der Kläger nicht habe beweisen können, zuvor massiv provoziert worden zu sein.

Konsequenz

Auch wenn es das Gericht durch die bereits bestehende einschlägige Abmahnung im konkreten Fall vergleichsweise einfach hatte, zeigt die Entscheidung, dass eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung weiterhin die Erfüllung eines Straftatbestands durch den Arbeitnehmer voraussetzt.

Private Internetnutzung nicht ohne weiteres Kündigungsgrund

Private Internetnutzung nicht ohne weiteres Kündigungsgrund

Rechtslage

Die unzulässige private Internetnutzung während der Arbeitszeit ist oftmals Auslöser von fristlosen Kündigungen. Dabei gilt im arbeitsrechtlichen Bereich, dass die exzessive private Nutzung und/oder die Nutzung für straferhebliche oder pornografische Zwecke auch eine sofortige fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte nunmehr zu den Rahmenbedingungen einer solchen Kündigung im öffentlichen Dienst zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger war lange im öffentlichen Dienst beschäftigt und Mitglied des Personalrates. Ihm stand ein Computer zur Verfügung, den er zu privaten Zwecken (innerhalb eines Zeitraums von 7 Wochen an insgesamt zwölf Tagen jeweils eine Stunde) nutzte. Auf dieser Grundlage sollte der Arbeitnehmer fristlos aus dem öffentlichen Dienst entlassen werden. Die für die Kündigung erforderliche Zustimmung des Personalrates versuchte der Arbeitgeber auf gerichtlichem Weg zu erlangen.

Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen sah – anders als noch die erste Instanz – keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung. Auf Kündigungen im öffentlichen Dienst, die auf unzulässige private Computernutzung gestützt würden, seien die in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze anzuwenden. Danach sei eine fristlose Kündigung zwar bei exzessiver bzw. ausschweifender privater Nutzung während der Arbeitszeit möglich. Die erforderlichen Schwellen seien aber nicht erreicht. Hinzu komme, dass die vorgeworfene Nutzung teilweise außerhalb der nach dem Dienstplan zu leistenden Arbeitszeit liege, und das Arbeitsverhältnis bisher unbeanstandet war.

Konsequenz

Im öffentlichen Dienst finden auf Kündigungen wegen unzulässiger privater Internetnutzung die arbeitsrechtlichen Grundsätze Anwendung. Öffentliches Sonderrecht gibt es insoweit nicht.

Ein Buch als Kündigungsgrund?

Ein Buch als Kündigungsgrund?

Rechtslage

Wenn Arbeitnehmer Bücher schreiben und diese einen engen Bezug zum Arbeitsplatz aufweisen, besteht die Gefahr, dass das Arbeitsverhältnis empfindlich gestört wird. Die (vermeintliche) Kunstfreiheit steht dann im direkten Gegensatz zum Betriebsfrieden. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte in einer solchen Konstellation zu dem Buch „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“ zu entscheiden.

Sachverhalt

Ein seit langem beschäftigter Arbeitnehmer, und Mitglied des Betriebsrats des Unternehmens, hatte einen Roman über den Arbeitsalltag geschrieben. Dabei hatte er unter anderem einem „fiktiven“ Kollegen Rauschmittelkonsum vorgeworfen, den „fiktiven“ Juniorchef als entscheidungsunwilligen Feigling tituliert und der „fiktiven“ Chefin die intellektuelle Kapazität abgesprochen. Sein Buch bot er Kollegen während der Arbeitszeit zum Kauf an. Nachdem der Arbeitgeber hiervon und vom Inhalt des Buches Kenntnis erlangt hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats fristlos. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Roman beleidigende, sexistische und ausländerfeindliche Inhalte habe, die Romanfiguren tatsächlichen Personen nachempfunden gewesen seien und durch das Buch der Betriebsfrieden unwiederbringlich zerstört worden sei. Allerdings musste der Arbeitgeber einräumen, dass die im Roman überspitzt dargestellten Verhältnisse nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen. Der Arbeitnehmer berief sich auf die Kunstfreiheit und erhob Kündigungsschutzklage.

Entscheidung

Das Gericht gab dem Arbeitnehmer Recht, ließ jedoch angesichts des Spannungsfeldes zwischen Betriebsfrieden einerseits und Kunstfreiheit andererseits ausdrücklich die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. In seiner Begründung stellte das Gericht darauf ab, dass es sich um einen fiktiven Roman handele und selbst der Arbeitgeber eingestehen müsse, dass die Verhältnisse überspitzt gezeichnet seien. Die Kunstfreiheit überwiege, zumal erst dann nicht mehr von einem fiktiven Roman ausgegangen werden könne, wenn alle Eigenschaften einer Romanfigur dem tatsächlichen Vorbild entsprächen.

Konsequenz

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird mit Spannung abzuwarten sein. Insbesondere die Tatsache, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zur fristlosen Kündigung gegenüber einem seiner Mitglieder erteilt hatte, dürfte den Schluss zulassen, dass wenigstens betriebsintern jeder wusste, wer gemeint war. Auch wenn die Kunstfreiheit durch das Grundgesetz garantiert ist, wird man sich fragen müssen, ob guter Geschmack und Umgang im Arbeitsverhältnis nicht doch Berücksichtigung finden sollten.

Abmahnung verbraucht Kündigungsgrund auch bei Straftat

Abmahnung verbraucht Kündigungsgrund auch bei Straftat

Kernfrage

Begeht ein Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung, ist es am Arbeitgeber, zu entscheiden, mit welcher Sanktion, Abmahnung oder Kündigung, er reagiert. Wählt er die Abmahnung, stellt sich die Frage, ob er aus dem gleichen Grund noch kündigen kann. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte in einer solchen Konstellation zu entscheiden, ob eine zunächst abgemahnte Straftat nach Verurteilung noch zur Kündigung berechtigt.

Sachverhalt

Der Kläger war Justizangestellter und hatte einen Kollegen über einen Durchsuchungsbeschluss gegen ein Kind des Kollegen unterrichtet und war hierfür zunächst abgemahnt worden. In dem im Anschluss gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahren wurde er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, worauf hin der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos hilfsweise fristgerecht kündigte. Die hiergegen geführte Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Entscheidung

Der Arbeitgeber konnte das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der (nachträglichen) Verurteilung kündigen. Zwar wäre die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Straftat zulässig und möglich gewesen. Weil der Arbeitgeber aber die Abmahnung wählte, war der Kündigungsgrund verbraucht. Nach Ansicht der Richter stellte die Verurteilung insoweit keine neue Tatsache dar, zumal sie sich auf den abgemahnten Sachverhalt bezog.

Konsequenz

Der Arbeitgeber muss sich bei jeder Pflichtverletzung entscheiden, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen er zieht. Dies gilt auch im Straftatbereich. Er kann nicht zunächst abmahnen, um dann abzuwarten, wie sich ein Strafverfahren entwickelt.