BGH, Beschluss vom 25.02.2025 – Az. VI ZB 36/24
Mitteilung der BRAK vom 14.04.2025
Wenn eine Frist versäumt wird, kommt es für einen erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrag entscheidend darauf an, ob die Fristversäumnis unverschuldet war. Dabei prüft der BGH streng – insbesondere, was die kanzleiinterne Fristenkontrolle betrifft. Ein pauschaler Hinweis auf eine „abschließende Fristenkontrolle vor Büroschluss“ reicht nicht aus, wie ein aktueller Beschluss zeigt.
🔍 Hintergrund des Falls
Eine Anwältin hatte im Namen ihrer Mandantin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung versäumt wurde. Die Begründung: Eine erfahrene Kanzleiangestellte habe die Frist versehentlich als erledigt vermerkt, obwohl die Berufungsbegründung nicht versendet worden sei.
Zur innerbetrieblichen Organisation trug die Anwältin vor, dass die Angestellte vor Büroschluss jeweils kontrolliere, ob „alle Fristsachen erledigt“ seien – dann erst werde die Frist gelöscht.
Sowohl die Vorinstanz (OLG) als auch der BGH hielten diese Ausführungen für nicht ausreichend, um eine wirksame Fristenkontrolle glaubhaft zu machen.
⚖️ Die Entscheidung des BGH
Der BGH lehnte die Wiedereinsetzung ab und erklärte die Berufung als unzulässig. Die Begründung:
Die Anwältin habe nicht konkret dargelegt, wie die Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei organisatorisch ausgestaltet ist – insbesondere:
- Wie genau wird kontrolliert, ob fristwahrende Maßnahmen tatsächlich erfolgt sind?
- Welche Anweisungen bestehen dazu gegenüber den Kanzleikräften?
- Wie wird sichergestellt, dass eine Frist nicht fälschlich als erledigt markiert wird?
📌 Die Mindestanforderungen des BGH:
Der BGH erinnert an seine ständige Rechtsprechung und nennt folgende Anforderungen für eine wirksame Ausgangskontrolle:
- Tägliche Kontrolle fristgebundener Sachen anhand des Fristenkalenders durch eine beauftragte Person.
- Verbindliche Anweisung, zu überprüfen, ob die vermerkte Erledigung auch tatsächlich erfolgt ist (z. B. durch Blick in die Akte oder den beA-Ausgang).
- Dokumentation oder Prüfung, ob Schriftsätze tatsächlich übermittelt und vom Gericht empfangen wurden (z. B. über beA-Eingangsbestätigung).
Ohne konkrete Angaben dazu muss davon ausgegangen werden, dass es an einer ordnungsgemäßen Organisation fehlt – mit der Folge, dass ein Wiedereinsetzungsantrag keine Aussicht auf Erfolg hat.
🧩 Fazit: Sorgfältige Kanzleiorganisation ist unerlässlich
Diese Entscheidung unterstreicht einmal mehr: Die bloße Aussage, es werde „kontrolliert, ob alles erledigt ist“, reicht im Wiedereinsetzungsverfahren nicht einmal ansatzweise aus. Wer Fristen versäumt und sich auf Wiedereinsetzung beruft, muss darlegen können, dass die Fristenorganisation in der Kanzlei den strengen Anforderungen des BGH genügt – und zwar detailliert.
Für Kanzleien bedeutet das:
📌 Arbeitsanweisungen, Kontrollschritte und Dokumentationen müssen klar definiert, eingehalten und notfalls belegbar sein.
💡 Tipp für Kanzleien:
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, die eigene Fristenkontrolle zu überprüfen und schriftlich zu dokumentieren, wie Ausgangskontrollen erfolgen. Wer mag, kann sich gern eine Checkliste von uns dazu anfordern.