Umsatzsteuer: Verdoppelung der Kleinunternehmerregelung bei Ehegatten rechtmäßig

Die Kleinunternehmerregelung ist vor allem für Unternehmer mit geringen Umsätzen attraktiv – insbesondere dann, wenn sie überwiegend an Endverbraucher ohne Vorsteuerabzug verkaufen und selbst keine größeren vorsteuerbelasteten Eingangsumsätze haben. Was aber, wenn Ehegatten jeweils eigene kleine Unternehmen führen und beide getrennt die Umsatzgrenzen unterschreiten? Kann das Finanzamt dann von einer unzulässigen Aufspaltung sprechen?

Das Finanzgericht Münster hat hierzu ein erfreulich klares Signal gesetzt.


Das Urteil im Überblick

Das FG Münster entschied, dass die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei Ehegatten mit zwei ähnlichen Gewerbebetrieben nicht automatisch missbräuchlich ist. Im Streitfall betrieben beide Ehegatten jeweils ein eigenes Unternehmen im Bereich Grabpflege. Jeder erzielte für sich Umsätze unterhalb der Kleinunternehmergrenze. Gemeinsam hätten sie diese überschritten.

Das Finanzamt wertete dies als künstliche Aufspaltung und versagte beiden die Kleinunternehmerregelung. Die Richter sahen dies jedoch anders:
Die Unternehmen wurden eigenständig geführt, die Tätigkeiten waren klar voneinander getrennt und es gab nachvollziehbare außersteuerliche Gründe für die Doppelstruktur.


Wichtige Aussagen des Gerichts

  • Ehegatten sind nicht verpflichtet, ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten in einem einzigen Unternehmen zu bündeln.
  • Die getrennte Führung zweier Unternehmen verstößt weder gegen steuerliche Grundsätze noch gegen das Grundgesetz, sofern die Trennung tatsächlich gelebt wird.
  • Voraussetzung: Für die Kunden muss erkennbar sein, dass zwei unterschiedliche Unternehmer auftreten – also getrennte Rechnungen, getrente Werbung, getrenzte Außenwirkung.
  • Reines Motiv der Steuerersparnis reicht nicht. Aber: Steuern sparen darf man, solange auch sachliche Gründe bestehen.

Praxisrelevanz

Diese Entscheidung schafft Rechtssicherheit für viele Ehepaare, die:

  • ähnliche Dienstleistungen anbieten,
  • aus organisatorischen, familiären oder betrieblichen Gründen getrennte Geschäftsmodelle verfolgen,
  • und bewusst die Kleinunternehmerregelung nutzen wollen.

Das Urteil bestätigt erneut:

Steuerpflichtige dürfen ihre Tätigkeiten so strukturieren, dass ihnen steuerliche Vorteile entstehen – solange dies nicht als bloß künstliches Modell ohne wirtschaftlichen Hintergrund dient.


Fazit

Eine doppelte Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei Ehegatten ist zulässig, wenn:

✔ zwei echte, getrennt geführte Unternehmen bestehen
✔ eine klare Trennung in Buchführung, Außenauftritt und Vertragsbeziehungen erfolgt
✔ außersteuerliche Gründe nachvollziehbar sind

Unzulässig wäre es hingegen, wenn wirtschaftlich nur ein Betrieb besteht und die Trennung rein deklaratorisch erfolgt.

Für viele kleine Betriebe – insbesondere im Dienstleistungssektor – bietet dieses Urteil somit wertvolle Gestaltungsfreiheit.