Die erweiterte Kürzung der Gewerbesteuer gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist ein wichtiges steuerliches Instrument für Immobilienunternehmen, das unter bestimmten Bedingungen eine erhebliche Steuerersparnis ermöglicht. Entscheidend ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Eine gewerbliche Betriebsverpachtung kann dabei problematisch sein – allerdings zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH vom 19.12.2023, IV R 5/21), dass eine solche Verpachtung nicht zwangsläufig den Anspruch auf die Kürzung ausschließt.
Der Sachverhalt
Im vorliegenden Fall pachtete die klagende Gesellschaft ein Grundstück mit einem Autohaus, einer Reparaturwerkstatt und einer Waschanlage und vermietete dieses im Rahmen eines Gewerbemietvertrags an den Betreiber des Autohauses weiter. Sie beantragte die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, da sie ausschließlich eigenen Grundbesitz vermiete.
Das Finanzgericht Münster wies den Antrag jedoch zurück (Urteil vom 6.12.2019, 14 K 3999/16 G) mit der Begründung, dass durch die Mitvermietung der Waschanlage auch eine Betriebsvorrichtung – und nicht nur Grundbesitz – überlassen werde. Die Waschanlage sei keine bloße „Ausstattung“ des Gebäudes, sondern gehöre zur aktiven Nutzung des Betriebes. Damit sei die erweiterte Kürzung nicht anwendbar.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung der Entscheidung und zur Rückverweisung an das Finanzgericht. Der BFH stellte dabei folgende wichtige Punkte klar:
- Eine Betriebsverpachtung ist nicht automatisch schädlich
- Eine Betriebsverpachtung schließt die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht grundsätzlich aus.
- Entscheidend ist, ob ausschließlich eigener Grundbesitz überlassen wird oder ob auch Betriebsvorrichtungen in die Vermietung einbezogen sind.
- Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen kann kürzungsschädlich sein
- Die Waschanlage ist eine Betriebsvorrichtung, die grundsätzlich eine kürzungsschädliche Tätigkeit begründen kann.
- Entscheidend ist jedoch die genaue Vertragsgestaltung: Falls die Waschanlage gar nicht Teil des Mietvertrags war oder eigenständig genutzt wurde, könnte die Kürzung trotzdem gewährt werden.
- Prüfung des Mietvertrags ist essenziell
- Der BFH mahnte an, dass das Finanzgericht den Mietvertrag detailliert prüfen muss, um zu klären, ob die Waschanlage tatsächlich mitvermietet wurde oder nicht.
- Falls der Mieter die Waschanlage eigenständig betreibt oder sie nicht Bestandteil des Mietvertrags ist, könnte die erweiterte Kürzung weiterhin möglich sein.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Immobilienunternehmen:
- Präzise Vertragsgestaltung ist entscheidend: Wenn Betriebsvorrichtungen existieren, sollte genau definiert werden, ob und in welchem Umfang sie vermietet werden.
- Die Abgrenzung zwischen Grundbesitz und Betriebsvorrichtungen ist essenziell: Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Vermietungstätigkeit nicht durch die unbeabsichtigte Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen kürzungsschädlich wird.
- Neue Rechtslage ab 2021 beachten: Seit der Gesetzesänderung können Einnahmen aus der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen unschädlich sein, wenn sie weniger als 5 % der gesamten Mieteinnahmen betragen. Für diesen Fall war diese Regelung jedoch noch nicht relevant.
Fazit
Die BFH-Entscheidung zeigt, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung auch bei einer Betriebsverpachtung möglich bleibt, sofern der Mietvertrag ausschließlich den Grundbesitz betrifft. Steuerpflichtige sollten daher ihre Verträge sorgfältig prüfen und dokumentieren, um den kürzungsschädlichen Einfluss von Betriebsvorrichtungen zu vermeiden. Der Fall unterstreicht zudem, dass finanzgerichtliche Entscheidungen nicht immer endgültig sind – eine genaue Prüfung kann sich lohnen!