Digitale Contentanbieter, Blogger, Podcaster und Betreiber journalistischer Plattformen aufgepasst: Ein aktuelles Verfahren zur Umsatzsteuer bringt neue Dynamik in die Frage, ob freiwillige Online-Spenden („Donations“, Patenschaften, Unterstützerbeiträge) als Entgelt zu versteuern sind.
Der Fall: kostenfreier Blog, freiwillige Zahlungen
Die Betreiberin eines frei zugänglichen, werbefinanzierten Blogs bot hochwertige journalistische Inhalte an. Da Werbeerlöse und Einnahmen aus Buch- und Produktverkäufen nicht ausreichten, bat sie ihre Leser um:
- freiwillige Spenden ohne Gegenleistung
- sowie jährliche „Patenschaften“ in frei wählbarer Höhe
Wichtig: Die Inhalte waren zu 100 % kostenfrei nutzbar – ohne Registrierung, ohne Paywall, ohne Login.
Urteil des FG Berlin-Brandenburg: keine Umsatzsteuer
Das Finanzgericht stellte klar:
- Die Zahlungen sind nicht steuerbar.
- Es liegt kein Leistungsaustausch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor.
- Die Spender erhalten keinen individuellen Vorteil und keine konkrete Gegenleistung.
Es handelt sich damit um echte Zuschüsse, nicht um steuerpflichtige Entgelte.
Wesentliche Begründung:
- kein Vertrag zwischen Blogbetreiberin und Spendern
- keine Information, wer gespendet hat
- keine Gegenleistung, keine Belohnung, keine Freischaltung, kein „Dankeschön-Feature“
Warum ist das Urteil so relevant?
Die Entscheidung steht im Kontrast zu einem früheren Urteil des FG Düsseldorf (2023), das Spenden an Streamer als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt wertete, weil:
- die zahlenden Zuschauer erkennbar waren
- durch Donations Interaktionsvorteile entstanden
- ein persönlicher Bezug zum Betreiber bestand
Dort lag ein klarer Leistungsaustausch vor („Zahlung gegen Aufmerksamkeit“).
Im aktuellen Fall hingegen:
- keine Interaktion
- keine Kenntnis der Identität
- keine Belohnung
Damit fehlt der umsatzsteuerliche „Kausalzusammenhang“.
Wie geht es weiter? BFH entscheidet
Obwohl das FG keine Revision zuließ, wurde die Beschwerde zugelassen. Der Bundesfinanzhof (V. Senat) wird nun prüfen:
- Wann ist eine freiwillige Zahlung wirklich „Spende“?
- Reicht die bloße Bereitstellung von Content als „Leistung“?
- Welche Rolle spielt die Anonymität der Unterstützer?
Das Urteil hat enorme Relevanz für:
- Blogger, Creator, Streaming-Plattformen
- Patreon-, Steady- & Crowdfunding-Modelle
- NGOs und journalistische Onlineprojekte
Zwischenfazit
Die Tendenz lautet: Je weniger Gegenleistung und Interaktion, desto eher nicht steuerbar.
Kommt aber ein personalisierter Vorteil ins Spiel – etwa Erwähnung, Early Access, VIP-Chat, besondere Inhalte –, kippt die Lage schnell in die Steuerpflicht.
Fazit
Wer freiwillige Zahlungen erhält, sollte die Struktur seines Online-Angebots genau prüfen:
| Modell | Umsatzsteuerpflicht? | Begründung |
|---|---|---|
| reine, anonyme Spende ohne Interaktion | eher nein | kein Leistungsaustausch |
| Spende gegen Nennung, Bonus, Zugang | wahrscheinlich ja | individueller Vorteil |
| Patreon/Steady mit Exklusivcontent | ja | entgeltliche Leistung |
| klassisches Crowdfunding | Einzelfall | je nach Gegenleistung |
Das kommende BFH-Urteil wird hier für endgültige Klarheit sorgen – und könnte die gesamte Donationslandschaft steuerlich neu ordnen.
Hinweis: Bis zur höchstrichterlichen Entscheidung empfiehlt sich eine sorgfältige vertragliche und technische Gestaltung, um unnötige Umsatzsteuerpflichten zu vermeiden.