Württembergisches Testament: Entlassung des länger lebenden Ehegatten als Testamentsvollstrecker nur bei grober Pflichtverletzung

OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.11.2025 – 21 W 93/25 (Pressemitteilung vom 05.12.2025)

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein überlebender Ehegatte, der im sogenannten Württembergischen Testament sowohl Nießbraucher als auch Testamentsvollstrecker ist, nur in absoluten Ausnahmefällen seines Amtes enthoben werden darf. Voraussetzung ist eine grobe Pflichtverletzung oder eine Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Verwaltung.

Was bedeutet das Württembergische Testament?

Beim Württembergischen Testament setzen sich Eheleute nicht gegenseitig als Erben ein, sondern bestimmen die Kinder als Schlusserben. Der länger lebende Ehepartner erhält jedoch:

  • den lebenslangen Nießbrauch am gesamten Nachlass
  • die Funktion des Testamentsvollstreckers

Damit soll sichergestellt werden, dass der überlebende Ehegatte die Vermögenswerte weiter nutzen kann, während die Kinder erst nach dessen Tod als Vollerben Zugriff auf den Nachlass erhalten.

Der Streitfall

Der Sohn des Erblassers beantragte die Entlassung seiner Mutter als Testamentsvollstreckerin. Er warf ihr Pflichtverletzungen im Umgang mit dem Immobilienvermögen vor. Das Nachlassgericht gab dem Antrag zunächst statt.

Das OLG Frankfurt hingegen korrigierte diese Entscheidung: Die vorgebrachten Vorwürfe reichten nicht aus, um eine Entlassung zu rechtfertigen.

Gründe für die Entscheidung

Die Richter stellten klar:

  • Die Doppelrolle der Ehefrau war bewusst testamentarisch gewollt.
  • Erträge aus dem Vermögen stehen dem überlebenden Ehegatten zu und nicht den Schlusserben.
  • Der Testamentsvollstrecker verfügt über einen weiten Handlungsspielraum.
  • Eine Substanzerhaltungspflicht greift nur, wenn konkrete erhebliche Schäden drohen.

Allgemeine Unzufriedenheit, Verzögerungen oder abweichende wirtschaftliche Vorstellungen der Erben reichen nicht aus, um einen Entlassungsgrund zu begründen.

Rechtliche Grundlage

  • § 1030 BGB: Nießbrauch – Berechtigung zur Nutzung und Fruchtziehung
  • § 2227 BGB: Entlassung des Testamentsvollstreckers – nur bei wichtigem Grund, insbesondere grober Pflichtverletzung

Praxisrelevanz

  • Die Schwelle für eine Abberufung ist sehr hoch.
  • Kinder als Schlusserben können die Verwaltung nicht ohne Weiteres steuern oder beeinflussen.
  • Das Württembergische Testament schafft Konfliktschutz und Planungssicherheit für den überlebenden Ehegatten.

Fazit

Die Entscheidung stärkt das Modell des Württembergischen Testaments: Der überlebende Ehegatte bleibt geschützt und handlungsfähig, solange keine gravierenden Pflichtverstöße vorliegen. Erben müssen für eine Entlassung konkrete und erhebliche Pflichtverletzungen nachweisen – bloße Differenzen reichen nicht aus.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main