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#630903

Inhaltsverzeichnis

Altersvorsorge - Sonderausgabenabzug

§ 10a Abs. 1 EStG

1. Begünstigte Aufwendungen

Nach dem Altersvermögensgesetz und mit der sog. "Riester-Förderung" erhalten Personen, die privates Altersvermögen aufbauen, zusätzliche Sparanreize vom Staat. In erster Linie gehört hierzu die Altersvorsorge - Zulage sowie die Altersvorsorge - Kinderzulage. Zusätzlich können gem. § 10a EStG die Altersvorsorgeaufwendungen ggf. im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung durch den Sonderausgabenabzug geltend gemacht werden, unabhängig vom individuellen Einkommen.

Sonderausgabenhöchstbeträge (Eigenbeiträge + Zulage):

Veranlagungszeiträume 2002 und 2003

bis zu 525 EUR

Veranlagungszeiträume 2004 und 2005

bis zu 1.050 EUR

Veranlagungszeiträume 2006 und 2007

bis zu 1.575 EUR

ab Veranlagungszeitraum
2008 jährlich

bis zu 2.100 EUR

Hinweis:

Bei den Beträgen handelt es sich nicht um Freibeträge, sondern um einen Höchstbetrag, bis zu dem Sparbeiträge zugunsten eines Altersvorsorgevertrages im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden können.

Zu dem anzurechnenden Vorsorgeaufwand gehört auch die Zulage. Das Finanzamt erkennt also Zuschüsse des Staates als eigenen Aufwand an. Unmaßgeblich dabei ist, dass die Zulagen im maßgebenden Veranlagungsjahr noch nicht zugeflossen sind, denn der Zulageanspruch entsteht ja erst mit Ablauf des Beitragsjahres (§ 88 EStG).

Eine fehlende Zertifizierungsnummer auf der Anbieterbescheinigung weist auf Produkte der betrieblichen Altersversorgung hin. Der Steuerpflichtige hat im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung einen Anspruch auf individuelle Versteuerung der Beiträge. Er kann verlangen, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 EStG erfüllt werden, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung durchgeführt wird. Einer Zertifizierung nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes bedarf es nicht, da durch das BetrAVG für Produkte der betrieblichen Altersversorgung bereits ein Qualitätsmindeststandard besteht. In Folge dessen enthalten die in derartigen Fällen zu erteilenden Anbieterbescheinigungen im Feld "Zertifizierungsnummer" korrekterweise keinen Eintrag.

2. Günstigerprüfung

Der Sonderausgabenabzug muss mit der Steuererklärung beantragt werden. Ist der Sonderausgabenabzug günstiger als der Anspruch auf die Zulage, erhöht sich die unter Berücksichtigung des Sonderausgabenabzugs ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf die Zulage. In den anderen Fällen scheidet der Sonderausgabenabzug aus. Die Günstigerprüfung wird von Amts wegen vom Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung vorgenommen. Hierbei sind zur Berücksichtigung eines Kindes bis einschließlich VZ 2004 immer die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag und Freibetrag Betreuung/Erziehung/Ausbildung) abzuziehen. Ab 2005 gilt dies nicht mehr.

Hinweis:

Ist der Sonderausgabenabzug günstiger, erhält der Begünstigte im Rahmen der Veranlagung die über die Zulage hinausgehende, gesondert festgestellte Steuerermäßigung ausgezahlt, die im Gegensatz zur Zulage nicht auf den Altersvorsorgevertrag überwiesen wird.

Beispiel:

Differenz

203 EUR

Einkommensteuer ohne
Sonderausgabenabzug

511 EUR

Einkommensteuer mit Sonderausgabenabzug:
tarifliche Einkommensteuer

154 EUR

+ Anspruch auf Zulage

154 EUR

= festzusetzende Einkommensteuer

308 EUR

308 EUR

-------

Der zusätzliche Sonderausgabenabzug hat eine steuerliche Auswirkung von 357 EUR (511 EUR - 154 EUR). Unter Verrechnung mit der Zulage von 154 EUR verbleibt ein Steuervorteil von insgesamt 203 EUR.

Förderung insgesamt:

Steuervorteil 203 EUR + Zulage 154 EUR = Summe 357 EUR.

Die 203 EUR wirken sich unmittelbar bei der Einkommensteuer aus, indem sie die Einkommensteuerschuld mindern. Die Zulage verbleibt auf dem Anlagekonto.

Die Verrechnung mit dem Anspruch stellt für die Finanzverwaltung - aus den Erfahrungen des Familienleistungsausgleichs heraus - eine Vereinfachung dar. Die Zulage wird verrechnet, auch wenn gar kein Zulagenantrag gestellt wurde. Insoweit ist es wichtig, in jedem Fall die Zulage zu beantragen. Das Finanzamt darf keine Bescheinigung über einen etwaigen Zulagenantrag anfordern.

3. Besonderheiten bei Ehegatten

Der o.g. Sonderausgaben-Abzugsbetrag steht im Falle der Veranlagung von Ehegatten nach § 26 Abs. 1 EStG grundsätzlich jedem Ehegatten gesondert zu. Dabei kann das nicht ausgenutzte Höchstbetragsvolumen nicht auf den anderen Ehegatten übertragen werden. Jeder Ehegatte muss also grundsätzlich einen eigenen - auf seinen Namen lautenden - Altersvorsorgevertrag abschließen, um den Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen zu können.

Gehört nur ein Ehegatte zu dem begünstigten Personenkreis (z.B. wegen Pflichtversicherung) und ist der andere Ehegatte zulageberechtigt, sind die von beiden Ehegatten geleisteten Altersvorsorgebeiträge und die dafür zustehenden Zulagen bei dem abzugsberechtigten Ehegatten mit zu berücksichtigen. Im Ergebnis verdoppeln sich zwar nicht die Höchstbeträge, es können aber die Beiträge des Ehegatten mit in den Sonderausgabenabzug des pflichtversicherten Ehegatten einbezogen werden (§ 10a Abs. 3 S. 2 EStG).

Beispiel:

Eine Familie mit zwei Kindern. Der Ehemann ist berufstätig; die Ehefrau ist nicht berufstätig. Für beide Elternteile wurde ein Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2010 können bis zu 2.100 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Dabei werden die beiden Grundzulagen (154 EUR + 154 EUR) und die Kinderzulagen (185 EUR + 185 EUR) als Aufwand mit berücksichtigt.

Abwandlung:

Beide Elternteile sind berufstätig und pflichtversichert. Nunmehr können für 2010 Sonderausgaben bis zu 4.200 EUR geltend gemacht werden. Hierfür wird jeder Ehegatte für sich betrachtet.

Bei getrennter Veranlagung ist für jeden Ehegatten eine Günstigerprüfung im Rahmen seiner Veranlagung durchzuführen. Hierzu werden jedem Ehegatten die Altersvorsorgebeiträge zugeordnet, die er geleistet hat und die Zulage, die ihm zusteht. In der Praxis ist die Frage aufgekommen, ob in die bei Ehegatten durchzuführende Günstigerprüfung zwingend die Zulagenansprüche beider Ehegatten einbezogen werden müssen, auch wenn nur ein Ehegatte den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG beantragt.

Beispiel:

VZ 2010, zusammenveranlagte Eheleute mit Steuersatz von 30 %, beide unmittelbar zulagenberechtigt; beide Eheleute haben ihren Mindesteigenbeitrag geleistet: Ehemann: Beiträge 2.100 EUR incl. Grundzulage 154 EUR; Ehefrau: Beiträge 954 incl. eigene Grundzulage und 4 Kinderzulagen von insgesamt 740 EUR.
Alternative 1: Nur der Ehemann beantragt einen Sonderausgabenabzug
Rechnung:2.100 EUR x 30 % abzüglich erhaltene Zulage 154 EUR = Steuerermäßigung von 476 EUR.
Alternative 2: Beide Eheleute beantragen einen Sonderausgabenabzug
Rechnung: Eine Steuerermäßigung entfällt jetzt, da die Zulagen sich als günstiger erweisen. Die Verfügung der OFD Koblenz vom 31.07.2006 - S 2222 A - St 32 3 sieht den Verzicht eines der beiden Ehegatten auf die Inanspruchnahme des sich ergebenden Abzugsvolumens als unbeachtlich und lässt nur einen gemeinsamen Antrag zu. Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wurde klargestellt, dass bei der Günstigerprüfung die den beiden Ehegatten zustehenden Zulagenansprüche anzusetzen sind.

4. Abhängigkeit von der Progression

Je nach Einkommen und Familienstand fallen die zusätzlichen Steuerersparnisse unterschiedlich aus. Besser verdienende Steuerpflichtige werden ähnlich wie bei dem System des Familienleistungsausgleichs (Vergleichsberechnung zwischen den Freibeträgen für Kinder und dem erhaltenen Kindergeld) aufgrund des progressiv gestalteten Tarifs eher in den Genuss der zusätzlichen steuerlichen Förderung kommen, vgl. hierzu Familienleistungsausgleich - Wahlrecht.

Auch wenn mit dem jeweiligen Mindesteigenbeitrag die Höchstzulage bereits erreicht wird, kann durch Aufstockung der Beiträge ggf. ein höherer Sonderausgabenabzug möglich werden.

Beispiel:

Ein alleinstehender Arbeitnehmer ohne Kinder zahlt in 2008 in einen Altersvorsorgevertrag ein. Sein sozialversicherungspflichtiges Einkommen des Vorjahres betrug 25.000 EUR.

Beurteilung:

Bei einem Eigenbeitrag von 636 EUR und einer Zulage von 154 EUR führt die Sparleistung von 790 EUR bei einem Steuersatz von 30 % zu einer zusätzlichen Steuerersparnis von 83 EUR (30 % von 790 EUR = 237 EUR - Zulage 154 EUR).
Wird die Sparleistung z.B. auf 2.100 EUR aufgestockt, ergibt sich ein höherer Steuervorteil von 476 EUR (30 % von 2.100 EUR = 630 EUR - 154 EUR Zulage).

Bis 2008 erhöhen sich alle zwei Jahre die förderfähigen Beträge (Altersvorsorge - Zulage). Um die staatliche Förderung auszuschöpfen, sollte daher 2008 die Sparsumme ggf. erhöht werden. Ab 2008 bleiben die Beträge konstant.

5. Sonderausgabenabzug bei mehreren Verträgen

Hat der Steuerpflichtige mehrere Altersvorsorgeverträge abgeschlossen, so wird ein Steuervorteil aus dem Sonderausgabenabzug auf alle begünstigten Verträge im Verhältnis der berücksichtigten Altersvorsorgebeiträge verteilt (§ 10a Abs. 4 Satz 2 EStG). Im Gegensatz zur Verteilung der Zulage hat der Gesetzgeber für den Sonderausgabenabzug keine Begrenzung auf zwei Verträge vorgesehen. Auch die Einzahlung eines Mindesteigenbeitrags ist nicht erforderlich. Nachteilig ist aber ggf. bei Verteilung auf mehrere Verträge, dass eine nachgelagerte "volle" Besteuerung eintritt (Altersvorsorge - Besteuerung)

6. Datenübermittlung

Ab dem VZ 2010 ist die Einwilligung in die elektronische Datenübermittlung (§ 10a Abs. 2a EStG) Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgebeiträgen (vgl. § 82 EStG = Beiträge / Tilgungsleistungen) nach § 10a EStG.

7. Weitere Auswirkungen

Bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen wird der über den Sonderausgabenabzug zu erwirkende Steuervorteil (noch) nicht berücksichtigt. Auch kann kein entsprechender Freibetrag beim Lohnsteuerabzug angesetzt werden.

Der (zusätzliche) Sonderausgabenabzug hat auch Auswirkungen auf die Höhe der Zuschlagsteuern wie Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag. Bei den Zuschlagsteuern wirken sich die begünstigten Aufwendungen aber nur dann aus, wenn der Sonderausgabenabzug zum Zuge kommt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Familienleistungsausgleich. Beim Familienleistungsausgleich wird der Kinderfreibetrag bzw. der Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf bezüglich Kirchensteuer und "Soli" immer berücksichtigt, auch wenn das Kindergeld günstiger ist.

Die sonstigen Möglichkeiten, Vorsorgeaufwendungen, die nicht den neuen Förderrichtlinien entsprechen (wie Beiträge an Lebens-, Renten- oder Krankenversicherungen) als Sonderausgaben im Rahmen von Höchstbeträgen gelten zu machen, bleiben unberührt (§§ 10 und 10c EStG).

Die späteren Auszahlungen der Verträge, die auf begünstigtem Kapital beruhen, unterliegen der vollen Besteuerung (Altersvorsorge - Besteuerung).

8. Bescheinigungspflichten

Die Höhe der Altersvorsorgebeiträge hat der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung des Anbieters nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck nachzuweisen (§ 10a Abs. 5 Satz 1 EStG). Die übrigen Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug werden im Wege der Datenerhebung und des automatisierten Datenabgleichs nach § 91 EStG von der zentralen Stelle überprüft (§ 10a Abs. 5 Satz 3 EStG). Nach § 96 Abs. 4 EStG kann die zentrale Stelle darüber hinaus beim Anbieter ermitteln, ob er seine Pflichten erfüllt hat; in diesem Zusammenhang kann auch die Richtigkeit der Bescheinigung nach § 10a Abs. 5 EStG überprüft werden. Das ab 2009 zu verwendende Vordruckmuster wurde mit BMF-Schreiben vom 29.05.2009 - IV C 3 - S 2222/08/10102:001, 2009/0351854 (BStBl I 2009, 643) bekannt gegeben.

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