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Steuerberater

BFH-Urteil: Einheitlicher Erwerbsgegenstand – Grundstückserwerb durch zur Veräußererseite gehörende Person

Wichtig für Entwickler, Bauträger, Investoren und Berater

Mit Urteil vom 2. Juli 2025 (II R 19/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) zentrale Aussagen zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer sowie zur Ermessensausübung des Finanzamts getroffen. Die Entscheidung ist für Praxisfälle rund um Grundstückskauf + Bauverpflichtung besonders relevant.

Im Folgenden die wichtigsten Punkte im Überblick:


1. Grunderwerbsteuer: Finanzamt muss Ermessen begründen, wenn Käufer und Verkäufer Kosten teilen

Haben die Vertragsparteien vereinbart, dass Käufer und Verkäufer die Grunderwerbsteuer je zur Hälfte tragen, und ist diese Vereinbarung dem Finanzamt bekannt, gilt Folgendes:

👉 Wird der Käufer dennoch für die gesamte Steuer herangezogen, muss das Finanzamt dies begründen.
Es genügt nicht, einfach die gesamte Steuer festzusetzen. Vielmehr müssen die maßgeblichen Ermessenserwägungen nachvollziehbar im Bescheid stehen.

Praktische Bedeutung

  • Käufer können Bescheide angreifen, wenn das FA keine ausreichende Ermessensbegründung liefert.
  • Steuerberater sollten in der Einspruchsbegründung gezielt auf fehlendes Ermessen hinweisen.

2. Keine Einbeziehung von Baukosten in die Grunderwerbsteuer bei Erwerb über die „Veräußererseite“

Dies ist der zentrale Punkt des Urteils:

Baukosten gehören NICHT in die Bemessungsgrundlage, wenn

  • das unbebaute Grundstück von einer Person erworben wird,
  • die zur Veräußererseite gehört und
  • die bestimmenden Einfluss darauf hat, ob und wie gebaut wird.

Das gilt auch dann, wenn:

  • das Grundstück nicht von der Person selbst, sondern
  • von einer von dieser Person beherrschten Gesellschaft
    erworben wird.

Warum ist das wichtig?

Normalerweise wird beim Erwerb eines „zu bebauenden Grundstücks“ (klassischer Bauträgerfall) ein einheitlicher Erwerbsgegenstand unterstellt. Dann fließen Baukosten mit in die Bemessungsgrundlage ein – oft mit enormer steuerlicher Wirkung.

Der BFH stellt nun klar:

👉 Wenn der Erwerber Teil der Veräußererseite ist, fehlt es an der typischen Gegenleistungskette.
Der Erwerber befindet sich dann nicht in der Position eines marktüblichen Vertragspartners. Die Bebauung ist nicht „von außen“ vorgegeben.

Damit entfällt der Tatbestand des einheitlichen Erwerbsgegenstands.


3. Vorteile für Konzern-, Familien- und Beherrschungsstrukturen

Das Urteil wirkt vor allem in folgenden Gestaltungen:

  • Erwerb durch Schwestergesellschaften
  • Erwerb durch Tochtergesellschaften eines beherrschenden Gesellschafters
  • Familiengesellschaften, in denen eine Person faktisch das Bauvorhaben steuert
  • Konstellationen, in denen ein Gesellschafter sowohl beim Verkäufer als auch beim Projektentwickler dominiert

Der BFH ermöglicht hier mehr steuerliche Neutralität:
Baukosten führen nicht automatisch zu höherer Grunderwerbsteuer, wenn es sich um “interne” Strukturierungen handelt.


4. Beratungshinweis

Das Urteil eröffnet Gestaltungsspielräume, erfordert aber präzise Analyse:

  • Wer gehört zur „Veräußererseite“?
  • Wer hat den „bestimmenden Einfluss“?
  • Wie ist die gesellschaftsrechtliche Beherrschung ausgestaltet?
  • Liegt dennoch ein faktisches Bauangebot vor?

Die Entscheidung ist ein Gewinn an Rechtssicherheit – kann aber je nach Strukturierung auch Risiken bergen, wenn der Einfluss nicht klar nachweisbar ist.


Fazit

Der BFH stärkt die Rechte von Erwerbern und bringt Klarheit ins Baukosten-Dilemma bei der Grunderwerbsteuer:

  1. Aufteilungsvereinbarungen der Grunderwerbsteuer müssen vom Finanzamt beachtet und begründet werden.
  2. Keine Einbeziehung von Baukosten in die Grunderwerbsteuer, wenn der Erwerber der Veräußererseite zuzurechnen ist oder durch diese beherrscht wird.

Ein Urteil mit hoher Relevanz für Projektentwickler, Gesellschaftsstrukturen und die steuerliche Gestaltung von Grundstückserwerben.

BFH-Urteil: Anlaufhemmung bei Schenkungsteuererklärung & Werterhöhung von GmbH-Anteilen

Was das Urteil vom 27.08.2025 (II R 1/23) für Steuerpflichtige bedeutet

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil zwei wichtige Grundsätze zur Schenkungsteuer bestätigt und konkretisiert. Das betrifft insbesondere die Fristen zur Festsetzung der Steuer sowie die schenkungsteuerliche Behandlung von Zuwendungen an eine GmbH, die über den Gesellschafter laufen.

Im Folgenden die wichtigsten Punkte für die Beratungspraxis.


1. Anlaufhemmung endet erst mit der Abgabe der Steuererklärung

Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung zur Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO:

Wird eine Schenkung ordnungsgemäß nach § 30 ErbStG angezeigt und fordert das Finanzamt daraufhin eine Schenkungsteuererklärung an, beginnt die Festsetzungsfrist erst nach Abgabe dieser Steuererklärung.

Das bedeutet konkret:

  • Die Anlaufhemmung endet erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Schenkungsteuererklärung beim Finanzamt eingeht.
  • Spätestens endet sie mit Ablauf des dritten Kalenderjahres nach der Steuerentstehung.
  • Diese Sichtweise entspricht der früheren BFH-Entscheidung vom 27.08.2008 (II R 36/06).

Praktische Folge:
Auch bei frühzeitiger Anzeige gemäß § 30 ErbStG wird die Festsetzungsverjährung nicht ausgelöst, solange die angeforderte Steuererklärung noch nicht abgegeben wurde.
Berater sollten daher die “Hemmschwelle” bei fehlenden oder verspäteten Steuererklärungen genau im Blick behalten.


2. Werterhöhung von GmbH-Anteilen: Schenkung an die Gesellschaft – nicht an den Gesellschafter

Der BFH stellt außerdem klar:

Zuwendungen von Dritten an eine GmbH über den Gesellschafter führen zu einer schenkungsteuerlichen Werterhöhung der Anteile (§ 7 Abs. 8 ErbStG).

Der Fall (vereinfacht):

  • Ein Gesellschafter erhält von einem Dritten eine Zuwendung (z. B. Geld).
  • Auflage: Er muss diesen Betrag in die GmbH einzahlen, damit die GmbH z. B. ein Grundstück erwerben kann.
  • Die Zahlung fließt also nicht dem Gesellschafter zu, sondern soll unmittelbar der GmbH zugutekommen.

Der BFH sagt:

  • Schenkungsteuerlich liegt eine Leistung des Dritten an die GmbH vor.
  • Gleichzeitig erhöht sich der Wert der Anteile des Gesellschafters – und diese Werterhöhung ist steuerbar (§ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG).

Relevanz für die Praxis:
Zuwendungen an Gesellschaften über den Umweg eines Gesellschafters können schnell zu einem schenkungsteuerlichen Tatbestand führen – auch wenn wirtschaftlich die GmbH profitieren soll.
Berater müssen solche Gestaltungen zwingend im Blick behalten, vor allem bei:

  • Grundstückserwerben,
  • Zuführungen von Liquidität,
  • Gesellschafterdarlehen mit Tilgungsauflagen,
  • Joint-Venture-Strukturen.

Fazit

Das BFH-Urteil schafft wichtige Klarheit:

  1. Festsetzungsverjährung:
    Die Anlaufhemmung endet erst mit Abgabe der Schenkungsteuererklärung – trotz vorheriger Anzeige.
  2. GmbH-Zuwendungen:
    Zahlungen Dritter zugunsten einer GmbH können zu einer steuerpflichtigen Werterhöhung der Anteile des Gesellschafters führen.

Für Berater bedeutet das:
Bei Schenkungen im Unternehmensbereich ist eine genaue Analyse der Zahlungswege und Verpflichtungen unerlässlich, um unnötige Steuerbelastungen oder Fristprobleme zu vermeiden.

Achtung Betrugsversuche: Finanzverwaltung warnt vor gefälschten E-Mails, SMS und Rechnungen

Die Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg warnt aktuell erneut vor einer Welle professioneller Betrugsversuche, bei denen Kriminelle versuchen, an persönliche Daten von Bürgerinnen und Bürgern zu gelangen. Besonders betroffen sind E-Mails und Webseiten, die vorgeben, von ELSTER, dem Finanzamt oder dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu stammen.

Wie funktionieren die aktuellen Betrugsmaschen?

Betrüger versenden gefälschte Nachrichten, häufig mit alarmierenden Betreffzeilen wie:

  • „Mahnverfahren eingeleitet“
  • „Rückzahlung Einkommensteuer“
  • „Meldung Ihrer aktuellen Krypto-Bestände“
  • „Amtliche Mitteilung zur Einkommensteuer“

In den E-Mails befindet sich meist:

  • ein Anhang (angeblich Steuerbescheid/Rechnung), oder
  • ein Link, der auf eine täuschend echt wirkende, aber gefälschte ELSTER-Seite führt.

Ziel ist stets der Diebstahl sensibler Daten – Steuernummern, Bankverbindungen, Passwörter oder Sicherheitsabfragen.


Wichtige Hinweise der Finanzverwaltung

Bitte beachten Sie folgende Grundregeln:

1. Keine echten Steuerdaten per E-Mail

Die Finanzverwaltung versendet keine Steuerbescheide, Rechnungen oder vertraulichen Daten per E-Mail-Anhang.

2. Vorsicht bei Anhängen und Links

  • Öffnen Sie niemals Anhänge unbekannter Herkunft.
  • Klicken Sie nicht auf Links, wenn Sie Zweifel an der Echtheit der Nachricht haben.

3. Finanzverwaltung fragt nie per E-Mail nach sensiblen Daten

Steuernummern, Kontodaten, Kreditkartennummern, PINs oder Sicherheitsantworten werden niemals per E-Mail abgefragt.

4. Aktuelle Warnungen des BZSt und BSI beachten

  • Offizielle Betrugswarnungen: BZSt – Warnung vor Betrugsversuchen
  • Sicherheitsratgeber: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)

Neue Masche: Betrug über Social Media

Zunehmend treten Fake-Accounts auf, die sich als Finanzbehörden ausgeben.
Wichtig zu wissen:

👉 Der einzige offizielle Social-Media-Account der baden-württembergischen Finanzverwaltung lautet:
„zukunft.finanzenBW“

Alle anderen Varianten sind Fälschungen.


Betrügerische Kostenrechnungen im Umlauf

Die Landesoberkasse Baden-Württemberg meldet zudem gefälschte Kostenrechnungen, die wie offizielle Zahlungsaufforderungen wirken.

Typische Warnzeichen:

  • Keine Kontaktdaten (weder Telefonnummer noch E-Mailadresse)
  • Ausländische Bankverbindung
  • Dringende oder unklare Zahlungsaufforderungen

Bei Zweifeln kontaktieren Sie vor Zahlung die Landesoberkasse:


Unser Rat: So schützen Sie sich

  • Seien Sie bei unerwarteten Nachrichten besonders wachsam.
  • Nutzen Sie ausschließlich offizielle Portale wie www.elster.de.
  • Prüfen Sie Rechnungen sorgfältig.
  • Fragen Sie im Zweifel bei uns oder direkt bei der Behörde nach.

Ihre Daten sind wertvoll – schützen Sie sich vor Betrugsversuchen.

Aufteilung einheitlicher Sozialversicherungsbeiträge (Globalbeiträge): Neue Aufteilungsmaßstäbe für 2026 veröffentlicht

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 25. November 2025 ein aktualisiertes Schreiben zur Aufteilung einheitlich gezahlter Sozialversicherungsbeiträge („Globalbeiträge“) für den Veranlagungszeitraum 2026 veröffentlicht. Das Schreiben wurde mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt und gilt für alle Steuerpflichtigen, die Sozialversicherungsbeiträge an bestimmte europäische Staaten leisten.


1. Hintergrund: Warum müssen Globalbeiträge aufgeteilt werden?

In einigen Staaten werden Sozialversicherungsbeiträge nicht einzeln nach Versicherungszweigen (Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung etc.) erhoben, sondern als einheitlicher Beitrag.

Für die deutsche Einkommensteuer ist jedoch eine Aufteilung nach Vorsorgeaufwand erforderlich – insbesondere zur korrekten Berücksichtigung von:

  • Altersvorsorgeaufwendungen
  • Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen
  • Sonstigen Vorsorgeaufwendungen

Die Aufteilung ermöglicht erst, diese Beiträge im Rahmen der Steuererklärung korrekt anzusetzen.


2. Für welche Länder gelten die neuen Tabellen?

Die neuen Aufteilungsmaßstäbe gelten für Sozialversicherungsbeiträge an folgende Länder:

  • Belgien
  • Irland
  • Lettland
  • Malta
  • Norwegen
  • Portugal
  • Spanien
  • Zypern

Damit stehen für diese Staaten klare und einheitliche Aufteilungsregeln zur Verfügung, die im gesamten Veranlagungszeitraum 2026 angewendet werden müssen.


3. Anwendung im Lohnsteuerverfahren 2026

Die Aufteilung der Globalbeiträge betrifft nicht nur die Einkommensteuererklärung, sondern auch die Ausstellung:

  • der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung und
  • der Besonderen Lohnsteuerbescheinigung

für das Kalenderjahr 2026.

Arbeitgeber müssen daher die vom BMF vorgegebenen Aufteilungsmaßstäbe bereits im Lohnabrechnungsprozess berücksichtigen (vgl. Abschnitt I Tz. 15 Buchst. a des BMF-Schreibens vom 5.9.2024, BStBl I S. 1255).


4. Beiträge an Sozialversicherungsträger außerhalb Europas

Für Länder außerhalb Europas gibt es weiterhin keine einheitlichen Tabellen.

Hier gilt:

Die Aufteilung ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.

Das bedeutet: Steuerpflichtige müssen im Zweifel nachweisen (oder glaubhaft machen), wie sich der dortige Gesamtbeitrag auf die einzelnen Versicherungszweige verteilt.


5. Veröffentlichung und Verbindlichkeit

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist damit verbindliche Verwaltungsauffassung für die Finanzämter.


6. Fazit: Mehr Klarheit und Rechtssicherheit für 2026

Die neuen Aufteilungsmaßstäbe sorgen für:

✔ Einheitliche und rechtssichere Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen
✔ Klar definierte Regeln für bestimmte EU-/EWR-Staaten
✔ Transparenz für Arbeitgeber und Steuerpflichtige

Für Steuerpflichtige mit Bezug zu den genannten Ländern wird die Steuererklärung 2026 damit deutlich einfacher.

BMWE vereinfacht exist-Gründungsförderung – Weniger Bürokratie, digitale Verfahren und neue IP-Dealdatenbank

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat die Förderlandschaft für innovative Gründungen spürbar modernisiert. Mit umfangreichen Vereinfachungen im exist-Programm und der neuen IP-Dealdatenbank setzt das Ministerium ein klares Signal für mehr Effizienz, Transparenz und Gründerfreundlichkeit.

Parlamentarische Staatssekretärin und Mittelstandsbeauftragte Gitta Connemann MdB bringt es auf den Punkt:

„Gründerinnen und Gründer brauchen keine komplizierten Formulare und Antragsverfahren, sondern klare Prozesse und schnelle Entscheidungen.“

Die Neuerungen sollen Start-ups den Weg von der Idee zur Marktreife erheblich erleichtern.


1. Digitalisierung: Antragstellung vollständig online

Ein großer Schritt:
Das Schriftformerfordernis entfällt. Anträge können nun komplett digital eingereicht werden – ebenso werden Förderbescheide ausschließlich digital erteilt.

✔ Schnellere Bearbeitungszeiten
✔ Weniger Papier
✔ Moderne und zeitgemäße Verwaltungspraxis


2. Weniger Formulare, weniger Aufwand

Gerade zu Projektbeginn wurden Gründerinnen und Gründer bisher durch umfangreiche Formvorschriften belastet. Das ändert sich jetzt:

  • Die Anzahl der Antragsformulare im exist-Gründungsstipendium wurde halbiert.
  • Das Ideenpapier wurde deutlich verschlankt.

Damit sollen Barrieren abgebaut und der Zugang zur Förderung erleichtert werden.


3. Mehr Pauschalen statt Einzelabrechnungen

Ein weiterer Meilenstein für weniger Bürokratie:

  • Sachmittel können künftig pauschal beantragt und abgerechnet werden.
  • Beleglisten entfallen.

Dies gilt sowohl für das exist-Gründungsstipendium als auch für exist Women.
Ergebnis: Mehr Zeit für das Produkt – weniger Zeit für Formulare.


4. Vereinfachte Projektdurchführung

Auch während der Projektlaufzeit wird es einfacher:

  • Weniger Auflagen
  • Reduzierte Meilensteine
  • Weniger Dokumentationspflichten

Dies betrifft sowohl das exist-Gründungsstipendium als auch den exist-Forschungstransfer. Hochschulen und Teams profitieren gleichermaßen.


5. Bessere Kommunikation & neue Website

Eine klarere und einheitlichere Darstellung der Fördervoraussetzungen sowie eine nutzerfreundliche Website sollen dafür sorgen, dass Gründungsteams schneller verstehen, welche Schritte notwendig sind.


6. Neue IP-Dealdatenbank: Mehr Transparenz bei Patenten & Lizenzen

Besonders innovativ ist die neue vom BMWi beauftragte IP-Dealdatenbank, umgesetzt durch die TU Berlin.

Warum das wichtig ist:

Viele technologieorientierte Gründungen sind auf Patente und andere Schutzrechte angewiesen, die oft bei Hochschulen liegen. Die neue Datenbank soll:

  • Transparenz über Bewertungsmaßstäbe schaffen
  • den Wert von IP und Know-how besser verständlich machen
  • Verhandlungen beschleunigen
  • frühzeitig Klarheit für Investorengespräche schaffen
  • den bisher langwierigen IP-Übertragungsprozess deutlich verkürzen

Dies erleichtert den Übergang von der Forschung in den Markt – ein kritischer Schritt für Deep-Tech-Start-ups.


Fazit: Ein starkes Signal für ein modernes Gründungsökosystem

Mit den Neuerungen schafft das BMWi ein deutlich gründerfreundlicheres Umfeld:

✔ Digitalisierung statt Papierform
✔ Weniger Bürokratie
✔ Schnellere Entscheidungen
✔ Transparente IP-Prozesse
✔ Bessere Unterstützung für wissenschaftsbasierte Start-ups

Die Maßnahmen sind ein klares Bekenntnis zur Stärkung des Innovationsstandortes Deutschland.

Gewerbesteuer: Billigkeitsmaßnahmen für Wohnungsunternehmen bei Unterbringung von Ukraine-Geflüchteten (bis 2026)

Die Finanzverwaltungen der Länder haben gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen neue Billigkeitsregelungen veröffentlicht, die Wohnungsunternehmen steuerlich entlasten sollen, wenn sie Wohnraum oder Unterstützungsleistungen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bereitstellen. Grundlage ist ein koordinierter Ländererlass vom 24. November 2025 (FinMin Baden-Württemberg, FM3-G 1425-4/4).

Wir fassen die wichtigsten Punkte für die Praxis zusammen.


1. Hintergrund: Engagement der Wohnungswirtschaft

Viele Wohnungsunternehmen stellen seit Beginn des Ukraine-Krieges möblierte Wohnungen oder weitere Unterstützungsleistungen für Geflüchtete bereit. Grundsätzlich sind Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewerbesteuerlich begünstigt (erweiterte Kürzung).

Strittig ist jedoch oft, ob zusätzliche Leistungen – insbesondere möblierte Überlassungen – die Kürzung gefährden könnten.

Der neue Erlass schafft hier Klarheit.


2. Möblierte Wohnungsüberlassung bis Ende 2026 unschädlich

Für Einnahmen aus der entgeltlichen Überlassung von möbliertem Wohnraum an Ukraine-Geflüchtete gilt:

Bis zum 31. Dezember 2026 wird aus Billigkeitsgründen nicht geprüft, ob dadurch Gewerblichkeit begründet wird.

Das bedeutet:
Die erweiterte Kürzung bleibt erhalten, selbst wenn die Überlassung möblierter Wohnungen theoretisch den Rahmen der reinen Grundstücksverwaltung überschreiten könnte.


3. Unterstützungsleistungen: Erträge bis 5 % weiterhin unschädlich

Neben dem Wohnraum stellen viele Unternehmen weitere Leistungen wie z. B. zur Verfügung:

  • Nahrungsmittel
  • Hygieneartikel
  • Kleidung
  • sonstige Sachleistungen

Diese Erträge sind für die erweiterte Kürzung nur dann unschädlich, wenn:

  1. eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen Wohnungsunternehmen und den geflüchteten Mietern besteht, und
  2. die Erträge im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Überlassung des gesamten Grundbesitzes sind (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG).

Damit wird verhindert, dass umfangreiche Nebenleistungen die Grundstücksverwaltung steuerlich in Gewerblichkeit überführen.


4. Vermietung an Kommunen: Flüchtlinge gelten als „mittelbare Mieter“

Viele Wohnungsunternehmen vermieten Wohnungen nicht direkt, sondern:

  • an Gemeinden,
  • Landkreise,
  • oder andere juristische Personen des öffentlichen Rechts.

Diese überlassen den Wohnraum anschließend an Ukraine-Geflüchtete.

Der Erlass stellt klar:

Für die Jahre 2022 bis 2026 gelten die Geflüchteten aus Billigkeitsgründen als mittelbare Mieter des Grundstücksunternehmens.

Damit wird die 5-%-Grenze des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG nicht verletzt, obwohl die Personen formal nicht in einem unmittelbaren Mietverhältnis stehen.


5. Geltungszeitraum und Rechtsgrundlage

  • Die Billigkeitsmaßnahmen gelten für die Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026.
  • Die Regelungen wurden länderübergreifend abgestimmt und im Einvernehmen mit dem BMF veröffentlicht.

Damit besteht bundesweit eine einheitliche Verwaltungsauffassung.


6. Fazit: Rechtssicherheit für Wohnungsunternehmen

Die neuen Billigkeitsregelungen schaffen dringend benötigte Sicherheit:

✔ Möblierte Überlassung bleibt bis 2026 unschädlich
✔ Zusätzliche Leistungen bleiben bis 5 % der Mieteinnahmen zulässig
✔ Vermietungen an Kommunen gelten als mittelbare Vermietung an die Geflüchteten

Für Wohnungsunternehmen und Immobiliengesellschaften bedeutet das:
Keine Gefahr für die erweiterte Kürzung – trotz zusätzlicher Unterstützungsleistungen.

Digitale Steuerbescheide ab 2026: Was sich wirklich ändert – und wo der Gesetzgeber zurückrudert

Die Digitalisierung der Steuerverwaltung schreitet voran – allerdings nicht so schnell, wie ursprünglich geplant. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) informiert über wichtige Änderungen bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten ab 2026. Besonders relevant: Die Pflicht der Finanzbehörden, digitale Bescheide auszustellen, wurde um ein Jahr verschoben.

Wir zeigen, was ab 2026 gilt, was erst 2027 kommt und worauf Steuerpflichtige und Berater jetzt achten sollten.


1. Hintergrund: Gesetzgeber korrigiert eigenen Zeitplan

Im Herbst 2024 hatte der Bundestag die weitreichende Reform der elektronischen Bekanntgabe beschlossen. Kurz vor dem Starttermin hat das Parlament jedoch im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes am 13. November 2025 nachgebessert – weitgehend unbeachtet in der Öffentlichkeit.

Die geplanten Neuregelungen werden nun nur teilweise umgesetzt:

  • Die vollständige Umstellung auf digitale Bescheide wird verschoben.
  • Der Starttermin für die Pflicht zur elektronischen Bereitstellung wird von 2026 auf 2027 verlegt.
  • Die Möglichkeit, digitale Bescheide ohne Einwilligung zuzustellen, bleibt bereits ab 2026 bestehen.

Der Bundesrat wird die Änderungen voraussichtlich noch 2025 bestätigen.


2. § 122a AO neu: Digitale Bekanntgabe ohne Einwilligung

Die überarbeitete Fassung des § 122a AO legt fest:

Finanzbehörden dürfen Verwaltungsakte digital durch Bereitstellung zum Datenabruf bekannt geben – ohne Einwilligung des Steuerpflichtigen.

Dieser Grundsatz gilt bereits ab 2026.

Das bedeutet:

  • Steuerbescheide können elektronisch im ELSTER-Postfach oder über angebundene Schnittstellen bereitgestellt werden.
  • Der Steuerpflichtige muss hierfür nicht mehr vorher zustimmen.
  • Die Finanzverwaltung entscheidet selbst, ob sie den Bescheid digital oder in Papierform versendet.

3. Pflicht zur elektronischen Bereitstellung kommt erst ab 2027

Ursprünglich sollte gelten:

Wenn eine Steuererklärung elektronisch übermittelt wurde, muss der Steuerbescheid ab 2026 ebenfalls elektronisch bereitgestellt werden.

Doch diese Pflicht verschiebt der Gesetzgeber auf 2027.

Damit entsteht für 2026 eine Übergangssituation:

  • Finanzämter dürfen digitale Bescheide bekannt geben.
  • Sie müssen es aber noch nicht.
  • Steuerpflichtige müssen mit beiden Zustellformen rechnen – digital und Papier.

Der DStV kritisiert diese einseitige Verschiebung zugunsten der Finanzverwaltung deutlich.


4. Widerspruchsrecht: Papier bleibt auf Antrag möglich

Trotz Digitalisierung bleibt die Papierform weiterhin bestehen – wenn der Steuerpflichtige dies verlangt.

Wichtiges zum Antrag:

  • Der Widerspruch gegen digitale Zustellung ist formlos,
  • ohne Begründung,
  • ab sofort möglich,
  • gilt aber nur für zukünftige Bescheide.

Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen.


5. Was bedeutet das für 2026 in der Praxis?

Steuerpflichtige und Berater sollten sich auf Folgendes einstellen:

  • Bescheide können digital oder per Post kommen.
  • Es besteht das Risiko, dass digitale Bescheide übersehen werden – mit Auswirkungen auf Einspruchsfristen.
  • Kanzleien müssen ihre internen Prozesse prüfen:
    • Posteingang überwachen
    • ELSTER-Postfächer regelmäßig abrufen
    • Mandanten informieren
  • Eine Einwilligung zum digitalen Bescheid ist aktuell noch möglich – aber unklar ist, wie lange dies von den Finanzämtern akzeptiert wird.

Wer sicherstellen möchte, ab 2026 digitale Bescheide zu erhalten, sollte frühzeitig Kontakt zum Finanzamt aufnehmen.


6. Empfehlungen des DStV

Der Deutsche Steuerberaterverband rät:

  • Jetzt bereits digitale Prozesse implementieren oder optimieren.
  • Automatisierte Abrufe und Fristenkontrollen einrichten.
  • Mandanten aktiv über die neue Rechtslage informieren.
  • Bei Bedarf frühzeitig eine Einwilligung oder einen Widerspruch zur Zustellform erklären.

Der DStV wird die Umsetzung weiter beobachten und über technische oder verfahrensrechtliche Änderungen berichten.


Fazit

Ab 2026 wird die digitale Bekanntgabe von Steuerbescheiden Realität – aber nicht in voller Breite. Die Pflicht zur elektronischen Zustellung wird auf 2027 verschoben, während die Finanzämter schon ab 2026 nach eigenem Ermessen digital zustellen dürfen.

Für Steuerpflichtige bedeutet das:

  • Mehr Unsicherheit,
  • mehr Verantwortung,
  • aber auch mehr Chancen, Prozesse zu digitalisieren.

Wer rechtzeitig vorbereitet ist, profitiert vom reibungsloseren Ablauf und geringeren Papieraufwand.

EU aktualisiert Steuerabkommen mit Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino – mehr Transparenz und neues Regelwerk ab 2026

Der Rat der Europäischen Union hat am 20. November 2025 wichtige Aktualisierungen der bestehenden Steuerkooperationsabkommen mit fünf Drittstaaten beschlossen: Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino. Die neuen Protokolle schaffen einen modernen, erweiterten Rahmen für Transparenz, Informationsaustausch und Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuerhinterziehung.

Mehr Transparenz: Erweiterter Informationsaustausch

Die überarbeiteten Abkommen spiegeln die neuesten internationalen Standards der OECD wider. Ein zentraler Bestandteil ist die Erweiterung des automatischen Informationsaustauschs:

  • E-Geld-Produkte
  • Digitale Währungen / Krypto-Assets

Damit geht die EU einen weiteren Schritt hin zu vollständiger Transparenz bei Finanzkonten – auch über klassische Bankkonten hinaus.

Durch die neuen technischen und rechtlichen Vorgaben sollen Steuerbehörden künftig deutlich umfassendere und aktuellere Daten erhalten.

Neuer Rahmen für Zusammenarbeit bei Mehrwertsteuer und Steuerbetrug

Die Protokolle schaffen zudem einen neuen Kooperationsrahmen in folgenden Bereichen:

  • Beitreibung der Mehrwertsteuer (MwSt.)
  • Bekämpfung von Steuerbetrug
  • Bekämpfung von Steuerhinterziehung

Dieser Bereich war bisher in den bilateralen Verträgen nicht oder nur eingeschränkt geregelt. Die neue Struktur soll die Zusammenarbeit spürbar verbessern – insbesondere bei komplizierten grenzüberschreitenden Fällen.

Verschärfte Sorgfalts- und Meldepflichten

Mit den neuen Abkommen werden die Anforderungen an Finanzinstitute sowie andere meldepflichtige Akteure deutlich verschärft:

  • Ausbau der Due-Diligence-Pflichten
  • Schnellere und vollständigere Meldeverfahren
  • Effizientere Nutzung der gemeldeten Informationen durch Steuerbehörden

Ziel ist es, dass Behörden schneller reagieren und potenzielle Risiken frühzeitig erkennen können.

Inkrafttreten zum 1. Januar 2026

Die überarbeiteten Abkommen sollen am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Bis dahin werden die technischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen.

Darüber hinaus kündigte der Rat an, dass die EU ihre steuerpolitische Zusammenarbeit mit der Schweiz weiter vertiefen will – ein Hinweis auf mögliche weitere Modernisierungen oder neue Initiativen.

Fazit

Mit der Aktualisierung der Abkommen stärkt die EU ihre internationale Steuertransparenz und erweitert den Anwendungsbereich auf moderne Finanzprodukte wie E-Geld und digitale Währungen. Für Steuerpflichtige und Finanzinstitutionen bedeutet dies mehr Pflichten, aber auch mehr Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Informationsaustausch.

Landesrechtliches Verbot einer kommunalen Übernachtungsteuer ist verfassungsgemäß – Bayerischer Verfassungsgerichtshof weist Popularklage ab

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat mit Entscheidung vom 14. November 2025 (Az. Vf. 3-VII-23) bestätigt, dass der Freistaat Bayern Kommunen weiterhin verbieten darf, eine kommunale Übernachtungsteuer – oft auch „Bettensteuer“ oder „City Tax“ genannt – zu erheben. Die von der Landeshauptstadt München sowie zwei weiteren bayerischen Städten eingereichte Popularklage blieb damit ohne Erfolg.

Hintergrund: Gesetzliche Erweiterung des Steuerverbots 2023

Der bayerische Landesgesetzgeber hatte im März 2023 den Katalog unzulässiger kommunaler Verbrauch- und Aufwandsteuern in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 KAG erweitert. Die Übernachtungsteuer wurde ausdrücklich als unzulässige Steuerart aufgenommen und damit landesweit ausgeschlossen.

Mehrere Großstädte in Bayern wehrten sich gegen diese Regelung. Sie sahen darin einen Eingriff in ihre kommunale Finanzhoheit und damit eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts nach Art. 11 Abs. 2 Satz 2 und Art. 83 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Verfassung (BV).

Entscheidung des Gerichts: Kein Verstoß gegen die Bayerische Verfassung

Der Verfassungsgerichtshof wies die Popularklage jedoch als unbegründet ab. Die Kernaussagen:

1. Keine originäre Besteuerungskompetenz der Gemeinden betroffen

Die Gemeinden verfügen nicht über eine originäre Kompetenz, örtliche Aufwandsteuern nach Belieben einzuführen. Ihre Steuerhoheit ist abgeleitet und kann vom Landesgesetzgeber ausgestaltet oder eingeschränkt werden.

Das landesrechtliche Verbot der Übernachtungsteuer verletzt daher nicht den Kernbereich der gemeindlichen Finanzautonomie.

2. Kernbereich der Finanzhoheit bleibt unberührt

Das Gericht stellte fest, dass das Verbot keine unzulässige Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung darstellt. Die wichtigsten Einnahmequellen wie Grundsteuer, Gewerbesteuer oder kommunale Gebühren bleiben unberührt.

Eine Übernachtungsteuer sei eine zusätzliche Option, nicht aber ein verfassungsrechtlich garantierter Bestandteil kommunalen Finanzhandelns.

3. Verbot ist nicht unverhältnismäßig

Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist das Verbot verfassungsgemäß:

  • Der Landesgesetzgeber darf für einheitliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen sorgen.
  • Die Regelung verhindert Flickenteppiche verschiedener Steuerarten innerhalb Bayerns.
  • Der Eingriff in die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten ist gering und sachlich gerechtfertigt.

Bedeutung für Kommunen und Tourismuswirtschaft

Das Urteil schafft Rechtssicherheit:
Bayerische Gemeinden dürfen weiterhin keine Übernachtungsteuer erheben – unabhängig vom Tourismusaufkommen oder eigenen Einnahmeinteressen.

Für die Tourismus- und Hotelbranche bedeutet das eine stabile und einheitliche Rechtslage in Bayern. Unternehmen müssen keine zusätzlichen lokalen Belastungen befürchten, wie sie in anderen Bundesländern existieren.

Ausblick

Während Städte wie München sich zusätzliche Einnahmequellen im Bereich des Städtetourismus erhofft hatten, wird der Freistaat Bayern an seinem restriktiven Kurs festhalten. Der BayVerfGH hat deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Kommunalabgabenrechts einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt.


Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Pressemitteilung vom 21.11.2025

Aktivrente: Was die Bundesregierung plant und wie das Modell funktionieren soll

Der demografische Wandel stellt Deutschland vor erhebliche Herausforderungen. Immer mehr Menschen erreichen das Rentenalter, während gleichzeitig die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Die Folge: Ein zunehmender Fachkräftemangel, der bereits heute zahlreiche Branchen belastet und künftig noch stärker zu spüren sein dürfte.

Um diesem Trend entgegenzuwirken und das vorhandene Arbeitspotenzial der älteren Generation besser zu nutzen, plant die Bundesregierung die Einführung der sogenannten Aktivrente.


Was möchte die Bundesregierung mit der Aktivrente erreichen?

Die Aktivrente soll Anreize schaffen, über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus weiterzuarbeiten. Die Bundesregierung reagiert damit auf zwei Entwicklungen:

  • Überalterung der Gesellschaft und steigende Lebenserwartung
  • Akuter Fachkräftemangel in nahezu allen Wirtschaftsbereichen

Durch die Aktivrente sollen ältere Menschen, die weiterhin arbeiten möchten oder können, steuerlich entlastet werden. Laut Berechnungen könnten dadurch rund 168.000 Rentner zusätzlich für den Arbeitsmarkt gewonnen werden – ein bedeutender Beitrag zur Entlastung der deutschen Wirtschaft.


Wie soll die Aktivrente funktionieren?

Kern der Reform ist ein steuerlicher Freibetrag für Beschäftigte im Rentenalter:

✔ Steuerfreie Einkünfte bis 2.000 Euro pro Monat

Rentnerinnen und Rentner dürfen nach Erreichen des Regelrenteneintrittsalters bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei aus einer nichtselbstständigen Beschäftigung hinzuverdienen.

✔ Versteuerung nur des darüber hinausgehenden Einkommens

Jeder Euro über dieser Grenze unterliegt der normalen Besteuerung.

✔ Arbeitgeber zahlen weiterhin Sozialversicherungsbeiträge

Auch wenn der arbeitende Rentner selbst keine eigenen Arbeitnehmerbeiträge mehr leistet, soll der Arbeitgeber die vollen Sozialversicherungsbeiträge tragen.
Damit sollen die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung finanziell gestärkt werden.

✔ Generationen- und Verteilungsgerechtigkeit

Die Bundesregierung betont, dass die Aktivrente sowohl die Sozialkassen stabilisiert als auch die Belastung zwischen den Generationen fairer verteilt.


Welche Einkünfte sind nicht betroffen?

Einige Einkommensarten fallen nicht unter die Aktivrente:

  • Geringfügige Beschäftigungen (Minijobs)
    → Hier gelten bereits heute steuerliche Vergünstigungen.
  • Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
    → Für diese Tätigkeiten sollen keine zusätzlichen Anreize geschaffen werden.

Damit richtet sich die Aktivrente vor allem an arbeitnehmerähnliche Beschäftigungen, bei denen ein echter Mehrwert für die Wirtschaft durch Erfahrung und Fachwissen erzielt werden kann.


Fazit: Ein Modell mit klaren Zielen – aber auch offenen Fragen

Die Aktivrente soll ältere Menschen entlasten, die bereit sind, weiterzuarbeiten, und gleichzeitig die Arbeitskräftebasis der deutschen Wirtschaft stärken. Das Konzept liefert steuerliche Anreize und stärkt zusätzlich die Sozialversicherungen.

Wie stark die Aktivrente tatsächlich genutzt wird – und wie groß der Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels sein kann – wird jedoch maßgeblich davon abhängen, wie attraktiv Arbeitgeber entsprechende Arbeitsplätze gestalten.