📅 Veröffentlicht am 04.04.2025
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Mit Urteil vom 27.11.2024 – X R 26/22 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch ein Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft als Veräußerung im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gewertet werden kann – mit erheblichen steuerlichen Folgen für Anteilseigner.
Worum geht es?
Das Umwandlungssteuergesetz (§§ 20–23 UmwStG) regelt, unter welchen Bedingungen Einbringungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften steuerneutral erfolgen können. Wird jedoch innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung eine sogenannte Veräußerung vorgenommen, kommt es zur Nachversteuerung eines Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 UmwStG).
Im aktuellen Fall:
- Ein Steuerpflichtiger hatte Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs eingebracht (§ 21 UmwStG 2006).
- Innerhalb der Siebenjahresfrist erfolgte ein Formwechsel dieser Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft.
- Das Finanzamt behandelte den Formwechsel als steuerpflichtige Veräußerung – und setzte den Einbringungsgewinn II fest.
Die Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung:
✅ Formwechsel ist steuerlich als Veräußerung zu behandeln
Ein Formwechsel – selbst ohne tatsächlichen Gesellschafterwechsel – kann steuerlich als Veräußerung gelten, wenn sich der ertragsteuerliche Status der Anteile wesentlich ändert.
➡️ Der Formwechsel in eine Personengesellschaft führt zu einem Wechsel der Besteuerungssystematik (Transparenzprinzip statt Trennungsprinzip).
❌ Keine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 UmwStG
Der BFH lehnt eine einschränkende Auslegung der Siebenjahresregel ab. Der Gesetzgeber habe bewusst auch solche Fälle erfassen wollen, in denen sich die Steuerverstrickung durch die Umstrukturierung auflöst.
⚖️ Keine Unbilligkeit im Sinne des § 163 AO
Die Richter sehen auch keinen Grund für einen Billigkeitserlass. Wer innerhalb der Siebenjahresfrist eine Strukturveränderung vornimmt, muss die steuerlichen Konsequenzen tragen – selbst wenn keine echten Veräußerungserlöse fließen.
🌍 Keine Anwendung der EU-Fusionsrichtlinie
Die EU-Fusionsrichtlinie (2009/133/EG) schützt grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge vor sofortiger Besteuerung.
Doch: Im entschiedenen Fall handelt es sich um einen rein innerstaatlichen Vorgang. Der nationale Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, grenzüberschreitende und inländische Fälle nicht gleich zu behandeln. Die Richtlinie ist daher nicht anwendbar.
Was bedeutet das für die Praxis?
📌 Formwechsel sind kein „sicherer Hafen“ mehr.
Unternehmen und Steuerberater müssen künftig besonders vorsichtig sein, wenn innerhalb der Siebenjahresfrist nach Einbringung von Kapitalgesellschaftsanteilen Formwechsel oder andere Strukturmaßnahmen geplant werden.
📌 Eine gründliche Steuerfolgenabschätzung vor Umstrukturierungen ist zwingend erforderlich.
Selbst wirtschaftlich „neutrale“ Vorgänge wie der Formwechsel in eine Personengesellschaft können Nachversteuerungen in teils erheblicher Höhe auslösen.
📌 Keine Berufung auf die EU-Richtlinie im Inland.
Die Entscheidung zeigt deutlich, dass für rein nationale Vorgänge keine Schutzwirkung aus dem EU-Recht ableitbar ist.
Fazit
Der BFH hat mit seinem Urteil eine klare Grenze gezogen:
Ein Formwechsel kann eine steuerpflichtige Veräußerung im Sinne des § 22 Abs. 2 UmwStG darstellen, wenn dadurch der steuerliche Status der eingebrachten Anteile wesentlich verändert wird. Wer Einbringungen plant oder bereits durchgeführt hat, sollte strukturelle Veränderungen innerhalb der Siebenjahresfrist sorgfältig prüfen und ggf. verschieben.
Quelle:
BFH, Urteil vom 27.11.2024 – X R 26/22
LEXinform-Dokument Nr. 0955000
Veröffentlicht: 04.04.2025
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