Arbeitnehmer müssen Lohnzahlungen Dritter bei Insolvenz des Arbeitgebers zurückzahlen

Arbeitnehmer müssen Lohnzahlungen Dritter bei Insolvenz des Arbeitgebers zurückzahlen

Kernaussage

Die Insolvenzordnung gibt dem Insolvenzverwalter mit den gesetzlichen Anfechtungsvorschriften der Insolvenzordnung eine Handhabe, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene, ungerechtfertigte Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen kann eine Rechtshandlung u. a. dann angefochten werden, wenn eine Forderung eines Insolvenzgläubigers erfüllt worden ist, ohne dass er dies „in der Art“ beanspruchen konnte. Dann liegt eine so genannte inkongruente Deckung vor. Weist der Schuldner einen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, bewirkt die Zahlung im Regelfall eine inkongruente Deckung, weil die Erfüllung nicht „in der Art“ erfolgt, in der sie geschuldet ist. Das gilt auch, wenn der Schuldner und der Dritte Schwesterunternehmen sind oder einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten. Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn die Zahlung auf einer dreiseitigen, insolvenzfest getroffenen Abrede beruht.

Sachverhalt

Der Kläger war bis zum 31.1.2009 bei dem Schuldnerunternehmen als Polier beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 19.1.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der Schuldnerin war zugleich alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer eines Schwesterunternehmens. Die Schuldnerin führte hauptsächlich Aufträge dieses Unternehmens aus. Beide Unternehmen unterhielten denselben Geschäftssitz, nutzten denselben Geschäftsraum und führten Verrechnungskonten. Vom 30.10.2008 – 12.1.2009 erhielt der Kläger 5 Zahlungen über insgesamt rd. 3.700 EUR vom Konto des Schwesterunternehmens als Entgelt für August – Oktober 2008. Der Beklagte hat diese Zahlungen u. a. nach der Insolvenzordnung angefochten und mit seiner Widerklage die Rückzahlung zur Masse verlangt. Der Kläger hat geltend gemacht, er habe diese Zahlungen nicht als verdächtig empfunden, weil Lohnzahlungen durch das Schwesterunternehmen nicht unüblich gewesen seien und er auch für dieses tätig geworden sei.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht hat eine Rückzahlungspflicht des Klägers verneint; die Zahlungen hätten eine kongruente Deckung bewirkt. Auf die Revision des Beklagten hob das Bundesarbeitsgericht (BAG) das Urteil auf verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an die Unterinstanz zurück. Dieses hat zu Unrecht angenommen, dass eine kongruente Deckung deshalb vorliege, weil die Unternehmen im Ergebnis alles aus einem „Topf“ entnommen hätten. Diese Annahme widerspricht wesentlichen Grundgedanken des Insolvenzverfahrens, das rechtsträgerbezogen ausgestaltet ist.

Konsequenz

Es ist noch aufzuklären, ob eine Gläubigerbenachteiligung erfolgt ist, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und ob weitere Anfechtungstatbestände erfüllt sind. Mit dieser Maßgabe muss das Untergericht nun über die vorliegende Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen durch ein Schwesterunternehmen neu entscheiden.