Die ermäßigte Besteuerung von Abfindungszahlungen an Arbeitnehmer ist ein viel diskutiertes Thema im Steuerrecht. Die aktuellen Urteile des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen vom 15. Februar 2024 (Az. 2 K 52/23 und 2 K 72/23) bringen neue Dynamik in die Diskussion und könnten weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Abfindungen haben.
Hintergrund der Entscheidungen
Im Kern dreht sich die Frage um die Voraussetzungen für die ermäßigte Besteuerung von Abfindungszahlungen nach § 34 EStG. Die begünstigte Besteuerung greift dann, wenn die Abfindung „außerordentliche Einkünfte“ darstellt, was insbesondere bei einer endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Fall ist.
Das FG Niedersachsen hat in seinen beiden Urteilen entschieden, dass eine ermäßigte Besteuerung nur dann in Betracht kommt, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht aus dem betreffenden Arbeitsverhältnis endgültig beendet wird. Eine einvernehmliche Regelung eines Rückkehrrechts, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit einräumt, zu einem späteren Zeitpunkt zum Arbeitgeber zurückzukehren, steht dieser Begünstigung entgegen. Das FG sieht hierin ein Indiz dafür, dass die Einkünfteerzielung nicht endgültig abgeschlossen ist, was eine ermäßigte Besteuerung der Abfindung ausschließt.
Die anhängigen Verfahren beim BFH
Gegen beide Urteile des FG Niedersachsen wurden Nichtzulassungsbeschwerden (NZB) beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Die Verfahren sind unter den Aktenzeichen BFH IX B 34/24 und BFH IX B 37/24 anhängig. Diese Verfahren werden nun klären, ob die vom FG Niedersachsen vertretene Rechtsauffassung Bestand hat oder ob der BFH eine andere Sichtweise einnimmt.
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Angesichts der anhängigen Verfahren sollten Steuerberater und Unternehmen, die aktuell mit Abfindungsregelungen konfrontiert sind, vorsichtig agieren. Es ist ratsam, einschlägige Fallgestaltungen im Hinblick auf die zukünftige Entscheidung des BFH offenzuhalten. Bis zur Klärung der Rechtslage durch den BFH könnte eine definitive Regelung zum Beispiel durch eine einvernehmliche Rückkehrmöglichkeit des Arbeitnehmers die Steuerbegünstigung gefährden.
Steuerberater sollten ihre Mandanten daher frühzeitig auf die Unsicherheiten hinweisen und gegebenenfalls alternative Gestaltungen prüfen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Sobald eine Entscheidung des BFH vorliegt, kann eine verbindlichere Beratung erfolgen.
Die anstehenden Urteile des BFH werden maßgeblich dazu beitragen, die Unsicherheiten in diesem Bereich zu beseitigen und Klarheit über die Anforderungen an die ermäßigte Besteuerung von Abfindungszahlungen zu schaffen. Bis dahin bleibt jedoch Vorsicht geboten.