Verlustverrechnung: Liquidität und Eigenkapital effektiver stärken

Viele Unternehmen, die jetzt von der Ukraine-Krise hart getroffen werden, haben schon als Folge der Corona-Pandemie hohe Einbußen erlitten. So gaben 40 Prozent der Betriebe in einer DIHK-Umfrage im November 2020 an, unter einem Rückgang von Eigenkapital beziehungsweise unter Verlusten zu leiden. In einer wirtschaftlichen Normalsituation sind dies nur halb so viele. Nun werden infolge des Ukraine-Krieges viele Betriebe erneut oder noch tiefer in die Verlustzone geraten.

Verlustrücktrag: Zeitraum erweitern …

Viele staatliche Hilfsmaßnahmen wurden umgesetzt, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die deutsche Wirtschaft abzufedern. Derzeit berät der Deutsche Bundestag über ein viertes Corona-Steuerhilfegesetz, mit dem weitere steuerpolitische Maßnahmen realisiert werden sollen. Auch eine nochmalige Verbesserung der steuerlichen Verlustverrechnung ist vorgesehen.

Bisher können Verluste nur in das vergangene Jahr zurückgetragen und mit etwaigen Gewinnen des Vorjahres verrechnet werden – mit der Folge, dass die Finanzämter einen Teil der bereits gezahlten Steuern zurückerstatten. Dieser Zeitraum soll nun dauerhaft auf zwei Jahre erweitert werden. Doch dies dürfte nicht ausreichen, da viele Unternehmen schon 2020 Verluste hatten oder pandemiebedingt lediglich stark unterdurchschnittliche Gewinne erzielen konnten. Kurzum: Die Maßnahme dürfte bei den Betrieben häufig ins Leere laufen.

Damit die Betriebe die aktuellen krisenbedingten Verluste besser verrechnen können, sollte die Möglichkeit des steuerlichen Verlustrücktrags für die Krisenjahre 2020 bis 2022 auf die Vorkrisenjahre 2017 bis 2019 ausgeweitet werden. Hierdurch würden die Unternehmen schnell und – bei richtiger Ausgestaltung auch unkompliziert – erforderliche Liquidität erhalten, um die Krisen besser bestehen zu können.

… und Betrag erhöhen!

Für 2022 soll ein erhöhter maximaler Verlustrücktrag von 10 Millionen Euro (bei Verheirateten 20 Millionen Euro) gelten, so der Gesetzentwurf. Aber auch hier gilt, dass viele Unternehmen während der Corona-Krise und infolge des Ukraine-Krieges deutlich erhöhte Verluste erlitten haben beziehungsweise aktuell erleiden. Deshalb sollten zumindest während der Krise auch das rücktragsfähige Verlustvolumen angehoben werden. Idealerweise sollten sämtliche krisenbedingten Verluste mit Gewinnen der vergangenen Jahre verrechenbar sein. Dabei können zusätzliche Nachweise der Unternehmen über die Einbußen sicherstellen, dass nur krisenbedingte Verluste über einen längeren Zeitraum und in besonderem Umfang geltend gemacht werden.

Mindestgewinnbesteuerung zeitweise aussetzen

Die Besteuerung sollte grundsätzlich dem Prinzip der Leistungsfähigkeit folgen. Wenn Unternehmen aufgrund außergewöhnlicher Störungen – wie der Corona-Pandemie oder dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine – Verluste erzielen und somit unter steuerlichen Gesichtspunkten nicht leistungsfähig sind, sollte dies der Fiskus angemessen würdigen.

Eine zeitweise Aussetzung der sog. Mindestgewinnbesteuerung würde der schwierigen Situation Rechnung tragen und die Berücksichtigung von Verlusten besser ermöglichen. Die Regelung sieht derzeit vor, dass Verluste, die nicht durch den Verlustrücktrag berücksichtigt werden können, stattdessen mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden – das aber nicht vollständig. Denn die Mindestgewinnbesteuerung schreibt vor, dass Verluste im Volumen von einer Million Euro vollständig und darüber hinaus lediglich 60 Prozent aller weiteren Verluste berücksichtigt werden können. 40 Prozent des zukünftigen Gewinns eines Unternehmens jenseits von einer Million Euro sind demnach auch dann voll zu versteuern, wenn eigentlich noch ein anrechnungsfähiger Verlust aus früheren Jahren vorliegt. Bei den betroffenen Unternehmen fallen somit Steuerbelastungen in der frühen Erholungsphase nach einer Krise an – und zwar selbst dann, wenn sie die Verluste aus der Vergangenheit noch nicht wieder aufgearbeitet haben.

Das kostet Liquidität und Eigenkapital. Beides würden sie gerade in der Aufbauphase häufig dringend für Investitionen in moderne, zeitgemäße Anlagen und Maschinen benötigen. Letztlich geht es vor allem darum, das Eigenkapital der Unternehmen und damit Investitionen in die eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern. Das ist auch im Interesse der Beschäftigten und dient der Resilienz des Wirtschaftssystems insgesamt.

Quelle: DIHK, Mitteilung vom 21.04.2022