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Verfassungswidrigkeit des Gewerbesteuergesetzes?

Das Finanzgericht Hamburg hat dem Bundesverfassungsgericht mit Vorlagebeschluss vom 29.2.2012 (Az. 1 K 138/10) die Frage vorgelegt, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist.

In dem zugrunde liegenden Verfahren pachtete die Klägerin die für ihren Tankstellenbetrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Die abweichende Rechtslage bei der Gewerbebesteuerung, bei der u.a. Zinsen, Mieten und Pachten (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG) dem Gewinn wieder hinzu-gerechnet werden, hält der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1GG) für verfassungswidrig.

Im Bereich des Steuerrechts fordere der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG) zu bestimmen sei. Erwirtschafte der Gewerbetreibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und werde dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, sei das sogenannte Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt. Rechtfertigungsgründe, die dem verfassungsrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip mindestens gleichrangig seien, gebe es hierfür nicht. Die bisher angenommenen Rechtfertigungsgründe (z.B. Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, Äquivalenzprinzip, Gleichstellung des Fremdkapitaleinsatzes mit dem Eigenkapitaleinsatz) hält der 1. Senat für unzureichend.