Ablösung eines Nießbrauchrechts kein Veräußerungsvorgang im Sinne des § 23 EStG?

Die Besteuerung von Nießbrauchrechten und deren Ablösung ist ein komplexes Thema im deutschen Steuerrecht, das immer wieder zu Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten führt. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 12. Dezember 2023 (Az. 6 K 2489/22 E) bringt in dieser Hinsicht wichtige Klarstellungen, die für Steuerpflichtige und ihre Berater von Interesse sein dürften. Im Kern ging es in dem Verfahren um die Frage, ob die entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchrechts einen Veräußerungsvorgang im Sinne des § 23 EStG darstellt und somit steuerpflichtig ist.

Der Sachverhalt

Die Klägerin hatte im Jahr 2008 durch ein Vermächtnis ein Nießbrauchrecht an einem Grundstück erworben. Nachdem sie im Jahr 2018 aus einer Kommanditgesellschaft ausgeschieden war, überführte sie das Nießbrauchrecht in ihr Privatvermögen und erfasste die daraus resultierenden Mieteinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im November 2019 verzichtete sie gegen eine Entschädigungszahlung auf ihr Nießbrauchrecht. Das Finanzamt sah in der Ablösung des Nießbrauchs einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang nach § 23 EStG und setzte entsprechend Steuern fest.

Die Entscheidung des FG Münster

Das FG Münster gab der Klage der Steuerpflichtigen statt und entschied, dass die entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchrechts keinen Veräußerungsvorgang im Sinne des § 23 EStG darstellt. Vielmehr handele es sich um einen veräußerungsähnlichen Vorgang, der von der Vorschrift nicht erfasst wird. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass ein Nießbrauchrecht gemäß § 1059 BGB nicht übertragbar ist und somit kein Rechtsträgerwechsel stattfindet. Der Verzicht auf das Nießbrauchrecht führe lediglich zu dessen Erlöschen und damit zur endgültigen Aufgabe des Vermögenswertes in seiner Substanz.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil des FG Münster ist insbesondere für Erben von Bedeutung, die ein Nießbrauchrecht erworben haben und dieses gegen Entgelt ablösen möchten. Es stellt klar, dass solche Vorgänge nicht der Besteuerung nach § 23 EStG unterliegen, da sie keine Veräußerung darstellen. Dies kann die steuerliche Belastung in solchen Fällen erheblich reduzieren.

Ausblick

Das FG Münster hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) in München zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der BFH sich zu dieser Fragestellung positionieren wird. Sollte der BFH die Entscheidung des FG Münster bestätigen, könnte dies weitreichende Folgen für die Besteuerung von Nießbrauchrechten und deren Ablösung haben.

Für Steuerpflichtige und ihre Berater ist es daher ratsam, die weitere Entwicklung in dieser Rechtsfrage genau zu verfolgen und die steuerlichen Implikationen bei der Planung von Vermögensübertragungen und -ablösungen zu berücksichtigen.