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Keine Heilung v. Ermessensfehlern bei erstmaliger Ermessenserwägung

Keine Heilung v. Ermessensfehlern bei erstmaliger Ermessenserwägung

Kernaussage

In einem Revisionsverfahren erstmalig angestellte Ermessenserwägungen können nicht mehr berücksichtigt werden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin zugleich Geschäftsführerin war. Durch Geschäftsführervertrag wurde dieser eine Weihnachtsgratifikation zugesagt. Die GmbH behielt sich jedoch das Recht zum Widerruf vor. Im Oktober 2002 hat die Alleingesellschafter-Geschäftsführerin beschlossen, für das Streitjahr 2002 keine Weihnachtsgratifikation zu zahlen, was auch unterblieb. Das beklagte Finanzamt nahm die GmbH mit Haftungsbescheid wegen der auf die Weihnachtsgratifikation entfallenden Lohnsteuer, die von der GmbH nicht einbehalten worden war, in Anspruch. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Während des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt den Haftungsbescheid unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheides zurückgenommen, da das Auswahlermessen nicht hinreichend dokumentiert war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Für die vom Arbeitnehmer geschuldete und vom Arbeitgeber einzubehaltende Lohnsteuer kann das Finanzamt die Steuer- oder Haftungsschuld gegenüber Arbeitnehmer oder Arbeitgeber als Gesamtschuldner geltend machen. Hierbei hat es das Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Vorliegend unterblieb bei Erlass des ursprünglichen Haftungsbescheids die gebotene Ermessensausübung, denn das Finanzamt war sich dieser Verpflichtung nicht bewusst. Bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens kann das Finanzamt zwar seine Ermessenserwägungen ergänzen. Das setzt aber voraus, dass zumindest ansatzweise zuvor Ermessenserwägungen angestellt worden sind. Diese wurden aber erstmals während des Revisionsverfahrens aufgeführt.

Konsequenz

Die Rechtsfrage, ob ein dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagtes aber nicht ausgezahltes Weihnachtsgeld als zugeflossen gilt, konnte im Streitfall offen bleiben. Zu der Frage entschied der BFH jedoch in einem Parallelverfahren, dass die Grundsätze über den Zufluss von Einnahmen bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht eingreifen, wenn die Zusage vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Sonderzuwendungen einvernehmlich aufgehoben wird.

Probezeitkündigung am 1. Tag wegen Zigarettengeruchs unwirksam

Probezeitkündigung am 1. Tag wegen Zigarettengeruchs unwirksam

Kernfrage

Innerhalb der Probezeit können Arbeitsverhältnisse auch ohne Angabe von Gründen und grundsätzlich ohne weitere Begründungspflicht, soweit dies arbeitsvertraglich vereinbart worden ist, jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Wochen beendet werden. Allerdings kann eine solche Probezeitkündigung mit Kündigungsschutzklage angegriffen werden, wobei das Gericht die Kündigung dann nur darauf hin überprüfen kann, ob die Kündigung willkürlich ist bzw. gegen Treu und Glauben verstößt. Einen solchen Fall hat jetzt das Arbeitsgericht Saarlouis entschieden.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war unter Hinweis auf ein bestehendes Rauchverbot eingestellt worden. Als er zu seinem ersten Arbeitstag erschien, rauchte er vor Arbeitsantritt außerhalb des Betriebs noch eine Zigarette. Bei Arbeitsantritt wurde er vom Geschäftsführer danach gefragt, ob er bereits geraucht habe. Diese Frage beantwortete der Arbeitnehmer wahrheitsgemäß und erhielt nach 2 Stunden die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses in der Probezeit.

Entscheidung

Der gegen die Kündigung gerichteten Kündigungsschutzklage entsprach das Arbeitsgericht Saarlouis. Zwar sei die Kündigung als Probezeitkündigung grundsätzlich außerhalb des Kündigungsschutzgesetz zulässig, sie verstoße aber gegen die Grundsätze aus Treu und Glauben. Zum einen habe der Arbeitnehmer sich an die Vorgaben des geltenden Rauchverbots am Arbeitsplatz gehalten, zum anderen und dies sei entscheidend, sei auch das Probearbeitsverhältnis auf eine dauerhafte Zusammenarbeit angelegt. Aus diesem Grund hätte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben müssen, sein Verhalten zu ändern.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend. Unabhängig davon, ob ein Arbeitgeber nicht rauchende Mitarbeiter bevorzugt, kann ein Probezeit-Arbeitsverhältnis, ohne dass es zu einer echten Pflichtverletzung gekommen wäre, nicht nach 2 Stunden beendet werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Berufung gegen das Urteil zum Landesarbeitsgericht geführt wird.

Arbeitgeber darf Hund im Büro verbieten

Arbeitgeber darf Hund im Büro verbieten

Kernfrage

Im Arbeitsrecht gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz, nach dem miteinander vergleichbare Arbeitnehmer nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden dürfen. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz betrifft nicht nur arbeitsvertragliche Konditionen, sondern alle Umstände, die das Arbeitsverhältnis prägen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte jetzt zu einer besondere Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entscheiden.

Sachverhalt

Eine Werbeagentur gestattete es ihren Mitarbeitern, ihre Hunde mit ins Büro zu bringen. Davon machte eine Mitarbeiterin Gebrauch, die einen schwer traumatisierten Hund aus einem Tierheim aufgenommen hatte. Nachdem sie den Hund zunächst 3 Jahre mit in das Büro gebracht hatte, entzog ihr der Arbeitgeber die Berechtigung hierzu, weil die Traumata des Hundes so stark ausgeprägt gewesen seien, dass er Kollegen, die in das Büro der Mitarbeiterin wollten, anknurrte und aggressiv reagierte.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der Arbeitgeber habe zu Recht auch alleine gegenüber der Klägerin die Genehmigung zum Mitbringen ihres Hundes widerrufen können. Angesichts des Verhaltens des Hundes und der Tatsache, dass dadurch die betrieblichen Abläufe nicht unerheblich beeinträchtigt worden seien, sei es gerechtfertigt, das Mitbringen dieses Hundes zu untersagen.

Konsequenz

Auch wenn die Entscheidung zu einer Nebenfrage eines Arbeitsverhältnisses ergangen ist, zeigt sie doch die Systematik des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Wenn vergleichbare Arbeitnehmer ungleich behandelt werden, dann bedarf dies eines auch objektiv nachzuweisenden wichtigen Grundes.

§ 613a: Freiwerden von Tarifbindung bei Betriebsübergang

§ 613a: Freiwerden von Tarifbindung bei Betriebsübergang

Kernfrage

Kommt es zu einem Betriebsübergang, gilt, dass der übernehmende Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsverhältnisse in der Form zu übernehmen, wie sie zum Zeitpunkt des Übergangs bestanden. Hinzu kommt, dass Tarifverträge ihre Wirksamkeit behalten. Der Europäische Gerichtshof hatte nunmehr in einem britischen Verfahren in diesem Spannungskreis zu entscheiden. Unabhängig von den Fragen der gesetzlichen Tarifbindung galt es, darüber zu befinden, ob arbeitsvertragliche Verweisungsklauseln zur „ewigen“ Anwendbarkeit von Tarifverträgen führen können.

Sachverhalt

Ein Betrieb war von der öffentlichen Hand an ein Privatunternehmen veräußert worden. Die Regelungen zum Betriebsübergang waren anwendbar. Die übergegangenen Arbeitsverträge sahen eine sogenannte dynamische Bezugnahmeklausel vor. Das heißt, aus dem Arbeitsvertrag selber heraus sollte der öffentliche Tarifvertrag in Gestalt seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Als dieser Tarifvertrag neu geregelt wurde, verweigerte der neue Arbeitgeber dessen Umsetzung mit der Begründung, auf ihn könne kein Tarifvertrag Anwendung finden, wenn er nicht Partei des Tarifvertrages werden könne.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof gab dem Arbeitgeber Recht. Entscheidendes Kriterium für die Anwendung eines vor Betriebsübergang geltenden Tarifvertrages, auf den die Arbeitsverträge dynamisch verweisen, sei, dass auch der neue Arbeitgeber zumindest die Möglichkeit haben müsse, Tarifvertragspartei zu werden. Dies war im konkreten Fall gerade nicht möglich, weil der private neue Eigentümer nicht Partei des öffentlichen Tarifvertrages werden konnte. Es sei dem neuen Arbeitgeber daher verwehrt, an den Verhandlungen über die neuen Tarifvertragskonditionen teilzunehmen.

Konsequenz

Die Entscheidung stärkt die Arbeitgeberposition im Bereich des Betriebsübergangs. Tarifverträge werden, selbst wenn ihre Geltung dynamisch über Arbeitsverträge gesichert ist, nur dann anwendbar, wenn es dem Betriebserwerber möglich ist, Tarifvertragspartei zu werden. Davon unabhängig ist allerdings die Frage, ob der letzte Tarifvertrag, der bei Übergang wirksam war, dauerhaft Bestand hat oder durch einen anderen Tarifvertrag in der Branche, in der der Erwerber tätig ist, ersetzt wird.

Haftung des Alleingesellschafters nach Zustimmung des Finanzamts zum Insolvenzplan

Haftung des Alleingesellschafters nach Zustimmung des Finanzamts zum Insolvenzplan

Kernaussage

Erfüllt ein Alleingesellschafter die Haftungsvoraussetzungen der Abgabenordnung (AO) für Steuern der Gesellschaft dem Grunde und der Höhe nach, steht einer Inanspruchnahme als Haftungsschuldner auch nicht entgegen, dass das Finanzamt dem Insolvenzplan für die Gesellschaft zugestimmt hat.

Sachverhalt

Der Kläger war alleiniger Anteilseigner und Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG). Wegen rückständiger Umsatzsteuer und Säumniszuschlägen der AG nahm das beklagte Finanzamt den Kläger in Februar 2007 in Haftung. In dem über das Vermögen der AG eröffneten Insolvenzverfahren stimmte das beklagte Finanzamt im Juni 2007 einem Insolvenzplan zu, wonach die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % ihrer Forderungen befriedigt werden sollten. An dem Haftungsbescheid hielt das Finanzamt fest. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Haftungsbescheid wegen der Zustimmung des Finanzamts zum Insolvenzplan gegen Treu und Glauben verstoße. Durch seine Inanspruchnahme werde die mit dem Insolvenzplan verfolgte Sanierung des Unternehmens unmöglich gemacht. Denn die Gesellschaft sei entscheidend von seiner Person abhängig und daher tatsächlich mit einem Einzelunternehmen gleichzustellen. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des Klägers steht seiner Inanspruchnahme nicht entgegen, dass das Finanzamt dem Insolvenzplan für die AG zugestimmt hat. Der Insolvenzplan wirkt nur zwischen den Planbeteiligten. Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner werden durch den Plan nicht berührt. Auch mit einem auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützten Anspruch auf Schutz des Vertrauens des Gesellschafters in den im Insolvenzplan vereinbarten Teilerlass des Finanzamts kann die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids nicht begründet werden. Ein solches Vertrauen ist wegen der schuldhaften Verletzung der steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter der AG nicht zu berücksichtigen. Zudem sind die faktischen Auswirkungen der Inanspruchnahme des Alleingesellschafters auf die Sanierung der AG nicht als widersprüchliches Verhalten des Finanzamts zu beanstanden.

Konsequenz

Das Planverfahren kann eine Unternehmensentschuldung ermöglichen. Ansprüche der Gläubiger gegen Dritte, z. B. aus Bürgschaft oder Mitschuld oder wegen Haftung, bleiben unberührt. Das Urteil verdeutlicht, dass eine Freizeichnung der Geschäftsführer bzw. Vorstände bei solchen Fallgestaltungen regelmäßig misslingt.

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Wann ist eine GmbH nach Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig?

Rechtslage

Nach früherem Eigenkapitalersatzrecht ist im Fall der eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung von einer Überlassungsunwürdigkeit im Zusammenhang mit der Insolvenzreife die Rede. Hierbei ist zu untersuchen, ob ein vernünftig und wirtschaftlich handelnder Dritter dazu bereit wäre, der Gesellschaft den Gegenstand zu überlassen. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Mietzins für den Vermieter günstig ist.

Sachverhalt

Der Kläger war als alleiniger Gesellschafter über eine GmbH mittelbar an der Schuldnerin, einer weiteren GmbH, beteiligt. Er vermietete der Schuldnerin seit 1994 das ihm gehörende Betriebsgrundstück sowie bewegliches Anlagevermögen. Der Mietzins wurde von der Schuldnerin bis einschließlich April 2005 bezahlt. Im Mai 2005 geriet die Schuldnerin in Insolvenz und der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger verlangt Zahlung der rückständigen Mietzinsen bis Juni 2006. Der Beklagte fordert widerklagend die Rückzahlung der zwischen November 2004 bis April 2005 gezahlten Mietzinsen wegen eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung. Der Kläger hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Entscheidung

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Überlassungsunwürdigkeit verneint. Überlassungsunwürdigkeit besteht, wenn ein Dritter einen entsprechenden Nutzungsüberlassungsvertrag über die Betriebseinrichtungen unter den gegebenen Umständen mit der Gesellschaft nicht schließen würde. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft als Mieter oder Pächter entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Miet- oder Pachtzins für den Vermieter oder Verpächter günstig ist, die Vermietung oder Verpachtung demnach vorteilhaft ist. Überlassungsunwürdigkeit liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft über die Mittel verfügt oder sich diese im Kapitalmarkt verschaffen kann, um den betreffenden Gegenstand selbst zu erwerben.

Konsequenz

Die Entscheidung bezieht sich auf Altfälle, in denen das Insolvenzverfahren vor dem 23.10.2008 eröffnet worden ist. Insolvenzreife, d. h. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit sind eigenständige Tatbestände der Krise im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts, welches durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) entfallen ist.

Miteigentumsfiktion bei Zwangsvollstreckung aus Erbrecht

Miteigentumsfiktion bei Zwangsvollstreckung aus Erbrecht

Kernfrage

Das Erbrecht eröffnet Ansprüche des erbrechtlichen Anspruchsinhabers gegen den Empfänger einer Schenkung; und zwar dergestalt, dass der Schenkungsempfänger verpflichtet ist, die erbrechtlichen Ansprüche aus dem Geschenk heraus zu bedienen. Insbesondere dann, wenn die Schenkung dazu geführt hat, dass beim Schenkungsempfänger Alleineigentum entstanden ist, stellt sich die Frage, ob der Schenkungsgegenstand, den der Schenkungsempfänger zur Bedienung der erbrechtlichen Ansprüche einsetzen muss, überhaupt noch vorhanden ist. Deutlich wird dies bei Grundstücken, wenn ein Miteigentumsanteil an einen Miteigentümer geschenkt wird. Im Grundbuch werden dann nämlich die Miteigentumsanteile gelöscht und lediglich noch Alleineigentum ausgewiesen. In dieser Konstellation hatte der Bundesgerichthof (BGH) jetzt über die Zulässigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu entscheiden.

Sachverhalt

Ein Pflichtteilsberechtigter hatte gegen einen Schenkungsempfänger ein Urteil erstritten, dass ihm Zahlungsansprüche zusprach. Diese Zahlungsansprüche, die daraus resultierten, dass der Erblasser dem Schenkungsempfänger einen halben Miteigentumsanteil an einem Grundstück geschenkt hatte, wodurch der Schenkungsempfänger Alleineigentümer geworden war, wollte der Pflichtteilsberechtigte durch Eintragung einer Sicherungshypothek an dem geschenkten halben Miteigentumsanteil sichern. Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung der Sicherungshypothek aber deshalb ab, weil der Miteigentumsanteil, dessen Verwertung der Schenkungsempfänger hätte dulden müssen, nicht mehr vorhanden war, nach dem jetzt Alleineigentum bestand.

Entscheidung

Der BGH entschied nun, dass für Zwecke der Zwangsvollstreckung des erbrechtlichen Anspruchsinhabers das Fortbestehen des Miteigentumsanteils, in den die Zwangsvollstreckung zulässig gewesen wäre, wenn er nicht durch Vereinigung „untergegangen“ wäre, fingiert wird, um die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen. Begründung hierfür sei, dass eine solche Zwangsvollstreckung darauf gerichtet sei, die Zwangsvollstreckung als solche zu dulden.

Konsequenz

Die Konsequenzen der Entscheidung können weitreichend sein, weil die Zwangsvollstreckung in einer vergleichbaren Grundbuch- bzw. Eigentumssituation nicht zwingend aus erbrechtlichen Ansprüchen erfolgen muss. Entscheidend ist, dass der BGH abweichend von der Eigentums- und Grundbuchlage eine dingliche Rechtsposition fingiert.

Zur Nichtigkeit eines Bedarfswertbescheids

Zur Nichtigkeit eines Bedarfswertbescheids

Kernaussage

Ein Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts für Erbschaftsteuerzwecke muss alle Miterben bezeichnen. Nennt er als Inhaltsadressatin lediglich eine Erbengemeinschaft, ist er nichtig.

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder einer Erbengemeinschaft. Das beklagte Finanzamt bewertete das zum Nachlass gehörende Grundstück und stellte den Grundbesitzwert einheitlich und gesondert fest. Der Bescheid erging „mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben“. Er wurde gegenüber der Ehefrau des Erblassers und zwar als Empfangsbevollmächtigte der Erbengemeinschaft bekannt gegeben. Die Kläger sind der Auffassung, dass der Bescheid nichtig sei, denn es sei nicht ersichtlich, aus welchen Miterben die Erbengemeinschaft bestehe. Zudem sei der Bescheid nicht gegenüber allen Inhaltsadressaten bekannt gegeben. Das Finanzgericht gab der Klage statt, ließ aber die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Entscheidung

Die Angabe des Inhaltsadressaten ist ein konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsaktes. Ist die Angabe nicht hinreichend bestimmt, ist der Verwaltungsakt nichtig. Zwar ist die Erbengemeinschaft vorliegend Feststellungsbeteiligte gemäß den Vorschriften zum Bewertungsgesetz geworden; das macht sie aber nicht zugleich zum Inhaltsadressaten. Denn die Zurechnung des Grundstücks zur Erbengemeinschaft erfolgt lediglich deshalb, weil die Erbquote nicht vom Lagefinanzamt, sondern vom Erbschaftsteuerfinanzamt zu ermitteln ist. Die Erbengemeinschaft hat verfahrensrechtlich keine Beteiligtenstellung und auch nicht die damit verbundene Rechtsbehelfsbefugnis. Sie ist rechtlich ein „Nullum“, denn sie ist nicht handlungsfähig im Sinne der Abgabenordnung. Vorliegend ist der Inhaltsadressat somit nicht ausreichend bezeichnet und der Bescheid daher nichtig.

Konsequenz

Das vorliegende Urteil verdeutlicht, dass bei einer Mehrheit von Adressaten stets zu überprüfen ist, ob der Inhaltsadressat des Bescheids zutreffend und hinreichend bezeichnet wurde.

Ausschließliche Ersatzerbeinsetzung ist keine Nacherbeinsetzung

Ausschließliche Ersatzerbeinsetzung ist keine Nacherbeinsetzung

Kernfrage

Testamente müssen, insbesondere dann, wenn sie privatschriftlich und ohne Beratung verfasst worden sind, entsprechend dem tatsächlichen Erblasserwillen, der gegebenenfalls durch Nachforschung zu ermitteln ist, ausgelegt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens die Grenzen dieser Auslegungsfähigkeit zu bestimmen.

Sachverhalt

Die Mutter von 4 Kindern hatte in einem eigenhändig verfassten Testament ihre ältesten Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Darüber hinaus enthielt das Testament die Regelung, dass der zweitälteste Sohn Ersatzerbe werden solle, wenn der älteste Sohn kinderlos versterben sollte. Die Mutter wurde zunächst vom ältesten Sohn beerbt, der keine Kinder hatte. Nach dem Tode des ältesten Sohns beantragte der Zweitälteste einen Erbschein, der ihn als Nacherbe nach der Mutter auswies. Diesen Erbscheinsantrag lehnte das OLG Hamm ab.

Entscheidung

Die Ersatzerbeinsetzung des zweiältesten Sohnes könne nicht in eine Nacherbeinsetzung (und damit verbunden in einer Vorerbeneinsetzung des ältesten Sohnes) umgedeutet werden. Ohne weitere Anhaltspunkte im Testament, insbesondere ohne dem ersten Erben auferlegte Verfügungsbeschränkungen, müsse davon ausgegangen werden, dass selbst der rechtliche Laie unter einer Ersatzerbeneinsetzung lediglich eine Erbeinsetzung für den Fall verstehe, dass der eigentliche Erbe im Erbfall nicht vorhanden war. Dies war aber nicht der Fall. Der älteste Sohn war Erbe nach der Mutter geworden; und zwar als Vollerbe. Für seine Einsetzung als Vorerbe bestand kein Indiz.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die Probleme, die bei privatschriftlichen Testamenten auftreten können. Hätte der Zweitälteste Sohn Recht bekommen, wäre er alleiniger Nacherbe bezogen auf das Vermögen geworden, das der Älteste von seiner Mutter geerbt hatte. Nunmehr kommt es nach dem ältesten Sohn zur gesetzlichen Erbfolge; und zwar nicht nur bezogen auf das Vermögen des Sohnes, sondern auf bezogen auf den Nachlass der Mutter, der im Vermögen des Ältesten aufgegangen ist.

Fahrergestellung führt zu lohnsteuerrechtlich erheblichem Vorteil

Fahrergestellung führt zu lohnsteuerrechtlich erheblichem Vorteil

Kernproblem

Wird einem Arbeitnehmer ein Dienstwagen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, entsteht ein geldwerter Vorteil, der zu versteuern ist. Fehlt ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, bemisst sich der Vorteil mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer im Kalendermonat. Ist darüber hinaus eine Privatnutzung möglich, kommt die 1 %-Regel dazu. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in der jüngsten Vergangenheit einige Kernaussagen gemacht, die für die Bemessung des Sachbezugs einer Pkw-Gestellung von Bedeutung sind. So kann der Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben, d. h. Fahrten zu einer „anderen“ Arbeitsstätte sind Reisekosten und kein geldwerter Vorteil. Zudem kann die monatliche 0,03 %-Pauschale gekürzt werden, falls der Pkw nicht arbeitstäglich genutzt wird. Wird der Dienstwagen nur für eine Teilstrecke der täglichen Fahrt verwendet (z. B. wegen „Park and ride“), kann sich das günstiger auf die Bemessung der Entfernungskilometer auswirken. Noch unklar war die Frage, wie sich eine Fahrergestellung auf die Ermittlung des Sachbezugs auswirkt. Der BFH selbst hatte im Jahr 2011 Zweifel geäußert, ob an der Annahme eines „erheblichen Vorteils“ weiter festzuhalten sei.

Sachverhalt

Einem Landrat wurde ein Dienstfahrzeug mit Fahrer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt. Der Landkreis hatte als Arbeitgeber auf eine Besteuerung verzichtet, weil das Fahrzeug dem allgemeinen Fuhrpark angehört habe und hierin auch andere Dienstpflichten der Kreisverwaltung erfüllt worden seien. Das Finanzamt setzte entsprechend seiner Verwaltungsanweisung den Wert der Fahrergestellung mit 50 % der pauschalen 0,03 %-Zuschlagsregelung an. Mit seiner Klage beim Finanzgericht scheiterte der Landkreis und legte Revision beim BFH ein.

Entscheidung

Der BFH hält die in seinem Urteil im Jahre 2011 geäußerten Zweifel nicht mehr für durchgreifend und führte aus, dass es für die Annahme eines Vorteils nicht darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer in dem mit Fahrer überlassenen Fahrzeug bereits auf dem Weg zur regelmäßigen Arbeitsstätte büromäßige Tätigkeiten tatsächlich ausübe oder ausüben könne. Entscheidend sei vielmehr, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in dessen Angelegenheit eine Dienstleistung in Form der Personalüberlassung zur Verfügung stelle, die für sich betrachtet einen Wert habe. Der Vorteil bemesse sich grundsätzlich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort einer vergleichbaren, von fremden Dritten erbrachten Leistung.

Konsequenz

Der BFH hält den Listenpreis des gefahrenen Fahrzeugs für eine Schätzung des geldwerten Vorteils für nicht sachgerecht. Der Maßstab zur Bewertung könne den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen; er müsse es aber nicht. Insoweit ist zu wünschen, dass die Verwaltung zum Zwecke einer einheitlichen Auslegung ihre Verwaltungsanweisungen überarbeitet.