Widerruf der Bestellung als Steuerberater – Mehrfache Eintragung im Schuldnerverzeichnis

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Widerruf der Bestellung als Steuerberater – Mehrfache Eintragung im Schuldnerverzeichnis

Eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen entfällt nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners.

Niedersächsisches Finanzgericht 6. Senat, Urteil vom 26.01.2012, 6 K 234/11

§ 46 Abs 2 Nr 4 StBerG

Tatbestand

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(Überlassen von Datev)

 

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Die Beteiligten streiten um den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.

 

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Der Kläger wurde 1999 zum Steuerberater bestellt und führt eine Steuerberatungskanzlei in … Nachdem die Oberfinanzdirektion H der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Kläger in Vollstreckung befindliche Steuerrückstände habe (zuletzt mit Schreiben vom 21. April 2011: i.H.v. 15.977,55 €), mehrere Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ergriffen worden seien, der Kläger Ratenzahlungsvereinbarungen nicht eingehalten habe und beim Amtsgericht S im dort geführten Schuldnerverzeichnis mit einer Haftanordnung gern. §§ 901, 915 der Zivilprozessordnung (ZPO) wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung eingetragen sei, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 9. Mai 2011 zu einem möglichen Widerruf der Bestellung als Steuerberater mit Fristsetzung bis zum 9. Juni 2011 an.

 

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Nachdem der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt nicht Stellung genommen hatte, widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2011 die Bestellung des Klägers als Steuerberater. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Widerruf erfolge gern. § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) auf Grund des Vermögensverfalls des Klägers. Der Vermögensverfall sei wegen der Eintragung des Klägers im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts S zu vermuten. Im Übrigen befinde sich der Kläger auch tatsächlich in Vermögensverfall. Diese Annahme beruhe auf rückständigen Kammerbeiträgen und Zwangsgeldern (6.237 €), auf den Steuerrückständen des Klägers sowie weiteren Verbindlichkeiten gegenüber mehreren Gläubigern, die Frau Obergerichtsvollzieherin St. der Beklagten mit Schreiben vom 16. September 2010 sowie vom 31. Januar 2011 und vom 3. Mai 2011 mitgeteilt hatte (insgesamt 8.825,88 €). Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien. Vielmehr sei im Streitfall von einer konkreten Gefährdung der Interessen der Auftraggeber auszugehen. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren durch verspätete bzw. Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen des Jahres 2010 und von Umsatzsteuererklärungen für 2005, 2006 und 2008 verletzt. Das Finanzamt S habe die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das erste und zweite Quartal 2010 und die Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer 2008 schätzen müssen. Darüber hinaus verwies die Beklagte auf zwei Urteile des Landgerichts H, in denen gegen den Kläger berufsgerichtliche Maßnahmen ausgeurteilt worden waren.

 

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Gegen den dem Kläger am 25. Juni 2011 zugestellten Widerruf der Bestellung als Steuerberater hat der Kläger am 25. Juli 2011 Klage erhoben mit dem Hinweis, die Klage erfolge zunächst fristwahrend. Eine Begründung seiner Klage hat der Kläger im schriftlichen Verfahren nicht vorgetragen.

 

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Mit Verfügung vom 5. September 2011 hat der Berichterstatter den Kläger nach § 79b Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert, Tatsachen bis zum 5. Oktober 2011 anzugeben, durch deren Nichtberücksichtigung oder Berücksichtigung im Verwaltungsverfahren sich beschwert fühle. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 8. September 2011 mitgeteilt, dass sich der Kläger auf Grund eines Herzinfarktes stationär behandeln lasse. Der Kläger hat mit Schreiben vom 26. September 2011 mitgeteilt, dass er sich in eine stationäre Anschlussheilbehandlung begeben müsse. Aus den zusätzlich eingereichten Unterlagen geht eine Therapiedauer von drei Wochen hervor. Die mit Verfügung vom 5. September 2011 gesetzte Frist ist auf Antrag des Klägers bis zum 7. November 2011 verlängert worden. Der Kläger hat keine Angaben gemacht.

 

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Mit Verfügung vom 14. November 2011 hat der Berichterstatter den Kläger nach § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert, ein vollständiges Vermögensverzeichnis über Vermögenswerte und Schulden sowie eine Aufstellung über seine laufenden Einnahmen und Ausgaben vorzulegen und Nachweise über Ratenzahlungsvereinbarungen mit sämtlichen Gläubigern, Löschung aller Eintragungen im Schuldnerverzeichnis bis zum 16. Dezember 2011 nachzuweisen. Der Kläger hat keine Angaben gemacht.

 

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Mit Schreiben vom 17. November 2011 hat die Beklagte mitgeteilt, dass der Kläger mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen und ihres Wissens wieder im Büro tätig sei. Der zwischenzeitlich als Vertreter der Praxis des Klägers bestellte Vertreter, Herr Steuerberater M. habe mitgeteilt, dass er seine Tätigkeit als Vertreter eingestellt habe.

 

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Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 hat das Amtsgericht Bückeburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet (47 IN 176/11).

 

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Nach telefonischer Auskunft des Amtsgerichts S ist die Eintragung des Klägers zu Az. NZS 9 M 2397/10 inzwischen gelöscht; allerdings ist der Kläger mit vier Haftanordnungen gern. §§ 901, 915 ZPO wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung irr Schuldnerverzeichnis eingetragen. In einem dieser Verfahren hat der Kläger am 9. Dezember 2011 die eidesstattliche Versicherung abgegeben, mit der er ebenfalls im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist.

 

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Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trägt der Kläger vor, dass er sich im Jahr 2003 mit dem Bau eines Wohnhauses finanziell übernommen habe. Seit der Trennung von seiner Ehefrau im Jahr 2010 sei es „bergab“ gegangen. Am 1. Juli 2011 habe er sich auf Grund von Alkoholproblemen in eine Entziehungskur begeben. Seine finanziellen und privaten Probleme hätten am 4. September 2011 zu dem Herzinfarkt geführt. Seit Anfang November sei er als Steuerberater wieder tätig, den Insolvenzantrag habe er selbst gestellt. Er äußert die Ansicht, dass Mandanteninteressen nicht gefährdet seien.

 

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Der Kläger beantragt,

 

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den Bescheid über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater vom 23. Juni 2011 aufzuheben.

 

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Die Beklagte beantragt,

 

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die Klage abzuweisen.

 

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Sie hält an ihrer im Widerrufsbescheid vertretenen Rechtsauffassung fest und verweist auf die dortigen Ausführungen.

 

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

 

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Der angefochtene Bescheid über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater vom 23. Juni 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -). Die Beklagte hat die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht widerrufen auf Grund des ihr seinerzeit bekannt gewesenen Sachverhalts konnte die Beklagte davon ausgehen, zum Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater verpflichtet zu sein. Die Aufhebung des Widerrufs kommt auch nicht auf Grund einer bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2012 eingetretenen Änderung der Sach- und Rechtslage in Betracht. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Steuerberater lagen sowohl im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides vom 23. Juni 2011 als auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung am 26. Januar 2012 vor.

 

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1. Der Widerruf der Bestellung als Steuerberater nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfall des Klägers ist rechtmäßig erfolgt.

 

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Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind.

 

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a) Der Vermögensverfall, der als insolvenzähnlicher Tatbestand die Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden in sich schließt, setzt über den Eintritt ungeordneter schlechter finanzieller Verhältnisse, die sich in absehbarer Zeit nicht beheben lassen voraus, dass der Schuldner außerstande ist, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen (BFH-Urteile vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, HER 2000, 741, vom 22. August 1995 VII R 63/94, BStBl II 1995, 909; zum Beruf des Notars: Beschluss des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 22. März 2004 NotZ 23/03, NJW 2004, 2018, m.w.N.). Dieser Vermögensverfall wird nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG u.a. bei Eintragung des Steuerberaters in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis vermutet.

 

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Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Bestellung lagen am 23. Juni 2011 vor. Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt in Vermögensverfall, da er als Schuldner mit einer Haftbefehlsanordnung wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung in das Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht S eingetragen war.

 

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Die Vermutung des Vermögensverfalls ist zwar widerlegbar; eine Widerlegung ist dem Kläger jedoch nicht gelungen. Hierzu hätte es der genauen Angabe von Tatsachen bedurft, aus denen sich ergibt, dass im Einzelfall trotz der bestehenden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis tatsächlich kein Vermögensverfall gegeben war. Es wäre hierfür erforderlich gewesen, dass der Kläger seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darlegt, insbesondere eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen vorlegt und nachweist, dass diese inzwischen erfüllt sind oder dartut, wie sie auf Erfolg versprechende Weise in absehbarer Zeit erfüllt werden sollen (vgl. zum Beruf des Notars: BGH-Beschluss vom 22. März 2004 NotZ 23/03, a.a.O., m.w.N.). Dies hat der Kläger jedoch nicht getan. Im Anhörungsverfahren hat der Kläger sich nicht geäußert und zu seiner Vermögenssituation keine Angaben gemacht. Damit hat er auch die Vermutung des Vermögensverfalls nicht widerlegt. Stattdessen sprachen die rückständigen Kammerbeiträge, die Steuerrückstände und die sonstigen Verbindlichkeiten des Klägers für die Vermutung des Vermögensverfalls.

 

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b) Der Widerruf der Bestellung zum Steuerberater konnte auch nicht im Hinblick auf möglicherweise nicht gefährdete Mandanteninteressen unterbleiben. Die Bestellung ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG nicht zu widerrufen, wenn die Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind.

 

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(1) Die Gefährdung von Auftraggeberinteressen wird auf Grund des Vermögensverfalls vermutet. Insoweit ist unerheblich, ob dem Vermögensverfall ein Verschulden des Klägers zu Grunde liegt. Für den Umstand, dass Mandanteninteressen im Zusammenhang mit dem Vermögensverfall nicht gefährdet sind, trägt der Steuerberater die Darlegungs- und Feststellungslast (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 86/99, HFR 86/99, HFR 2000, 741 m.w.N.). Derartige Umstände hat der Kläger jedoch nicht dargelegt. Die bloße Behauptung, Mandanteninteressen seien nicht gefährdet, reicht hierfür nicht aus. So reicht es für die Widerlegung der Vermutung, dass Auftraggeberinteressen gefährdet werden können, auch nicht aus, dass der Kläger sich nicht vorwerfen lassen muss, steuerliche Erklärungs- und Zahlungspflichten auf Dauer missachtet zu haben. Ist dies der Fall oder ein Steuerberater sonst in beruflichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig gewesen, fällt dies zwar zusätzlich zu seinen Lasten ins Gewicht, ohne dass indes umgekehrt bei bisher im Wesentlichen korrektem Verhalten des Steuerberaters ohne weiteres ausgeschlossen ist, dass er auf Grund seiner Schulden, insbesondere wenn diese erheblich sind, Mandanteninteressen nicht mit der erforderlichen Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit verfolgen kann wie wenn er sich um seine eigene Vermögenslage nicht sorgen müsste (BFH-Beschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFH/NV 2004, 895, 897 m.w.N.).

 

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Eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen lässt sich aber jedenfalls dann nicht ausschließen, wenn feststeht, dass der Steuerberater in seinen sonstigen geschäftlichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich nicht an gesetzliche Vorgaben hält. Daraus ist zu schließen, dass der Kläger die Interessen seiner Mandanten ebenfalls missachten würde, wenn ihn seine schlechten finanziellen Verhältnisse dazu zwingen würden (BFH-Urteil vom 4. Juli 2000 VII R 103/99, BFH/NV 2001, 69). In solchen Fällen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen auch Mandanteninteressen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung der Auftraggeberinteressen auszugehen ist (BFH-Urteil vom 4. Juli 2000 VII R 103/99 a.a.O.). Die Steuerrechtspflege ist ein wichtiges Gemeinschaftsgut und deshalb im Interesse des allgemeinen Wohles besonders zu schützen; dazu gehört u. a. auch, die Gefährdung der Interessen solcher Personen auszuschließen, die sich bei der Wahrnehmung ihrer steuerrechtlichen Belange der Hilfe eines Steuerberaters bedienen. Wegen der mit der Steuerberatung notwendig verbundenen Vertrauensposition müssen die Auftraggeber soweit wie irgend möglich gegen einen Missbrauch dieser Position durch den Steuerberater zu eigenen Zwecken geschützt werden. Das bedeutet, dass, wenn die Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht auszuschließen ist, ein Schutz des Vertrauens in den Bestand einer Bestellung als Steuerberater hinter dem Interesse am Schutz des Allgemeinwohles mit der Folge des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater zurückzutreten hat (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 2000 VII R 24/99).

 

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(2) Im vorliegenden Fall kann sich der Kläger bereits nicht darauf berufen, stets seinen beruflichen Pflichten nachgekommen zu sein und seine Tätigkeit beanstandungsfrei ausgeübt zu haben. Vielmehr ergibt sich eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen – wie die Beklagte zutreffend angeführt hat – auch aus dem Umstand, dass der Kläger seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten gegenüber dem Finanzamt nicht bzw. nicht fristgerecht nachgekommen ist, In diesem Zusammenhang haben auch die vom Landgericht H ausgeurteilten berufsrechtlichen Maßnahmen wegen Berufspflichtverstöße des Klägers Bedeutung.

 

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2. Die Aufhebung des Widerrufsbescheids kommt auch nicht auf Grund einer bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2012 eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sind nicht als geordnet zu bewerten.

 

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Zwar kann der Widerruf der Bestellung als Steuerberater nicht aufrechterhalten werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Rechtspflicht für eine sofortige Wiederbestellung besteht (BFH-Urteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, BStBl II 1995, 909), etwa weil die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich eingetreten ist (BFH-Beschluss vom 14. Februar 2008 VII B 227/07, Juris). Es muss in diesem Fall zweifelsfrei feststehen, dass sich die Vermögensverhältnisse nachhaltig gebessert haben. Dies folgt auch aus § 48 Abs. 2 i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 1 StBerG, wonach vor der Wiederbestellung u.a. zu prüfen ist, ob der zu bestellende Steuerberater in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (BFH-Urteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, a.a.O.). Ein Anspruch des Klägers auf Wiederbestellung besteht jedoch nicht.

 

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a) Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse liegen vor, wenn die Ausgaben des Schuldners seine regelmäßigen Einkünfte nicht übersteigen, wenn der Schuldendienst gesichert ist und die Schulden nach Art und Höhe in Ansehung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse in einem überschaubaren Zeitraum getilgt werden können (BFH-Urteile vom 22. August 1995 VII R 63/94, a.a.O., vom 30. März 2004 VII R 56/03, BFH/NV 2004, 1426). Ein Vermögensverfall ist demnach erst dann beseitigt, wenn der Schuldner mit den Gläubigern der Forderungen Vereinbarungen getroffen hat, die erwarten lassen, dass es zu keinen Vollstreckungsmaßnahmen mehr kommen wird; nur dann ist anzunehmen, dass der Schuldner in Zukunft seine Schulden aus seinen Einkünften in geordneter und vorausschaubarer Weise begleichen kann und deshalb ein Vermögensverfall im Sinne des Gesetzes trotz der bestehenden Schulden nicht mehr besteht (BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, a.a.O.).

 

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b) Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt und nachgewiesen, dass er die gegen ihn gerichteten Forderungen in einer Weise zu erfüllen vermag, die seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wieder als geordnet erscheinen lässt und er in absehbarer Zeit entschuldet sein wird, die Erfüllung laufender Verbindlichkeiten erscheint nach den Darlegungen nicht gesichert.

 

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Der Kläger befindet sich nach wie vor in Vermögensverfall, die Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis hat er nicht nachgewiesen. Tatsächlich ist der Kläger mehrfach im Schuldnerverzeichnis eingetragen und über sein Vermögen ist das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat trotz gerichtlicher Aufforderung seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht umfassend darlegt, insbesondere keine vollständige Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen sowie seiner Einnahmen und Ausgaben vorlegt. Insbesondere hat der Kläger keine hinreichenden Nachweise zu den Vermögenswerten und den laufenden Einnahmen vorgelegt. Tilgungsvereinbarungen mit seinen Gläubigern hat der Kläger nicht vorgelegt, so dass nicht angenommen werden kann, dass er in Zukunft seine Schulden aus seinen Einkünften in geordneter und vorausschaubarer Weise wird begleichen können.

 

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c) Ebenso ist keine Änderung der Sachlage hinsichtlich der Gefährdung von Auftraggeberinteressen eingetreten. Vielmehr fällt vorliegend ins Gewicht, dass eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen schon deshalb nicht verneint werden kann, weil der Kläger in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich nicht an gesetzliche Vorgaben hält. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 10. April 2006 VII B 232/05, BFH/NV 2006, 1520 m.w.N.). So ist bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu Ungunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit seine Steuererklärungen nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben und seinen steuerlichen Zahlungspflichten, insbesondere zur Umsatzsteuer nicht bzw. nicht rechtzeitig nachgekommen ist.

 

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Die Gefährdung von Auftraggeberinteressen entfällt auch nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Klägers als Insolvenzschuldner. In der Regel kann erst dann, wenn das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss führt, bei dem mit einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Insolvenzschuldners gerechnet werden kann, das heißt mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts, davon ausgegangen werden, dass nicht nur der Vermögensverfall, sondern auch eine Gefährdung der Interessen von Auftraggeberinteressen nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr fortbesteht (zum Beruf des Rechtsanwalts: BGH-Beschlüsse vom 25. Juni 2007 AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924; vom 18. Oktober 2004 AnwZ(B) 43/03, NJW 2005, 511; vom 16. April 2007 AnwZ(B) 6/06, Juris). Anders liegt es zwar, wenn besondere Umstände, insbesondere arbeitsvertragliche Beschränkungen und Sicherungsvorkehrungen, die Annahme rechtfertigen, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Rechtsanwalts schon vor Abschluss des in die Wege geleiteten Insolvenzverfahrens nicht mehr zu befürchten ist (BGH-Beschlüsse vom 25. Juni 2007 AnwZ(B) 101/05, NJW 2007, 2924; vom 18. Oktober 2004 AnwZ(B) 43/03, NJW 2005, 511). Solche Umstände sind im vorliegenden Streitfall nicht ersichtlich. Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung lediglich seine Ansicht vorgetragen, Mandanteninteressen seien nicht gefährdet. Umstände, die – trotz des laufenden Insolvenzverfahrens – diese Ansicht stützen könnten, hat er nicht vorgetragen; solche sind auch aus den Akten nicht ersichtlich. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren und im vorbereitenden schriftlichen Klageverfahren nicht mitgewirkt; es ist nicht erkennbar, dass er nach Kräften bemüht wäre, seine finanziellen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass gegen den Kläger in zwei Verfahren vor dem Landgericht H berufsgerichtliche Maßnahmen ausgeurteilt worden waren.

 

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.