Steuerschuldner - Leistungsempfänger
§ 13b UStG
Inhaltsübersicht
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1.
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2.Umsätze
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2.1
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2.2
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2.3
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2.4
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2.5
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2.6
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2.7
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2.8
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2.9
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2.10
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2.11
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3.
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4.
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5.
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6.
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7.
1. Allgemeines
Durch das Steueränderungsgesetz 2001 wurde mit Wirkung vom 01.01.2002 das Abzugsverfahren, bei dem der Leistungsempfänger für bestimmte Lieferungen oder sonstige Leistungen die Umsatzsteuer bei der Zahlung einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen hatte, abgeschafft. In diesen Fällen war zuvor der Leistungsempfänger lediglich Haftungsschuldner.
Die deutschen Regelungen zum Abzugsverfahren standen nicht im Einklang mit der 6. EG-Richtlinie (ersetzt durch RL 2006/112). Die jetzige Regelung beinhaltet seither die gleiche Handhabung wie in den übrigen EU-Staaten, in denen der Leistungsempfänger in bestimmten Fällen zum Steuerschuldner wird.
2. Umsätze
Die aktuelle Regelung gilt, wie zuvor auch das Abzugsverfahren, nur für bestimmte Arten von Umsätzen. Im Gegensatz zum damaligen Abzugsverfahren gelten die neuen Regelungen uneingeschränkt beim Tausch bzw. bei tauschähnlichen Umsätzen. Die Steuerschuldnerschaft erstreckt sich auch auf die Umsätze, die für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers bestimmt sind (z.B. Werklieferung für das private Einfamilienhaus).
Bei folgenden steuerpflichtigen Umsätzen wird der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner:
2.1 Werklieferungen, die durch im Ausland ansässige Unternehmer ausgeführt werden (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG)
Beispiel 1
Der in Münster ansässige Generalunternehmer G errichtet in Düsseldorf für den Kunden D eine schlüsselfertige Werkhalle. Die Stahlbauarbeiten werden durch die niederländische Firma Staalbouw B.V. durchgeführt. Die Stahlkonstruktion wird in den Niederlanden vorgefertigt und anschließend in Düsseldorf aufgestellt und montiert. Nach Abschluss der Arbeiten erteilt die niederländische Firma folgende Rechnung an G:
Betrifft Bauvorhaben D in Düsseldorf |
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Lieferung und Montage einer Stahlkonstruktion für eine Werkhalle |
150.000 EUR |
Lösung:
Die niederländische Firma Staalbouw B.V. erbringt eine nach dem deutschen UStG steuerpflichtige Werklieferung, da der Ort der Werklieferung Düsseldorf ist. Die Umsatzsteuer für diese Werklieferung in Höhe von 24.000 EUR schuldet der in Münster ansässige Generalunternehmer G. Da G die Werklieferung für sein Unternehmen bezogen hat, kann er in gleicher Höhe den Vorsteuerabzug geltend machen.
2.2 Sonstige Leistungen, die durch im Ausland ansässige Unternehmer ausgeführt werden (§ 13b Abs. 1 und 2 Nr. 1 UStG)
Beispiel 2
Die Planungs- und Architekturleistungen für die im Beispiel 1 genannte Werkhalle hat der in Paris ansässige Architekt Pierre Noir erbracht. Nach Abschluss der Arbeiten erteilt er dem Generalunternehmer G in Münster folgende Rechnung:
Betrifft Bauvorhaben D in Düsseldorf |
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Planungs- und Architekturarbeiten für eine Werkhalle |
30.000 EUR |
Lösung:
Pierre Noir erbringt eine nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht steuerpflichtige sonstige Leistung, da der Ort der sonstigen Leistung Düsseldorf ist (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG). Die Umsatzsteuer für diese sonstige Leistung in Höhe von 4.800 EUR schuldet jedoch der Generalunternehmer G in Münster.
Zu den sonstigen Leistungen gehören beispielsweise auch die Leistungen von anderen Freiberuflern, Handelsvertretern, Lizenzgebern, Berufssportlern oder Künstlern. Ebenfalls dazu zählen die innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen.
Darüber hinaus gehören zu den sonstigen Leistungen auch die unfreie Versendung und die Besorgung einer solchen Leistung. Eine unfreie Versendung liegt vor, wenn ein Gegenstand durch einen im Ausland ansässigen Frachtführer zum inländischen Empfänger befördert wird und der Empfänger die Beförderung bezahlen muss (unfrei).
Der Empfänger schuldet die Umsatzsteuer für die Beförderungsleistung nur dann, wenn er
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Unternehmer oder juristische Person öffentlichen Rechts ist,
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das Beförderungsentgelt bezahlt,
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aus der Rechnung über die Beförderung die Voraussetzung b) ersichtlich ist.
Das bedeutet, dass der Rechnungsempfänger seine Steuerschuldnerschaft aus der Beförderungsrechnung heraus erkennen muss.
2.3 Ausnahmen
Die Vorschriften über die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers sind gem. § 13b Abs. 6 Nr. 1 - 3 UStG nicht anzuwenden, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers in einer Personenbeförderung besteht, die entweder
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mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen im Gelegenheitsverkehr erfolgt und dabei Drittlandsgrenzen überschritten werden oder
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mit einem Taxi durchgeführt werden
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oder es sich um eine grenzüberschreitende Personenbeförderung im Luftverkehr handelt.
Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wurden für die Leistungen, die in der Einräumung einer Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland bestehen, ab dem 01.01.2007 weitere Ausnahmen geschaffen (§ 13b Abs. 6 Nr. 4 UStG) . In diesen Fällen bleibt die Steuerschuldnerschaft beim leistenden Unternehmer. Es hatten sich in der Vergangenheit praktische Probleme bei der Anwendung des § 13b UStG in diesen Bereichen ergeben (vgl. Steuerschuldner - Messeleistungen).
2.4 Lieferungen von sicherungsübereigneten Gegenständen durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG)
Beispiel 3
Eine Bank finanziert dem Kunden K die Anschaffung einer Maschine. Bis zur Rückzahlung des Darlehns wird die Maschine an die Bank sicherungsübereignet. K kommt in Zahlungsschwierigkeiten und die Bank verkauft die Maschine für 58.000 EUR an einen anderen Kunden (P).
Lösung:
Mit der Veräußerung der Maschine durch die Bank liegt umsatzsteuerlich eine Lieferung des K an die Bank, sowie eine Lieferung der Bank an P vor. Die Bank schuldet als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die Lieferung des K an die Bank in Höhe von 8.000 EUR.
2.5 Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (z.B. Lieferungen von Grundstücken, § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG)
Ab dem 01.01.2004 wurde durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 der bisherige Anwendungsbereich auf alle unter das Grunderwerbsteuergesetz fallenden Umsätze erweitert.
Grundsätzlich ist die Veräußerung von Grundstücken nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung kann dennoch sinnvoll sein, wenn dadurch eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vermieden werden kann.
Wird auf die Steuerbefreiung verzichtet, wird der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner (§ 13b Abs. 2 Nr 3 UStG)
2.6 Bauleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG)
Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurde eine neue Regelung geschaffen, bei der der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner wird (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG). Diese Regelung ist ab dem 01.04.2004 dann anzuwenden, wenn es sich um Lieferungen oder sonstige Leistungen handelt, die der
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Herstellung
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Instandsetzung
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Instandhaltung
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Änderung
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Beseitigung
von Bauwerken dienen. Ausdrücklich ausgenommen von dieser Regelung sind die Planungs- und Überwachungsleistungen.
Als weitere Voraussetzung für den Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ist es erforderlich, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist, der selber Bauleistungen erbringt. Dabei ist es dann unerheblich, ob die Leistungen für das Unternehmen oder den Privatbereich des Leistungsempfängers erbracht worden sind.
Offensichtlich zielt diese Regelung darauf ab, Umsatzsteuerausfälle im Subunternehmerbereich des Baugewerbes in zu vermeiden.
Ausführliche Hinweise zu diesem Thema sind in den Stichworten Steuerschuldner - Bauleistungen und Steuerschuldner - Bauleistungen - ABC sowie in den Schreiben des BMF (BMF, 30.03.2004 - IV B 7 - S 7300 - 24/04 und BMF, 16.10.2009 - IV B 9 - S 7279/0) enthalten.
2.7 Treibhauszertifikate (§ 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG)
Ab dem 01.07.2010 ist beim Handel mit Treibhauszertifikaten/CO2-Zertifikaten zu beachten, dass der Leistungempfänger zum Steuerschuldner wird (§ 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG). Aufgrund von Betrugsfällen hat der Gesetzgeber sich zu dieser Neuregelung entschlossen, die auch EU-rechtlich zulässig ist.
Da es sich bei diesen Lieferungen häufig um sehr hohe Rechnungsbeträge handelt, ist insbesondere darauf zu achten, dass in der Rechnung keine Umsatzsteuer offen ausgewiesen wird, weil er der leistende Unternehmer ansonsten die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer gem. § 14a Abs. 5 S. 3 UStG i.V.m. § 14c Abs. 1 UStG schuldet.
2.8 Umsätze mit Industrieschrott (§ 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG)
Ab dem 01.01.2011 unterliegen diese Umsätze ebenfalls der Umkehr der Steuerschuld, vgl. Steuerschuldner - Schrottumsätze.
2.9 Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen (§ 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG)
Auch hier wurde das Reverse-Charge Verfahren ab dem 01.01.2011 für derartige Umsätze eingeführt, vgl. Steuerschuldner - Gebäudereinigung.
2.10 Lieferung von Gold (§ 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG)
Bei Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel (in Rohform oder als Halbzeug) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel an andere Unternehmer ist der Leistungsempfänger der Steuerschuldner.
2.11 Lieferung von Mobilfunkgeräten oder integrierten Schaltkreisen (§ 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG)
Mit Wirkung vom 01.07.2011 wurde für derartige Lieferungen mit einer Bemessungsgrundlage über 5.000 EUR ebenfalls die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert, vgl. Steuerschuldner - Mobilfunkgeräte / integrierte Schaltkreise.
3. Im Ausland ansässiger Unternehmer
Ein Unternehmer ist im Ausland ansässig, wenn er weder im Inland noch in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten einen Wohnsitz, Sitz, eine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat.
Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung erbracht wird.
Ist der Ort der Ansässigkeit unklar, weil die Angaben des leistenden Unternehmers zu Zweifeln Anlass geben, so schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn der leistende Unternehmer eine Bescheinigung vom Finanzamt (USt 1 TS) über die Ansässigkeit im Inland vorlegt.
4. Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld
Die Steuerschuld beim Leistungsempfänger entsteht im Monat der Ausstellung der Rechnung durch den leistenden Unternehmer, spätestens jedoch einen Monat nach Ausführung der Leistung.
Beispiel 4
Der in Münster ansässige Generalunternehmer G errichtet in Düsseldorf für den Kunden D eine schlüsselfertige Werkhalle. Die Stahlbauarbeiten werden durch die niederländische Firma Staalbouw B.V. durchgeführt. Die Stahlkonstruktion wird in den Niederlanden vorgefertigt und anschließend in Düsseldorf aufgestellt und montiert. Nach Abschluss der Arbeiten erteilt die niederländische Firma folgende Rechnung an G:
Betrifft Bauvorhaben D in Düsseldorf |
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Lieferung und Montage einer Stahlkonstruktion für eine Werkhalle |
150.000 EUR |
Die Schlussrechnung wird am 19.03.2007 geschrieben, die endgültige Fertigabnahme durch G erfolgt am 10.04.2007.
Lösung:
G schuldet die Umsatzsteuer für die Werklieferung der Firma Staalbouw B.V. im Monat 03/2007, da in dem Monat die Rechnung geschrieben worden ist.
Beispiel 5
Sachverhalt wie Beispiel 4, die Fertigstellung erfolgt mit dem Ende der Montage der Stahlkonstruktion am 09.03.2007, die Schlussrechnung wird durch Firma Staalbouw B.V. am 30.05.2007 geschrieben und geht G am 03.06.2007 zu.
Lösung:
Die Umsatzsteuer für die Werklieferung der Firma Staalbouw B.V. wird durch G im Monat 04/2007 geschuldet, da die Steuer spätestens einen Monat nach Fertigstellung entsteht. Das Ausstellungsdatum der Rechnung ist in diesem Fall nicht maßgebend, da in diesem Beispielsfall der nach § 13b Abs. 2 UStGspäteste Zeitpunkt für die Entstehung der Umsatzsteuerschuld zu Grunde zu legen ist.
Die gleichen Grundsätze gelten auch dann, wenn vor Ausführung der gesamten Werklieferung bzw. sonstigen Leistung Abschlagszahlungen geleistet werden. Die Steuer entsteht dann für den jeweiligen Teilzahlungsbetrag.
Hinweis:
Sofern ein Unternehmer aus dem EU-Ausland in Deutschland steuerpflichtige sonstige Leistungen gem. § 3a Absatz 2 UStG ausführt, entsteht gem. § 13b Abs. 1 UStG die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.
5. Rechnungsausstellung
Der leistende Unternehmer muss dem Leistungsempfänger eine Rechnung erteilen. In dieser Rechnung darf die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen werden. Die Rechnung muss die üblichen Angaben im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG enthalten. Darüber hinaus ist jedoch noch gesondert auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen.
6. Vorsteuerabzug
Der Leistungsempfänger kann die von ihm geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind.
Das bedeutet, dass
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die Lieferung oder die sonstige Leistung für sein Unternehmen bezogen worden ist und
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zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
Der Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger ist grundsätzlich in dem Monat zulässig, in dem auch die Umsatzsteuer nach § 13b UStG aus diesem Umsatz an das Finanzamt abzuführen ist. Es entsteht insoweit beim Leistungsempfänger in der Regel keine Zahllast, da Umsatzsteuer und Vorsteuer sich in gleicher Höhe gegenüber stehen.
7. Abführungsverpflichteter und Voranmeldungen
Die Vorschrift ist durch jeden Unternehmer zu beachten und führt u. U. dazu, dass ausschließlich wegen der Steuerschuld nach § 13b UStG eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben ist. So muss bspw. ein Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG für die Monate Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben, in denen er eine Steuer nach § 13b UStG anzumelden hat.