Aufwendungen für ein Dienstjubiläum als Werbungskosten

Niedersächsisches Finanzgericht 4. Senat, Urteil vom 03.12.2014, 4 K 28/14

§ 12 Nr 1 S 2 EStG, § 19 EStG, § 19 Abs 1 EStG, § 9 Abs 1 S 1 EStG

Tatbestand

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Streitig ist, ob der Kläger die Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Ausrichtung einer Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 des Einkommen-steuergesetzes [EStG]) abziehen kann.

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Der Kläger war Beamter des Landes B. Im Streitjahr war er als Sachgebietsleiter für Vollstreckung und Steuerfahndung sowie als Vertreter des ständigen Vertreters des Vorstehers beim Finanzamt A eingesetzt und wurde bei diesem auch zur Einkommensteuer veranlagt. Neben den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erzielte er Einkünfte aus anderen nicht streitbefangenen Einkunftsarten.

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Im April 2006 beging er sein 40-jähriges Dienstjubiläum und lud aus diesem Anlass an einem Montag für die Zeit von 11 bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des Finanzamtes A ein. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen des Finanzamts A sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten des Finanzamts für Großbetriebsprüfung. Wegen des Inhalts der Einladung wird auf das als Anlage K 1 eingereichte Einladungsschreiben verwiesen. Zur Bewirtung der Gäste bestellte er für 50 Personen Häppchen und kaufte Wein und Sekt ein. Die ihm durch die Feier entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 830 EUR machte er für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend.

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Das Finanzamt A erkannte die Aufwendungen nicht als Werbungskosten an und setzte zunächst mit Einkommensteuerbescheid vom … und später mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom … 2007 die Einkommensteuer fest. Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und führte zur Begründung an, dass die im Einkommensteuerbescheid maschinell angebrachten Vorläufigkeitsvermerke rechtswidrig seien. Da wegen dieser Frage ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig war, ließ das Finanzamt A das Einspruchsverfahren mit Zustimmung des Klägers bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens ruhen.

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Der Kläger verzog unterdessen in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Nach Beendigung des beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens nahm der Beklagte das Einspruchsverfahren wieder auf. Nunmehr beantragte der Kläger im Juni 2013 den Abzug der bislang nicht anerkannten Aufwendungen für die Jubiläumsfeier als Werbungskosten. Er trug hierzu vor, dass er der einzige Veranstalter gewesen sei und bis auf eine Person nur Kolleginnen und Kollegen aus dem Finanzamt A sowie der im Gebäude untergebrachten Dienststelle des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung anwesend gewesen seien. Er habe eine Genehmigung durch den Vorsteher und die Geschäftsstelle erhalten. Eine Gästeliste habe es nicht gegeben, da er alle im Gebäude tätigen Personen eingeladen habe. Teilgenommen hätten bis auf einen kurz zuvor pensionierten Kollegen nur aktive Kolleginnen und Kollegen. Abgesehen von einem örtlichen Funktionsträger der Deutschen Steuergewerkschaft seien andere Personengruppen, wie z.B. Steuerberater, die örtliche Stadtverwaltung oder die Presse, nicht eingeladen worden. Er sei seit vielen Jahren Vertreter des ständigen Vertreters des Vorstehers und Schwerbehindertenvertreter gewesen und habe an Sitzungen des Personalrats teilgenommen, so dass diese Veranstaltung für ihn einen rein beruflichen Charakter gehabt habe. Hierfür spreche auch, dass keine Angehörigen und Freunde teilgenommen hätten. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 6. März 2008, VI R 68/06, BFH/NV 2008, 1316) stehe dieser beruflichen Veranlassung von Bewirtungsauf-wendungen auch nicht entgegen, dass er keine erfolgsabhängigen Einnahmen erziele.

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Im Rahmen der Einspruchsbearbeitung stellte der Beklagte bei der Überprüfung der Werbungskosten fest, dass ein Betrag in Höhe von 126 EUR, der für die Anschaffung eines Samsung Drucker erklärt war, tatsächlich auf die Anschaffung einer Digitalkamera mit Wechselobjektiv entfiel. Der Beklagte war der Auffassung, dass diese Aufwendungen nicht beruflich veranlasst seien, setzte nach Androhung der Verböserung die Einkommensteuer entsprechend herauf und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

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Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass ein Werbungskostenabzug wegen der Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen sei, da die Aufwendungen die Lebensführung des Klägers beträfen und durch seine gesellschaftliche Stellung bedingt seien. Die Abgrenzung der beruflichen und privaten Veranlassung sei anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. Der Anlass der betreffenden Veranstaltung sei ein Indiz. Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus Anlass eines in der privaten Sphäre des Einladenden liegenden persönlichen Ereignisses seien grundsätzlich als nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung zu bewerten. Das Dienstjubiläum sei so ein Ereignis. Darüber sei auch von Bedeutung, wer als Gastgeber aufgetreten sei, wer die Gästeliste bestimmt habe und ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter des Steuerpflichtigen oder Arbeitgebers, um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen gehandelt habe. Ebenso werde berücksichtigt, in wessen Räumlichkeiten bzw. an welchem Ort die Veranstaltung stattgefunden habe. Ein starkes Indiz für die berufliche Veranlassung der Bewirtung liege vor, wenn der Arbeitgeber die Veranstaltung ohne Mitspracherecht des betroffenen Beschäftigten organisiere und ausrichte. Im Gegensatz hierzu habe der Kläger seine Kollegen bewirtet und die Feier nach eigenem Ermessen und mit eigener Entscheidungsbefugnis ohne Einflussnahme durch den Dienstvorgesetzten ausrichten können und auch die Gästeliste selbst bestimmt.

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Mit der Klage begehrt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Vorverfahren den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten. Er ist der Ansicht, dass er selbst nicht als Gastgeber aufgetreten sei, weil er lediglich die ihm von seinem Arbeitgeber geboten Möglichkeiten genutzt habe. Die Gästeliste habe er nicht selbst bestimmt, weil die Einladung ohne Ausnahme an alle im Amtsgebäude tätigen Bediensteten gerichtet worden sei. Aus dem privaten Umfeld sei lediglich der Sohn seiner verstorbenen Partnerin bei dem Jubiläum anwesend gewesen, wobei dieser auch erst nach Ablauf der offiziellen Zeit erschienen sei. Soweit das Finanzamt darauf abstelle, dass alle Begegnungen der Pflege der persönlichen Beziehungen zu Mitarbeitern und Kollegen gedient hätten, könne dies kein Einfluss auf die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Kosten haben.

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Soweit der BFH im Beschluss vom 24. September 2013 (Az. VI R 35/11, BFH/NV 2014, 500) die Versagung des Werbungskostenabzugs bei einem Priester bestätigt habe, sei dem entgegenzuhalten, dass der diesem Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten anders gelagert sei als sein Fall. So habe der Priester kein Dienstjubiläum, sondern den „Jahrestag des Empfangs der Priesterweihe“ begangen, welcher im Gegensatz zu seinem Dienstjubiläum ein höchstpersönliches Ereignis sei. Außerdem habe der Kläger im Gegensatz zu ihm die Feier nicht im Dienstgebäude durchgeführt, und diese sei nicht wie seine Veranstaltung auf zwei Stunden begrenzt gewesen, sondern habe 2 Tage gedauert. Schließlich seien die Gäste in dem Entscheidungsfall besonders ausgewählt worden und habe sich die Einladung auch an private Gäste sowie Familienmitglieder gerichtet, während er sich auf alle in dem Amtsgebäude tätigen Bediensteten beschränkt habe. Da er alle Amtsangehörigen eingeladen habe, habe er keine eigene Auswahl der Gäste getroffen, und der Umstand, dass es sich bei den Gästen um eine homogene Gruppe gehandelt habe und weder Person des öffentlichen Lebens, Steuerberater, Oberbehörden usw. noch Freunde und Familie eingeladen gewesen seien, belege die berufliche Veranlassung seiner Feier.

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Der Beklagte hält unter Bezugnahme auf seine Begründung im Einspruchsbescheid an seiner im Vorverfahren vertretenden Auffassung fest und trägt ergänzend vor, dass insbesondere der Umstand, dass nicht die vorgesetzte Dienstbehörde, sondern der Kläger selbst die Kollegen, die er als Gäste bewirtet habe, bestimmt und eingeladen habe, ohne insoweit durch Anweisungen oder Vorgaben seines Dienstherrn eingeschränkt gewesen zu sein, ein Indiz für die private Veranlassung der Jubiläumsfeier sei. Wenn Angestellte und Beamte auf eigene Initiative und Kosten für Kollegen eine Feier organisierten, spreche vieles dafür, dass die privaten Gründe in den Vordergrund getreten seien, weil dann die Pflege der persönlichen Beziehungen zu Mitarbeitern und Kollegen einen hohen Stellenwert einnehme.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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I. Der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil der Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, die Aufwendungen für die Jubiläumsfeier als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

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Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung und zuletzt im Beschluss vom 24. September 2013 VI R 325/11, BFH NV 2014, 500, ausgeführt, dass Werbungskosten vorliegen,

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wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d. h. wenn sie wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsfähre. Dabei bilden die Gründe die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben das auslösende Moment. Ergibt die Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder nur in unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung der Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie als Werbungskosten grundsätzlich abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar.“

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Der Senat teilt diese Auffassung und folgt der Rechtsprechung des BFH. Dementsprechend ist die Entscheidung, ob der Arbeitnehmer Aufwendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung handelt, anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen (BFH-Urteil vom 6. März 2008, VI R 68/06, BFH/NV 2008, 1316). Nach diesen Maßstäben sind die Aufwendungen des Klägers für die Feier des Dienstjubiläums nicht als beruflich veranlasst zu beurteilen, weil die private Veranlassung der Feier bei weitem überwiegt.

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Die private Veranlassung der Feier ergibt sich zunächst aus deren Anlass. Der Kläger hat anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums hierzu eingeladen. Nach der vom Senat ebenfalls geteilten Rechtsprechung des BFH stellt ein Dienstjubiläum ein persönliches, durch die private Sphäre des Arbeitnehmers veranlasstes Ereignis dar, so dass die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen regelmäßig als durch seine gesellschaftliche Stellung veranlasst beurteilt werden (BFH-Beschluss vom 24. September 2013, Az. VI R 325/11, BFH/NV 2014, 500 m.w.N.) Entgegen der Auffassung des Klägers gilt dies grund-sätzlich, und es kommt insbesondere im öffentlichen Dienst nicht darauf an, welcher Berufsgruppe ein Jubilar angehört, weil in allen Fällen der Dienstherr lediglich die Ableistung einer bestimmten Anzahl von Dienstjahren (25, 40 oder 50 Jahre) honoriert. Die Errechnung dieser Dienstjahre erfolgt in der Regel jedoch unter Berücksichtigung vielfältiger persönlicher und nicht betriebsbezogener Faktoren. Hieraus folgt, dass im Ergebnis die persönliche Ehrung einer Lebensleistung und nicht die Ehrung der konkret ausgeübten Berufstätigkeit im Vordergrund steht. Dieses rechtfertigt es, die mit der Feier eines Dienstjubiläums in Zusammenhang stehenden Kosten grundsätzlich als nicht abziehbare Kosten der Lebensführung zu bewerten.

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Die Feier war auch nicht mittelbar durch die vom Kläger konkret ausgeübte Tätigkeit als Sachgebietsleiter veranlasst. Er war unstreitig nicht verpflichtet, aus Anlass seines Dienstjubiläums eine solche Feier auszurichten, sondern hätte vielmehr wie andere Kollegen auf diese verzichten können. Sie diente auch nicht dem Zweck, das Finanzamt A in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Letzteres folgert der Senat aus dem Umstand, dass die Feier im Sozialraum ohne Teilnahme amtsfremder Personen und damit im Ergebnis unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Dass der Dienstherr sich nicht an den Kosten der Jubiläumsfeier beteiligt hat, ist in diesem Zusammenhang ein weiterer Aspekt, der gegen die berufliche Veranlassung spricht.

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Der Umstand, dass die Gästeliste ausschließlich durch die Entscheidung des Klägers bestimmt worden ist, ist ebenfalls ein Aspekt, der gegen die berufliche Veranlassung der Jubiläumsfeier spricht. Eine berufliche Veranlassung kann vorliegen, wenn die Zusammensetzung der Gästeliste durch den Vorgesetzten oder die vorgesetzte Dienstbehörde (mit-)getroffen wird. Der Kläger konnte aber allein ohne objektiv bestehende Einschränkungen darüber befinden, welche Gäste eingeladen werden. So wie er entscheiden konnte, alle Amtsangehörigen einzuladen, hätte er die Einladung auch auf ausgewählte Kollegen beschränken oder zu den Kollegen auch Freunde und Familie einladen können. Insoweit unterscheidet sich seine Feier von anderen Veranstaltungen, die zum Beispiel von Behördenleitern anlässlich ihres Eintritts in den Ruhestand oder aus anderen Anlässen ausgerichtet werden und bei denen die vorgesetzte Dienstbehörde konkrete Vorgaben für die Zusammensetzung der Gästeliste macht.

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Die Einladung war an alle im Amtsgebäude tätigen Bediensteten gerichtet und somit auch an Personen, gegenüber denen der Kläger keine Weisungsbefugnis ausübte. Letzteres spricht für die Annahme, dass der Kläger mit der Feier ausschließlich die ihm nach seiner persönlichen Einschätzung obliegenden Repräsentationspflichten erfüllen wollte. Es ist zwar nachvollziehbar, dass sich der Kläger aufgrund der von ihm bekleideten Ämter verpflichtet gefühlt hat, die Einladung an alle Amtsangehörigen zu richten, und dass er dieses als Indiz für die berufliche Veranlassung wertet. Allerdings kann die subjektiv gefühlte Verpflichtung nicht als Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung nach beruflicher oder privater Veranlassung herangezogen werden, weil die Abgrenzung nach objektiv feststellbaren Kriterien zu erfolgen hat.

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Nach Würdigung der objektiv feststellbaren Gesamtumstände ist der Senat der Überzeugung, dass die Feier vorrangig der Kontaktpflege zu den Kollegen gedient hat und das Repräsentationsbedürfnis des Klägers bei der Entscheidung zur Durchführung der Feier im Vordergrund gestanden hat. Beides belegt den privaten Anlass der Feier, so dass die Klage abzuweisen ist.

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II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger als unterlegende Partei nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung zu tragen.