Hintergrund
Mit Urteil vom 7. November 2024 (Az.: 2 K 78/24, nicht rechtskräftig, Revision beim BFH anhängig unter X R 31/24) hat das Niedersächsische Finanzgericht (FG) entschieden, dass eine Änderungsbefugnis nach § 175b Abs. 1 AO auch dann besteht, wenn die ursprünglich übermittelten Daten korrekt berücksichtigt wurden, später aber durch den übermittlungspflichtigen Dritten korrigiert werden.
Der Sachverhalt
Die Klägerin wurde einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und erzielte in den Streitjahren 2017 und 2018 Renten nach § 22 EStG.
- Das Finanzamt übernahm die elektronischen Rentenbezugsmitteilungen und setzte die Leibrente mit einem Ertragsanteil von 7 % an.
- Später übermittelte die Versorgungseinrichtung korrigierte Rentenbezugsmitteilungen. Diese betrafen nicht die Höhe, sondern ausschließlich Rechtsgrundlage und Rentenart.
- Daraufhin änderte das Finanzamt die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide und besteuerte die Rente mit einem Besteuerungsanteil von 66 %.
Die Klägerin wandte sich gegen diese Änderung und argumentierte, § 175b AO sei nicht einschlägig, da die ursprünglichen Daten zutreffend berücksichtigt worden seien.
Die Entscheidung des FG Niedersachsen
Das Gericht wies die Klage ab. Nach Auffassung des 2. Senats:
- Handelt es sich bei der Rechtsgrundlage und Rentenart um Daten i. S. d. § 175b Abs. 1 AO.
- Dass der Rentenbetrag unverändert blieb, sei unerheblich.
- § 175b Abs. 1 AO sei so auszulegen, dass eine Änderung auch dann zulässig ist, wenn die ursprünglichen Daten korrekt verarbeitet wurden, aber der übermittlungspflichtige Dritte nachträglich geänderte Daten meldet.
Damit konnte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide zu Lasten der Klägerin ändern.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht, dass bestandskräftige Steuerbescheide auch dann nach § 175b Abs. 1 AO geändert werden dürfen, wenn die erstmalige Datenübernahme korrekt war, jedoch eine spätere Korrektur durch die übermittelnde Stelle erfolgt. Für Steuerpflichtige kann dies zu nachträglichen Mehrbelastungen führen.
Da die Revision zugelassen wurde, bleibt die Rechtsfrage nun beim BFH (X R 31/24) anhängig. Steuerpflichtige mit ähnlichen Fällen sollten entsprechende Bescheide offenhalten bzw. Einspruch einlegen und Ruhen des Verfahrens beantragen.
📌 Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, Mitteilung vom 17.09.2025 zum Urteil 2 K 78/24 vom 07.11.2024 (Newsletter 10/2025).