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Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Vermächtnis und Versorgungsrente

Wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Vermächtnis und Versorgungsrente

Kernfrage
Kommt es im Erbgang zum Erwerb von Betriebsvermögen, werden dafür, soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensprivilegien gewährt. Muss der Erwerber zusätzlich Verbindlichkeiten übernehmen, die im Zusammenhang mit dem Betriebsvermögen stehen, werden diese Verbindlichkeiten nicht als voll abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten behandelt. Sie werden statt dessen nur anteilig im Verhältnis des nach Anwendung der Betriebsvermögensprivilegien anzusetzenden Wertes dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung der Privilegien mindernd berücksichtigt. Das Finanzgericht Münster hatte darüber zu befinden, wann ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.

Sachverhalt
Die Klägerin erhielt als Vermächtnis von ihrem Vater Anteile an einer GmbH und einer Kommanditgesellschaft (KG). Gleichzeitig musste sie im Wege eines Untervermächtnisses eine lebenslange Versorgungsrente an ihre Mutter zahlen. Das Finanzamt gewährte Betriebsvermögensprivilegien, zog aber nur den Kapitalwert der Versorgungsrente anteilig ab. Die Klägerin beantragte den vollen Abzug der Versorgungsrente, unterlag aber vor dem Finanzgericht.

Entscheidung
Die anteilige Kürzung der Versorgungsrente ist aufgrund ihres wirtschaftliche Zusammenhang mit dem begünstigten Betriebsvermögen zutreffend erfolgt. Die Klägerin habe das begünstigte Vermögen nicht erwerben können, ohne verpflichtet gewesen zu sein, eine Versorgungsrente zu zahlen. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang sei entgegen anderslautender Literaturstimmen auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei dem Untervermächtnis dem Grunde nach um eine private Schuld der Erwerberin handele. Ebenfalls spiele es keine Rolle, dass die Versorgungsrente als Verbindlichkeit (bei der Klägerin) und Erwerb (bei der Mutter) mit einem unterschiedlichen Wert zum Ansatz komme. Für die Mutter stelle das Untervermächtnis einen eigenständig erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb dar.

Konsequenz
Auf ersten Blick scheint die Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Erwerb des Betriebsvermögens und Verpflichtung zur Versorgungsrente zutreffend; allerdings lässt das Urteil die Frage der unterschiedlichen Wertansätze ein und derselben erbrechtlichen Regelungen beim Erwerber und Rentenberechtigten offen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ist rechtshängig.

Zinsen aus einem Vermächtnis mit hinausgeschobener Fälligkeit

Finanzgericht Düsseldorf, 16 K 3701/12 E

Datum: 14.02.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: Einzelrichter des 16. Senats
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 16 K 3701/12 E
Tenor: Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

1Tatbestand

2Die Kläger sind für das Streitjahr 2006 durch Bescheid vom 25.7.2012 zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Streitig ist, ob Zinsen in Höhe von 51.250  Euro im Zusammenhang mit einem Vermächtnis des Vaters des Klägers als Einnahmen aus Kapitalvermögen des Klägers zu qualifizieren sind.

3Die Eltern des Klägers hatten am 31.1.2000 ein Testament errichtet. Nach dem Tod des Vaters des Klägers wurde am 21.8.2001 das Testament eröffnet. Unter anderem war darin bestimmt (Nr. 4 des Testaments), dass der Kläger beim Tod des Erstversterbenden Elternteils als Vermächtnis einen Geldbetrag in Höhe des beim Tod des Erstversterbenden geltenden Freibetrages bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer erhalten sollte. Der Betrag sei fünf Jahre nach dem Tod fällig und bis dahin mit 5 % p.a. zu verzinsen.

4Mit Vertrag vom 27.6.2007 verzichtete die Mutter des Klägers auf ihre Nießbrauchs-rechte an verschiedenen Immobilien. Der darin für den Kläger liegende Vermögensvorteil wurde von den Beteiligten mit 456.825,02 Euro beziffert. Im Gegenzug („Gegenleistung“) stellte der Kläger seine Mutter von einem (Rest-) Darlehen i.H.v. 20.000 Euro frei und verzichtete auf seine Ansprüche aus dem vorgenannten Vermächtnis. Letztgenannter Anspruch betrug 205.000 Euro (Freibetrag § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftssteuergesetzes –ErbStG- in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) zzgl. der Verzinsung in Höhe von 61.640 Euro. Die Verzinsung bis zum Ablauf von fünf Jahren nach dem Tod des Vaters (21.8.2006) hatte 51.250 Euro betragen.

5Der Beklagte hatte zunächst für den Veranlagungszeitraum 2007 die Zinseinnahme von insgesamt 61.640 Euro steuerlich erfasst (Bescheid vom 13.4.2011). Hierüber kam es zum Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 16 K 3407/11 E. Dieses Klageverfahren wurde durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet. Die Beteiligten waren darin überein gekommen, dass der Zinsertrag jedenfalls nicht im Jahre 2007 zugeflossen sei. Daraufhin erließ der Beklagte den eingangs genannten Einkommensteuerbescheid 2006. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger am 5.10.2012 Klage erhoben.

6Die Kläger sind der Meinung, dass die Zinsen Teil der Zuwendung von Todes wegen seien und deshalb nicht als einkommensteuerlicher Ertrag gewertet werden dürften. Der Vater des Klägers habe diesem einen Betrag von 256.250 Euro mit der Befristung vermacht. Hierzu werde auf die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verwiesen. Nur mit Rücksicht auf die sich bis zum Tode möglicherweise der Höhe nach veränderten Freibeträge habe der Vater die testamentarische Bestimmung getroffen. Es habe sich lediglich um die Umschreibung des berechenbaren Umfangs des Vermächtnisses gehandelt. Der Fall sei vergleichbar mit einer Anordnung des Erblassers, einem Pflichtteilsberechtigten zur Abgeltung des Pflichtteilsanspruchs eine monatliche Rente zu zahlen. Wegen weiterer Einzelheiten wird insbesondere auf das Vorbringen der Kläger in dem Klageverfahren Az. 16 K 3407/11 E verwiesen.

7Die Kläger beantragen,

8den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 25.7.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.9.2012 aufzuheben.

9Der Beklagte beantragt,

10die Klage abzuweisen.

11Entscheidungsgründe

12Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Zinseinnahmen i.H.v. 51.250 Euro als Einnahmen bei der Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers erfasst und der Besteuerung zugeführt.

13Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.

14Der erbrechtlich begründete Anspruch des Klägers auf das Vermächtnis i.H.v. 205.000 Euro stellte eine mit dem Tod des Erblassers begründete sonstige Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Gemäß § 2173 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gilt die genannte Geldsumme als vermacht, da die Forderung auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet war. Die Forderung (§ 2174 BGB: schuldrechtlicher Anspruch) kommt mit dem Erbfall zur Entstehung (Anfall des Vermächtnisses; § 2176 BGB). Die testamentarisch verfügte spätere Fälligkeit unter gleichzeitiger Bestimmung einer Verzinsung bis zum Fälligkeitszeitpunkt bewirkte nicht, dass das Vermächtnis als solches unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet war (vgl. § 2177 BGB). Der Hinweis der Kläger auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führte daher zu keiner anderen Beurteilung. Die angeordnete Verzinsung belegt vielmehr, dass das Kapital zwar zunächst der Erbin belassen werden sollte, aber eine Zuordnung zum Vermächtnisnehmer, dem Kläger, getroffen war, mit der Folge des zu leistenden Zinsentgeltes.

15Für diese Auslegung der testamentarischen Bestimmung spricht zudem, dass der Erblasser bezüglich der Höhe des Vermächtnisses dem Vermächtnisnehmer offenbar den steuerlichen Freibetrag erhalten wollte. Dass dabei ein Überschreiten des Freibetrages durch die Zinsen gewollt oder auch nur bedacht worden war, kommt in dem Testament in keiner Weise zum Ausdruck. Die hierzu von den Klägern angestellten Überlegungen haben nur spekulativen Charakter. Der durch die Kläger darüberhinaus angestellte Vergleich mit dem rentenberechtigten Pflichtteilsnehmer betrifft einen anderen, nicht vergleichbaren Sachverhalt. Der Hinweis, dass der Erblasser, hätte er die Höhe des Freibetrages zum Todeszeitpunkt gekannt, auch den Gesamtbetrag unter einer Befristung (§ 2177 BGB) hätte benennen können, trifft zwar zu. Das Gericht entscheidet jedoch nicht über hypothetische Sachverhalte, sondern nur über das verwirklichte Geschehen.

16Mit Fälligkeit im Jahre 2006 war der Zinsbetrag auch zugeflossen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Ein Zufluss ist bereits dann gegeben, wenn der Empfänger der Leistung die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis erlangt hat (vgl. z.B. Bundesfinanzhof –BFH- Urteil vom 21.11.1989 IX R 170/85, Bundessteuerblatt –BStBl- II 1990, 310; BFH-Urteil vom 21.10.1981 I R 230/78, BStBl II 1982, 139). Der Kläger hatte sich damit, dass er den Vermächtnisbetrag nebst Zinsen nicht einforderte, obwohl er den Leistungserfolg hätte herbeiführen können, dafür entschieden, das Kapital weiterhin verzinslich zu überlassen. Damit hat er über den Gesamtbetrag zum Zeitpunkt der Fälligkeit verfügt. Dafür, dass er es nicht in der Hand gehabt hätte, den Betrag zum Fälligkeitszeitpunkt einzufordern und zu realisieren sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar geworden.

17Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.