Verböserungsverbot heißt nicht „Änderungsverbot“

Verböserungsverbot heißt nicht „Änderungsverbot“

Im finanzgerichtlichen Rechtsstreit gilt das so genannte „Verböserungsverbot“. Das bedeutet, dass das Finanzgericht die streitige Steuer nicht heraufsetzen darf. Damit kann sich jedenfalls keine „Verschlechterung“ durch das gerichtliche Verfahren ergeben. Dieses finanzgerichtliche Verböserungsverbot hindert das Finanzamt indes nicht an der nachfolgenden Änderung eines Steuerbescheids.

Sachverhalt

Das klagende Ehepaar war gemeinsam in einer GmbH tätig, wobei der Ehemann Geschäftsführer und die Ehefrau Prokuristin war. Aufgrund einer Außenprüfung erhöhten sich die steuerpflichtigen Einkünfte der Ehefrau für die Jahre 1997 – 2003. Diese Erhöhungen wurden den verschiedenen Jahren vom Finanzamt zunächst falsch zugeordnet. Im hierüber geführten Rechtsstreit reduzierte das Finanzgericht die Steuerlast in fast allen Jahren. Nur hinsichtlich des Jahres 2002 wurde die Klage abgewiesen. Zudem wies das Finanzgericht darauf hin, dass im Jahr 2002 weitergehende Einkünfte zu versteuern gewesen wären, die das Finanzamt allerdings anderen Jahren zugeordnet hatte. Wegen des sogenannten Verböserungsverbots sah sich das Gericht allerdings gehindert, den Bescheid zum Nachteil der Steuerpflichtigen zu ändern. Nach Prozessende änderte sodann das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2002 entsprechend ab und erhöhte die Steuerlast im vom Finanzgericht beschriebenen Sinne. Hiergegen richtete sich die neuerliche Klage, mit der die Eheleute schließlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) unterlagen.

Entscheidung

Die Richter befanden die Änderung durch das Finanzamt nach durchgeführtem Rechtsstreit für zulässig. Stünde dem Finanzamt eine Änderungsnorm als Ermächtigungsgrundlage zu Gebot, sei es durch einen zuvor über dasselbe Jahr geführten Rechtsstreit nicht an der Änderung gehindert. Anders als das Finanzgericht unterliege das Finanzamt keinem Verböserungsverbot. Während das Finanzgericht im Verfahren nur den streitigen Steuerbescheid beurteilen und dessen Belastungswirkung nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausweiten dürfe, eröffne eine Änderungsnorm gerade diese Möglichkeit. Die Frage, ob die Änderung zulässig sei, sei allein anhand der Tatbestandsmerkmale der Änderungsnorm zu beantworten.

Konsequenz

Ist ein Finanzgericht wegen des Verböserungsverbots im Rahmen eines Rechtsstreits gehindert, den streitbefangen Bescheid zu Lasten des Steuerpflichtigen zu ändern, hindert dies das Finanzamt nicht, nach Beendigung des Rechtsstreits aufgrund entsprechender Änderungsnormen aktiv zu werden. Das Finanzamt unterliegt dem Verböserungsverbot grundsätzlich nicht.