Vermögensverwaltende Personengesellschaften

Vermögensverwaltende Personengesellschaften (vPvG) sind seit vielen Jahren ein beliebtes Gestaltungsinstrument, insbesondere im Bereich der Immobilieninvestitionen und der Vermögensnachfolge. Doch aktuelle Rechtsprechung – allen voran das BFH-Urteil vom 3.5.2022 (IX R 22/19) – stellt vertraute Strukturen infrage und erfordert eine differenzierte Neubewertung. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die praxisrelevanten Fragestellungen aus ertragsteuerlicher, zivilrechtlicher, erbschaftsteuerlicher und grunderwerbsteuerlicher Perspektive und zeigt typische Stolperfallen in der Beratung auf.


1. Ziele und Einsatzfelder vermögensverwaltender Personengesellschaften

Die vPvG dient vor allem dazu, Vermögen zu bündeln, Erträge transparent auf Gesellschafterebene zuzurechnen und Gestaltungen im Bereich Nachfolge oder Nießbrauch zu ermöglichen. Typische Einsatzfelder sind:

  • Gemeinsame Immobilienverwaltung von Familienmitgliedern,
  • Nachfolgeplanung durch flexible Anteilsübertragungen,
  • Vermeidung von Bruchteilsgemeinschaften mit schwerfälliger Verwaltung,
  • Strukturierung von Erträgen (z. B. bei Nießbrauch oder Unterbeteiligungen).

👉 Praxisbeispiel: Zwei Geschwister erben ein Mietshaus. Statt Miteigentum nach Bruchteilen gründen sie eine GbR, um die Verwaltung effizienter zu gestalten und klare Entnahmeregeln zu vereinbaren.


2. Abwägung: Personengesellschaft – Kapitalgesellschaft – Miteigentum

Im Vergleich zu einer Kapitalgesellschaft bietet die Personengesellschaft Transparenzbesteuerung und geringere laufende Steuerbelastung.
Allerdings können Abfärbungstatbestände (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) oder eine Aufwärtsinfektion erhebliche steuerliche Nachteile auslösen.
Das BFH-Urteil IX R 22/19 hat zudem die Abgrenzung zum Miteigentum neu geschärft.

👉 Fehlerquelle: Mandanten wählen vorschnell eine Kapitalgesellschaft wegen vermeintlich „besserer Haftung“, übersehen aber die nachteilige Besteuerung bei Entnahmen.


3. Gesellschaftsvertragliche Regelungen

Zivilrechtlich ist der Gesellschaftsvertrag Dreh- und Angelpunkt:

  • Stimmrechte, Entnahmen und Verfügungsbeschränkungen sollten klar geregelt sein,
  • Nachfolgeklauseln sichern die erbschaftsteuerliche Planung ab,
  • Leistungsbeziehungen (z. B. Verwaltungstätigkeiten einzelner Gesellschafter) müssen steuerlich korrekt abgebildet werden.

👉 Praxisbeispiel: Fehlt eine Nachfolgeklausel, wird der Anteil beim Tod eines Gesellschafters zivilrechtlich geteilt – mit erheblichen Streit- und Steuerfolgen.


4. Ertragsteuerliche Problemfelder

a) Bruchteilsbetrachtung (§ 39 AO)

Einkünfte werden den Gesellschaftern anteilig zugerechnet.

b) Gewerblich entprägte GmbH & Co. KG

Haftungsvorteile durch GmbH, aber steuerlich wie eine vPvG behandelt.

c) Ausstattung

Einlagen und Sonderbetriebsvermögen müssen konsistent erfasst werden.

d) § 23 EStG

Spekulationsfristen sind auch bei Gesellschaftsanteilen relevant.

e) Kauf von Anteilen

Veräußerung von Anteilen kann steuerpflichtig sein – selbst ohne Immobilienverkauf.

👉 BFH IX R 22/19: Ein Gesellschaftsanteil ist ein eigenständiges Wirtschaftsgut. Anteilsverkäufe können steuerpflichtig sein, auch wenn die Immobilie nicht verkauft wird.

👉 Fehlerquelle: Mandanten übertragen Anteile „wie selbstverständlich“ und übersehen, dass dies eine steuerpflichtige Veräußerung auslösen kann.

f) Abfärbung und Aufwärtsinfektion

Schon geringfügige gewerbliche Tätigkeiten können die gesamte Gesellschaft infizieren.

👉 Praxisbeispiel: Eine vermögensverwaltende GbR betreibt nebenbei eine kleine Photovoltaikanlage. Ergebnis: Die gesamten Einkünfte werden als gewerblich eingestuft.


5. Erbschaftsteuer

  • Gesellschaftsanteile werden nach § 97 BewG bewertet.
  • Steuerbefreiungen nach §§ 13 ff. ErbStG greifen regelmäßig nicht.
  • Problematisch: Familienheim-GbR oder vermögensverwaltende Holding-Personengesellschaft.

👉 Fehlerquelle: Eltern gründen eine GbR mit Familienheim – die Befreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG greift hier nicht.


6. Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer

  • Share Deals: Anteilsübertragungen können GrESt auslösen (§ 1 Abs. 2a, 3 GrEStG).
  • Umsatzsteuer: In der Regel keine Rolle, außer bei Option zur Steuerpflicht.

👉 Praxisbeispiel: Ein Kind übernimmt 95 % der Anteile einer vPvG mit Immobilie. Folge: Grunderwerbsteuerpflicht!


7. Nießbrauch und Unterbeteiligung

  • Einkünfte müssen klar zwischen Gesellschafter und Nießbraucher abgegrenzt werden.
  • Unterschiede zwischen Vorbehalts- und Zuwendungsnießbrauch sind entscheidend.
  • Unterbeteiligungen erfordern eindeutige Vertragsgestaltung.

👉 Fehlerquelle: Ein Zuwendungsnießbrauch an Gesellschaftsanteilen wird nicht sauber im Gesellschaftsvertrag abgebildet – das Finanzamt erkennt die Einkünftezurechnung nicht an.


Fazit

Die vermögensverwaltende Personengesellschaft bleibt ein flexibles und oft vorteilhaftes Instrument, erfordert aber eine fein abgestimmte Vertragsgestaltung und genaue Kenntnis der Rechtsprechung.
Besonders die Entscheidungen des BFH (IX R 22/19, IX R 1/22) verdeutlichen: Anteilsübertragungen, Abfärbungstatbestände und Nießbrauchsgestaltungen bergen erhebliche Risiken.

👉 Für die Praxis heißt das: Nur wer ertragsteuerliche, zivilrechtliche und erbschaftsteuerliche Aspekte im Zusammenspiel betrachtet, schafft rechtssichere und steuerlich optimierte Lösungen für Mandanten.