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Ausländischer Pilot: Wann liegt ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt vor?

Ausländischer Pilot: Wann liegt ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt vor?

Übernachtet ein Pilot, der seinen Wohnsitz im Ausland hat, durchschnittlich weniger als zweimal pro Woche im Inland, liegt damit kein gewöhnlicher Aufenthalt dort vor.

Hintergrund

Der Pilot erhielt eine unbefristete Anstellung als Copilot mit Einsatzflughafen Frankfurt am Main. Aufgrund innerbetrieblicher Regelungen der Fluggesellschaft war er dazu verpflichtet, in der Nähe des Flughafens eine Unterkunft zu unterhalten, von der er seinen Flugdienst innerhalb eines Zeitraums von 60 Minuten nach einer entsprechenden Benachrichtigung antreten konnte. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, mietete er mit anderen Piloten eine Wohnung zur wechselseitigen Nutzung.

Das Finanzamt sah hierin die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts, sodass der Steuerpflichtige mit seinen gesamten Einkünften der inländischen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen würde. Dagegen wehrte sich der Pilot mit seiner Klage.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht bekam der Pilot Recht.

Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo jemand sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten Dauer anzusehen. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt.

Das bedeutet, dass ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten zwingend zu der Rechtsfolge führt, dass sich an dem betreffenden Ort der gewöhnliche Aufenthalt der jeweiligen Person befindet. An einem zeitlichen Zusammenhang kann es fehlen, wenn der Aufenthalt sehr häufig (wenn auch kurzfristig) unterbrochen wird.

Das Finanzgericht hält zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts mindestens 2 Übernachtungen pro Woche für erforderlich. Da der Steuerpflichtige unter dieser Grenze geblieben war, lagen die Voraussetzungen für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts, der die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht begründet, nicht vor.

Arbeitsstätte eines Piloten

FG Rheinland-Pfalz wendet neue BFH Rechtsprechung zur Arbeitsstätte eines Piloten zwar an, stellt sie jedoch gleichzeitig in Frage

“Mit Urteil zur Einkommensteuer 2007 vom 21. September 2012 (Az.: 3 K 1740/10) hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz zur Frage der regelmäßigen Arbeitsstätte eines Piloten Stellung genommen.

Der Kläger ist von Beruf Pilot und als Flugzeugführer bei einer Fluggesellschaft beschäftigt. Nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides 2007 wurde von dem Kläger wegen verschiedener – hier nicht angesprochener – Streitpunkte im Jahre 2010 Klage vor dem FG erhoben.

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahre 2011 seine bisherige Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers (AN) dahin geändert hatte, dass ein AN nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben könne und dass der Heimatflughafen bei einem Piloten nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei, erweiterte der Kläger seine Klage. Er beantragte, den Flughafen Frankfurt nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Bisher habe das Finanzamt die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Flughafen Frankfurt nur mit der Entfernungspauschale (0,30 € pro Entfernungskilometer) bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. Gehe man jedoch davon aus, dass das Cockpit als seine regelmäßige Arbeitsstelle anzusehen sei, müssten die Fahrten zum Flughafen nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 € pro tatsächlich gefahrenem Kilometer) angesetzt werden.

Die Klage war in diesem Streitpunkt (zwar) erfolgreich.

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass verfahrensrechtlich von einer zulässigen Klageerweiterung auszugehen sei. Eine Anfechtungsklage gegen einen Einkommensteuerbescheid sei regelmäßig auch insoweit möglich, als sie nach Ablauf der Klagefrist erweitert werde. Der Sonderfall, dass ein Kläger eindeutig zu erkennen gegeben habe, er wolle von einem weitergehenden Klagebegehren absehen, liege hier nicht vor. Weiter sei der BFH im Jahre 2011 von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, nach der der Heimatflughafen eines Piloten als seine regelmäßige Arbeitstätte anzusehen war. Nach der neuen Rechtsprechung sei aber bei einem Piloten davon auszugehen, dass dieser im Cockpit des ihm zugewiesen Flugzeug es schwerpunktmäßig tätig werde. Damit verfüge ein Pilot nicht über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit und gehe daher einer Auswärtstätigkeit nach. Der Abzug der Fahrtkosten des Klägers vom und zum Flughafen sei daher nicht auf die Entfernungspauschale beschränkt.

Obwohl das FG Rheinland-Pfalz der neuen Rechtsprechung des BFH folgte, ließ es – mit ausführlicher Begründung – die Revision zu: Sinn und Zweck der Abzugsbeschränkung durch den Ansatz der Entfernungspauschale sei der Umstand, dass sich der AN auf die immer gleichen Wege zu seiner regelmäßigen Arbeitstelle einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken könne (z.B. Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Wohnsitznahme, o.ä.). Im Streitfall bedürfe es für die Tätigkeit des Klägers jedoch zwingend einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers als ortsgebundenen Ausgangs- und Endpunkt der Flugtätigkeit im Cockpit des ihm zugewiesenen Flugzeuges für Start und Landung. Der Heimatflughafen sei – von Besonderheiten abgesehen – auch regelmäßig Ziel und Abschluss der Flugtätigkeit eines Piloten. Hinzu komme, dass von Piloten durch den Arbeitgeber regelmäßig verlangt werde, im Einzugsbereich des Flughafens über eine Unterkunft zu verfügen. Der Kläger könne sich daher auf die immer gleichen Wege von seiner Wohnung zu seinem Heimatflughafen in unterschiedlicher Weise einstellen und auf eine Minderung seiner Kosten hinwirken, so dass es dem Sinn und Zweck der Entfernungspauschale entsprechen würde, den Webungskostenabzug auf die Entfernungskilometer zu beschränken. Deswegen bedürfe es der höchstrichterlichen Klärung der Frage, ob der Heimatflughafen eines Piloten nicht doch eine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne der Abzugsbeschränkung der Entfernungspauschale darstelle. Demnach sei die Revision zuzulassen.

Anmerkung: Das Urteil wird erst in diesen Tagen zugestellt; ob die Finanzverwaltung tatsächlich in Revision gehen wird, ist hier nicht bekannt.”

FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 21.09.2012 – 3 K 1740/10

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Rheinland-Pfalz