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Prozesshandlungen von Nebenintervenienten bleiben immer wirksam

Prozesshandlungen von Nebenintervenienten bleiben immer wirksam

Kernaussage
Eine Aktiengesellschaft (AG) wird im Rechtsstreit mit ihren Vorständen durch den Aufsichtsrat als Organ vertreten. Tritt ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied dem Rechtsstreit auf Seiten der AG bei (sog. Nebenintervention), behalten die von ihm bis zur Zurückweisung seines Beitritts wirksam vorgenommenen Prozesshandlungen auch nach Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung ihre Wirksamkeit.

Sachverhalt
Die Beklagte ist eine AG, an der 2 zerstrittene Familienstämme über eine Holding beteiligt sind. Die Kläger wurden wirksam zu Mitgliedern des Vorstandes berufen. Gerichtlich wenden sie sich gegen einen Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats. Dieser stimmte mit 3:3 Stimmen ab. Gemäß der Satzung der beklagten AG führt Stimmgleichheit zur Ablehnung des Beschlussantrags. Der Aufsichtsratsvorsitzende entschied aber, dass die Stimmen gegen die Abberufung missbräuchlich ausgeübt wurden und damit nicht zu berücksichtigen seien. Infolge dessen waren die Vorstände mit 3:0 Stimmen abberufen. Das Landgericht gab den Klägern Recht. Hiergegen legte die AG Berufung durch einen Prozessbevollmächtigten ein, der nur durch den Aufsichtsratsvorsitzenden bevollmächtigt wurde. Innerhalb der Berufungsfrist trat ein Aufsichtsratsmitglied dem Rechtsstreit auf Seiten der AG bei und legte gleichfalls Berufung ein. Das Oberlandesgericht verwarf die Berufung als unzulässig, da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zur Einlegung des Rechtsmittels nicht wirksam bevollmächtigt gewesen sei. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte, dass die Berufung nicht als unzulässig hätte verworfen werden dürfen. Die von einem Nebenintervenienten bis zur rechtskräftigen Zurückweisung seines Beitritts vorgenommenen Prozesshandlungen behalten ihre Wirksamkeit. Er kann daher mit Wirkung für die Beklagte Berufung einlegen und Anträge stellen. Dahingegen wird die AG im Rechtsstreit mit dem Vorstand von Ihrem Aufsichtsrat als Gremium vertreten. Der Vorgang der einheitlichen Willensbildung im Aufsichtsrat kann nicht durch Entscheidung eines Mitglieds bzw. des Vorsitzenden ersetzt werden. Erteilt dieser eine Prozessvollmacht ohne zuvor die Einwilligung des Aufsichtsrats eingeholt zu haben, kann der Aufsichtsrat diese Handlung und die bisherige Prozessführung durch Mehrheitsbeschluss genehmigen.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht prozessuale Tücken. Dennoch sollte stets auf die ordnungsgemäße Vertretung einer juristischen Person geachtet werden, um somit ein Scheitern des Prozesses aus formellen Aspekten zu vermeiden.