Unternehmensbezogene Sanierung muss auf Ebene der Gesellschaft vorliegen – Anwendung der alten BFH-Leitlinien zu § 3 Nr. 66 EStG a. F.
Mit Urteil vom 21. August 2025 (IV R 23/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) zentrale Fragen zur Steuerbefreiung von Sanierungserträgen nach § 3a EStG bei Mitunternehmerschaften entschieden. Die Entscheidung bringt wichtige Klarheit für Sanierungen von Personengesellschaften und die Behandlung von Sanierungsgewinnen im Sonderbetriebsvermögen.
1. Kernentscheidung: Sanierungsertrag im Sonderbetriebsvermögen ist feststellungsgebunden
Der BFH stellt klar:
👉 Sanierungserträge im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers sind ebenso wie Sanierungserträge im Gesamthandsvermögen nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert und einheitlich festzustellen.
Das bedeutet:
- Die Steuerbefreiung nach § 3a EStG wird auf Ebene der Feststellungserklärung der Mitunternehmerschaft geprüft.
- Es erfolgt keine isolierte Beurteilung auf Ebene des einzelnen Mitunternehmers.
- Auch Sonderbetriebsvermögen wird in den Feststellungsmechanismus eingebunden.
2. Unternehmensbezogene Sanierung: Tatbestandsmerkmale müssen auf Ebene der Gesellschaft erfüllt sein
Der BFH betont den unternehmensbezogenen Charakter der Sanierung:
👉 Für eine Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 2 EStG müssen alle Tatbestandsmerkmale der unternehmensbezogenen Sanierung bezogen auf die Mitunternehmerschaft als Ganzes vorliegen.
Dazu gehören insbesondere:
- Sanierungsbedürftigkeit der Mitunternehmerschaft,
- Sanierungsabsicht der Gläubiger,
- Eignung der Maßnahmen, die Mitunternehmerschaft dauerhaft zu sanieren.
Wichtig:
- Es kommt nicht auf die Vermögensverhältnisse einzelner Gesellschafter an.
- Auch Sonderbetriebsvermögen wird in die einheitliche Betrachtung einbezogen.
Damit verhindert der BFH, dass Gesellschafter künstlich unterschiedliche Steuerfolgen herbeiführen können.
3. Rückgriff auf Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a. F.
Für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 3a Abs. 2 EStG verweist der BFH ausdrücklich auf seine frühere Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a. F.
Damit gelten weiterhin folgende Leitlinien:
- Der Begriff der „Sanierung“ ist wirtschaftlich auszulegen.
- Entscheidend ist eine dauerhafte Wiederherstellung der Ertragskraft.
- Eine bloße Liquidation oder Abwicklung ist keine Sanierung.
- Die Gläubiger müssen gezielt durch Forderungsverzichte helfen wollen.
- Der Steuerpflichtige muss sanierungswürdig sein; der Schuldenschnitt darf keine reine Vermögensumschichtung sein.
Der BFH bestätigt damit seine Kontinuität in der Rechtsprechung, trotz neuer gesetzlicher Grundlage des § 3a EStG.
4. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist für Steuerberatung, Insolvenzberatung und Restrukturierung hoch relevant:
4.1 Sanierungsgewinne im Sonderbetriebsvermögen sind nicht „privat“, sondern mitunternehmensbezogen
- Kein eigener Befreiungstatbestand für Sonderbetriebsvermögen.
- Einheitliche Prüfung auf Ebene der Personengesellschaft.
4.2 Ein Sanierungsplan muss unternehmensbezogen sein
- Maßnahmen müssen der Gesellschaft zugutekommen.
- Einseitige Sanierung einzelner Gesellschafter genügt nicht.
- Gläubiger müssen ausdrücklich die Sanierung der Gesellschaft bezwecken.
4.3 Gestaltungssicherheit für Restrukturierungen steigt
Durch Rückgriff auf die bekannte Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a. F.:
- können Sanierungskonzepte besser strukturiert werden,
- wissen Berater, welche Nachweise erforderlich sind,
- lassen sich Finanzämter leichter überzeugen.
4.4 Wichtiger Hinweis für Feststellungsverfahren
Da der BFH den Feststellungsmechanismus bekräftigt:
👉 Die Feststellungserklärung wird zum zentralen Instrument der Sanierungsbegünstigung.
Prüfungs- und Darlegungspflichten treffen primär die Gesellschaft.
5. Fazit
Der BFH bringt mit Urteil IV R 23/23 wichtige Klarheit in die Anwendung des § 3a EStG bei Mitunternehmerschaften:
- Sanierungserträge im Sonderbetriebsvermögen unterliegen der gesonderten und einheitlichen Feststellung.
- Die Tatbestandsmerkmale einer unternehmensbezogenen Sanierung müssen auf Ebene der Personengesellschaft erfüllt sein.
- Die bewährte Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a. F. bleibt maßgeblich.
Damit stärkt der BFH Rechtssicherheit bei der steuerlichen Behandlung von Sanierungen und macht deutlich, dass § 3a EStG als gesellschaftsbezogener Befreiungstatbestand zu verstehen ist.
Quelle: BFH, Urteil vom 21.08.2025 – IV R 23/23