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Warum Kaffee nicht begünstigt ist, Latte Macchiato aber ggf. doch

Warum Kaffee nicht begünstigt ist, Latte Macchiato aber ggf. doch

Einführung
Die Differenzierung zwischen ermäßigtem und Regelsteuersatz ist regelmäßig Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen. Ursache hierfür ist, dass die Unterscheidung häufig weder logischem Denken zugänglich noch gerecht ist. Ein Paradebeispiel hierfür liefert eine aktuelle Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M., die sich mit der Begünstigung für Kaffee auseinandersetzt. Grund für die Verfügung ist, dass Unternehmer unter Berufung auf die Rechtsprechung zur Abgrenzung von begünstigten Lebensmitteln zu nicht begünstigten Restaurationsleistungen, Kaffee zum ermäßigten Steuersatz anbieten. Dies gilt wohl insbesondere für Kaffee der zur Mitnahme durch den Kunden gedacht ist („coffee-to-go“), da hier definitiv keine Restaurationsleistungen vorliegen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD verweist darauf, dass zubereiteter Kaffee jedoch nicht als begünstigtes Lebensmittel angesehen wird, sondern lediglich Kaffeebohnen oder -pulver. Demnach unterliegt zubereiteter Kaffee, als nichtalkoholisches Getränk, dem Regelsteuersatz. Dagegen kann ein Latte Macchiato als Milchmischgetränk begünstigt sein, sofern der Milchanteil mindestens 75 % beträgt.

Konsequenzen
Wer glaubt er könnte dem Problem entgehen, in dem er Tee trinkt, irrt. Hier gelten die gleichen Grundsätze. Begünstigt ist nur der „Rohstoff“ nicht jedoch die zubereiteten Getränke. Dies soll selbst dann gelten, wenn sich der Kunde das Getränk am Automaten aus Kaffeepulver mit heißem Wasser selbst herstellen muss. Hier führt das Mischen von 2 für sich begünstigten Ingredienzien zur Versagung der Begünstigung, also quasi „7 % und 7 % gleich 19 %“. Wer jedoch unbedingt begünstigt Kaffee trinken möchte, sollte darauf bestehen einen Latte Macchiato mit mindestens 75 % Milchanteil zu erhalten, der dann aber nicht vor Ort getrunken werden darf. Wenn die Verfügung eines verständlich aufzeigt, dann, dass die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes, die oft propagiert, aber nie ernsthaft angegangen wurde, einen wesentlichen Beitrag zu einem einfacheren und „gerechteren“ Umsatzsteuerrecht leisten würde.

Bei Zimmervermietung an Prostituierte gilt der Regelsteuersatz (19 %)

Bei Zimmervermietung an Prostituierte gilt der Regelsteuersatz (19 %)

Kernaussage

Wer in einem Eroscenter Zimmer an Prostituierte entgeltlich überlässt, vermietet keine „Wohn- und Schlafräume zur kurzfristigen Beherbergung“ (sog. Hotelsteuer) und muss seine Leistungen deshalb dem Regelsteuersatz (19 %) unterwerfen.

Sachverhalt

Ein Bordellbesitzer vermietete Zimmer an Prostituierte. Diese sog. Erotikzimmer waren mit Doppelbett, Waschbecken, WC, Bidet, Whirlpool und Spiegeln ausgestattet. Der Tagespreis (je nach Ausstattung 110 bis 170 EUR) umfasste volle Verpflegung; Bettwäsche und Handtücher wurden gestellt. Die Flure zu den Zimmern waren videoüberwacht. Der Bordellbetreiber verzichtete auf die Steuerfreiheit und unterwarf die Leistungen in der Umsatzsteuervoranmeldung dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Finanzamt und Finanzgericht versteuerten die Umsätze nach dem Regelsteuersatz.

Entscheidung

Das sah der Bundesfinanzhof (BFH) genauso. Vermietet ein Unternehmer Wohn- und Schlafräume, die er zur kurzfristen Beherbergung von Fremden bereithält, so ist diese Leistung anders als die auf Dauer angelegte Vermietung steuerpflichtig (§ 4 Nr. 12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes – UStG –), unterliegt aber nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz. Bei einem Bordell fehlt es am Tatbestandsmerkmal der „Beherbergung“. Die Zimmer werden den Prostituierten zur Ausübung gewerblicher Tätigkeiten überlassen.

Konsequenz

Der BFH führte in seiner Urteilsbegründung noch aus, dass die von der Klägerin überlassenen Zimmer gerade nicht für Wohn- oder Schlafzwecke, sondern für gewerbliche Zwecke zur Erbringung sexueller Dienstleistungen genutzt worden seien. Im Gegensatz hierzu würden Hotelzimmer als Wohn- und Schlafräume und nicht als Gewerberäume überlassen. Die Prostituierten hätten zudem nicht für eine Beherbergungsleistung, sondern für die zur Ausübung der Prostitution erforderliche Infrastruktur, wie z. B. die Videoüberwachung zur Gewährleistung der Sicherheit gezahlt. Auch sei ein Bordellbetrieb keine einem Hotel ähnliche Einrichtung, wie dies das Unionsrecht voraussetze. Eine teilweise Anwendung des ermäßigten Steuersatzes komme nicht in Betracht, da die teilweise Nutzung zur Beherbergung hinter der Nutzung für gewerbliche Zwecke der Prostitution zurücktrete. Ob die Leistung als Vermietung steuerfrei sei (§ 4 Nr. 12 UStG) oder eine steuerpflichtige sonstige Leistung eigener Art vorliege, könne offen bleiben, da die Klägerin zumindest auf die Steuerfreiheit verzichtet habe (§ 9 Abs. 1 UStG).