Werbungskostenabzug in Ausnahmefällen bei Einkünften aus Kapitalvermögen mögl.

Werbungskostenabzug in Ausnahmefällen bei Einkünften aus Kapitalvermögen mögl.

Kernaussage
Liegt der tarifliche Einkommensteuersatz unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags unter dem Abgeltungssteuersatz von 25 %, kann im Wege der Günstigerprüfung neben der Versteuerung der Einkünfte mit dem entsprechend niedrigeren Steuersatz auch der Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten erfolgen.

Sachverhalt
Die inzwischen verstorbene Klägerin war aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, ihr umfangreiches Kapitalvermögen selbst zu verwalten. Aus diesem Grund hatte sie einen Treuhänder mit der Verwaltung ihres Vermögens beauftragt. Für diesen Treuhänder fielen Kosten an, die dem Grunde nach Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen. Der tarifliche Einkommensteuersatz der Klägerin lag unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 EUR unterhalb von 25 %. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machte die Klägerin die Günstigerprüfung geltend und beantragte den Werbungkostenabzug in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten. Das Finanzamt folgte dem nicht und berücksichtigte lediglich den Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 EUR. Die Klägerin bzw. ihr Rechtsnachfolger begehrten im Rahmen der Klage vor dem Finanzgericht (FG) die Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Werbungskosten im Rahmen der Günstigerprüfung.

Entscheidung
Das FG hält die Klage für begründet. Im Rahmen der Günstigerprüfung seien die Kapitaleinkünfte unter Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten zu ermitteln, so das Gericht. Dies gebiete die verfassungskonforme Auslegung der entsprechenden Vorschrift des Einkommensteuergesetzes (§ 32d Abs. 6 Satz 1 EStG). Der Gesetzgeber habe an verschiedenen Stellen der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass er den Abzug von Werbungskosten dann in vollem Umfang zulassen will, wenn die Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterliegen (Darlehen zwischen Angehörigen und Subsidiarität). Ferner solle die Günstigerprüfung ermöglichen, Einkünfte aus Kapitalvermögen den allgemeinen Besteuerungsregelungen zu unterwerfen. Diese Regelungen sehen vor, dass bei der Ermittlung der Einkünfte sämtliche Werbungskosten von den Einnahmen abgezogen werden.

Konsequenz
Leider hat das FG nicht ausdrücklich zu der Frage Stellung genommen, ob der Ausschluss des Werbungskostenabzugs auch in Fällen verfassungswidrig ist, in denen der tarifliche Steuersatz des Steuerpflichtigen über 25 % liegt. Steuerpflichtige, deren Steuersatz nach Abzug der tatsächlichen Werbungskosten unterhalb von 25 % liegt, sollten die tatsächlichen Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuer ansetzen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen.