Tarifbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung eines restlichen Mitunternehmeranteils.

Hessisches Finanzgericht  v. 10.08.2013 – 1 K 2111/09

Leitsatz

  1. Der aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils erzielte Gewinn ist gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, wenn alle stille Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs aufgedeckt werden.
  2. Die Veräußerung von Teilen von Mitunternehmeranteilen nach dem 31.12.2001 fällt mangels Aufdeckung aller stillen Reserven nicht mehr unter § 16,34 EStG.
  3. Eine begünstigte Betriebsveräußerung liegt nicht vor, wenn der Unternehmer wesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Veräußerung seines übrigen Betriebs oder Teilbetriebs zurückbehält und für einen anderen betrieblichen Teil nutzt.
  4. Werden in einem zeitlich zusammenhängenden und sachlich einheitlichen Vorgang zunächst Teilanteile auf Angehörige unentgeltlich übertragen – ohne dass die stillen Reserven realisiert werden (§ 6 Abs. 3 EStG) – und sodann der gesamte Restanteil an einem fremden Erwerber veräußert, liegt mangels zusammengeballte Aufdeckung aller stiller Reserven keine vollständige Aufgabe des Mitunternehmeranteils vor.

 

Gesetze: EStG § 16 Abs. 2 EStG § 16 Abs. 1 EStG § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG § 34 Abs. 3 EStG § 6 Abs. 3

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

Die Beteiligten streiten darum, ob die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen durch den Beigeladenen als Veräußerungsgewinn oder als laufender Gewinn zu qualifizieren ist.

Die Klägerin ist ein …unternehmen und gehört als Tochtergesellschaft zum … der Firma A GmbH & Co. KG in … .

Komplementärin war die X Beteiligungs GmbH. Kommanditisten waren zunächst Herr X (der Beigeladene) mit einer Einlage von … DM und die A GmbH & Co. KG mit einer Einlage von … DM.

Mit notariell beurkundeten Verträgen vom…September 2003 übertrug der Beigeladene seine Anteile an der Komplementär- und der Kommanditgesellschaft zum Teil unentgeltlich auf seine Ehefrau … und zum Teil entgeltlich auf die Firma B Ltd:

 

Vertrag vom …09.2003
Firma
Erwerber
Nr. 6/2003 (Schenkung)
X Beteiligungs-GmbH – … DM (16 v.H. von … DM)
Frau X
Nr. 7/2003 (Schenkung)
X GmbH & Co. KG – … DM (16 v.H. von … DM)
Frau X
Nr. 8/2003 (Veräußerung)
X Beteiligungs-GmbH, – … DM (10 v.H. von … DM)
B Ltd.
Nr. 9/2003 (Veräußerung)
X GmbH & Co. KG – … DM (10 v.H. von … DM)
B Ltd.

 

Wegen der Behandlung der Übertragungen als unentgeltliche Zuwendungen an die Ehefrau und entgeltliche Veräußerungen an die B Ltd. besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit. Der Beigeladene war zum Zeitpunkt der Übertragung .. Jahre alt.

Mit den Übertragungen schied er aus der Gesellschaft aus. Er war jedoch

aufgrund eines Beratervertrags vom …03.2004 weiterhin für die Gesellschaft tätig. Diese Tätigkeit übte er im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit

neben seiner Tätigkeit als … aus.

Im Handelsregister wurde der Eintritt der Ehefrau als Kommanditistin nach erfolgter Herabsetzung der Einlage und die dementsprechende Löschung der Kommanditistenstellung des Beigeladenen am …09.2003 eingetragen. Der Eintritt der B Ltd. als Kommanditistin und der damit verbundene Austritt des Herrn X wurde am …10.2003 eingetragen.

Mit Bescheid vom 18.11.2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte, das Finanzamt (nachfolgend FA) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € fest, davon entfielen … € auf laufenden Gewinn und … € auf Veräußerungsgewinn. Der Bescheid wurde dem Beigeladenen als Empfangsbevollmächtigten für die Klägerin bekannt gegeben.

Im Rahmen einer Außenprüfung ermittelte die Betriebsprüfung einen Veräußerungsgewinn für die KG-Anteile in Höhe von … €. Nach Auffassung des FA handelte es sich dabei nicht um einen nach § 34 Abs. 3 EStG begünstigten, sondern um einen laufenden Gewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG.

Das FA erließ daraufhin am 30.05.2008 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in welchem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb als laufende Einkünfte in Höhe von … € festgestellt wurden (Veräußerungsgewinne 0,00 €).

Mit Änderungsbescheid vom 08.12.2008 sind die Besteuerungsgrundlagen wie im Vorbescheid festgestellt worden. Eine Änderung erfolgte lediglich hinsichtlich der Aufteilung und Zurechnung der Spenden und der anrechenbaren

Steuerabzugsbeträge wie im Erstbescheid vom 18.11.2004 für die einzelnen Beteiligten. Beide Bescheide wurden auch an den Beigeladenen im Wege der Einzelbekanntgabe bekannt gegeben.

Am 25.06.2008 legte die Klägerin Einspruch ein gegen den Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 30.05.2008 und gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 30.05.2008. Sie begründete den Einspruch im Wesentlichen damit, dass der Verkauf des Kommanditanteils des Herrn X einen nach §§ 34 Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn darstelle.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20.07.2009 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2003 zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne zählten, die bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters entstünden, der als Mitunternehmer des Betriebs anzusehen sei. Während in der Vergangenheit eine steuerbegünstigte Anteilsveräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch gegeben gewesen sei, wenn ein Mitunternehmer nur Teile seiner Beteiligung veräußert habe, sei dies durch das Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz ( BStBl 2002 I S. 35) geändert worden, vgl. § 52 Abs. 34 Satz 1 EStG. Danach gehörten Gewinne aus der Veräußerung von Teilen einer Beteiligung, die nach dem 31.12.2001 erzielt worden waren, ausschließlich zum laufenden Gewinn. Begünstigt sei ab dem 01.01.2002 nur noch die Veräußerung des gesamten Anteils des Gesellschafters (vgl. Bundesfinanzhof (BFH) -Beschluss vom 01.04.2005 VIII B 157/03, BFH/NV 2005, 1540). Hier sei nur ein Teil, nämlich 10 v.H. der gesamten Anteile des Gesellschafters, welche insgesamt 26 v.H. betrugen, veräußert worden. Somit sei der gesamte Gewinn, der bei der Veräußerung des Teils der gesamten Anteile in Höhe von … € erzielt worden sei, laufender Gewinn und nicht nach § 34 Abs. 3 EStG begünstigt gewesen.

Mit der erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass allein auf den nach der Schenkung an die Ehefrau verbliebenen Anteil, welcher an die … Gesellschaft (B Ltd.) veräußert wurde, abzustellen sei. Somit sei nach der Schenkung, welche beim Notar vor der Veräußerung beurkundet worden sei, ein gesonderter selbständig gewordener Mitunternehmeranteil bei dem Beigeladenen verblieben. Dies folge auch daraus, dass die Wirksamkeit der Abtretungen an die Ehefrau sofort eingetreten sei, die Abtretung der Anteile an die … Käuferin ( B Ltd.) jedoch erst mit der späteren Zahlung des Kaufpreises wirksam geworden sei. Damit sei ein deutlich größerer zeitlicher Abstand als eine „logische Sekunde” gegeben gewesen, so sei die Registereintragung hinsichtlich der Kommanditanteile mehr als vier Wochen später erfolgt.

Einem „gesamtplanhaften” Vorgehen stünden im Übrigen Alter und die weitere Tätigkeit des Beigeladenen entgegen. Vor allem aber habe er keine Sachherrschaft mehr über die seiner Frau geschenkten Beteiligungen. Vielmehr sei dadurch eine selbständige gewerbliche Tätigkeit seiner Ehefrau begründet worden. Auch sei ihm nach der Schenkung nur noch ein Unternehmensanteil von 10 v.H. verblieben. Der nach der Schenkung verbliebene Anteil sei daher sozusagen ein gesellschaftsrechtliches „aliud” geworden. Die Veräußerung könne nicht gemeinsam mit dem ehebedingt überlassenen Mitunternehmeranteil einheitlich betrachtet werden. Sie falle daher unter § 16 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Im Übrigen sei die Übertragung an die Ehefrau unter dem Blickwinkel der vorweggenommenen Erbfolge zu beurteilen. Fälle der vorweggenommenen Erbfolge beziehe der BFH in seine Gesamtplanrechtsprechung nicht ein. Was die Besteuerung von stillen Reserven angehe, so sei diese bei der Weitergabe im Familienverbund im weitergegebenen Vermögensgegenstand gesichert.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 08.12.2008 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2009 dahingehend zu ändern, dass von dem festgestellten Gesamtgewinn i.H.v. … EUR … EUR als laufende Einkünfte und … EUR als Veräußerungsgewinn festgestellt werden und die Minderung des laufenden Gewinns sowie den Veräußerungsgewinn dem Beigeladenen zuzurechnen.

Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Klägerin an.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA wiederholt und vertieft seine im Einspruchsverfahren vertretene Auffassung. So könne durch die Konstruktion der Verträge keine Tarifermäßigung für den Veräußerungsgewinn nach § 34 Abs. 3 EStG i.V.m. §§ 34 Abs. 2 Nr. 1 und 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG herbeigeführt werden. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehörten zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die erzielt würden bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebs anzusehen sei. Satz 2 der Vorschrift stelle klar, dass Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nr. 2 erzielt würden, laufende Gewinne seien.

Im Zuge der Gesetzesänderung 2002 sei § 34 EStG 2003 dahingehend modifiziert worden, dass die ermäßigte Besteuerung (mit dem halben Steuersatz) einmal im Leben und auf einen einzigen Veräußerungsgewinn (bei mehreren in einem Veranlagungszeitraum) unwiderruflich beschränkt worden sei (vgl. § 34 Abs. 3 S. 4 und 5 EStG 2003).

Tarifbegünstigte Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 16 und 18 Abs. 3 EStG lägen grundsätzlich nur vor, wenn stille Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt würden. Hier sei indes mit der steuerlichen Begünstigung der Buchwertfortführung für Frau X im Sinne des § 6 Abs. 3 EStG der überwiegende Teil der stillen Reserven gesetzeskonform der Besteuerung vorenthalten worden. Die Aufdeckung der stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang könne somit nicht vorliegen, wenn weit über 50 v.H. der Aufdeckung der gebildeten stillen Reserven per Buchwertfortführung in die Zukunft verlagert würden.

Da vorliegend nur die stillen Reserven aus einem Anteil von 10 v.H. aufgedeckt worden seien und nicht die des gesamten Anteil von 26 v.H., komme eine Steuerermäßigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStGnicht in Betracht, sondern der Veräußerungsgewinn müsse als laufender Gewinn gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG eingeordnet werden.

Der Auffassung der Klägerin, dass nach erfolgter Schenkung an die Ehefrau nunmehr der gesamte verbleibende Anteil veräußert wurde, könne nicht gefolgt werden. So handele es sich bei den vier am …09.2003 abgeschlossenen notariellen Verträgen um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang. Die zeitliche Abwicklung der Verträge könne nicht zu unterschiedlichen steuerlichen Folgen führen. Vielmehr sei durch die Aufteilung in vier Teilübertragungen eine Konstruktion gewählt worden, um den Rechtssinn der Neuregelung des

§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu umgehen, was insoweit einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abs. 1 AO darstelle.

Der Senat hat mit Beschluss vom 25.06.2013 das Verfahren wegen Gewerbesteuermessbetrags abgetrennt, welches nun unter dem Az. … geführt wird.

Mit Beschluss vom gleichen Tag ist Herr X zum Verfahren beigeladen worden.

Die einschlägigen Verwaltungsvorgänge (1 Band Feststellungsakten, 1 Sonderband verbindliche Auskunft, 1 Sonderband Betriebsprüfungsberichte, 1 Bilanzheft) waren beigezogen und Gegenstand der Beratung).

Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 08.12.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO). Bei dem festgestellten Gewinn aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile des Beigeladenen handelt es sich nicht um einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn.

1. Nach § 16 Abs. 2 EStG ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3) übersteigt. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 2 EStG erzielt werden, laufende Gewinne.

a) Erzielt der Steuerpflichtige aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils einen Gewinn, so ist der Gewinn gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Der Zweck der Tarifvergünstigung nach §§ 16, 34 EStG besteht darin, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen. Sie setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven der wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden; denn eine Zusammenballung liegt nicht vor, wenn dem Veräußerer oder Aufgebenden noch stille Reserven verbleiben, die erst in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgedeckt werden (vgl. BFH Urteil vom 06.09.2000 IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl 2001 II S. 229 und BFH-Beschluss vom 18.10.1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl 2000 II S. 123 m.w.N.). Tarifbegünstigte Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 16 und 18 Abs. 3 EStG liegen also grundsätzlich nur vor, wenn die stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden.

Mangels Aufdeckung aller stillen Reserven unterfällt die Veräußerung von Teilen von Mitunternehmeranteilen aus Gründen der Besteuerungsgleichheit nicht mehr den §§ 16, 34 EStG, wenn die Veräußerung nach dem 31.12.2001 erfolgt. Es fällt somit ein laufender Gewinn an (Wacker in Schmidt, EStG-Kommentar, 22. Auflage 2003, § 16, Rn. 412; BFH-Urteil vom 11.12.2001 VIII R 23 /01, BFHE 197, 425, BStBl 2004 II S. 474).

Bis zum 31.12.2001 war eine steuerbegünstigte Anteilsveräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch gegeben, wenn ein Mitunternehmer nur Teile seiner Beteiligung veräußerte. Das Gesetz hat sich jedoch durch das Unternehmersteuerfortentwicklungsgesetz ( BStBl 2002 I S. 35) geändert, vgl. § 52 Abs. 34 Satz 1 EStG. Danach gehören Gewinne aus der Veräußerung von Teilen einer Beteiligung, die nach dem 31.12.2001 erzielt werden, ausschließlich zum laufenden Gewinn. Begünstigt ist ab dem 01.01.2002 nur noch die Veräußerung des gesamten Anteils des Gesellschafters (vgl. BFH-Beschluss vom 01.04.2005 VIII B 157/03, BFH/NV 2005, 1540). Zu beachten ist, dass nach der früheren Rechtsprechung zur Rechtslage vor 2002 die Tarifbegünstigung der §§ 16, 34 EStG auch dann zu gewähren war, wenn der Gesellschafter seinen Mitunternehmeranteil teilentgeltlich übertragen hat und sich damit des gesamten Betriebsvermögens mit der Folge entäußert hat, dass es bei ihm zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zu einer Besteuerung der auf den (teilentgeltlichen) Erwerber übergegangenen stillen Reserven kommen konnte (BFH-Urteil vom 06.12.2000 VIII R 21/00, BStBl 2003 II S. 194BFHE 194, 97 m.w.N., unter II. 2 b)

Der BFH hat im Hinblick auf diesen Zweck der §§ 16, 34 EStG die Tarifvergünstigung in solchen Fällen nicht gewährt, in denen im Rahmen des Veräußerungs- oder Aufgabevorgangs nicht alle stillen Reserven in dem veräußerten Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgedeckt worden sind. Danach liegt weder eine begünstigte Betriebsveräußerung noch eine begünstigte Betriebsaufgabe vor, wenn der Unternehmer wesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Veräußerung seines übrigen Betriebs oder Teilbetriebs zurückbehält und für eine andere betriebliche Tätigkeit nutzt (vgl. z.B. vgl. BFH Urteil vom 06.09.2000 IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl 2001 II S. 229 m. w. N.). Ebenfalls hat der BFH die Begünstigung versagt, wenn ein Mitunternehmer seinen Gesellschaftsanteil veräußert, zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen aber in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang damit ohne Aufdeckung der stillen Reserven in ein anderes Betriebsvermögen überführt (vgl. BFH-Urteil vom 19.03.1991 VIII R 76/87, BFHE 164, 260, BStBl 1991 II S. 635; BFH-Beschluss vom 31.08.1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl 1995 II S. 890; ebenso für Fälle der Einbringung BFH-Urteile vom 26.01.1994 III R 39/91, BFHE 173, 338, BStBl 1994 II S. 458 und vom 16.02.1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl 1996 II S. 342).

Die Veräußerung der Mitunternehmeranteile darf nicht isoliert von einer vorherigen Buchwertübertragung betrachtet werden. Eine an Sinn und Zweck der §§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG orientierte Auslegung steht einer auf die Anteilsübertragungszeitpunkte bezogenen isolierten Betrachtung entgegen (BFH-Urteil vom 30.08.2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 m.w.N., sog. Gesamtplanrechtsprechung). Wird das Gesellschaftsvermögen ohne entsprechende Gegenleistung auf einen anderen Rechtsträger übertragen, wird zugleich dem Mitunternehmeranteil sein Wert genommen. Dies gilt auch für die im Mitunternehmeranteil ruhenden stillen Reserven, die bei einer unentgeltlichen Übertragung aus dem Gesellschaftsvermögen dem Mitunternehmer vollständig entzogen werden können. Wird ein derartig entwerteter Mitunternehmeranteil anschließend veräußert oder aufgegeben, werden stille Reserven nicht mehr aufgedeckt. In einem solchen Fall stellt sich die Frage einer Tarifbegünstigung wegen der Nichtentstehung eines Gewinns allerdings nicht.

Wird dem Mitunternehmeranteil nur ein Teil der stillen Reserven durch vorherige Buchwertübertragung entzogen, entsteht bei Veräußerung oder Aufgabe ein Gewinn durch Aufdeckung der verbliebenen stillen Reserven. Daran kann ein Interesse bestehen, um Abschreibungspotenzial für schnell abzuschreibende Wirtschaftsgüter zu schaffen, während die stillen Reserven in nicht oder nur langfristig abzuschreibenden Wirtschaftsgütern durch vorherige Buchwertübertragung nicht aufgedeckt werden. Die Gewährung der Tarifbegünstigung für den erzielten Gewinn aus der Anteilsveräußerung würde bedeuten, dass sie trotz nur teilweiser Aufdeckung der stillen Reserven in Anspruch genommen werden könnte (BFH Urteil vom 06.09.2000 IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl 2001 II S. 229).

So liegt insbesondere eine Teilanteilsveräußerung unter zeitraumbezogener Würdigung zusammenhängender Einzelvorgänge vor, wenn ein einheitlicher Mitunternehmeranteil derart „aufgeteilt” wird, dass in einem zeitlich zusammenhängenden und sachlich einheitlichen Vorgang zunächst Teilanteile auf Angehörige unentgeltlich übertragen werden und sodann der gesamte Rest-Anteil an einen fremden Erwerber veräußert wird. Dann kann die Gestaltung mangels zusammengeballter Aufdeckung aller stillen Reserven nicht insgesamt als Aufgabe des Mitunternehmeranteils beurteilt werden, da hinsichtlich des geschenkten Teilanteils die stillen Reserven gem. § 6 Abs. 3 EStG nicht

realisiert werden (Patt in Hermann/Heuer/Raupach, EStG-Kommentar, § 16, Rn. 294; Stahl in KÖSDI 12/2002, 13537). Diese Konstellation entspricht der des hier zu entscheidenden Falles:

b) Im Streitfall hat der Kläger seine Gesellschaftsanteile an der KG zum Teil an seine Ehefrau im Wege der Schenkung übertragen und zum Teil veräußert. Der an die Ehefrau übertragene Teil ist dabei ohne Aufdeckung der stillen

Reserven in ein anderes Vermögen überführt worden. Diese Übertragung zu Buchwerten geschah in einem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit den am gleichen Tag notariell vereinbarten Veräußerungen der Gesellschaftsanteile.

Der an Frau X geschenkte Anteil von 16 v.H. entzieht sich zum Zeitpunkt der Schenkung der Aufdeckung der stillen Reserven. Der Anteil wurde gem. § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten übertragen. Aufgedeckt wurden hier nur die stillen Reserven aus einem Anteil von 10 v.H.

Entscheidend ist daher die Beantwortung der Frage, ob die Schenkung an die Ehefrau und die Veräußerung als einheitlicher Vorgang zu werten ist oder ob der dem Beigeladenen nach Vollzug der Schenkung verbleibende Anteil für sich betrachtet werden muss.

Die Veräußerungsabsicht ist mit Vertragsschluss am gleichen Tag dokumentiert.

Laut Schriftsatz des damaligen Bevollmächtigten … im Verfahren der verbindlichen Auskunft der Ehefrau vom Dezember 2009 hatte der Beigeladene sich mit dem Geschäftsführer der B Ltd. im Laufe des Jahres 2003 darüber verständigt, dass der Beigeladene seine 26 % ige Beteiligung verkauft. Dem Beigeladenen sei diese Entwicklung sehr entgegen gekommen, da ihm aus … Gründen daran gelegen gewesen sei, zum einen seine Beteiligung kurzfristig zu verkaufen und zum anderen auch sein Geschäftsführungsamt niederzulegen. Da der weitere Gesellschafter A Wert darauf gelegt habe, dass nicht ein gesellschaftsfremder Dritter unmittelbar eine Sperrminorität erhalte, der Beigeladene seine Beteiligung aber möglichst kurzfristig habe aufgeben wollen, habe er sich entschlossen, einen Teil seiner Ehefrau zu schenken.

Der Rechtsauffassung der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass bei isolierter

Betrachtung der beiden Übertragungsvorgänge er seinen vollständigen Mitunternehmerteil entgeltlich veräußert hätte, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG vorlägen. Anders als die Klägerin meint, steht jedoch eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der §§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m.

§ 34 Abs. 1 EStG einer auf die Anteilsübertragungszeitpunkte bezogenen isolierten Betrachtung entgegen (BFH-Urteil vom 30.08.2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376).

Bereits in seinem Urteil vom 06.09.2000 (IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl 2001 II S. 229) hat der BFH ausgeführt, dass der Zweck der Tarifbegünstigung nach §§ 16, 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen, es gebietet, die Tarifvergünstigung dann nicht zu gewähren, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft ausgeschieden sind. Denn dann sind durch die Veräußerung nicht alle in den Mitunternehmeranteilen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt worden (vgl. auch BFH-Urteile vom 12.04.2000 XI R 35/99, BFHE 192, 419, BStBl 2001 II S. 26; vom 06.12. 2000 VIII R 21/00, BFHE 194, 97, BStBl 2003 II S. 194). Deshalb ist für die Frage der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ähnlich wie bei der Betriebsaufgabe eine zeitraumbezogene Betrachtung anzustellen, wenn ein „Veräußerungsplan” mehrere Teilakte umfasst (BFH-Urteil vom 06.09.2000 IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl 2001 II S. 229; FG Köln 4 K 2555/06, EFG 2011, 319).

Die zeitraumbezogene übergreifende (materiell-rechtliche) Betrachtung mehrerer Rechtsgeschäfte im Wege der Gesamtplanrechtsprechung ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und § 34 EStG, nur die zusammengeballte Aufdeckung aller stillen Reserven in den von § 16 Abs. 1 Satz 1 genannten Sachgesamtheiten abzumildern (Patt in Hermann/Heuer/Raupach, EStG-Kommentar, § 16, Rn. 298, BFH-Urteil vom 30.08.2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376; BFH-Urteil vom 25.02.2010 IV R 49/08, BFHE 228, 486, BStBl 2010 II S. 726). Dieser Beurteilung steht auch nicht die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des BFH im Urteil IV R 14/03 vom 20.01.2005 (BFHE 209, 95; BStBl 2005 II S. 395) entgegen. Zum Einen handelt es sich dabei um einen Fall, der nach der Rechtslage vor dem 31.12.2001 zu beurteilen ist, zum Anderen handelte es sich dort um mehrere unterschiedliche Teil-

betriebe mit unterschiedlichen Tätigkeiten. Ebenso ist der vom FG Nieder-sachsen am 25.10.2011 entschiedene Fall (15 K 10217/09, zitiert nach juris) dem Sachverhalt nach nicht mit der hier zu entscheidenden Fallkonstellation vergleichbar.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Da der Beigeladene nur einen Formalantrag gestellt hat, der keine Mehrkosten ausgelöst hat, waren ihm weder Kosten aufzuerlegen noch ein Erstattungsanspruch zu gewähren ( BFH-Urteil vom 04.05.2000 IV R10/99, BFHE 191, 529, BStBl 2002 II S. 850).

3. Da bisher, soweit ersichtlich, zu der Frage, ob unentgeltliche Zuwendungen an Angehörige in die Gesamtplanrechtsprechung einzubeziehen sind, keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).