Anfechtung einer Erbschaftsausschlagung bei fälschlich angenommener Überschuldung möglich

Datum: 02. September 2024

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat in einem aktuellen Beschluss entschieden, dass die Ausschlagung einer Erbschaft wegen einer fälschlich angenommenen Überschuldung des Nachlasses erfolgreich angefochten werden kann, selbst wenn der Erbe nicht alle zumutbaren Möglichkeiten genutzt hat, um sich über die Zusammensetzung des Nachlasses zu informieren. Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für Erben, die eine Erbschaft aufgrund von Missverständnissen oder Fehlvorstellungen ausgeschlagen haben.

Hintergrund des Falls

Im vorliegenden Fall hatte eine Frau nach dem Tod ihrer Mutter die Erbschaft ausgeschlagen, da sie irrtümlich von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen war. Diese Annahme basierte auf Berichten über den chaotischen Zustand der Wohnung ihrer Mutter und ihrer eigenen Vermutung, dass ihre Mutter in einem sozialen Brennpunkt gelebt habe. Erst später stellte sich heraus, dass die Mutter über beträchtliche Guthaben verfügte. Daraufhin erklärte die Tochter die Anfechtung ihrer Ausschlagung und beantragte einen Erbschein als Alleinerbin.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Frankfurt gab der Beschwerde der Tochter statt und stellte fest, dass die Ausschlagung der Erbschaft wirksam angefochten wurde. Die Richter führten aus, dass die Anfechtung einer Erbschaftsausschlagung grundsätzlich wegen eines Irrtums über eine wesentliche Eigenschaft des Nachlasses möglich ist, wenn dieser Irrtum für die Entscheidung zur Ausschlagung kausal war.

In diesem Fall lag ein solcher Irrtum vor, da die Tochter fälschlicherweise annahm, der Nachlass sei überschuldet, und somit ihre Entscheidung auf einer Fehlvorstellung basierte. Das Gericht betonte jedoch, dass eine Anfechtung nicht möglich wäre, wenn die Entscheidung zur Ausschlagung rein spekulativ getroffen worden wäre, also ohne eine konkrete Grundlage.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Urteil

Dieses Urteil verdeutlicht, dass ein Erbe auch dann eine Erbschaftsausschlagung anfechten kann, wenn er nicht alle möglichen Informationsquellen über den Nachlass ausgeschöpft hat. Entscheidend ist, ob der Erbe seine Entscheidung auf einer konkreten, wenn auch falschen, Vorstellung über die Zusammensetzung des Nachlasses getroffen hat.

Für Erben bedeutet dies, dass eine überhastete Ausschlagung aufgrund von Annahmen über eine Überschuldung des Nachlasses später möglicherweise rückgängig gemacht werden kann, sofern sich herausstellt, dass diese Annahmen falsch waren.

Fazit

Das Urteil des OLG Frankfurt schafft Klarheit darüber, unter welchen Umständen eine Erbschaftsausschlagung erfolgreich angefochten werden kann. Erben sollten sich bewusst sein, dass nicht jede Fehlvorstellung zur Unwirksamkeit der Ausschlagung führt, jedoch eine konkrete Fehlvorstellung über den Nachlass durchaus eine Anfechtung ermöglichen kann.

Die Entscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar.