Zum Wegfall eines Vergütungsanspruchs bei „Kartenlegen“

Zum Wegfall eines Vergütungsanspruchs bei „Kartenlegen“

Kernproblem

Der Bundesgerichtshof hat sich jüngst mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Vergütung einer Leistung besteht, die unter Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten erbracht werden soll.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Selbstständige und bietet Lebensberatung (life coaching) an, wobei sie ihre Ratschläge anhand der durch Kartenlegen gewonnenen Erkenntnisse erteilt. Der Beklagte traf erstmals im September 2007 auf die Klägerin, als er sich in einer durch Beziehungsprobleme ausgelösten Lebenskrise befand. Die Klägerin legte ihm am Telefon mehrfach zu verschiedenen beruflichen und privaten Lebensfragen die Karten und gab Ratschläge. Hierfür zahlte der Beklagte in 2008 über 35.000 EUR. Für weitere, Anfang 2009 erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin rd. 6.700 EUR und blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen, dass die von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich ist; sie konnte nach den Naturgesetzen bzw. dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden. Daraus folgt allerdings nicht zwingend ein Wegfall des Vergütungsanspruchs der Klägerin. Denn im Rahmen der Vertragsfreiheit können Parteien wirksam vereinbaren, dass eine Seite sich gegen Entgelt dazu verpflichtet, Leistungen zu erbringen, deren Grundlagen nicht erweislich sind, sondern nur einer inneren Überzeugung, einem Glauben oder einer irrationalen Haltung entsprechen. Im vorliegenden Fall lag es nicht fern, anzunehmen, dass die Klägerin die vereinbarte Vergütung ungeachtet des Umstandes beanspruchen konnte, dass die Tauglichkeit der erbrachten Leistung rational nicht nachweisbar war. Erkauft sich nämlich jemand derartige Leistungen in dem Bewusstsein, dass die Geeignetheit zur Erreichung des angestrebten Zwecks nicht erklärbar ist, würde es den Motiven der Parteien widersprechen, einen Vergütungsanspruch zu verneinen.

Konsequenz

Der BGH verwies die Sache dennoch an das OLG zurück, um klären zu lassen, ob die Vereinbarung der Parteien wegen Sittenwidrigkeit nichtig war (§ 138 BGB). Derartige Verträge schließen vielfach Personen, die sich in einer schwierigen Lebensphase befinden oder generell leichtgläubig, unerfahren oder psychisch labil sind. In solchen Fällen dürfen nach Ansicht des BFGH keine allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten gestellt werden.