Übertragung einer Direktversicherung in der Insolvenz

Übertragung einer Direktversicherung in der Insolvenz

Kernaussage

Das deutsche Insolvenzrecht wird vom Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger beherrscht. Dieses Prinzip wird jedoch häufig durchbrochen; es gibt zum Beispiel so genannte aussonderungsberechtigte Gläubiger. Mit der Aussonderungsberechtigung kann der Gegenstand dem Insolvenzverfahren insgesamt entzogen werden. Zur Aussonderung berechtigen insbesondere Eigentum, Besitz und Erbschaftsansprüche. Im Rahmen des insolvenzrechtlichen Aussonderungsrechts hatte sich das Bundesarbeitsgericht zuletzt mit der Frage nach der Übertragung einer Direktversicherung in der Insolvenz des arbeitgebenden Unternehmens zu befassen: hat der Arbeitgeber zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung abgeschlossen und dem Arbeitnehmer ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, steht dem Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers kein Aussonderungsrecht an der Versicherung zu, wenn der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht wirksam widerrufen hat.

Sachverhalt

Der klagende Arbeitnehmer war von 1998 bis 2005 bei dem später insolventen Arbeitgeberunternehmen beschäftigt. Dieses sagte dem Arbeitnehmer im August 1999 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu. Dazu schloss der Arbeitgeber eine Direktversicherung ab und räumte dem Arbeitnehmer ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht ein. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers widerrief der beklagte Insolvenzverwalter gegenüber der Versicherungsgesellschaft das Bezugsrecht. Der Arbeitnehmer hielt den Widerruf des Bezugsrechts für unwirksam und nahm den Insolvenzverwalter auf Übertragung der Versicherung in Anspruch. Hilfsweise verlangte er im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der an die Versicherung gezahlten Beiträge, zumindest aber Zahlung des Rückkaufswerts der Versicherung.

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos. Der Widerruf des Bezugsrechts durch den Insolvenzverwalter war wirksam, da die Unverfallbarkeitsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs nicht abgelaufen war. Der Insolvenzverwalter war auch nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber im Wege des Schadensersatzes die Beiträge für die Direktversicherung oder den Rückkaufswert der Versicherung zu erstatten. Den Ersatz eines Versorgungsschadens hat der Kläger nicht verlangt. Deshalb musste das Gericht nicht zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Kläger berechtigt war, das Bezugsrecht zu widerrufen, noch kam es darauf an, ob ein Schadensersatzanspruch wegen eines zu Unrecht erklärten Widerrufs des Bezugsrechts eine Insolvenzforderung oder eine Masseforderung ist.

Konsequenz

Die Zulässigkeit des Widerrufs richtet sich allein nach der versicherungsrechtlichen Rechtslage im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Versicherung, nicht nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Verstößt der Insolvenzverwalter mit dem Widerruf des Bezugsrechts gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, so kann dies grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen. Dieser ist jedoch weder auf Erstattung der Beiträge zur Direktversicherung noch auf Zahlung des Rückkaufswerts gerichtet, sondern auf Ausgleich des Versorgungsschadens.