Umsatzsteuerliche Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT)

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Mit Urteil vom 10. Juli 2025 (Az. 5 K 26/24, rechtskräftig) hat sich der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts erstmals mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT) befasst.


Der Streitfall

Der Kläger handelte im Jahr 2021 als Einzelunternehmer mit sogenannten NFT Collectibles, also digitalen Sammelobjekten, die über die Plattform OpenSea vertrieben wurden.

Besonderheiten des Falles:

  • gehandelt wurde nicht die digitale Datei selbst, sondern ein Blockchain-Eintrag (Token)
  • Erwerber waren weltweit verteilt, aber ohne Identifizierung als Unternehmer (keine USt-IdNr.)
  • der Kläger argumentierte, es handele sich um Leistungen an die Plattform OpenSea (USA) oder um nicht steuerbare Umsätze mangels Identifizierbarkeit der Käufer
  • das Finanzamt setzte Umsatzsteuer in voller Höhe mit 19 % fest

Die Entscheidung des FG Niedersachsen

Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt und stellte im Kern fest:

  • Leistungstyp: NFT-Handel stellt sonstige Leistungen i. S. v. § 3 Abs. 9 UStG dar, keine Lieferungen.
  • Leistungsempfänger: sind die Käufer, nicht die Plattform OpenSea. Die Voraussetzungen einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11a UStG) lagen nicht vor.
  • Identifizierbarkeit: die pseudonymisierten Wallet-Adressen stehen einer umsatzsteuerlichen Zurechnung nicht entgegen.
  • Unternehmereigenschaft der Käufer: nicht nachgewiesen, daher sind diese als Nichtunternehmer zu behandeln.
  • Leistungsort: es handelt sich um elektronisch erbrachte sonstige Leistungen (§ 3a Abs. 5 UStG). Mangels ordnungsgemäßer Feststellung der Ansässigkeit der Kunden schätzte das Gericht den Anteil der inländischen Leistungen auf 50 % der Umsätze.
  • Steuerbefreiungen oder ermäßigte Steuersätze kamen nicht in Betracht.
  • Ein strukturelles Vollzugsdefizit bei NFT-Geschäften sah das Gericht nicht.

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde zugelassen, aber nicht eingelegt.


Bedeutung für die Praxis

  1. NFT-Handel ist umsatzsteuerpflichtig
    Der Verkauf von NFT Collectibles unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuer.
  2. Leistungsort entscheidend
    Bei Verkäufen an Nichtunternehmer sind die Umsätze dort steuerbar, wo der Kunde ansässig ist. Ohne belastbare Nachweise kann das Finanzamt eine Schätzung zulasten des Unternehmers vornehmen.
  3. Mitwirkungspflichten beachten
    Händler von NFT müssen verstärkt prüfen und dokumentieren, wo ihre Kunden ansässig sind. Dies erfordert gegebenenfalls ergänzende Abfragen oder Plausibilitätsprüfungen.
  4. Kein strukturelles Vollzugsdefizit
    Ein Verweis auf die praktische Schwierigkeit der Kontrolle führt nicht zur Umsatzsteuerfreiheit.

Fazit

Das Urteil des FG Niedersachsen zeigt: NFT-Verkäufe sind keine „Grauzone“ mehr, sondern klar steuerbar. Unternehmer, die NFT handeln, müssen sich auf erweiterte Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten einstellen und das Risiko einer Schätzung durch das Finanzamt vermeiden.

Die Finanzverwaltung und die Gerichte sehen im NFT-Handel eine steuerbare, umsatzsteuerpflichtige Leistung – ein strukturelles Vollzugsdefizit liegt nicht vor.

Checkliste: NFT-Handel & Umsatzsteuer – 5 Punkte, die Sie beachten müssen

  1. Unternehmerstatus prüfen
    • Wer regelmäßig NFT handelt, gilt steuerlich als Unternehmer.
    • Gewinne aus dem Handel sind nicht nur einkommensteuerpflichtig, sondern auch umsatzsteuerlich relevant.
  2. Leistung richtig einordnen
    • NFT-Verkäufe sind keine „Lieferungen“, sondern sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG).
    • Regelsteuersatz: derzeit 19 %.
  3. Leistungsort feststellen
    • Verkäufe an Unternehmer (B2B) → Leistungsort im Sitzstaat des Käufers (§ 3a Abs. 2 UStG).
    • Verkäufe an Privatpersonen (B2C) → Leistungsort im Sitzstaat des Kunden (§ 3a Abs. 5 UStG).
    • Ohne Nachweise (z. B. Wohnsitzbestätigung, IP-/Zahlungsdaten) droht eine Schätzung durch das Finanzamt.
  4. Dokumentations- und Mitwirkungspflichten
    • Wallet-Adressen allein reichen nicht aus.
    • Prüfen Sie, ob ergänzende Daten erhoben werden können (E-Mail, Zahlungsdienstleister, Geolocation).
    • Dokumentation mindestens 10 Jahre aufbewahren.
  5. Steuerliche Risiken vermeiden
    • Kein Verlass auf „Steuerfreiheit wegen Anonymität“.
    • Schätzungen können zu hohen Steuernachzahlungen führen.
    • Frühzeitig steuerliche Beratung einholen und Buchhaltungssystem auf digitale Assets anpassen.

💡 Tipp: Wenn Sie NFT nicht nur privat, sondern regelmäßig handeln, sollten Sie prüfen, ob Sie die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) nutzen können oder ob eine Umsatzsteuer-Registrierung im EU-Ausland (OSS-Verfahren) notwendig wird.