Zeitpunkt der Bildung einer Rückstellung für Mehrsteuern aufgrund Betriebsprüfung

Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 4451/11 E,G

Datum:
29.08.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 4451/11 E,G
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1T a t b e s t a n d :

2Der Kläger ist Ingenieur. Er betrieb seit 1970 in der Rechtsform eines gewerblichen Einzelunternehmens ein „Ingenieurbüro“. Gegenstand des Unternehmens war zunächst die Herstellung und der Vertrieb von „T“. Später kam als weiteres Geschäftsfeld die Herstellung von „S“ hinzu. In diesem Zusammenhang gründete der Kläger im Jahr 1979 die „L“ GmbH (künftig GmbH) als Vertriebsgesellschaft. Ab Gründung der GmbH führte der Kläger als Alleingesellschafter die vormals im Rahmen des Ingenieurbüros getätigten Geschäfte über die GmbH fort. Die zur Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Betriebsmittel (Maschinen, Patente und sonstige Rechte) behielt der Kläger in seinem Eigentum. Die betreffenden Wirtschaftsgüter überließ er im Rahmen von Pachtverträgen der GmbH zur Nutzung. In einem Vertrag vom 20.6.1988 heißt es z.B. auszugsweise:

3Der Verpächter verpachtet sein in „F-Stadt“ betriebenes Handelsgeschäft (Ing. Büro) mit dem Anlagevermögen, wie es sich aus der als Anlage diesem Vertrag beigefügten Aufstellung per 30.6.1988 ergibt, an die Pächterin. Solange das Anlagevermögen an die Pächterin verpachtet ist, überlässt der Verpächter ohne jede Gewährleistungen seinen gesamten Betrieb, wie er steht und liegt, mit allen dazugehörigen Verträgen, Konzessionen, Erfahrungen, Unterlagen usw. der GmbH als Pächterin.

4Im Betriebsvermögen des Ingenieurbüros befand sich darüber hinaus auch das im Alleineigentum des Klägers stehende Gewerbegrundstück „A-Straße 1“ in „F-Stadt“, das er ebenfalls der GmbH zur Nutzung überließ. Seine Anteile an der GmbH bilanzierte der Kläger dagegen nicht als Betriebsvermögen des Ingenieurbüros.

5Mit Kaufvertrag vom 13.7.2006, auf den wegen der einzelnen Regelungen Bezug genommen wird, veräußerten sowohl die GmbH als auch der Kläger mit Wirkung zum 1.8.2006 bestimmte Wirtschaftsgüter zu einem Kaufpreis von 1.200.000 € an die „J-GmbH i.G.“ In der Präambel des Kaufvertrags heißt es auszugsweise:

6(3) Der Verkäufer 1. (Anmerkung: Die GmbH) beabsichtigt, das Unternehmen durch Übertragung des gesamten Betriebsvermögens und der Vertragsverhältnisse zu verkaufen und zu übertragen. Die Käuferin beabsichtigt, das Unternehmen auf diesem Wege zu übernehmen.

7(4) Der Verkäufer 2. (Anmerkung: Der Kläger) beabsichtigt, das Ingenieurbüro aufzugeben, indem er sämtliche in diesem Vertrag näher bezeichnete Vermögensgegenstände verkauft (…).

8(5) Der Verkäufer 2. wird im Rahmen der Beendigung seines Betriebes die von dem Betrieb genutzte Gewerbeimmobilie in sein Privatvermögen überführen.

9Von dem insgesamt gezahlten Kaufpreis entfielen 662.000 € auf das vom Kläger übertragene Anlagevermögen laut Anlage 2 zum Kaufvertrag und 350.000 € auf die gewerblichen Schutzrechte bzw. das Know-how laut Anlage 4 zum Kaufvertrag.

10In einer wenige Tage später geschlossen Zusatzvereinbarung vom 26.7.2006 legten die Vertragsparteien des Weiteren fest, dass über die in der Anlage 4 zum Kaufvertrag vom 13.7.2006 genannten gewerblichen Schutzrechte hinaus auch diejenigen immateriellen Rechte auf die Käuferin übergehen sollten, die Gegenstand des Know-how-Vertrages vom 27.9.2000 zwischen der „C-lnc.“ (künftig „C-lnc.“) und der GmbH (bzw. dem Kläger – nach Überleitung auf diesen durch Vertrag vom 13.12.2000) waren. In diesem Vertrag, auf den wegen der einzelnen Regelungen Bezug genommen wird, hatte der Kläger das Know-how sowie die Lizenz für die Produktion der von der GmbH entwickelten „S“-stechnologie für den Bereich Nord- und Südamerika sowie bestimmte asiatische Länder an die „C-lnc.“ gegen eine Einmalzahlung sowie umsatzabhängige Lizenzgebühren übertragen. Nach einer in der Zusatzvereinbarung vom 26.7.2006 getroffenen Regelung sollte das Entgelt für die dem Know-how-Vertrag unterliegenden Schutzrechte grundsätzlich mit dem Kaufpreis gemäß dem Kaufvertrag vom 13.7.2006 abgegolten sein. Die in dem Know-how-Vertrag ausgewiesenen Entgelte sollten jedoch bis zum 31.12.2010 weiterhin dem Kläger zustehen. In der Zusatzvereinbarung heißt es auszugsweise:

11Verkäufer und Käufer schließen heute klarstellend und ergänzend zu obigem Kaufvertrag die Vereinbarung, dass zusätzlich zu den gemäß Anlage 4 zum benannten Kaufvertrag aufgeführten gewerblichen Schutzrechten, Patenten, immateriellen Rechten, etc. auch die gewerblichen Schutzrechte, Patente, immateriellen Rechte, etc., soweit sie Gegenstand des Know-How-Contracts vom 27. September 2000 zwischen „C-lnc.“ und der „L“ GmbH bzw. Herrn „L“ sind, auch auf die „J-GmbH i.G.“ (…) übergehen werden, allerdings aufschiebend bedingt ab dem 1. Januar 2011 und zwar nur nach Ausübung des allein Herrn „J“ (…) zustehendem, jederzeit und ohne weitere Bedingungen auf erstes Anfordern, einseitigen Optionsrechts. (…) Das Entgelt hierfür ist mit dem Kaufpreis gemäß Kaufvertrag vom 13. Juli 2006 abgegolten. Die im als Anlage A beigefügten Know-how-Contract (…) ausgewiesenen Entgelte (Payments, Royalties, etc.) stehen bis zum Ende der gem. Art. 7 desselben Vertrags vereinbarten Grundlaufzeit (bis zum 31. Dezember 2010 inklusive) Herrn „L“ zu.

12Für die Jahre 2006 bis 2009 erhielt der Kläger nach seinen Angaben folgende Lizenzzahlungen von „C-lnc.“: 2006 = 45.500 €, 2007 = 50.562 €, 2008 = 20.000 €, 2009 = 85.261 €.

13Nicht mit veräußert wurde das bis dahin von der GmbH betrieblich genutzte Grundstück „A-Straße 1“. Dieses überführte der Kläger in sein Privatvermögen und vermietete es fortan zum größten Teil an die „J-GmbH i.G.“.

14Ebenfalls nicht mit veräußert wurde ein Patent für ein „R“. Dieses überließ der Kläger der GmbH gegen ein jährliches Entgelt von 600 € auch weiterhin zur Nutzung. Die von der GmbH im Streitjahr 2006 mit dem Verkauf von „R“ erzielten Bruttoumsätze beliefen sich auf ca. 90.583 €. Dem standen Gesamtumsätze der GmbH von ca. 2.226.446 gegenüber, so dass sich im Streitjahr der mit den „R“ erzielte Umsatzanteil auf ca. 4,07 % belief. Die GmbH führte auch nach der Veräußerung ihres Anlagevermögens ihre Tätigkeit in Bezug auf den Vertrieb von „R“ fort.

15Das Gewerbe des Ingenieurbüros meldete der Kläger am 15.8.2006 bei der Stadt „F-Stadt“ ab.

16In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr erklärte der Kläger einen Gewinn aus der Aufgabe des Ingenieurbüros zum 31.8.2006 in Höhe von 1.160.599,08 €, den er wie folgt ermittelte:

17

Erlös Verkauf Sachanlagen abzgl. Buchwert 661.989,49
Erlös Verkauf Rechte 350.000,00
Entnahme Grundbesitz 385.000,00
Buchwert Grundbesitz -274.918,41
Auflösung Rücklage § 7g des Einkommensteuergesetzes –EStG– 34.400,00
Zuschlag § 7g Abs. 5 EStG 4.128,00
Summe 1.160.599,08

18Diesen Gewinn sah der Kläger als nach §§ 16, 34 Abs. 3 EStG begünstigten Aufgabegewinn an. Daneben erklärte er laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Ingenieurbüro in Höhe von 11.141,38 €. Des Weiteren erklärte der Kläger bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG Lizenzeinnahmen aus den an die „C-lnc.“ überlassenen Rechten in Höhe von 45.500 € sowie Lizenzeinnahmen aus dem „R“-Patent in Höhe von 600 €. Im Zusammenhang mit den letztgenannten Einnahmen machte der Kläger Betriebsausgaben in Höhe von 290 € geltend, so dass sich die erklärten Lizenzeinkünfte insgesamt auf 45.810 € beliefen.

19Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte die Kläger zunächst antragsgemäß und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 31.8.2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf 415.237 € fest.

20In den Jahren 2007 und 2008 fand bei dem Kläger eine Betriebsprüfung (BP) statt, die unter anderem auch die Einkommensteuer für das Streitjahr 2006 umfasste. Die BP gelangte zu der Auffassung, dass die Veräußerung durch Kaufvertrag vom 13.7.2006 nicht als begünstigte Betriebsaufgabe behandelt werden könne, da nicht alle stillen Reserven der wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst worden seien. Weder das Besitz- noch das Betriebsunternehmen seien endgültig aufgegeben worden, denn der Vertrieb der „R“ sei nicht eingeschränkt, sondern vielmehr erweitert worden. Darüber hinaus vertrat die „C-lnc.“ die Auffassung, dass für das betrieblich genutzte Grundstück „A-Straße 1“ ein zu geringer Entnahmewert angesetzt worden sei. Statt der vom Kläger erklärten 385.000 € sei von einem Entnahmewert von 440.000 € auszugehen.

21Mit Einkommensteueränderungsbescheid für 2006 vom 8.12.2008 setzte das FA die Einkommensteuer aufgrund der Feststellungen der BP auf 574.771 € herauf. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob es auf. Mit Bescheid vom 26.1.2009 setzte das FA zudem (erstmalig) gegenüber dem Kläger einen Gewerbesteuermessbetrag für 2006 in Höhe von 50.955 € fest.

22Dagegen legten die Kläger (Einkommensteuer) am 8.1.2009 bzw. der Kläger (Gewerbesteuermessbetrag) am 11.2.2009 Einspruch ein.

23Am 4.11.2009 und am 22.12.2009 ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide. Mit dem letztgenannten Bescheid setzte das FA die Einkommensteuer auf 481.445 € fest. Die Reduzierung der Einkommensteuer gegenüber dem vorherigen Bescheid resultierte aus der Berücksichtigung einer Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte gemäß § 35 EStG in Höhe von 91.719 €.

24Ein weiterer Änderungsbescheid, mit dem die Einkommensteuer geringfügig auf 481.358 € herabgesetzt wurde, datierte vom 29.9.2010.

25Schließlich setzte das FA die Einkommensteuer mit Einspruchsentscheidung vom 29.11.2011 auf 477.507 € herab. Die Reduzierung gegenüber dem Vorbescheid resultierte aus der Berücksichtigung weiterer Aufwendungen bei den Werbungskosten aus Kapitalvermögen in Höhe von 9.247 €. Im Übrigen erachtete das FA den Einspruch als unbegründet. Für die Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

26Den Einspruch des Klägers gegen den Gewerbesteuermessbescheid für 2006 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom gleichen Tag ebenfalls als unbegründet zurück.

27Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage.

28Im Rahmen des Klageverfahrens hat das FA am 10.1.2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2006 erlassen, in dem es die Einkommensteuer auf 498.741 € heraufgesetzt hat. Die Erhöhung der Einkommensteuer resultiert daraus, dass das FA erstmals im Streitjahr Lizenzeinnahmen von „C-lnc.“ für 2007 bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigt hat. Ein weiterer Änderungsbescheid, beruhend auf geänderten Beteiligungseinkünften, datiert vom 27.2.2012.

29Zu den einzelnen Streitpunkten führen die Kläger Folgendes aus:

301. Betriebsaufgabe

31Aufgrund der personellen und sachlichen Verflechtung zwischen beiden Unternehmen habe jedenfalls bis einschließlich Juli 2006 eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebsunternehmen bestanden. Der Kläger sei aufgrund seiner 100%-igen Anteilsmehrheit in der GmbH in der Lage gewesen, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Die sachliche Verflechtung habe daraus resultiert, dass der Kläger der GmbH mit dem Betriebsgrundstück mindestens eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage überlassen habe. Durch die Veräußerung bzw. Entnahme aller wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang sei die sachliche Verflechtung entfallen. Dies führe zu einer Betriebsaufgabe des Besitzunternehmens mit der Folge, dass die im Betriebsvermögen des früheren Besitzunternehmens enthaltenen stillen Reserven aufzulösen seien. Die Betriebsaufgabe sei zwingende Folge des Wegfalls der sachlichen Verflechtung. Auf eine ausdrückliche Aufgabeerklärung komme es entgegen der in der Einspruchsentscheidung zum Ausdruck kommenden Auffassung des FA nicht an. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den vom FA zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 2.2.2006 XI B 91/05 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 2006, 1266), vom 4.7.2007 X R 49/06 (Bundessteuerblatt –BStBl– II 2007, 772) und vom 24.9.2008 X B 192/07 (BFH/NV 2009, 43). In all diesen Fällen habe die Besonderheit bestanden, dass das jeweilige Besitzunternehmen noch mit wesentlichen Betriebsgrundlagen fortgeführt worden sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Wie sich aus dem Kaufvertrag vom 13.7.2006 in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom 26.7.2006 ergeben habe, habe der Kläger mit Ausnahme des in sein Privatvermögen überführten Betriebsgrundstücks alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen Käufer veräußert. Damit lägen die Voraussetzungen für eine nach §§ 16, 34 Abs. 3 EStG begünstige Betriebsaufgabe vor. Das vom Kläger nicht mit veräußerte „„R“-patent“ sei nicht als funktional wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Zum einen liege der hiermit erzielte Umsatzanteil von 4,07% unter dem vom BFH als Wesentlichkeitsschwelle erachteten Umsatzanteil von mindestens 25%. Zum anderen könne das „R“-patent keine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, da der Kläger zwar formeller Inhaber des Patentes sei, dieses jedoch nichtig sei.

322. Überführung Betriebsgrundstück in das Privatvermögen

33Als gemeiner Wert im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG sei der in der mündlichen Verhandlung im Wege der tatsächlichen Verständigung mit dem FA vereinbarte Wert von 350.000 € anzusetzen. Hieraus ergebe sich eine Gewinnminderung von 90.000 €.

343. Lizenzzahlungen „C-lnc.“ 2007 bis 2009

35Die von dem Kläger in den Jahren 2007 bis 2009 vereinnahmten Entgelte aus dem Know-how-Vertrag mit „C-lnc.“ seien als Teil des Veräußerungsentgelts aus dem Verkauf des Geschäftsbetriebs zu qualifizieren und würden damit ebenfalls zum nach §§ 16, 34 Abs. 3 EStG begünstigten Aufgabegewinn des Jahres 2006 gehören. Die den Zahlungen zugrunde liegenden Patente seien gemäß der Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag vom 26.7.2006 in wirtschaftlichem und rechtlichem Zusammenhang mit dem nur wenige Tage zuvor geschlossenen Kaufvertrag an den Käufer veräußert worden. Laut der Vereinbarung hätten die Vertragsparteien zwar auf eine gesonderte Vergütung für die Übertragung der in der Zusatzvereinbarung genannten Patente verzichtet. Jedoch sollten die in dem Know-how-Vertrag ausgewiesenen Entgelte noch weitere drei Jahre (bis zum 31.12.2010) dem Kläger zustehen.

36Da der Kläger seit dem 1.8.2006 nicht mehr der Inhaber der dem Know-how-Vertrag zugrunde liegenden Patente gewesen sei, würden sich die in den Folgejahren auf der Grundlage dieses Vertrages noch erzielten Entgelte nicht als Leistung der „C-lnc.“, sondern als solche des Käufers der Patente an den Kläger darstellen. Bei verständiger Würdigung handele es sich bei der Abrede über die weitere Vereinnahmung der Lizenzentgelte durch den Kläger um nichts anderes als eine Modalität für die Kaufpreiszahlung und bei den in den Jahren 2007 bis 2009 von „C-lnc.“ erhaltenen Zahlungen folgerichtig um weitere Kaufpreisraten. Demzufolge sei der begünstigte Betriebsaufgabegewinn des Jahres 2006 um die Summe der in den Jahren 2007 bis 2009 erhaltenen Zahlungen von insgesamt 155.823 € (50.562 € + 20.000 € + 85.261 €) zu erhöhen. Gegenläufig sei der laufende Gewinn des Jahres 2006 um das vom FA fälschlich als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifizierte Lizenzentgelt des Jahres 2007 von 50.562 € zu mindern.

374. Anteile an der GmbH

38Die Anteile an der Betriebs-GmbH würden im Rahmen der Betriebsaufspaltung notwendiges Betriebsvermögen darstellen. Dies gelte unabhängig davon, ob sie in der Vergangenheit tatsächlich als Betriebsvermögen ausgewiesen worden seien oder nicht. Sei ein Betriebsvermögensausweis in der Vergangenheit unterblieben, seien die GmbH-Anteile im ersten offenen Jahr mit dem Wert, mit dem sie bei von Anfang an zutreffender Bilanzierung zu Buche stünden (also mit den Anschaffungskosten oder dem Einlagewert), in die Eröffnungsbilanz dieses Jahres einzubuchen. Zum Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsaufspaltung seien die Anteile an der Betriebs-GmbH zwingend mit dem Teilwert in das Privatvermögen zu entnehmen. In Höhe der Differenz zwischen dem Teilwert und dem Einbuchungswert ergebe sich ein Entnahmegewinn, der nach §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG a.F. dem Halbeinkünfteverfahren unterliege. Eine weitere Vergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG erfolge in diesem Fall nicht (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG).

39Die ursprünglichen Anschaffungskosten der GmbH-Anteile hätten 100.000 DM betragen (= 51.000 €). Der Teilwert der Anteile habe im Aufgabezeitpunkt ausweislich der dem FA mit Schreiben des Steuerberaters „E“ vom 5.3.2008 übermitteltem Berechnungen 541.000 € betragen. Hieraus ergebe sich ein Entnahmegewinn in Höhe von 490.000 € der gemäß § 3 Nr. 40 EStG a. F. mit 50 %, also 245.000 €, der (regulären) Besteuerung zu unterwerfen sei.

405. Gewerbesteuer

41Der im sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe entstandene Gewinn unterliege nicht der Gewerbesteuer. Der Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2006 sei daher entsprechend den beantragten Änderungen zur Einkommensteuer herabzusetzen. Ein darüber hinausgehender Ermäßigungsbetrag nach § 35 EStG, den das FA zugunsten der Kläger berücksichtigt habe, sei mangels einer anrechenbaren Gewerbesteuerschuld wieder hinzuzurechnen.

426. Hilfsantrag

43Sofern das FG der Auffassung der Kläger nicht folge, dass eine begünstigte Betriebsaufgabe vorliege, seien die nachträglichen Lizenzeinnahmen der Jahre 2007 bis 2009 erst mit ihrem Zufluss zu erfassen. Der Gewinn des Jahres 2006 wäre somit um die vom FA hier bislang erfassten 50.562 € zu kürzen. Auch in diesem Fall wäre zudem als Entnahmewert für das Betriebsgrundstück statt der vom FA in Ansatz gebrachten 440.000 € der niedrigere Wert von 350.000 € zugrunde zu legen.

44Für die weiteren Ausführungen der Kläger wird auf die Schriftsätze (nebst Anlagen) vom 6.2.2012 und vom 4.9.2013 Bezug genommen.

45Die Kläger beantragen bzw. der Kläger beantragt,

46              1. die Einkommensteuer 2006 unter Abänderung des Bescheids für 2006 vom 27.02.2012 dergestalt festzusetzen,

47              a) dass die Aufgabe des Besitzunternehmens durch den Kläger im Jahr 2006 als begünstigte Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG zu qualifizieren ist;

48              b) dass der gemeine Wert des Grundstücks „A-Straße 1“ in „F-Stadt“ mit 350.000 Euro angesetzt wird;

49              c) dass die seitens des Klägers in den Jahren 2007 bis 2009 vereinnahmten Lizenzentgelte von „C-lnc.“ in den Aufgabegewinn 2006 einzubeziehen sind;

50              d) dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Jahres 2006 um 50.562 Euro zu reduzieren sind;

51              e) dass der gemeine Wert (vor Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens) der GmbH-Anteile des Klägers an der „L“ GmbH mit 490.000 Euro anzusetzen ist;

52              f) dass die Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG entsprechend zu mindern ist;

53              2. den Gewerbesteuermessbetrag 2006 unter Abänderung des Bescheids für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 26.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2011 entsprechend dem Antrag zur Einkommensteuer festzusetzen;

54              3. hilfsweise,

55              a) unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2006 vom 27.02.2012 die Einkommensteuer 2006 in der Weise festzusetzen, dass der Wert des Grundstücks „A-Straße 1“ in „F-Stadt“ mit 350.000 Euro angesetzt, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um 50.562 Euro gemindert und die Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG entsprechend gemindert werden;

56              b) den Gewerbesteuermessbetrag 2006 unter Abänderung des Bescheids für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 26.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2011 entsprechend dem Hilfsantrag für die Einkommensteuer 2006 festzusetzen.

57Das FA beantragt,

58              die Klage abzuweisen.

59Es hält an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.

60E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

61Die zulässige Klage ist unbegründet.

62Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27.2.2012 und der Gewerbesteuermessbescheid für 2006 vom 26.1.2009, letzterer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2011, sind rechtmäßig und verletzten die Kläger (Einkommensteuer) bzw. den Kläger (Gewerbesteuermessbetrag) nicht in ihren bzw. seinen Rechten. Die Klage hat weder hinsichtlich des Hauptantrags noch hinsichtlich des Hilfsantrags Erfolg.

63I. Der Senat legt den Antrag der Kläger bzw. des Klägers dahingehend aus, dass die Teiländerungen gemäß Nr. 1 Buchstaben b) bis f) nur für den Fall beantragt werden, dass eine begünstigte Betriebsaufgabe – wie unter Nr. 1 Buchstabe a) beantragt – vorliegt. Hierfür spricht, dass dem Hilfsantrag andernfalls keine eigenständige Bedeutung zukäme, da dieser die beantragten Teiländerungen gemäß Buchstaben b), d) und f) umfasst und sich vom Hauptantrag lediglich in den Änderungen unterscheidet, die eine Betriebsaufgabe voraussetzen (Buchstaben a), c) und e)).

64II. Die Klage ist hinsichtlich des in der Hauptsache gestellten Antrags unbegründet. Entgegen der Auffassung der Kläger liegen die Voraussetzungen einer privilegierten Betriebsaufgabe im Sinne von §§ 16, 34 Abs. 3 EStG nicht vor.

651. Zwischen dem Ingenieurbüro, also dem vor Gründung der GmbH bestehenden Betrieb zur Produktion und zum Vertrieb von „T“ und „S“, und der GmbH bestand ursprünglich, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, eine Betriebsaufspaltung. Eine Betriebsaufspaltung liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24.02.2000 IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417) vor, wenn wesentliche, zur Erreichung des Betriebszwecks erforderliche Wirtschaftsgüter an einen Gewerbebetrieb vermietet werden (sog. sachliche Verflechtung) und wenn die hinter dem Vermieter (= Besitzunternehmen) und dem Mieter (= Betriebsunternehmen) stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (sog. personelle Verflechtung).

66Eine solche sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Kläger und der GmbH lag zunächst vor. Die personelle Verflechtung bestand, weil der Kläger Alleingesellschafter der GmbH war. Die sachliche Verflechtung lag ebenfalls vor, da mit dem Betriebsgrundstück – wovon auch beide Beteiligte ausgehen – unstreitig eine wesentliche Betriebsgrundlage vom Kläger an die GmbH vermietet wurde (vgl. BFH-Urteile vom 24.8.1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014; vom 11.10.2007 X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220).

67Die Überlassung einer weiteren wesentlichen Betriebsgrundlage lag zudem darin, dass der Kläger der GmbH die zur Produktion erforderlichen Maschinen vermietete (vgl. Gluth, in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 15 EStG Anm. 814, Stichwort „Maschinen“ m.w.N.).

68Ob zum Zeitpunkt der Veräußerung im Streitjahr 2006 auch in der Überlassung der Patente und sonstigen Rechte eine wesentliche Betriebsgrundlage zu sehen war, was nach der BFH-Rechtsprechung grds. möglich ist (vgl. grundlegend BFH-Urteil vom 1.6.1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545; vgl. zum erforderlichen Umsatzanteil etwa BFH-Urteile vom 11.7.1989 VIII R 151/85, BFH/NV 1990, 99; vom 26.8.1993 I R 86/92, BFHE 172, 341, BStBl II 1994, 168), erscheint im Streitfall nicht zweifelsfrei, da aus Sicht des Senats nach Einblick in das Patentregister Zweifel bestehen, ob alle oder die Mehrzahl der in der Anlage 4 zum Kaufvertrag vom 13.7.2006 aufgeführten Patente noch wirksam waren. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt nämlich keine wesentliche Betriebsgrundlage vor, wenn Lizenzen über nicht patentierfähige Verfahren überlassen werden, die auch von anderen Unternehmen ohne besondere Erlaubnis angewendet werden können (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1988 VIII R 339/82, BFH/NV 2006, 1453). Letztlich bedurfte diese Frage jedoch keiner Entscheidung, da die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in Gestalt von immateriellen Rechten wegen der Überlassung des Grundstücks und der Maschinen für das Bestehen einer Betriebsaufspaltung jedenfalls nicht erforderlich war.

692. Die ursprünglich bestehende Betriebsaufspaltung entfiel mit der Veräußerung und Übereignung der Maschinen an die „J-GmbH i.G.“ durch Kaufvertrag vom 13.7.2006 mit Wirkung zum 1.8.2006 sowie der zeitgleich erfolgten Entnahme des Betriebsgrundstücks, da hierdurch die sachliche Verflechtung gelöst wurde.

703. Entgegen der Auffassung der Kläger kam es hierdurch jedoch nicht zu einer Aufgabe des im Rahmen des Ingenieurbüros ausgeübten Betriebs.

71a) Zwar führt der Wegfall der (personellen oder/und sachlichen) Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung nach der ständigen Rechtsprechung des BFH grundsätzlich zu einer Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG beim Besitzunternehmen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.8.1993 XI R 6/93, BFHE 172, 91, BStBl II 1994, 23 m.w.N.; vom 6.3.1997 XI R 2/96, BFHE 183, 85, BStBl II 1997, 460; vom 23.4.1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325; vom 17.4. 2002 X R 8/00, BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527). Eine Ausnahme hiervon und der dadurch ausgelösten Zwangsprivatisierung des bisherigen Betriebsvermögens des Besitzunternehmens hat der BFH jedoch z.B. für den Fall anerkannt, dass im Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2007 X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220). Gleiches gilt nach zutreffender Auffassung etwa auch dann, wenn der Betrieb des Besitzunternehmens lediglich unterbrochen ist oder das Besitzunternehmen bereits vorher mit einer gewerblichen Tätigkeit begonnen hat oder seine ohnehin originär gewerbliche Tätigkeit fortsetzt (vgl. zu den einzelnen Konstellationen etwa Gluth in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 15 EStG Anm. 838 f.; Wacker in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 15 Rn. 865).

72b) Die letztgenannte Ausnahme liegt auch im Streitfall vor. Denn mit der Überlassung von Know-how an „C-lnc.“ hat der Kläger eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die einen Teil der gewerblichen Gesamttätigkeit des Ingenieurbüros bildete.

73aa) Bei dem Vertrag mit „C-lnc.“ handelt es sich steuerlich – wie sich auch aus der von den Parteien gewählten Bezeichnung als „Know-How Contract“ ergibt – um einen sog. Know-how-Vertrag (vgl. hierzu etwa BFH-Urteile vom 4.3.1970 I R 86/69, BFHE 99, 116, BStBl II 1970, 567 und I R 140/66, BFHE 98, 420, BStBl II 1970, 428). Gegenstand des Vertrags war keine reine Lizenzierung von Patenten. Vielmehr war der Kläger zu einem weitreichenden Wissenstransfer verpflichtet, der etwa die gewonnenen Erfahrungen aus der Produktion, dem Vertrieb und der Weiterentwicklung umfasste (vgl. Art. 2 des Vertrags vom 27.9.2000). Darüber hinaus war der Kläger beispielsweise auch zur technischen Unterstützung sowie zur Ausbildung des Personals von „C-lnc.“ verpflichtet (vgl. Art. 4 des Vertrags vom 27.9.2000).

74bb) Die Besonderheiten des Know-how-Vertrages führen im Streitfall dazu, dass die Zahlungen von „C-lnc.“ als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind.

75Die Übermittlung von Know-how kann steuerlich zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit oder zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Freiberufliche Einkünfte liegen i.d.R. dann vor, wenn ein Freiberufler die überlassenen Erfahrungen im Rahmen einer selbständigen und außergewerblichen Tätigkeit gewonnen hat (vgl. etwa BFH-Urteil vom 4.3.1970 I R 140/66, BFHE 98, 420, BStBl II 1970, 429). Andernfalls handelt es sich regelmäßig um gewerbliche Einkünfte (vgl. Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 18 EStG Anm. 600 Stichwort „Know-how“). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH insbesondere dann, wenn die Anregung zu einer technischen Neuerung und deren weitere Entwicklung mit dem Betrieb eines gewerblichen Unternehmens zusammenhängt (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.1988 IV R 223/85, BFH/NV 1988, 737) oder ein gewerblicher Unternehmer die in seinem Betrieb gesammelten Erfahrungen im Rahmen seines Gewerbebetriebs anderen Personen überlässt (vgl. etwa BFH-Urteile vom 4.3.1970 I R 140/66, BFHE 98, 420, BStBl II 1970, 429 und I R 86/69, BFHE 99, 116, BStBl II 1970, 567).

76cc) Im Streitfall stammen die überlassenen Erfahrungen nicht aus einer freiberuflichen Tätigkeit in Form eines eigenständigen „Erfinderbetriebs“ des Klägers. Sie sind vielmehr Ausfluss der über die GmbH ausgeübten gewerblichen Tätigkeit. Der Kläger erzielte nach Gründung der GmbH Einkünfte aus Gewerbebetrieb, indem er seine inländischen Patente und sein Know-how über die GmbH am Markt verwertete. Die aus deren Produktionstätigkeit und dem Vertrieb gewonnenen Erfahrungen musste der Kläger, der zum 1.1.2001 als Partei in den zuvor zwischen „C-lnc.“ und der GmbH abgeschlossenen Know-how-Vertrag vom 27.9.2000 eingetreten war, „C-lnc.“ im Rahmen der vereinbarten Know-how-Überlassung zur Verfügung stellen. Es handelt sich daher bei den hier überlassenen Erfahrungen um solche, die schon ihrer Art nach nur in einem gewerblichen Betrieb gewonnen werden und daher keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit bilden können.

77dd) Die originär gewerbliche Tätigkeit „Know-how-Überlassung“ vollzog sich des Weiteren in einem einheitlichen Betrieb mit der als gewerblich zu qualifizierenden Vermögensverwaltung.

78Übt eine natürliche Person verschiedene gewerbliche Tätigkeiten aus, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, wenn die Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 15 Rn. 97 m.w.N.). Im Streitfall besteht ein solcher unlösbarer Zusammenhang beider Tätigkeitsbereiche, da der Kläger als Besitzunternehmer die zur Produktion erforderlichen Maschinen, Erfahrungen und (inländischen) Patente an die GmbH überließ und hieraus die Erfahrungen gewann, die er sodann an „C-lnc.“ weiter zu geben hatte. Die Überlassung der Maschinen und der immateriellen Rechte an die GmbH und die dort vorgenommene Verwertung bildet daher die Vorbedingung für die Überlassung des Know-hows an „C-lnc.“, da letzteres ohne ersteres nicht möglich gewesen wäre.

79Nach Auffassung des Senats ist der im Streitfall gegebene Sachverhalt insoweit mit dem Ausgangsfall, über den der BFH in seinem Urteil vom 11.2.1988 IV R 223/85 (BFH/NV 1988, 737) zu befinden hatte, vergleichbar. Etwaige Besonderheiten, die im Streitfall daraus resultieren, dass der Kläger seinen Produktionsbetrieb in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen aufgespalten hat, rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. In seinem Urteil kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Erfindertätigkeit und die hieraus erzielten Lizenzeinnahmen mit den gewerblichen Einkünften aus dem Fertigungsbetrieb eine Einheit bilden. Eine gewerbliche Erfindertätigkeit sei vor allem dann anzunehmen, wenn die Anregung zu einer technischen Neuerung und deren weitere Entwicklung mit dem Betrieb eines gewerblichen Unternehmens zusammenhänge und die entwickelte Erfindung zumindest auch dem gewerblichen Betrieb des Erfinders dienen solle. Diese Grundsätze treffen auch auf den Streitfall zu. Der Kläger hat seit Begründung der Betriebsaufspaltung mehrere weitere Erfindungen als Patent angemeldet, die in ihrer Mehrzahl Vorrichtungen zur „N“ betreffen (etwa die Patente „001“, „002“, „003“, „004“). Dies entspricht dem Geschäftsbereich, in dem, wie aus der Präambel des Kaufvertrags vom 13.7.2006 hervorgeht, auch die GmbH selbst gewerblich tätig war. Der Zusammenhang mit der Tätigkeit der GmbH wird insoweit auch daraus ersichtlich, dass der Kläger selbst – wie aus der Auflistung in der Anlage 4 zum Kaufvertrag vom 13.7.2006 hervorgeht – sämtliche nach Begründung der Betriebsaufspaltung getätigten Erfindungen und Patente dem Betriebsvermögen des Ingenieurbüros zugeordnet hat. Diese Erfindungen bildeten offenbar zugleich auch die Grundlage für die amerikanischen Patente, die Gegenstand des Know-how-Überlassungsvertrags mit „C-lnc.“ waren. Wie dem betreffenden Vertrag zu entnehmen ist, bestand ein wesentlicher Teil der vertraglichen Vereinbarung (lediglich) darin, eine Abgrenzung der internationalen Märkte für die Produktion und den Vertrieb der Anlagen herbeizuführen.

80ee) Der vom Senat vertretenen Auffassung steht nicht entgegen, dass der Kläger die Lizenzzahlungen von „C-lnc.“ jedenfalls in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen seit 2002 als (eigeständige) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt hat. Eine in vorangegangenen Zeiträumen unzutreffend vorgenommene Einkünftequalifizierung entfaltet für die Folgezeiträume keine Bindung.

81Im Übrigen wird die Sichtweise des Senats auch dadurch bestätigt, dass im hier zu entscheidenden Rechtsstreit der Kläger die Überlassung des Know-hows an „C-lnc.“ selbst ebenfalls als Teil der Tätigkeit des Ingenieurbüros qualifiziert. Im Schriftsatz vom 6.2.2013 vertritt der Kläger explizit die Auffassung, dass die in den Jahren 2007 bis 2009 von „C-lnc.“ gezahlten Lizenzentgelte als Teil des Veräußerungspreises aus dem „Verkauf des Geschäftsbetriebs“ – gemeint ist offenkundig der Geschäftsbetrieb des Ingenieurbüros – anzusehen seien.

82c) Entgegen der Auffassung der Kläger wurde die originär gewerbliche Tätigkeit „Know-how-Überlassung an „C-lnc.““ auch nach der Veräußerung des Anlagevermögens bzw. der Entnahme des Betriebsgrundstücks fortgesetzt. Denn die an „C-lnc.“ überlassenen Patente und sonstigen Rechte standen dem Kläger auch nach diesem Zeitpunkt weiterhin zu, da sie ausdrücklich nicht mit übertragen worden waren. In Bezug auf die betreffenden Rechte hatten der Kläger und die „J-GmbH“ bzw. Herr „J“ in der Zusatzvereinbarung vom 26.7.2006 zum Kaufvertrag vom 13.7.2006 vereinbart, dass diese lediglich aufschiebend bedingt ab dem 1.1.2011 und unter der Bedingung, dass Herr „J“ oder die „J-GmbH“ von einem ihnen zustehenden (einseitigen) Optionsrechts Gebrauch machen würden, übergehen sollten. Von dieser Option wurde nach der eigenen Einlassung des Klägers im (nachgereichten) Schriftsatz vom 4.9.2013 erst am 19.10.2012 Gebrauch gemacht. Bei den Lizenzzahlungen für die Jahre 2007 bis 2009 kann es sich daher auch nicht um eine Kaufpreiszahlung seitens der Erwerberin handeln. Vielmehr sind die betreffenden Zahlungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb des fortgeführten Teilsegments „Überlassung Know-how an „C-lnc.““ zu qualifizieren.

83Der vom Kläger im – nach Schluss der mündlichen Verhandlung – erstellten Schriftsatz vom 4.9.2013 vertretenen Auffassung, dass diese Tätigkeit jedenfalls nicht im Rahmen eines eigenständigen Gewerbebetriebs sei, sondern dass es sich um eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG handle, folgt der Senat vor diesem Hintergrund nicht.

84d) Da es bereits aus den vorgenannten Gründen an einer Betriebsaufgabe fehlt, bedurfte die zwischen den Beteiligten diskutierte Frage, ob auch die (fortgesetzte) Überlassung des „R“-patentes an die GmbH einer Betriebsaufgabe entgegensteht, keiner Entscheidung.

85e) Die Voraussetzungen einer Teilbetriebsaufgabe liegen ebenfalls nicht vor.

86Eine Teilbetriebsaufgabe ist im § 16 Abs. 3 EStG nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, die Möglichkeit hierzu wird aber von der wohl herrschenden Auffassung bejaht (vgl. etwa Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 16 EStG Anm. 508).

87Im Streitfall kann dahinstehen, ob es sich bei dem als gewerblich zu qualifizierenden („vermögensverwaltenden“) Tätigkeitssegment des Ingenieurbüros um einen Teilbetrieb gehandelt hat. Die Voraussetzungen einer begünstigten Teilbetriebsaufgabe liegen schon aus folgendem Grund nicht vor: Der BFH hat in seinen Urteilen vom 4.7.2007 X R 49/06 (BFHE 218, 316, BStBl II 2007, 772) und X R 44/03 (BFH/NV 2007, 2093) entschieden, dass die Anteile an einer Betriebskapitalgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlage im Sinne des § 16 EStG des Besitzeinzelunternehmens seien und dass eine privilegierte Teilbetriebsveräußerung ausscheide, wenn diese Anteile nicht mit veräußert würden.

88Nach Auffassung des Senats sind diese Grundsätze auch bei einer Teilbetriebsaufgabe anzuwenden. Eine begünstigte Teilbetriebsaufgabe muss daher im Streitall ausscheiden, weil der Kläger die Anteile an der GmbH, die eine wesentliche Betriebsgrundlage des Ingenieurbüros bildeten, nicht in einem einheitlichen Vorgang veräußert oder entnommen hat. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Anteile an der GmbH auch nicht durch eine „Zwangsentnahme“ in das Privatvermögen überführt worden. Eine solche wäre nur dann gegeben, wenn es vorliegend durch die Veräußerung der Anlagegüter zu einer „Zwangsbetriebsaufgabe“ aufgrund eines Wegfalls der sachlichen Verflechtung gekommen wäre (vgl. hierzu etwa BFH-Urteil vom 6.3.1997 XI R 2/96, BFHE 183, 85, BStBl II 1997, 460; Urteil des FG Düsseldorf vom 9.3.2006 16 K 3078/00 E, abrufbar in juris). Zu einer solchen kam es jedoch vorliegend gerade nicht, da der Kläger die originär gewerbliche Tätigkeit „Know-how-Überlassung“ fortgesetzt hat. Dies hat zur Folge, dass die GmbH-Anteile weiterhin Betriebsvermögen des Ingenieurbüros bildeten.

89f) Mangels (Teil-)Betriebsaufgabe handelt es sich bei den hier streitigen Einkünften um laufende Einkünfte, für die die Vergünstigung der §§ 16, 34 Abs. 3 EStG – entgegen der Auffassung der Kläger – nicht gewährt werden kann. Eine Einbeziehung der Lizenzzahlungen für 2007 bis 2009 in den Aufgabegewinn scheidet – unabhängig davon, ob dies rechtlich überhaupt möglich gewesen wäre – ebenfalls aus. In Ermangelung einer zwangsweisen Betriebsaufgabe ist schließlich auch kein Gewinn aus der Überführung der GmbH-Anteile in das Privatvermögen zu erfassen.

90III. Auch der Hilfsantrag ist im Ergebnis unbegründet.

911. Dem Grunde nach wäre die Klage allerdings insoweit teilweise begründet.

92Die Kläger machen zu Recht geltend, dass die vom FA angesetzten Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 50.562 € zu reduzieren sind. Hierbei handelt es sich um die Lizenzeinkünfte für das auf das Streitjahr folgende Jahr 2007. Dass bereits im Streitjahr eine gewinnerhöhende Einbuchung einer entsprechenden Forderung zu erfolgen hätte, ist für den Senat nicht ersichtlich.

93Darüber hinaus wäre auch der Entnahmewert, zu dem das Grundstück „A-Straße 1“ in das Privatvermögen überführt wurde, entsprechend der in der mündlichen Verhandlung geschlossenen tatsächlichen Verständigung zu vermindern, wodurch sich die aufzudeckenden stillen Reserven reduzieren, zugleich aber in geringem Maße auch die im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusetzende AfA verringern würde. Die Bewertung richtet sich – mangels Vorliegens einer Betriebsaufgabe – insoweit nicht nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG, sondern hat gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zum Teilwert zu erfolgen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 6 Rn. 232 m.w.N.). Im Streitfall ist eine Schätzung des Teilwerts auf den Zeitpunkt der Entnahme vorzunehmen. Die Beteiligten haben sich insoweit darauf verständigt, dass das Grundstück zum Zeitpunkt der Überführung in das Privatvermögen einen vorläufigen Verkehrswert von 400.000 € hatte und dass sich die ggf. noch zu berücksichtigenden Freiräumungskosten auf 50.000 € belaufen hätten. Abweichend von der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung geht der Senat davon aus, dass in der vorliegenden Konstellation ein Abzug der Freiräumungskosten ausscheidet, da nach der Definition des Teilwertes gerade von einer Fortführung des Betriebs durch den Erwerber auszugehen ist.

942. Im Ergebnis bedarf diese Frage jedoch keiner Entscheidung. Denn im Wege der Saldierung ist zu berücksichtigen, dass dem FA ein Rechtsfehler zu Gunsten der Kläger unterlaufen ist. Das FA hat nach Auffassung des Senats zu Unrecht bereits im Streitjahr 2006 eine Gewerbesteuerrückstellung und eine Rückstellung für Zinsen gem. § 233a AO für die Mehrsteuern aufgrund der BP gebildet und insoweit zu hohe Aufwendungen in Höhe von insgesamt 204.933 € berücksichtigt, die mit den unter III.1 dargestellten Punkten, deren Änderung der Kläger beanspruchen könnte, zu saldieren sind.

95Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine betrieblich veranlasste, aber ungewisse Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstehen und zu einer Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen wird, und die ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag findet (vgl. etwa BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 239, 173, BStBl II 2013, 76 m.w.N.). Rückstellungen wegen öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen dürfen erst gebildet werden, wenn derjenige, der Inhaber des gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Anspruchs ist, von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat oder eine solche Kenntniserlangung unmittelbar bevorsteht, so dass eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 239, 173, BStBl II 2013, 76 m.w.N.).

96Nach einer in der Literatur und von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung sind die Aufwendungen für die Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer BP grds. im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung – hier also dem Streitjahr – zu berücksichtigen (Vgl. z.B. Dötsch, jurisPR 36/2012, Anm. 2; Verfügung des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 13.09.2011 VI 304-S 2141-007, abrufbar in juris).

97Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist – soweit für den Senat ersichtlich – keine einheitliche Handhabung zu entnehmen (so wohl auch der X. Senat, der Zweifel daran äußert, ob überhaupt eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung in dieser Frage existiert, vgl. BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl II 2013, 76). Nach der Rechtsprechung des I. BFH-Senats ist jedenfalls eine zwingende Bilanzierung von Mehrsteuern in dem Jahr der Entstehung nur dann geboten, wenn der Steuerpflichtige bei Aufstellung der Bilanz unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns mit der Entstehung der Mehrsteuern rechnen muss (vgl. etwa BFH-Urteile vom 18.7.1973 I R 11/73, BFHE 110, 226, BStBl II 1973, 860; vom 3.2.2010 I R 21/06, BFHE 228, 259, BStBl II 2010, 692; ferner BFH-Beschlüsse vom 16.12.2009 I R 43/08, BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688 und vom 17.7.2012 I B 56, 57/12, BFH/NV 2012, 1955). So hat der I. Senat es etwa in seinem Beschluss vom 16.12.2009 I R 43/08 (BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688) nicht beanstandet, dass der Steuerpflichtige Rückstellungen für Mehrsteuer erst im Jahr des Aufgriffs eines bestimmten steuerlichen Sachverhalts, nämlich der Behandlung von Tantiemenzahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen, durch die BP bilden wollte. Die Entscheidung erging allerdings für einen Zeitraum, für den die Verwaltung dem Steuerpflichtigen noch ein Wahlrecht eingeräumt hat, bei der Änderung von Veranlagungen die abziehbaren Mehrsteuern entweder zu Lasten der Wirtschaftsjahre zu buchen, zu denen sie wirtschaftlich gehören, oder aber zu Lasten des Wirtschaftsjahres, in dem der Steuerpflichtige mit der Nachforderung rechnen kann (R 20 Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien 1998). Dieses Wahlrecht bestand im hier maßgeblichen Streitjahr nicht mehr.

98Nach Auffassung des Senats sind Mehrsteuern aufgrund einer Außenprüfung erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung des zur Mehrsteuer führenden Sachverhalts rechnen muss. Maßgebliches Tatbestandsmerkmal, unter dem die vorliegende Problematik zu verorten ist, ist die „Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme“. Aus Sicht des Senats ist insoweit im Regelfall keine unterschiedliche Behandlung von Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung und von hinterzogenen Mehrsteuern gerechtfertigt. Für den letztgenannten Fall wird aber sowohl von der Rechtsprechung als auch der herrschenden Literaturauffassung die Meinung vertreten, dass eine Rückstellung für etwaige Mehrsteuern erst zu dem Bilanzstichtag gebildet werden kann, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung der Steuerhinterziehung rechnen muss (vgl. etwa BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 239, 173, BStBl II 2013, 76). Beide Konstellationen sind aber aus Sicht des Senats gleichermaßen dadurch gekennzeichnet, dass es entscheidend darauf ankommt, ob das FA durch eine aufdeckungsorientierte Maßnahme von dem die Steuer begründenden Lebenssachverhalt überhaupt Kenntnis erlangen wird. Häufig handelt es sich dann nur um einen graduellen Unterschied, der Ausschlag darüber gibt, ob es sich um eine „einfache“ oder um eine „hinterzogene“ Mehrsteuer handelt. Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung es bei hinterzogenen Steuern gerade nicht ausreichen lässt, dass der Steuerpflichtige selbst Kenntnis von der Steuerhinterziehung hatte (vgl. BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl II 2013, 76). Die vom I. Senat hinsichtlich der Passivierung von Mehrsteuern aufgrund einer BP vorgenommene Differenzierung danach, ob der Steuerpflichtige bei Aufstellung der Bilanz unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns mit der Entstehung der Mehrsteuern rechnen muss, erscheint vor diesem Hintergrund fraglich.

99Selbst wenn man aber im Streitfall diese Differenzierung des I. Senats zugrunde legen würde, wäre keine Rückstellung im Streitjahr zu bilden gewesen. Wie aus den vom FA vorgelegten Akten zu entnehmen ist, hat dieses in mehreren vorangegangenen Betriebsprüfungen (vgl. etwa die BP-Berichte vom 13.8.1986 und vom 19.6.1991) nicht beanstandet, dass der Kläger seine Einkünfte aus den Lizenzzahlungen von „C-lnc.“ als solche aus selbständiger Arbeit behandelt hat. Dies spricht dafür, dass der Kläger bei Aufstellung der Bilanz des Streitjahres nicht davon ausgehen musste, dass aufgrund einer einheitlichen Tätigkeit keine Betriebsaufgabe vorliegen konnte.

100IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

101V. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO. Die Entscheidung der Frage, ob eine Gewerbesteuerrückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer BP im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder im Jahr der „Aufdeckung“ zu bilden ist, liegt im allgemeinen Interesse und ist – jedenfalls aus Sicht des Senats – bislang nicht eindeutig geklärt.