Wann ist eine Prüfungsanordnung mangels Bestimmtheit nichtig?

Wann ist eine Prüfungsanordnung mangels Bestimmtheit nichtig?

Kernaussage
Die Anordnung für eine Betriebsprüfung ist hinreichend begründet, wenn sie die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden Finanzamts maßgebenden Erwägungen enthält. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied kürzlich, dass eine Prüfungsanordnung nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig ist, wenn für den Steuerpflichtigen der Regelungsgehalt nicht ernsthaft zweifelhaft sein kann. Das vorübergehende Bestehen von 2 Prüfungsanordnungen, die sich inhaltlich nicht widersprechen, führt ebenfalls nicht zu deren Nichtigkeit.

Sachverhalt
Im November 2009 bat das beklagte Finanzamt das Wohnsitzfinanzamt des Klägers, um die Befugnis zum Erlass einer Prüfungsanordnung und Durchführung der anschließenden Außenprüfung. Begründet wurde dies damit, dass bei dem betreffenden Konzern eine Außenprüfung durchgeführt werde (Prüfungszeitraum 2001 bis 2004). Zum Konzernbereich gehöre „nachstehendes Unternehmen: Eheleute A und B“ (darunter der Kläger). Es sei zweckmäßig, dieses Unternehmen nicht vom Wohnsitzfinanzamt aus zu prüfen, weil sich dort nicht die Buchführung und die Auskunftspersonen befänden. Es drohe die Verjährung des Prüfungszeitraums 2002. Noch im November 2009 teilte das Wohnsitzfinanzamt dem beklagte Finanzamt mit, es übertrage ihm die Befugnis zur Anordnung und Durchführung einer Außenprüfung beim Kläger. Der Prüfungszeitraum solle die Jahre 2001 bis 2004 betreffen. Zuvor hatte das Finanzgericht eine Prüfungsanordnung des beklagten Finanzamts aus dem Jahr 2006 für die Jahre 2001 bis 2004 mangels örtlicher Zuständigkeit des beklagten Finanzamts aufgehoben. Die Nichtzulassungsbeschwerde dagegen blieb erfolglos. Mit Prüfungsanordnung vom 1.12.2009 ordnete das beklagte Finanzamt gegenüber dem Kläger die Durchführung einer Außenprüfung an, gab als Prüfungsgegenstand „Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen und Umsatzsteuer 2002-2004“ an und führte zur Begründung u. a. aus, das beklagte Finanzamt sei vom Wohnsitzfinanzamt mit der Prüfung beauftragt worden; die Prüfung erfolge im Zusammenhang mit der laufenden Außenprüfung der Firmengruppe Z und umfasse nicht die Sachverhalte (Tat im prozessualen Sinn), welche durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens vom 6.3.2009 abgedeckt würden. Der Einleitung des Steuerstrafverfahrens ging eine Selbstanzeige des Klägers voraus, die Einkünfte aus Kapitalvermögen ausländischer Herkunft betraf. Während das Finanzgericht der hiergegen gerichteten Klage noch stattgab und die Prüfungsanordnung des beklagten Finanzamts vom 1.12.2009 aufhob, wies der BFH die Klage endgültig ab.

Entscheidung
Für die Besteuerung des Klägers zuständig war zunächst das Wohnsitzfinanzamt. Durch innerdienstliches Schreiben vom November 2009 hatte dieses das beklagte Finanzamt mit der Durchführung der Außenprüfung bei dem Kläger beauftragt. Dem Auftrag lag eine Ermessensentscheidung der beauftragenden Finanzbehörde zugrunde. Die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung setzt voraus, dass sie mit Gründen versehen ist, die die Ermessenserwägungen der Behörde erkennen lässt. Die angefochtene Prüfungsanordnung enthält die für die Ermessensausübung des Wohnsitzfinanzamts maßgebenden Erwägungen: der Steuerpflichtige (der Kläger), der Prüfungsumfang (Einkommensteuer und gesonderte Feststellungen sowie Umsatzsteuer 2002 bis 2004) und die tragenden Ermessenserwägungen für die Auftragsprüfung (einheitliche Prüfung des Konzerns). Eine Nichtigkeit der Prüfungsanordnung schied ersichtlich aus: Die streitige Prüfungsanordnung vom 1.12.2009 sollte „neben die Prüfungsanordnung vom 11.12.2006“ treten, die vom Finanzgericht mangels Zuständigkeit des beklagten Finanzamts aufgehoben worden war. Zwar ist das Urteil erst mit BFH-Beschluss, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde des beklagten Finanzamts zurückgewiesen worden ist, rechtskräftig geworden. Das vorübergehende gleichzeitige Bestehen beider Prüfungsanordnungen führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der streitgegenständlichen Prüfungsanordnung, da sich die beiden Anordnungen in ihrem Regelungsgehalt hinsichtlich des Prüfungszeitraums (2002 bis 2004), des Steuerpflichtigen (dem Kläger) und der zu prüfenden Steuerarten (Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen und Umsatzsteuer) nicht widersprachen.

Konsequenz
Die Prüfungsanordnung war auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt der Prüfungsanordnung aus der Sicht des Empfängers. Denn für den Kläger konnte der Regelungsgehalt der Prüfungsanordnung vom 1.12.2009 nicht ernsthaft zweifelhaft sein. Prüfungsgegenstand war Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen und Umsatzsteuer 2002 bis 2004 mit Ausnahme der „Sachverhalte, welche durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens vom 6.3.2009 abgedeckt“ wurden.