Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen im Zusammenhang mit steuerfreien Seminaren

BFH-Urteil vom 8. März 2012, V R 14/11, BStBl II S. 630

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7242-a / 12 / 10001 vom 29.04.2014

Mit dem o. g. Urteil hat der BFH entschieden, dass Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen, die ein gemeinnütziger Verein im Zusammenhang mit steuerfreien Seminaren erbringt, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Anwendung des BFH-Urteils vom 8. März 2012, V R 14/11, BStBl II S. 630
Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. März 2012, V R 14/11, BStBl II S. 630, sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. Januar 2013 ausgeführte Umsätze wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn der Unternehmer entsprechende Leistungen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG unterwirft.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Abschnitt 12.9 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 10. April 2014 – IV D 2 – S-7306 / 13 / 10001 (2014/0338741), BStBl I S. …, geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.) Abs. 10 Nr. 7 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

2Mit der Durchführung von Lehrveranstaltungen selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 8 AO bezeichneten Zweckbetriebe verwirklicht; soweit dabei den Teilnehmern Beherbergungs- oder Beköstigungsleistungen erbracht werden vgl. BFH-Urteil vom 08.03.2012, V R 14/11, BStBl II S. 630 sowie die Ausführungen in Absatz 11;

2.) Absatz 11 wird wie folgt gefasst:

„Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden

1Vorbehaltlich der Regelungen der Absätze 12 bis 14 unterliegen von Zweckbetrieben ausgeführte Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Zweckbetrieb insgesamt nicht in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. 2Einnahmen aus derartigen Umsätzen werden zusätzlich erzielt, wenn die Umsätze nicht lediglich Hilfsumsätze (Abschnitt 19.3 Abs. 2 Sätze 4 und 5) sind (zusätzliche Einnahmen). 3Ein Zweckbetrieb dient in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, wenn mehr als 50 % seiner gesamten steuerpflichtigen Umsätze durch derartige (zusätzliche und wettbewerbsrelevante) Leistungen erzielt werden. 4Leistungen sind dann nicht wettbewerbsrelevant, wenn sie auch bei allen anderen Unternehmern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z. B. die Lieferungen von Speisen oder seit dem 01.01.2010 Beherbergungsleistungen).5Umsatzsteuerfreie Umsätze sowie umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Zuschüsse zu beurteilende Zuwendungen sind – unabhängig von einer ertragsteuerrechtlichen Beurteilung als Betriebseinnahmen – keine zusätzlichen Einnahmen im Sinne des Satzes 3. 6Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass ein Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 3 UStG des Zweckbetriebs die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO insgesamt nicht übersteigt. 7Da sich bei Leistungen gegenüber in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen kein Wettbewerbsvorteil ergibt, ist es nicht zu beanstanden, wenn diese Umsätze bei der betragsmäßigen Prüfung unberücksichtigt bleiben.“

Die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Nichtbeanstandungsregelung in Abschnitt I dieses Schreibens bleibt hiervon unberührt.

Quelle: BMF