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Firmenwagen: Lockt ein Steuervorteil von bis zu 13.600 €?

Was steckt hinter dem Ehegatten-Vorschaltmodell – und welche Risiken gibt es?

In Internetbeiträgen und Sonderreports wird derzeit ein Modell beworben, mit dem Unternehmer beim Firmenwagen angeblich bis zu 13.600 € Steuern sparen können. Der Clou: Vorsteuerabzug beim Kauf und gleichzeitig kein Umsatzsteuerabzug beim späteren Verkauf. Grundlage soll ein vom Bundesfinanzhof (BFH) anerkanntes Konstrukt sein – das sogenannte Ehegatten-Vorschaltmodell.


Wie funktioniert das Modell?

  • Der Ehegatte kauft den Firmenwagen und vermietet ihn an das Unternehmen.
  • Dadurch kann der Ehegatte zunächst den vollen Vorsteuerabzug geltend machen.
  • Nach einer gewissen Zeit wechselt er zur Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG).
  • Beim späteren Verkauf wird dann keine Umsatzsteuer erhoben.

Das Beispiel aus der Werbung: Bei einem Fahrzeugpreis von 60.000 € ergeben sich laut Rechnung 7.600 € Ersparnis an Umsatzsteuer plus ein Vorteil aus der Nichtversteuerung der stillen Reserven, zusammen bis zu 13.600 €.


Wo liegen die Risiken?

  1. Fremdvergleich:
    Mietvertrag und Zahlungsflüsse müssen wie unter fremden Dritten ausgestaltet sein. Schon kleine Formfehler führen zur steuerlichen Nichtanerkennung.
  2. Gestaltungsmissbrauch:
    Das Finanzamt kann nach § 42 AO prüfen, ob es sich um einen missbräuchlichen Steuervorteil handelt. Wird dies bejaht, ist das Modell steuerlich wirkungslos.
  3. Kleinunternehmerregelung:
    Der Ehegatte darf nur dann steuerfrei verkaufen, wenn die Umsatzgrenzen (22.000 € / 50.000 €) nicht überschritten werden. Schon ein kleiner Nebenumsatz kann die Steuerfreiheit zunichtemachen.
  4. Ersatzzahlungen:
    Ein späterer Wechsel zur Kleinunternehmerregelung kann zudem zu Vorsteuerkorrekturen (§ 15a UStG) führen. Diese Risiken werden in der Werbung oft verschwiegen.

Alternative: Privatnutzung richtig gestalten

Neben diesem Modell lohnt sich auch der Blick auf die Besteuerung der Privatnutzung:

  • 1%-Regelung: Einfach, aber oft teuer.
  • Fahrtenbuch: Aufwändig, aber bei geringer Privatnutzung meist deutlich günstiger. Wichtig ist ein ordnungsgemäßes, finanzamtsicheres Fahrtenbuch.

Fazit

Das Ehegatten-Vorschaltmodell ist zwar von der Rechtsprechung nicht grundsätzlich ausgeschlossen, in der Praxis jedoch riskant und fehleranfällig.
Werden die Vorgaben nicht exakt eingehalten, droht eine vollständige steuerliche Aberkennung – mit hohen Nachzahlungen.

👉 Wer überlegt, dieses Modell zu nutzen, sollte es vor Umsetzung steuerlich prüfen lassen. Für viele Unternehmer sind Fahrtenbuchlösungen oder klassische Firmenwagenmodelle die rechtssicherere und langfristig sinnvollere Variante.

Checkliste: Firmenwagen steuerlich optimal nutzen

1. Anschaffung & Vorsteuer

✔️ Vorsteuerabzug prüfen: Nur möglich, wenn das Fahrzeug mindestens 10 % betrieblich genutzt wird.
✔️ Belege vollständig: Kaufvertrag, Rechnung mit Umsatzsteuer und Fahrzeugschein aufbewahren.
✔️ Gestaltungen mit Ehepartnern: Nur nach sorgfältiger steuerlicher Prüfung – sonst droht der Vorsteuerabzug zu kippen.


2. Privatnutzung

Option A: 1%-Regelung
✔️ Einfach in der Anwendung
✔️ Vor allem bei neuen, teuren Fahrzeugen oft teuer
✔️ Bemessungsgrundlage: Bruttolistenpreis

Option B: Fahrtenbuch
✔️ Versteuerung nur der tatsächlichen Privatnutzung
✔️ Besonders vorteilhaft bei gebrauchten Fahrzeugen oder geringer Privatnutzung
✔️ Muss zeitnah, vollständig und manipulationssicher geführt werden (z. B. mit zertifizierter Software)
❌ Nachträgliche Korrekturen führen regelmäßig zur Verwerfung durch das Finanzamt


3. Verkauf des Firmenwagens

✔️ Regelfall: Verkaufserlös ist umsatzsteuerpflichtig und Gewinn zu versteuern.
✔️ Besondere Modelle (z. B. Ehegatten-Vorschaltmodell): Steuerlich möglich, aber hohes Risiko – nur mit fachlicher Beratung umsetzen.
✔️ Tipp: Bei geplanten Verkäufen im Blick behalten, ob ein Wechsel der Nutzung steuerlich günstiger ist.


4. Typische Fehler vermeiden

❌ Kein Fahrtenbuch geführt oder nachträglich ergänzt → führt fast immer zur Verwerfung
❌ Falsche Zuordnung zum Betriebsvermögen (unter 10 % betriebliche Nutzung kein Betriebsvermögen!)
❌ Ehegattenmodelle ohne Fremdvergleichsverträge → hohe Angriffsfläche bei Betriebsprüfungen


5. Praxis-Tipps

Bei Anschaffung entscheiden: 1%-Regelung oder Fahrtenbuch? Früh festlegen und konsequent durchziehen
Softwarelösungen nutzen: Digitale Fahrtenbücher sparen Zeit und erhöhen die Rechtssicherheit
Planung einbeziehen: Verkauf, Wechsel oder Leasing schon im Voraus steuerlich prüfen
Beratung nutzen: Bei Gestaltungen wie „Ehegatten-Vorschaltmodell“ immer vorab steuerlich absichern


📌 Fazit:
Mit der richtigen Strategie können Sie beim Firmenwagen mehrere tausend Euro Steuern sparen. Aber: Jede Gestaltung sollte individuell geprüft werden. Ein sauber geführtes Fahrtenbuch und eine vorausschauende Planung sind oft die sichersten Wege, um die Steuerlast legal zu reduzieren.

Standardisierte Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen – Anlage 13a für 2025 veröffentlicht

📌 BMF-Schreiben vom 18.09.2025 – IV D 4 – S 2149/00010/012/054

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die neuen Vordrucke zur Anlage 13a sowie die Formulare für Sonder- und Ergänzungsrechnungen bei Mitunternehmerschaften für das Jahr 2025 bekanntgegeben. Grundlage ist die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG, die insbesondere für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gilt.


Hintergrund

  • Nach § 13a Abs. 3 Satz 4 EStG ist die standardisierte Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen elektronisch zu übermitteln.
  • Der amtlich vorgeschriebene Datensatz wird über ELSTER bereitgestellt.
  • Für die Übermittlung ist eine authentifizierte Registrierung erforderlich, die bis zu zwei Wochen dauern kann.

Wichtige Punkte aus dem BMF-Schreiben

  • Amtliche Datensätze:
    Der Datensatz wird auf www.elster.de bereitgestellt und kann auch über externe Softwareanbieter genutzt werden.
  • Pflichtbestandteil:
    Die Anlage AV13a (bzw. die entsprechenden Mitunternehmer-Anlagen) ist zwingender Bestandteil der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen.
  • Härtefallregelung:
    Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf die elektronische Übermittlung verzichten.
    👉 In diesen Fällen sind die Papierformulare der Anlage 13a zu verwenden (§ 13a Abs. 3 S. 5 und 6 EStG i. V. m. § 150 Abs. 8 AO).

Bedeutung für die Praxis

  • Land- und Forstwirte sowie Mitunternehmerschaften, die nach Durchschnittssätzen besteuern, müssen die neuen Formulare ab 2025 verpflichtend nutzen.
  • Die rechtzeitige ELSTER-Registrierung ist erforderlich, um Fristprobleme zu vermeiden.
  • Betriebe, die keinen elektronischen Zugang haben, sollten prüfen, ob ein Härtefallantrag gestellt werden kann.

Fazit

Mit dem neuen BMF-Schreiben schafft die Finanzverwaltung die Grundlage für die standardisierte Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen 2025. Betriebe sollten frühzeitig sicherstellen, dass sie technisch zur elektronischen Übermittlung in der Lage sind – oder gegebenenfalls rechtzeitig einen Härtefallantrag stellen.

👉 Das vollständige Schreiben mit den Vordrucken finden Sie auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums.

Überschlägige Wertermittlung für Zwecke der Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs. 2 GrEStG)

📌 Finanzministerium Sachsen-Anhalt, Verfügung vom 27.05.2025 – 43 – S 4520 – 27

Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt (FinMin) hat Hinweise zur Schätzung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer in Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG veröffentlicht. Betroffen sind insbesondere gesellschaftsrechtliche Vorgänge wie Anteilsübertragungen oder Einbringungen, bei denen die Steuer nicht auf einen Kaufpreis, sondern auf den Grundbesitzwert nach dem Bewertungsgesetz (BewG) abstellt.


Hintergrund

Nach § 8 Abs. 2 GrEStG wird die Grunderwerbsteuer in bestimmten Fällen nicht nach dem Kaufpreis, sondern nach den Grundbesitzwerten (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 157 BewG) bemessen. Diese werden durch die Bewertungsstellen der Lagefinanzämter festgestellt (sog. Bedarfsbewertung).

  • Bearbeitungszeit: Grundsätzlich soll die Feststellung innerhalb von 3 Monaten, bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen innerhalb von 2 Monaten erfolgen.
  • Da Steuerpflichtige meist schnell eine Unbedenklichkeitsbescheinigung benötigen, erlässt das Finanzamt bereits vor der endgültigen Wertfeststellung einen Grunderwerbsteuerbescheid auf geschätzter Basis (§ 162 Abs. 2 AO).

Schätzungsgrundlagen laut FinMin

  • Wohngebäude im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb:
    Diese können zwar dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet sein, gehören bei der Grundsteuer jedoch stets zum Grundvermögen (§ 232 Abs. 4 Nr. 1 BewG).
    👉 Daher sind Grundsteuerwerte für Flächen und Gebäude zusammenzurechnen.
  • Erläuterung im Bescheid:
    Jeder Schätzungsbescheid steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) und soll mit folgendem Hinweis versehen werden: „Die Bemessungsgrundlage wurde auf Grundlage des zuletzt festgestellten Grundsteuerwerts für den vom Rechtsvorgang betroffenen Grundbesitz geschätzt. Sobald der festgestellte Grundbesitzwert vorliegt, wird dieser Bescheid von Amts wegen geändert.“
  • Eigene Angaben des Steuerpflichtigen:
    Hat der Steuerpflichtige bereits selbst Werte nach §§ 151, 157 BewG angegeben und erscheinen diese plausibel, sollen diese vorrangig verwendet werden.

Bedeutung für die Praxis

  • Steuerpflichtige sollten bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen mit Grundbesitz (z. B. Anteilsübertragungen, Einbringungen) darauf vorbereitet sein, dass zunächst ein Schätzungsbescheid ergeht.
  • Eine spätere Änderung erfolgt automatisch, sobald der festgestellte Grundbesitzwert vorliegt.
  • Eigene realistische Wertangaben können das Verfahren beschleunigen und die Schätzung beeinflussen.

Fazit

Mit der Verfügung schafft das FinMin Sachsen-Anhalt Klarheit zur überschlägigen Wertermittlung in Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG. Für die Praxis bedeutet dies, dass Steuerpflichtige zügig mit einem vorläufigen Bescheid rechnen können, um die Abwicklung von Transaktionen nicht zu verzögern.

👉 Wer bereits über nachvollziehbare Wertangaben verfügt, sollte diese frühzeitig einreichen, um eine günstigere oder realitätsnähere Schätzung zu erreichen.


Quelle: Finanzministerium des Landes Sachsen-Anhalt, Verfügung vom 27.05.2025 – 43 – S 4520 – 27

Folgen der Erstattung von Sonderausgaben in einem späteren Veranlagungszeitraum

📌 Finanzministerium Sachsen-Anhalt, Verfügung vom 28.05.2025 – 45-S 2221-68/2/42904/2025

Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt (FinMin) hat sich zur steuerlichen Behandlung von Erstattungen von Sonderausgaben in späteren Veranlagungszeiträumen geäußert. Im Fokus steht dabei die Anwendung des § 10 Abs. 4b EStG sowie die Verrechnung mit gleichartigen Aufwendungen.


Hintergrund

Werden Sonderausgaben (z. B. Versicherungsbeiträge, Kirchensteuer) in einem späteren Jahr ganz oder teilweise erstattet, kann dies steuerliche Folgen auslösen:

  • Übersteigen die Erstattungen (zzgl. steuerfreier Zuschüsse) die im selben Jahr geleisteten Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG, entstehen Erstattungsüberhänge.
  • Diese sind nach den Regelungen in § 10 Abs. 4b EStG zu behandeln.

Kernaussagen des FinMin

  • Verrechnung innerhalb derselben Nummer:
    Ein Erstattungsüberhang ist jeweils innerhalb der Sonderausgabenkategorie (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG) zu verrechnen.
  • Hinzurechnung zum Gesamtbetrag der Einkünfte:
    Erstattungsüberhänge aus
    • Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen (Basisleistungen),
    • Kirchensteuer
      sind nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn die Erstattung im Zahlungsjahr steuerlich ohne Auswirkung war (BFH, Urt. v. 12.03.2019 – IX R 34/17).
  • Rücktrag nach § 175 AO:
    Ein Erstattungsüberhang aus anderen Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3a EStG (z. B. bestimmte Versicherungsbeiträge) ist in den Veranlagungszeitraum der ursprünglichen Zahlung zurückzutragen.
  • Gleichartige Sonderausgaben:
    Bei nicht ausdrücklich im Gesetz geregelten Tatbeständen (z. B. Schulgeld, Unterhaltszahlungen, Spenden) gelten weiterhin die vom BFH entwickelten Grundsätze. Entscheidend ist, ob die Erstattungen und Zahlungen gleichartig sind – also vergleichbare Funktion, Zweck und wirtschaftliche Bedeutung haben (vgl. BFH, Urt. v. 21.07.2009 – X R 32/07). 👉 Beispiel: Erstattetes Schulgeld für Kind A kann mit gezahltem Schulgeld für Kind B verrechnet werden, nicht aber mit einer Kirchensteuererstattung.

Praxisfolgen

  • Steuerpflichtige müssen Erstattungen von Sonderausgaben sorgfältig den richtigen Kategorien zuordnen.
  • Besonders bei Versicherungsbeiträgen kommt es auf die Funktion der Versicherung an – Kranken-, Pflege- und Krankentagegeldversicherung gelten als gleichartig.
  • Erstattungen können auch dann steuerliche Auswirkungen haben, wenn die ursprüngliche Zahlung keine Steuerersparnis gebracht hat.
  • Unternehmen und Privatpersonen sollten prüfen, ob Rückträge oder Hinzurechnungen notwendig sind, um Nachforderungen oder fehlerhafte Erklärungen zu vermeiden.

Fazit

Die Verfügung des FinMin Sachsen-Anhalt schafft Klarheit im Umgang mit Erstattungen von Sonderausgaben. Entscheidend ist, wann ein Erstattungsüberhang vorliegt und ob er zum Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen oder in das Zahlungsjahr zurückzutragen ist.

👉 Für die Praxis empfiehlt sich eine konsequente Dokumentation und Zuordnung aller Erstattungen, um spätere Korrekturen zu vermeiden.


Quelle: Finanzministerium Sachsen-Anhalt, Verfügung vom 28.05.2025 – 45-S 2221-68/2/42904/2025

Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG bei Änderung der rechtlichen Beurteilung

📌 OFD Baden-Württemberg, Verfügung vom 27.03.2025 – S 7316

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Baden-Württemberg hat zur Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG Stellung genommen. Konkret geht es um Fälle, in denen sich nicht die tatsächliche Verwendung, sondern die rechtliche Beurteilung von Umsätzen ändert – insbesondere bei Berufung auf eine unionsrechtliche Steuerbefreiung.


Kernaussagen der OFD

  • Änderung der Verhältnisse:
    Eine Änderung i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG liegt auch dann vor, wenn bei gleichbleibenden Umsätzen die ursprüngliche rechtliche Beurteilung (Vorsteuerabzugsfähigkeit) als unzutreffend erkannt wird (Abschn. 15a.2 Abs. 2 Nr. 6 UStAE).
  • Grenze der Berichtigung:
    War die rechtliche Beurteilung schon im Abzugsjahr fehlerhaft (z. B. falscher Unternehmensbezug), ist eine Berichtigung nach § 15a UStG ausgeschlossen. Hier hätte bereits der Vorsteuerabzug nach § 15 UStG korrigiert werden müssen.
  • Bestandskraft entscheidend:
    Voraussetzung für eine Berichtigung ist, dass die Steuerfestsetzung des Abzugsjahres bestandskräftig und unabänderbar ist (BFH, Urt. v. 23.10.2014 – V R 11/12).
    👉 Eine Berichtigung in einem Folgejahr ist daher erst möglich, wenn die Steuerfestsetzung des Abzugsjahres nicht mehr geändert werden kann.
  • Unionsrechtliche Steuerbefreiung:
    • Sind Umsätze nach nationalem Recht steuerpflichtig, nach Unionsrecht aber steuerfrei, bleibt der Vorsteuerabzug bestehen, solange sich der Unternehmer nicht auf die Unionsrechtsbefreiung beruft.
    • Erst wenn der Unternehmer in einem späteren Jahr die unionsrechtliche Befreiung beansprucht, liegt eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG vor (BFH, Urt. v. 15.09.2011 – V R 8/11). Dann ist die Berichtigung auch zulässig, obwohl das Abzugsjahr noch änderbar wäre.

Praxisbeispiel

Die OFD verdeutlicht dies anhand eines Beispiels:
Ein Unternehmer behandelt Umsätze nach nationalem Recht als steuerpflichtig, zieht die Vorsteuer ab und wird entsprechend veranlagt. Jahre später beruft er sich auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung – dann löst dies eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG im Folgejahr aus.


Fazit

Die Verfügung bringt wichtige Klarstellungen:

  • Eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung ist nicht automatisch mit § 15a UStG korrigierbar.
  • Der Zeitpunkt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ist entscheidend.
  • Unternehmer, die sich nachträglich auf Unionsrecht berufen, müssen Vorsteuerberichtigungen einkalkulieren.

👉 Für die Praxis bedeutet das: Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, ob sie sich auf unionsrechtliche Befreiungen berufen wollen – andernfalls drohen unerwartete Vorsteuerkorrekturen in späteren Jahren.


Quelle: OFD Baden-Württemberg, Verfügung vom 27.03.2025 – S 7316

Umsatzsteuer: Aktualisierte NACE-Codes ab 1.1.2025

📌 BZSt, Meldung vom 11.09.2025

Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wurden die sogenannten NACE-Codes – Klassifikation der Wirtschaftszweige durch vierstellige Nummern – durch die Verordnung (EU) 2023/137 der Europäischen Kommission aktualisiert.

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) weist darauf hin, dass die Änderungen insbesondere für die Vorsteuervergütung relevant sind.


Hintergrund

Die NACE-Codes beschreiben die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens und sind ein wichtiger Bestandteil bei der Antragstellung auf Vorsteuervergütung im EU-Ausland.

Das BZSt hat die neuen Codes bereits in das Formular „Antrag auf Vorsteuervergütung in der EU durch inländische Unternehmer“ integriert.


Problem: Verzögerte Umsetzung in einzelnen Mitgliedsstaaten

Einige EU-Länder haben die neuen Codes bislang noch nicht in ihre Systeme übernommen.
👉 Dies betrifft derzeit insbesondere Litauen und Rumänien.

Die Folge: Vom BZSt weitergeleitete Anträge können von den dortigen Portalen aus technischen Gründen abgelehnt werden.


Handlungsempfehlung des BZSt

  1. Code prüfen:
    Vergleichen Sie den neuen NACE-Code Ihrer Branche mit der bis 31.12.2024 gültigen Codeliste.
  2. Übereinstimmung:
    Wenn Ihr neuer Code auch in der alten Liste enthalten ist → kein Handlungsbedarf.
  3. Keine Übereinstimmung:
    Falls Ihr neuer Code in der alten Liste fehlt → wählen Sie einen Ersatzcode, der sowohl in der alten als auch in der neuen Liste enthalten ist und Ihre Tätigkeit möglichst genau beschreibt.
  4. Eintragung im Antrag:
    Verwenden Sie diesen Ersatzcode im Feld „Tätigkeit des Antragstellers“ des Vorsteuervergütungsantrags.

Hinweis

Sollten Sie bereits einen Antrag gestellt haben, der aufgrund dieser Problematik abgelehnt wurde, werden Sie zeitnah vom BZSt kontaktiert.


Fazit

Die Aktualisierung der NACE-Codes ist ein wichtiger Schritt zur Harmonisierung innerhalb der EU. Übergangsprobleme – insbesondere bei der Vorsteuervergütung in Litauen und Rumänien – erfordern jedoch Aufmerksamkeit. Unternehmen sollten bei der Antragstellung sorgfältig prüfen, welchen Code sie verwenden, um Ablehnungen zu vermeiden.

👉 Die jeweils aktuelle Übersicht der NACE-Codes finden Sie auf der Webseite der Europäischen Union.

Körperschaftsteuerliche Behandlung von Fremdwährungsverlusten in Konzernfällen

📌 LfSt Niedersachsen, Verfügung vom 02.05.2025 – S 2750-a-St 241-980/2023-2066/2023

Das Landesamt für Steuern Niedersachsen (LfSt) hat sich mit der körperschaftsteuerlichen Behandlung von Fremdwährungsverlusten in Konzernfällen und der Anwendung des § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG befasst. Die Verfügung bringt wichtige Klarstellungen für konzerninterne Finanzierungen und Absicherungsgeschäfte.


Hintergrund

Nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG sind bestimmte Gewinnminderungen steuerlich nicht abzugsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung stehen, die von einem wesentlich beteiligten Gesellschafter (mehr als 25 %) gewährt wurde.

Dazu gehören auch Verluste aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten für solche Darlehen. Fraglich war bisher, ob auch Wechselkursverluste hiervon erfasst sind und ob Absicherungsgeschäfte Einfluss auf die Abzugsfähigkeit haben.


Kernaussagen des LfSt

  • Einbeziehung von Währungsverlusten:
    Fremdwährungsverluste aus konzerninternen Darlehen werden vom Wortlaut des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erfasst. Gegenläufige Erträge aus Sicherungsgeschäften dürfen nicht saldierend berücksichtigt werden.
  • Gegenbeweis nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG:
    Das Abzugsverbot greift nicht, wenn nachgewiesen wird, dass ein fremder Dritter das Darlehen gewährt oder nicht zurückgefordert hätte.
    👉 Wichtig: Der Gegenbeweis gelingt nur, wenn das gesamte Darlehen fremdüblich ausgestaltet ist. Eine isolierte Absicherung lediglich des Währungsrisikos reicht nicht aus.
  • Einschränkung ab 2022:
    Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (vom 25.06.2021) wurde § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG eingefügt. Danach gelten Währungskursverluste ab dem 01.01.2022 nicht mehr als Gewinnminderungen im Sinne von § 8b Abs. 3 Sätze 4 und 5 KStG. Damit sind sie steuerlich unbeachtlich.

Bedeutung für die Praxis

  • Konzerninterne Darlehen in Fremdwährung bergen steuerliche Risiken: Währungsverluste sind in der Regel nicht abzugsfähig.
  • Der Fremdvergleich muss sich auf alle Vertragsbedingungen beziehen – eine reine Währungsabsicherung schützt nicht vor dem Abzugsverbot.
  • Für Verluste ab 2022 gilt: Sie sind kraft Gesetzes steuerlich nicht mehr relevant, auch ohne Anwendung des Abzugsverbots.

Fazit

Die Verfügung des LfSt Niedersachsen verdeutlicht einmal mehr, dass interne Fremdwährungsfinanzierungen in Konzernen steuerlich sensibel sind. Unternehmen sollten konzerninterne Darlehensverträge umfassend fremdüblich gestalten und dokumentieren. Isolierte Währungsabsicherungen genügen nicht, um das Abzugsverbot zu umgehen.

👉 Für die Praxis empfiehlt sich eine frühzeitige steuerliche Prüfung der Finanzierungsstruktur, insbesondere bei grenzüberschreitenden Konstellationen.


Quelle: LfSt Niedersachsen, Verfügung vom 02.05.2025 – S 2750-a-St 241-980/2023-2066/2023

Ausstellung von Rechnungen – Pflichtangaben auch in anderen EU-Amtssprachen zulässig

📌 BMF-Schreiben vom 17.09.2025 (Az. III C 2 – S 7290/00003/003/013)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder beschlossen, dass bestimmte Pflichtangaben auf Rechnungen künftig auch in anderen Amtssprachen der EU zulässig sind. Damit wird der grenzüberschreitende Geschäftsverkehr innerhalb der EU deutlich erleichtert.


Hintergrund

Nach § 14 und § 14a UStG müssen Rechnungen bestimmte Pflichtangaben enthalten (z. B. Hinweis auf „Reverse Charge“ oder „Gutschrift“). Bisher war in der Praxis oft unklar, ob diese Angaben ausschließlich auf Deutsch erfolgen müssen oder ob auch fremdsprachige Formulierungen zulässig sind.

Mit dem neuen Schreiben stellt das BMF klar: Auch die in der jeweiligen Sprachfassung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL, Art. 226) verwendeten Begriffe sind ausreichend.


Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)

Der UStAE wird entsprechend angepasst. Neu eingeführt wird die Anlage 8, die eine Übersichtstabelle mit den in anderen Amtssprachen zulässigen Begriffen enthält. Beispiele:

  • „Self-billing“ statt „Gutschrift“
  • „Reverse charge“ statt „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“
  • „Margin scheme – Travel agents“ statt „Sonderregelung für Reisebüros“
  • „Margin scheme – Works of art“ statt „Kunstgegenstände / Sonderregelung“

Damit können Rechnungen künftig auch ohne zusätzliche deutsche Übersetzung die umsatzsteuerlichen Anforderungen erfüllen.


Anwendung

  • Die neuen Grundsätze gelten für alle offenen Fälle.
  • Das bisherige BMF-Schreiben vom 25.10.2013 (BStBl I S. 1305) wird aufgehoben.

Fazit

Für Unternehmen mit internationalen Geschäftspartnern bringt diese Regelung erhebliche Erleichterungen: Rechnungen müssen nicht mehr zwingend deutsche Formulierungen enthalten, sondern können sich an den EU-weit anerkannten Begriffen orientieren. Das reduziert Übersetzungsaufwand und minimiert Streitigkeiten bei grenzüberschreitenden Geschäftsvorgängen.

👉 Das vollständige Schreiben mit der Sprachentabelle finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen.

BFH: (E-)Mails als vorzulegende Handels- und Geschäftsbriefe

📌 BFH, Beschluss vom 30.04.2025 – XI R 15/23

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass E-Mails unter bestimmten Voraussetzungen als Handels- und Geschäftsbriefe im Sinne der Abgabenordnung (AO) gelten. Damit wird die Bedeutung der elektronischen Kommunikation für die steuerliche Außenprüfung nochmals deutlich hervorgehoben.


Leitsätze des Beschlusses

  1. Handels- und Geschäftsbriefe nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO können auch E-Mails sein.
  2. Digitale Unterlagen über Konzernverrechnungspreise fallen unter § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO.
  3. Die Finanzverwaltung ist im Rahmen der Außenprüfung berechtigt, sämtliche E-Mails mit steuerlichem Bezug vom Steuerpflichtigen anzufordern.
  4. Ein Gesamtjournal aller E-Mails darf die Finanzverwaltung jedoch nicht verlangen, wenn dieses erst künstlich erstellt werden müsste oder auch E-Mails ohne steuerlichen Bezug enthalten würde.

Bedeutung für die Praxis

  • Aufbewahrungspflichten: Unternehmen müssen damit rechnen, dass auch steuerlich relevante E-Mails als aufbewahrungspflichtige Unterlagen einzustufen sind.
  • Außenprüfung: Prüfer dürfen gezielt steuerlich relevante E-Mails anfordern. Unternehmen sollten daher ihre E-Mail-Archivierung rechtskonform gestalten.
  • Schutz der Privatsphäre: Ein pauschales Herausgabeverlangen für alle E-Mails („Gesamtjournal“) ist unzulässig, da hierfür keine Rechtsgrundlage besteht.

Fazit

Das Urteil bestätigt, dass E-Mails steuerlich wie klassische Geschäftsbriefe zu behandeln sind, wenn sie steuerrelevante Inhalte haben. Unternehmen sollten ihre Archivierungs- und Dokumentationsprozesse überprüfen, um für Betriebsprüfungen gerüstet zu sein. Gleichzeitig stärkt der BFH die Rechte der Steuerpflichtigen, indem er der Finanzverwaltung Grenzen bei der Anforderung von Daten setzt.

BFH zur Umsatzsteuerbefreiung von Betreuungs- und Pflegeleistungen aus dem Persönlichen Budget

📌 BFH, Urteil vom 30.04.2025 – XI R 25/24

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit aktuellem Urteil wichtige Klarstellungen zur Umsatzsteuerbefreiung von Betreuungs- und Pflegeleistungen getroffen, die über das Persönliche Budget (§ 29 SGB IX) finanziert werden.


Leitsätze des Urteils

  1. Eine Leistung ist nicht bereits deshalb in die Berechnung der Sozialgrenze des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG (Fassung 2020, jetzt: Buchst. n) einzubeziehen, nur weil die Gegenleistung aus dem Persönlichen Budget stammt.
  2. Eine Leistung ist einzubeziehen, wenn:
    • der Budgetnehmer mit einem der in § 4 Nr. 16 UStG genannten Kostenträger als Budgetgeber eine individuelle Zielvereinbarung abgeschlossen hat, und
    • ein Gesamtplan des Budgetgebers vorliegt, in denen der jeweilige Leistungserbringer namentlich genannt wird.

Damit knüpft der BFH an sein Urteil vom 19.12.2024 (V R 1/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) an.


Hintergrund

Die Umsatzsteuerbefreiung für bestimmte Betreuungs- und Pflegeleistungen (§ 4 Nr. 16 UStG) hängt unter anderem davon ab, ob die sogenannte Sozialgrenze eingehalten wird. Dabei stellt sich die Frage, welche Leistungen in die Berechnung einzubeziehen sind.

Mit dem neuen Urteil grenzt der BFH klar ab: Entscheidend ist nicht die Finanzierungsquelle (Persönliches Budget), sondern die strukturierte Vereinbarung mit dem Kostenträger.


Bedeutung für die Praxis

  • Leistungserbringer (z. B. Pflegedienste, Betreuungsdienste) können nicht automatisch davon ausgehen, dass alle über das Persönliche Budget finanzierten Leistungen umsatzsteuerbefreit sind.
  • Nur wenn eine Zielvereinbarung und ein Gesamtplan vorliegen, in denen sie ausdrücklich benannt sind, dürfen diese Leistungen für die Umsatzsteuerbefreiung berücksichtigt werden.
  • Damit kommt es auf die Gestaltung der Verträge mit den Kostenträgern entscheidend an.

Fazit

Das Urteil bringt mehr Rechtssicherheit, zeigt aber auch die Komplexität der Umsatzsteuerbefreiung im Pflege- und Betreuungsbereich. Für Leistungserbringer ist es wichtig, ihre Zielvereinbarungen mit den Kostenträgern sorgfältig zu prüfen und im Zweifel steuerlichen Rat einzuholen, um unerwartete Umsatzsteuerbelastungen zu vermeiden.