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Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz Betriebsprüfung

Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz Betriebsprüfung

Kernaussage

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hatte mit Urteil aus dem Jahr 2011 festgestellt, dass ein bestandskräftiger Bescheid über die Betriebsprüfung der Rentenversicherung eine weitere Nachforderung für den gleichen Zeitraum verhindern kann. Die Spitzenverbände der Sozialversicherung entschieden hingegen, dass dieses Urteil keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und der Feststellung grundsätzlich nicht zu folgen ist.

Entscheidung

Der Rentenversicherungsträger hatte bei dem klagenden Entsorgungsunternehmen eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2004 durchgeführt, die zu einer Beitragsnachforderung führte. Der Beitragsbescheid war bestandskräftig geworden. Wenige Jahre später wurden dieselben Jahre auch vom Finanzamt geprüft. Den entsprechenden Prüfungsbescheid des Finanzamts wertete auch der Rentenversicherungsträger aus und machte weitere Nachforderungen für den bereits geprüften Zeitraum geltend. Dies sei unzulässig, urteilte das LSG, denn die Jahre wurden bereits geprüft und bestandskräftig beschieden. Solange der bestandskräftige Bescheid nicht zurückgenommen werde, hindere er weitere Nachforderungen.

Ansicht des GKV Spitzenverbandes

Die Spitzenorganisationen stellen sich ausdrücklich gegen diese Rechtsprechung und meinen, die Prüfungen der Rentenversicherungsträger sind nur auf Stichproben beschränkt. Eine Verpflichtung zur vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten besteht nicht. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Insbesondere sollen sie den Arbeitgeber als Beitragsschuldner weder schützen noch Entlastung erteilen. Arbeitgeber können sich daher nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn ein Sachverhalt bei einer vorherigen Betriebsprüfung unbeanstandet blieb.

Konsequenz

In vielen Fällen weiß der Arbeitgeber, für welche Sachverhalte Sozialversicherungsbeträge fällig werden. Die Ansprüche aus vorsätzlich vorenthaltenden Beiträgen verjähren erst in 30 Jahren. In Zweifelsfragen haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Recht, rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen, die sodann bindend ist. Im Hinblick auf diese weitreichenden Konsequenzen aufgrund langer Verjährungsfristen sollte im Zweifel ein Berater hinzugezogen werden.