Kläger im Urteilsfall war der Insolvenzverwalter des X, über dessen Vermögen im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. X hatte mit Y eine „Jahreskonditionsvereinbarung 2006″ für ein bestimmtes von Y geliefertes Warenvolumen und einen bestimmten Gesamtumsatz in Europa geschlossen. In dieser Jahreskonditionsvereinbarung waren detaillierte „Bonuszahlungen“ geregelt, über die X mit Hilfe eines Dienstleisters gegenüber Y abrechnete. Die in den einzelnen Abschlagsrechnungen bzw. in der Schlussrechnung des Jahres 2006 gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von X in seiner Umsatzsteuererklärung 2006 angemeldet und von Y als Vorsteuer abgezogen. Im März 2016 stornierte X die Rechnungen des Jahres 2006 für bestimmte Positionen. Die geänderten Rechnungen wurden an Y übergeben, der die aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandene Umsatzsteuernachforderung an das FA zahlte. Den Antrag des X auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG lehnte das FA mit Verwaltungsakt vom 2. August 2016 ab. Es war der Auffassung, dass die Abrechnungen des X gegenüber Y keine Rechnungen i. S. v. § 14c UStG darstellten und daher auch keine Rechnungsberichtigung möglich sei. Es handele sich vielmehr um die Dokumentation von Entgeltsminderungen für die ursprünglichen Lieferungen von Y an X. Die hiergegen erhobene Sprungklage hatte Erfolg.
Der 9. Senat entschied, die berichtigten Abrechnungspapiere seien Rechnungen i. S. v. § 14c UStG, in denen X unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen habe (§ 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG). Die streitigen Abrechnungspapiere erfüllten den eingeschränkten Rechnungsbegriff im Sinne des § 14c UStG und seien daher berichtigungsfähig. Die Abrechnungen hätten den Rechnungsaussteller X und den Leistungsempfänger Y bezeichnet, die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen und eine Leistungsbeschreibung enthalten. Die Abrechnungen hätten einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne von § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG enthalten, soweit darin reine Preisnachlässe und damit Entgeltminderungen für die ursprüngliche Zahlung dokumentiert worden seien. Anders als in den Abrechnungen des X über von ihm konkret durchgeführte Werbemaßnahmen, fehle es bei den Preisnachlässen (Entgeltminderungen) an einer von X erbrachten Leistung. Die dadurch entstandene Gefährdung des Steueraufkommens sei beseitigt worden, weil Y den aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandenen Umsatzsteuer-Nachzahlungsbetrag geleistet habe. Darauf, dass X den vereinnahmten Mehrbetrag nicht an Y erstattet habe, komme es im Streitfall nicht an. Die Rückzahlung des von X vereinnahmten Mehrbetrags an Y sei wegen der Insolvenz des X keine Voraussetzung für die Zustimmungserteilung des FA, weil X diese Zahlung nicht rechtmäßig leisten könne. Aufgrund der von Y zu viel gezahlten Umsatzsteuer sei X als Zahlungsempfänger einem Bereicherungsanspruch des Y ausgesetzt. Der Bereicherungsanspruch des Y sei bereits durch die Rechnung mit unzutreffendem Umsatzsteuer-Ausweis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2012 materiell-rechtlich entstanden gewesen. Demzufolge sei der Bereicherungsanspruch des Y eine Insolvenzforderung. Eine individuelle Sicherstellung oder Befriedigung dieser Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens sei unzulässig. Folglich sei es dem Kläger rechtlich untersagt, den zu Unrecht vereinnahmten Mehrbetrag aus der Insolvenzmasse an Y zu erstatten. Dann könne eine solche – rechtswidrige – Zahlung nicht Voraussetzung zur Zustimmung des FA nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG sein.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.02.2018 zum Urteil 9 K 2646/16 vom 11.12.2018 (nrkr – BFH-Az.: XI R 5/18)