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Mantelkaufregelung des § 8c KStG verfassungswidrig?

Mantelkaufregelung des § 8c KStG verfassungswidrig?

Kernproblem

Die Übertragung von GmbH-Anteilen führt nach § 8c KStG grundsätzlich zu einem anteiligen Untergang von Verlustvorträgen, wenn und soweit mehr als 25 % der Anteile übertragen werden. Werden mehr als 50 % der Anteile übertragen, gehen die Verlustvorträge sogar vollständig unter. Hierdurch soll der missbräuchliche Handel mit reinen Verlustgesellschaften verhindert werden, da es für Erwerber durchaus von Interesse sein kann, deren Verlustvorträge zu übernehmen, um sie mit eigenen Gewinnen zu verrechnen. Da die sog. Mantelkaufregelung des § 8c KStG aber nicht nur die missbräuchliche Übertragung solcher (meist „leeren“) Verlustgesellschaften betrifft, wird die Regelung seit jeher im Schrifttum stark kritisiert. Ob bzw. inwieweit die dabei vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken zutreffend sind, wird nunmehr vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden sein.

Sachverhalt

An einer im Jahr 2006 gegründeten GmbH waren 2 Gesellschafter mit einem Anteil von 13.000 EUR bzw. 12.000 EUR beteiligt. Nachdem die Gesellschaft in den ersten beiden Jahren Verluste von insgesamt ca. 600.000 EUR erlitt, konnte sie in 2008 einen Gewinn in etwa gleicher Höhe erzielen. Die Finanzverwaltung versagte indes teilweise den Ausgleich dieses Gewinns mit den vorgetragenen Verlusten, da der Minderheitsgesellschafter seinen Anteil von 12.000 EUR in 2008 an einen Dritten veräußerte. Aufgrund der Übertragung von 48 % der Anteile kürzte das Finanzamt den Verlustvortrag entsprechend, mit der Folge einer erheblichen Steuermehrbelastung in 2008. Hiergegen reichte die GmbH Klage beim Finanzgericht ein, mit der Begründung, die Regelung sei verfassungswidrig.

Entscheidung

Das FG Hamburg teilt die Bedenken der GmbH. Die Mantelkaufregelung verstoße im Fall eines Gesellschafterwechsels gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und das in ihm begründete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Da jedoch die Befugnis, über den Verstoß einer Vorschrift gegen die Verfassung zu urteilen, einzig dem Bundesverfassungsgericht obliegt, hat das Finanzgericht den Richtern in Karlsruhe die Prüfung des § 8c KStG zur Entscheidung vorgelegt.

Konsequenzen

Aufgrund der Vielzahl der geäußerten Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 8c KStG, die wohl auch vom BFH geteilt werden, war es letztendlich nur noch eine Frage der Zeit, bis die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurde. Zu beachten ist jedoch, dass die Vorlage den § 8c KStG in seiner ursprünglichen Fassung betrifft. Die Regelung des § 8c KStG ist indes zwischenzeitlich durch die Einführung einer Konzern- und Stille-Reserven-Klausel teilweise entschärft worden. Die ebenfalls eingeführte Sanierungsklausel ist nach einer Entscheidung der Europäischen Kommission indes europarechtswidrig und (vorerst) nicht mehr anzuwenden. Ob bzw. inwieweit durch die nachträgliche Einführung der genannten Klauseln verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt werden können, ist fraglich. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur ursprünglichen Fassung bleibt indes mit Spannung abzuwarten, entsprechende Fälle sollten in der Praxis offen gehalten werden.