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BFH: Formwechsel kann Einbringungsgewinn II auslösen

📅 Veröffentlicht am 04.04.2025
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Mit Urteil vom 27.11.2024 – X R 26/22 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch ein Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft als Veräußerung im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gewertet werden kann – mit erheblichen steuerlichen Folgen für Anteilseigner.


Worum geht es?

Das Umwandlungssteuergesetz (§§ 20–23 UmwStG) regelt, unter welchen Bedingungen Einbringungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften steuerneutral erfolgen können. Wird jedoch innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung eine sogenannte Veräußerung vorgenommen, kommt es zur Nachversteuerung eines Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 UmwStG).

Im aktuellen Fall:

  • Ein Steuerpflichtiger hatte Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs eingebracht (§ 21 UmwStG 2006).
  • Innerhalb der Siebenjahresfrist erfolgte ein Formwechsel dieser Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft.
  • Das Finanzamt behandelte den Formwechsel als steuerpflichtige Veräußerung – und setzte den Einbringungsgewinn II fest.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung:

Formwechsel ist steuerlich als Veräußerung zu behandeln

Ein Formwechsel – selbst ohne tatsächlichen Gesellschafterwechsel – kann steuerlich als Veräußerung gelten, wenn sich der ertragsteuerliche Status der Anteile wesentlich ändert.

➡️ Der Formwechsel in eine Personengesellschaft führt zu einem Wechsel der Besteuerungssystematik (Transparenzprinzip statt Trennungsprinzip).


Keine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 UmwStG

Der BFH lehnt eine einschränkende Auslegung der Siebenjahresregel ab. Der Gesetzgeber habe bewusst auch solche Fälle erfassen wollen, in denen sich die Steuerverstrickung durch die Umstrukturierung auflöst.


⚖️ Keine Unbilligkeit im Sinne des § 163 AO

Die Richter sehen auch keinen Grund für einen Billigkeitserlass. Wer innerhalb der Siebenjahresfrist eine Strukturveränderung vornimmt, muss die steuerlichen Konsequenzen tragen – selbst wenn keine echten Veräußerungserlöse fließen.


🌍 Keine Anwendung der EU-Fusionsrichtlinie

Die EU-Fusionsrichtlinie (2009/133/EG) schützt grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge vor sofortiger Besteuerung.
Doch: Im entschiedenen Fall handelt es sich um einen rein innerstaatlichen Vorgang. Der nationale Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, grenzüberschreitende und inländische Fälle nicht gleich zu behandeln. Die Richtlinie ist daher nicht anwendbar.


Was bedeutet das für die Praxis?

📌 Formwechsel sind kein „sicherer Hafen“ mehr.
Unternehmen und Steuerberater müssen künftig besonders vorsichtig sein, wenn innerhalb der Siebenjahresfrist nach Einbringung von Kapitalgesellschaftsanteilen Formwechsel oder andere Strukturmaßnahmen geplant werden.

📌 Eine gründliche Steuerfolgenabschätzung vor Umstrukturierungen ist zwingend erforderlich.
Selbst wirtschaftlich „neutrale“ Vorgänge wie der Formwechsel in eine Personengesellschaft können Nachversteuerungen in teils erheblicher Höhe auslösen.

📌 Keine Berufung auf die EU-Richtlinie im Inland.
Die Entscheidung zeigt deutlich, dass für rein nationale Vorgänge keine Schutzwirkung aus dem EU-Recht ableitbar ist.


Fazit

Der BFH hat mit seinem Urteil eine klare Grenze gezogen:
Ein Formwechsel kann eine steuerpflichtige Veräußerung im Sinne des § 22 Abs. 2 UmwStG darstellen, wenn dadurch der steuerliche Status der eingebrachten Anteile wesentlich verändert wird. Wer Einbringungen plant oder bereits durchgeführt hat, sollte strukturelle Veränderungen innerhalb der Siebenjahresfrist sorgfältig prüfen und ggf. verschieben.


Quelle:
BFH, Urteil vom 27.11.2024 – X R 26/22
LEXinform-Dokument Nr. 0955000
Veröffentlicht: 04.04.2025


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BFH: Hinzurechnung nach § 7g EStG beeinflusst nicht das steuerliche Kapitalkonto nach § 15a EStG

Mit Urteil vom 16.01.2025 – IV R 28/23 hat der Bundesfinanzhof (BFH) zentrale Fragen zur Verrechnung von Verlusten bei Kommanditisten nach § 15a EStG sowie zur außerbilanziellen Hinzurechnung gemäß § 7g EStG beantwortet. Die Entscheidung schafft Klarheit bei der steuerlichen Einordnung des Kapitalkontos und grenzt die außerbilanzielle Behandlung deutlich von bilanziellen Größen ab.


Hintergrund: Was regeln § 7g und § 15a EStG?

  • § 7g Abs. 2 EStG erlaubt die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags (IAB), der im Folgejahr wieder außerbilanziell hinzugerechnet wird.
  • § 15a EStG regelt, inwieweit Verluste eines Kommanditisten verrechenbar sind – abhängig vom Stand seines steuerlichen Kapitalkontos.

Umstritten war bislang, ob die außerbilanzielle Hinzurechnung des IAB das steuerliche Kapitalkonto erhöht und damit die Verlustverrechenbarkeit verbessert.


Die Entscheidung des BFH

1. Keine Auswirkung der Hinzurechnung auf das Kapitalkonto

Der BFH stellt klar:

🔍 Die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hat keine Auswirkung auf das steuerliche Kapitalkonto i. S. v. § 15a EStG.

Das bedeutet:
Die außerbilanzielle Korrektur erhöht nicht das Eigenkapital des Kommanditisten und verbessert damit nicht dessen Verlustverrechnungsrahmen.

➡️ Der Kommanditist kann also keine höheren Verluste geltend machen, nur weil ein IAB aufgelöst wurde.


2. Wann liegt ein Kapitalkonto i. S. v. § 15a EStG vor?

Der BFH bestätigt erneut seine bisherige Rechtsprechung zur Einordnung:

  • Ein Konto gilt als Kapitalkonto i. S. d. § 15a EStG, wenn dort Gewinne und Verluste verbucht werden und sich somit ein negativer Saldo ergeben kann.
  • Entscheidend ist, ob das Konto zur Verlustverrechnung verwendet wird – nicht bloß als Verrechnungskonto oder Auszahlungskonto dient.
  • Hat der Kommanditist freien Zugriff auf das Guthaben, spricht dies gegen die Einordnung als steuerliches Kapitalkonto.

➡️ Es kommt auf die tatsächliche Zweckbestimmung des Kontos an – unabhängig von dessen Bezeichnung.


Auswirkungen für die Praxis

🔍 Keine Saldierung durch Hinzurechnungen

Die Entscheidung hat unmittelbare Bedeutung für die Jahresabschlusserstellung und Steuerdeklaration bei Kommanditisten:

  • IAB-Hinzurechnungen erhöhen nicht das steuerliche Eigenkapital,
  • negative Kapitalkonten bleiben verrechnungsbeschränkt, auch wenn steuerlich ein höheres Ergebnis angesetzt wird.

Tipp: Achten Sie auf die korrekte Trennung von bilanziellen und außerbilanziellen Größen – insbesondere bei der Ermittlung des Kapitalkontos.


📌 Gestaltungshinweis für Gesellschaftsverträge

Gesellschaftsverträge sollten klar zwischen Kapital- und Verrechnungskonten unterscheiden. Nur so kann steuerlich eindeutig bestimmt werden, welches Konto zur Verlustverrechnung i. S. d. § 15a EStG dient.


Fazit

Das BFH-Urteil sorgt für mehr Klarheit bei der Behandlung von Investitionsabzugsbeträgen in Personengesellschaften und bei der Bestimmung des Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG. Es stellt zugleich klar, dass außerbilanzielle Korrekturen keine Auswirkungen auf die Verlustverrechenbarkeit haben.

Wer mit Kommanditbeteiligungen, IABs und Verlustzuweisungen arbeitet, sollte seine Strukturen und Buchführung entsprechend prüfen und ggf. anpassen.


📞 Sie sind Kommanditist oder betreuen Mandanten mit Personengesellschaften?
Wir beraten Sie gern zu Investitionsabzugsbeträgen, Verlustverrechenbarkeit und steuerlich korrekter Kapitalkontoermittlung.


Quelle:
BFH, Urteil vom 16.01.2025 – IV R 28/23
LEXinform-Dokument Nr. 0954932
Veröffentlicht am 04.04.2025


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BFH zur Grunderwerbsteuer bei Treuhandkonstruktionen: Anteilserwerb und Insolvenzverfahren

Mit Urteil vom 20.11.2024 – II R 29/21 hat der Bundesfinanzhof (BFH) erneut zu einem praxisrelevanten Fall der Grunderwerbsteuer bei Anteilskäufen über Treuhandverhältnisse entschieden – und zugleich zur prozessualen Frage Stellung genommen, wann ein Insolvenzverwalter ein unterbrochenes Verfahren fortführen darf.


Sachverhalt: Treuhandkonstruktion beim Erwerb von GmbH-Anteilen

Im Streitfall ging es um eine grundbesitzende GmbH, deren Anteile vollständig durch einen Treuhänder erworben wurden – teils auf eigene Rechnung, teils im Namen eines Treugebers. In der Hand des Treuhänders vereinigten sich damit erstmals alle Anteile an der Gesellschaft. Das Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG fest.


Die Entscheidung des BFH

1. Treuhänder erfüllt Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG

Der BFH bestätigt:
Auch wenn der Treuhänder einen Teil der Anteile nur wirtschaftlich für den Treugeber hält, kann er zivilrechtlich als Anteilseigner auftreten. Maßgeblich ist, dass sich alle Anteile in seiner Hand vereinen – eine steuerliche Zurechnung zum Treugeber ist für die Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht erforderlich.

➡️ Fazit: Die Grunderwerbsteuer wird ausgelöst, wenn sich beim Treuhänder alle Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar vereinigen – unabhängig von der wirtschaftlichen Zurechnung.

Der BFH führt damit seine Linie aus dem Urteil vom 10.04.2024 – II R 34/21 konsequent fort.


2. Aufnahme des Verfahrens durch Insolvenzverwalter möglich

Zweiter Schwerpunkt des Urteils ist die prozessuale Handhabung bei Insolvenz:

  • Im vorliegenden Fall war der ursprüngliche Kläger insolvent geworden.
  • Das Verfahren wurde zunächst unterbrochen (§ 155 FGO i. V. m. § 240 ZPO).
  • Der Insolvenzverwalter nahm das Verfahren wieder auf.

Der BFH stellte klar:

✅ Ein Insolvenzverwalter kann ein unterbrochenes Verfahren dann fortführen, wenn er der vom Finanzamt im Insolvenzverfahren angemeldeten Steuerforderung widersprochen hat.
✅ Der Streit dreht sich dann ausschließlich um die Berechtigung dieser Forderung im Insolvenzverfahren.

Damit schließt sich der BFH der bereits gefestigten Rechtsprechung an (vgl. BFH, Urteil vom 21.09.2017 – VIII R 59/14).


Praxisrelevanz für Unternehmen und Berater

🔍 Treuhandverhältnisse im Blick behalten

Treuhandmodelle zur Beteiligung an grundbesitzenden Gesellschaften sind weit verbreitet – z. B. im Immobilien- oder Fondsbereich. Das Urteil zeigt:
Auch treuhänderischer Erwerb löst Grunderwerbsteuer aus, wenn sich aus rechtlicher Sicht alle Anteile bei einer Person vereinen.

➡️ Gestaltungstipp: Frühzeitige Prüfung der Grunderwerbsteuerpflicht bei Anteilsübertragungen unter Einbindung von Treuhändern ist empfehlenswert.

⚖️ Verfahrensführung bei Insolvenz

Für Insolvenzverwalter schafft das Urteil Klarheit:
Die Aufnahme eines unterbrochenen Steuerverfahrens ist zulässig, wenn im Insolvenzverfahren ein begründeter Widerspruch gegen eine Steuerforderung besteht. Das Verfahren beschränkt sich dann auf die Prüfung der materiellen Berechtigung der Forderung.


Fazit

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer exakten zivilrechtlichen Betrachtung bei Anteilskäufen – wirtschaftliche Hintergründe wie ein Treuhandverhältnis bleiben bei der Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unberücksichtigt. Gleichzeitig schafft der BFH prozedurale Sicherheit für Insolvenzverwalter, die gegen Steuerforderungen vorgehen wollen.


Quelle:
BFH, Urteil vom 20.11.2024 – II R 29/21
LEXinform-Dokument Nr. 0953929
Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs


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BFH-Urteil zur Organschaft und atypisch stillen Beteiligung – Neues zur Gewinnabführung

Die Organschaft gehört zu den bewährten steuerlichen Gestaltungsinstrumenten bei Unternehmensgruppen. Doch was passiert, wenn eine Organgesellschaft eine atypisch stille Beteiligung aufweist? Mit seinen Urteilen vom 11.12.2024 (Az. I R 17/21 und I R 33/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun klare und praxisrelevante Aussagen getroffen.


Worum ging es?

Im Fokus der beiden Urteile stand die Frage, ob eine Kapitalgesellschaft mit atypisch stillem Gesellschafter überhaupt eine Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein kann – insbesondere, wenn der gesamte Gewinn gemäß § 14 KStG an den Organträger abgeführt werden muss.

Im entschiedenen Fall hatte eine GmbH, an der ein atypisch stiller Gesellschafter mit 10 % beteiligt war, einen Gewinnabführungsvertrag mit einer Kommanditgesellschaft als Organträger abgeschlossen. Finanzamt und Finanzgericht verneinten die Anerkennung der Organschaft: Der „ganze Gewinn“ sei wegen der stillen Beteiligung nicht abgeführt worden.


Die Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof stellt klar:

✅ Auch bei atypisch stiller Beteiligung kann eine Organschaft vorliegen.

Der „ganze Gewinn“ i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG sei zivilrechtlich zu verstehen – also der nach vertraglichen Verpflichtungen verbleibende Gewinn, nach Abzug der Gewinnanteile des atypisch still Beteiligten. Dieser Restgewinn könne in voller Höhe an den Organträger abgeführt werden – die Vorgaben des § 14 KStG seien damit erfüllt.

Der BFH betont, dass es auf die zivilrechtliche Auslegung des Gewinnabführungsvertrags ankommt. Gewinnanteile des stillen Gesellschafters stellen dabei keine Teilgewinnverwendung, sondern Betriebsausgaben bzw. Geschäftsunkosten dar.


🧾 Leitsätze des BFH:

  1. Eine Kapitalgesellschaft kann auch bei bestehender atypisch stiller Beteiligung Organgesellschaft sein – der nach Abzug verbleibende Gewinn gilt als „ganzer Gewinn“.
  2. Eine Kapitalgesellschaft kann sogar dann Organträger sein, wenn mehrere atypisch stille Beteiligungen bestehen, solange sie sich auf voneinander unabhängige Geschäftsbereiche beziehen.
  3. Für die gewerbesteuerliche Organschaft gilt hingegen weiterhin, dass die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters grundsätzlich zur Versagung der Organschaft führt – es sei denn, die Beteiligung beschränkt sich ausschließlich auf einen abgrenzbaren Geschäftsbereich.

Was bedeutet das für die Praxis?

Rechtssicherheit für Unternehmensgruppen:
Das Urteil gibt grünes Licht für viele Konstellationen, in denen Beteiligungsgestaltungen und Organschaft kombiniert werden sollen.

Gestaltungsfreiraum bei Holdingstrukturen:
Insbesondere bei der Nutzung von GmbHs mit stillen Beteiligungen innerhalb von Konzernstrukturen kann der Gewinnabführungsvertrag weiterhin rechtssicher eingesetzt werden – sofern zivilrechtlich korrekt gestaltet.

Aber Achtung bei der Gewerbesteuer:
Im Bereich der Gewerbesteuer bleibt die Rechtsprechung restriktiv: Die gewerbesteuerliche Organschaft ist bei atypisch stillen Beteiligungen nur eingeschränkt möglich.


Fazit

Die aktuellen Entscheidungen des BFH schaffen mehr Klarheit und Sicherheit für die steuerliche Anerkennung von Organschaften mit stillen Beteiligungen. Sie bestätigen, dass der „ganze Gewinn“ im Sinne des Körperschaftsteuerrechts auch bei atypisch stiller Beteiligung ordnungsgemäß abgeführt werden kann – wenn die zivilrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

📌 Gestaltungstipp:
Achten Sie bei geplanten Organschaftsmodellen auf die exakte Formulierung und Umsetzung des Gewinnabführungsvertrags sowie auf die Abgrenzung etwaiger Geschäftsbereiche bei stillen Beteiligungen.


📞 Sie planen eine Organschaft oder möchten eine bestehende Struktur prüfen lassen?
Wir beraten Sie gern individuell zu Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie zu stillen Beteiligungsmodellen.


Quellen:

  • BFH, Urteil vom 11.12.2024 – I R 17/21
  • BFH, Urteil vom 11.12.2024 – I R 33/22
  • BFH, Pressemitteilung Nr. 21/25 vom 03.04.2025
  • LEXinform-Dokumente Nr. 0953604 und Nr. 0954352

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CbC-Reporting bei transparenten Personengesellschaften: Neue BMF-Hinweise zur Anwendung ab 2024

Mit dem Schreiben vom 03.04.2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) neue Hinweise zur länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country Reporting, kurz: CbCR) bei steuerlich transparenten Personengesellschaften veröffentlicht. Die Regelungen gelten für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen – also ab dem Geschäftsjahr 2024.


Hintergrund: Was ist CbC-Reporting?

Das Country-by-Country Reporting verpflichtet international tätige Unternehmensgruppen, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) jährlich einen länderbezogenen Bericht (§ 138a AO) vorzulegen. Ziel ist es, transparente Informationen über die weltweite Gewinnverteilung, Steuerzahlungen und wirtschaftlichen Aktivitäten der Konzerne zu schaffen.


Wer ist betroffen?

Die neuen Hinweise richten sich insbesondere an konzernangehörige Personengesellschaften, die steuerlich transparent sind – also nicht körperschaftsteuerpflichtig sind (§ 1a KStG) bzw. keiner vergleichbaren Steuerpflicht im Ausland unterliegen.

Das betrifft zum Beispiel:

  • KGs oder GbRs, die nicht optiert haben
  • ausländische Partnerschaften, sofern im Ansässigkeitsstaat keine eigene Besteuerung auf Gesellschaftsebene erfolgt

Wesentliche Inhalte des BMF-Schreibens

1. Grundlage: OECD Guidance 2024

Für die Ausgestaltung der CbCR-Daten transparent geführter Personengesellschaften verweist das BMF ausdrücklich auf die OECD-Leitlinien (Kapitel 3, Abschnitt 2.1). Das bedeutet: Die internationale Auslegung wird auch im nationalen Kontext übernommen – ein wichtiger Schritt hin zu einheitlicher Anwendungspraxis.

👉 Zur OECD-Guidance: Link zur OECD (extern)


2. Konsolidierung im Bericht

Wird die Personengesellschaft im Rahmen der Konzernrechnungslegung voll oder quotal konsolidiert, ist sie entsprechend auch im länderbezogenen Bericht zu erfassen – entweder:

  • vollständig, bei Vollkonsolidierung, oder
  • anteilig, bei Quoten-Konsolidierung

3. Keine Doppelzählung bei Stammhaus und Betriebsstätte

Bei der Darstellung von Betriebsstätten ist ein Doppelausweis von z. B. Gewinnen oder gezahlten Steuern zu vermeiden. Es gilt:

  • Werden Betriebsstättenergebnisse in einem Land ausgewiesen, müssen sie im Stammhausland abgezogen werden.
  • Bei sogenannten Anrechnungsbetriebsstätten dürfen im Stammhaus gezahlte Steuern im Betriebsstättenstaat erscheinen – aber nur, wenn die Gruppe dies einheitlich und konsistent für alle Anrechnungsbetriebsstätten umsetzt.

Ausblick: Safe-Harbour-Regelung nach § 84 MinStG

Neben der reinen Anwendung des CbC-Reportings behandelt das BMF-Schreiben auch Hinweise zum Safe Harbour im Rahmen der Mindestbesteuerung nach dem Mindeststeuergesetz (MinStG).

Für bestimmte Unternehmensstrukturen – insbesondere mit niedrigem Risikoprofil – kann die Anwendung eines CbCR-Safe Harbours dazu führen, dass auf eine umfassende Berechnung der effektiven Steuerbelastung verzichtet werden kann.

Weitere Informationen hierzu sind demnächst in gesonderten Anwendungsschreiben zu erwarten.


Fazit

Das neue BMF-Schreiben schafft mehr Klarheit für die Praxis bei der Einbindung transparenter Personengesellschaften in das CbCR. Gleichzeitig wird eine Verzahnung mit internationalen OECD-Standards erreicht. Für steuerlich transparente Strukturen bedeutet das:

✅ Mehr Rechtssicherheit
✅ Klare Vorgaben für den Datenausweis
✅ Vermeidung von Doppelzählungen


📞 Sie haben eine Holdingstruktur mit Personengesellschaften im In- oder Ausland und müssen ab 2024 einen CbC-Report erstellen?
Wir helfen Ihnen bei der rechtskonformen Umsetzung und der Integration der neuen Vorgaben in Ihre Gruppenberichterstattung.


Quelle:
BMF-Schreiben vom 03.04.2025 (Az. IV B 5 – S 1331/00010/012/032)
Veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I

Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen bei grenzüberschreitender Tätigkeit

Wer in mehreren Ländern tätig ist oder ausländische Renten bezieht, kennt das Problem: Vorsorgeaufwendungen wie Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherungsbeiträge werden nicht immer in Deutschland steuerlich berücksichtigt – insbesondere dann nicht, wenn die zugehörigen Einnahmen im Inland steuerfrei sind. Doch es gibt Ausnahmen. Ein neues BMF-Schreiben vom 03.04.2025 bringt nun Klarheit.


Der Grundsatz: Kein Abzug bei steuerfreien Einnahmen

Grundsätzlich gilt: Vorsorgeaufwendungen, wie sie in § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG geregelt sind (z. B. Renten- und Krankenversicherungen), dürfen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Das betrifft vor allem grenzüberschreitende Sachverhalte – etwa wenn jemand in der Schweiz oder einem EU-/EWR-Staat arbeitet, dort Sozialversicherungsbeiträge zahlt, aber die Einkünfte in Deutschland steuerfrei sind (Doppelbesteuerungsabkommen!).


Die Ausnahme: Rückausnahme für EU-/EWR-Staaten und die Schweiz

Dank einer sogenannten „Rückausnahme“ können bestimmte Beiträge trotzdem abzugsfähig sein – und das betrifft viele Steuerpflichtige mit grenzüberschreitender Tätigkeit:

➡️ Voraussetzung ist, dass:

  • die Einnahmen in einem EU-/EWR-Staat oder in der Schweiz erzielt wurden,
  • dort keinerlei steuerliche Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen erfolgt,
  • ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Beitrag und steuerfreier Einnahme besteht.

Diese Regelung wurde zuletzt mit dem Jahressteuergesetz 2024 erweitert:
Nun gilt sie auch für freiberufliche und selbstständige Tätigkeiten, nicht nur für nichtselbstständige Beschäftigungen.


Neue Klarstellungen des BMF (April 2025)

Das aktuelle BMF-Schreiben vom 03.04.2025 enthält wichtige Klarstellungen:

✅ Freiwillige Beiträge sind weiterhin abzugsfähig

Zum Beispiel:

  • Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei freiwilliger Versicherung
  • Beiträge zur privaten Kranken- oder Pflegeversicherung
  • Beiträge zur freiwilligen Unfallversicherung

Diese stehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Auslandseinnahmen und bleiben daher grundsätzlich als Sonderausgaben abzugsfähig.


✅ Getrennte Beurteilung der Versicherungssparten

Das Finanzamt muss nun jede Art von Vorsorgeaufwendungen separat prüfen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen:

  • gesetzlicher Rentenversicherung
  • gesetzlicher Krankenversicherung
  • gesetzlicher Pflegeversicherung
  • Arbeitslosenversicherung

Nur wenn keine dieser Sparten im Ausland steuerlich berücksichtigt wird, können sie in Deutschland ggf. vollständig abgezogen werden. Umgekehrt führt die Berücksichtigung einer Sparte im Ausland nicht automatisch zum Ausschluss aller anderen im Inland.


🔎 Wichtig: Vergleichbarkeit mit deutschen Aufwendungen

Ein Abzug kommt nur in Betracht, wenn die ausländischen Beiträge vergleichbar mit deutschen Versicherungen sind – d. h. dem Kerngehalt nach den deutschen Regelungen ähneln.


Was bedeutet das für Betroffene?

Grenzüberschreitend tätige Steuerpflichtige – etwa Grenzgänger, internationale Selbstständige oder Rentner mit ausländischen Anwartschaften – können von dieser Neuregelung profitieren. Vorsorgeaufwendungen können in vielen Fällen doch noch berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt und nachgewiesen werden.

Tipp aus der Praxis:
Dokumentieren Sie Ihre Einkünfte und Versicherungsbeiträge möglichst detailliert – und holen Sie sich bei Unsicherheit professionelle Unterstützung.


📌 Fazit

Das BMF folgt mit seinem Schreiben der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (u. a. X R 11/20 und X R 28/21) und schafft nun klare Leitlinien zur Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen bei Auslandstätigkeiten.

In allen noch offenen Fällen sind diese Regelungen anzuwenden – es lohnt sich also, bereits eingereichte Steuererklärungen noch einmal prüfen zu lassen.


Quelle:
BMF-Schreiben vom 03.04.2025 (Az. IV C 4 – S 2221/00380/003/005), veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I


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Anforderungen an ein Fahrtenbuch bei Berufsgeheimnisträgern

Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte, Steuerberater oder Ärzte stehen bei der Nutzung der Fahrtenbuchmethode zur Ermittlung der privaten und beruflichen Fahrzeugnutzung vor einer besonderen Herausforderung: der Schutz sensibler Mandantendaten. Das Finanzgericht Hamburg hat hierzu mit Urteil vom 13.11.2024 (Az. 3 K 111/21) nun wichtige Klarstellungen getroffen.


Was war der Streitpunkt?

Der Kläger – ein Rechtsanwalt – legte dem Finanzamt ein teilweise geschwärztes Fahrtenbuch vor, um die berufliche Nutzung seines Fahrzeugs nachzuweisen. Hintergrund war die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nach § 43a Abs. 2 BRAO, wonach bereits die Identität und der Umstand einer Mandatsbeziehung geheim zu halten sind.

Das Finanzamt erkannte das Fahrtenbuch jedoch nicht an und wendete stattdessen die pauschale 1%-Methode an.


Die Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg

Das Gericht bestätigt grundsätzlich die strengen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch:

  • Plausible und überprüfbare Angaben zur beruflichen Veranlassung jeder Fahrt sind erforderlich.
  • Neben Datum und Fahrtziel müssen auch die Geschäftspartner oder – sofern nicht vorhanden – der konkrete berufliche Anlass der Fahrt genannt werden.
  • Ortsangaben allein genügen in der Regel nicht, es sei denn, daraus ergibt sich eindeutig der Zweck der Fahrt.

Aber: Berufsgeheimnisträger dürfen schwärzen – unter bestimmten Voraussetzungen

Das Gericht erkennt an, dass die gesetzlichen Anforderungen an Fahrtenbücher mit der Verschwiegenheitspflicht kollidieren können. Daher dürfen Berufsgeheimnisträger:

  • personenbezogene Daten schwärzen, die Rückschlüsse auf die Identität von Mandanten zulassen,
  • dies jedoch nur insoweit, wie es zur Wahrung der Verschwiegenheit erforderlich ist,
  • nicht schwärzen: Ortsangaben, Fahrten zur eigenen Kanzlei, zu Behörden ohne Mandatsverhältnis, Gerichtstermine oder Fälle, in denen der Mandant ausdrücklich auf die Geheimhaltung verzichtet hat.

Nachweispflicht bleibt beim Steuerpflichtigen

Trotz des besonderen Schutzes bleibt die steuerliche Grundregel bestehen: Der Steuerpflichtige trägt die Beweislast für die berufliche Nutzung des Fahrzeugs. Das bedeutet:

  • Schwärzungen müssen nachvollziehbar begründet werden.
  • Die berufliche Veranlassung der Fahrten ist ggf. zusätzlich darzulegen (z. B. durch allgemeine Umschreibungen oder ergänzende Angaben).
  • Ist das Fahrtenbuch nicht nachvollziehbar oder lückenhaft, greift die 1%-Methode, auch bei Berufsgeheimnisträgern.

Unser Tipp für die Praxis

Wenn Sie als Berufsgeheimnisträger ein Fahrtenbuch führen, beachten Sie Folgendes:

✅ Verwenden Sie ein elektronisches Fahrtenbuch, das zeitnah und manipulationssicher geführt wird.
✅ Schwärzen Sie nur das unbedingt Notwendige – insbesondere keine Ortsnamen oder allgemeinen Fahrtzwecke.
✅ Fügen Sie ggf. ergänzende Angaben hinzu, um die berufliche Veranlassung plausibel zu machen.
✅ Dokumentieren Sie, warum Schwärzungen erforderlich waren.

Wenn Sie Unterstützung bei der Fahrtenbuchführung oder der steuerlichen Fahrzeugnutzung benötigen, sprechen Sie uns gern an. Wir beraten Sie individuell – natürlich unter Wahrung Ihrer Verschwiegenheit.


Quelle: Finanzgericht Hamburg, Newsletter 1/2025 zum Urteil vom 13.11.2024 – Az. 3 K 111/21
(BFH-Az.: VIII R 35/24 – noch nicht rechtskräftig)

Umsatzsteuer auf Direktverbrauch von Strom und Wärme: BMF klärt Anwendung nach aktueller BFH-Rechtsprechung

BMF-Schreiben vom 31.03.2025 zur Umsatzbesteuerung des Direktverbrauchs in KWK-Anlagen & Co. – Übergangsregelung bis Ende 2025


Mit dem koordinierenden Ländererlass vom 31. März 2025 setzt das Bundesfinanzministerium (BMF) die aktuelle BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Direktverbrauchs bei KWK- und anderen Energieerzeugungsanlagen um. Im Fokus stehen:

  • der Stromverbrauch vor Netzeinspeisung, insbesondere bei KWK-Zuschlägen
  • die unentgeltliche Wertabgabe bei Wärmeerzeugung
  • und die korrekte Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch.

1. Keine Lieferung beim Direktverbrauch von Strom

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits mit mehreren Urteilen (u. a. XI R 18/21, V R 22/21) entschieden:
Wird Strom in einer Anlage erzeugt und direkt (ohne Netzeinspeisung) selbst verbraucht, liegt keine steuerbare Lieferung an den Netzbetreiber vor – auch dann nicht, wenn KWK-Zuschläge gezahlt werden.

Das bedeutet konkret:

✅ Keine fiktive Lieferung an den Netzbetreiber
✅ Keine Rücklieferung an den Anlagenbetreiber
✅ Nur tatsächlich in das Netz eingespeister Strom ist umsatzsteuerlich relevant
✅ Die reine Infrastrukturbereitstellung begründet keine Verfügungsmacht beim Netzbetreiber

👉 Der KWK-Zuschlag ist kein umsatzsteuerliches Entgelt, wenn kein Netzbezug stattfindet.


2. Wärme: Wertabgabe nur zu Selbstkosten – keine Durchschnittspreise

In weiteren Urteilen (V R 34/20, XI R 31/19) hat der BFH zur Wärmeabgabe aus Blockheizkraftwerken und Biogasanlagen entschieden:

❌ Die pauschale Anwendung eines durchschnittlichen Fernwärmepreises als Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Wertabgaben ist nicht zulässig.

✅ Maßgeblich sind die anteiligen Selbstkosten, sofern kein Marktpreis ermittelt werden kann – etwa wenn keine Einspeisung in ein Wärmenetz erfolgt.

Außerdem:
Die Aufteilung der Kosten hat nicht „energetisch“ zu erfolgen (nach kWh), sondern über die Marktpreismethode (wirtschaftlich erzielbare Werte).


3. Wer gilt als „nahestehend“ im Sinne des Umsatzsteuerrechts?

Das BMF stellt klar:
Nicht nur natürliche Personen sind nahestehend. Auch Gesellschaften, an denen der Unternehmer beteiligt ist, gelten als nahestehende Personenwenn rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehungen vorliegen.


4. Anwendung und Übergangsregelung

Die neuen Grundsätze gelten für alle offenen Fälle, d. h. rückwirkend, sofern keine Bestandskraft eingetreten ist. Dennoch schafft das BMF Übergangsschutz:

Bis 31. Dezember 2025 kann weiterhin die bisherige Auffassung gemäß UStAE alter Fassung angewandt werden – sofern Netzbetreiber und Anlagenbetreiber übereinstimmend handeln.

📌 Das betrifft insbesondere Fälle der Direktvermarktung mit KWK-Zuschlag, bei denen bisher eine steuerbare Lieferung fingiert wurde.


Fazit: Klarheit für Betreiber – aber auch Handlungsbedarf

Mit dem BMF-Schreiben vom 31.03.2025 liegt nun eine bundeseinheitliche Auslegung der BFH-Rechtsprechung zur Direktverbrauchsproblematik vor. Für die Praxis bedeutet das:

  • Keine Umsatzsteuerpflicht für dezentral verbrauchten Strom, wenn keine Einspeisung erfolgt
  • Wärme-Eigenverbrauch ist nur mit den Selbstkosten zu bewerten
  • KWK-Zuschläge sind nicht automatisch Entgelte
  • Übergangsregelung bis Ende 2025 nutzen!

Wer eine Anlage zur Energieerzeugung betreibt oder plant, sollte prüfen:

  • Wird Strom eingespeist oder selbst verbraucht?
  • Wie wird die Wärme bilanziert?
  • Gibt es enge Beziehungen zu beteiligten Gesellschaften?

Checkliste: Umsatzsteuerliche Behandlung des Direktverbrauchs bei KWK- & Energieerzeugungsanlagen

Zielgruppe: Betreiber von Blockheizkraftwerken, Photovoltaik-, Biogas- und KWK-Anlagen


1. Allgemeiner Überblick

  • Direktverbrauch liegt vor, wenn Strom/Wärme nicht in das Netz eingespeist, sondern direkt selbst genutzt wird.
  • Nach aktueller BFH-Rechtsprechung ist der Direktverbrauch nicht als Lieferung an den Netzbetreiber zu werten.
  • Das BMF hat die BFH-Urteile mit Schreiben vom 31.03.2025 übernommen.

2. Strom: Umsatzsteuerliche Behandlung

  • Keine Lieferung an den Netzbetreiber, wenn keine physische Einspeisung erfolgt
  • Keine fiktive Rücklieferung an den Anlagenbetreiber
  • ✅ Nur tatsächlich eingespeiste Strommengen sind steuerlich relevante Lieferungen
  • ❌ KWK-Zuschläge für direkt verbrauchten Strom sind nicht steuerbar

Tipp: Prüfen, ob für den direkt verbrauchten Strom in der Vergangenheit eine steuerbare Lieferung fingiert wurde – ggf. Korrektur möglich.


3. Wärme: Behandlung unentgeltlicher Wertabgaben

  • ✅ Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG liegt vor bei Eigenverbrauch
  • ❌ Keine Pauschalierung mit Durchschnittspreisen (z. B. Fernwärmepreis)
  • Bemessungsgrundlage = anteilige Selbstkosten
  • ✅ Aufteilung der Kosten nicht nach kWh, sondern nach Marktwert (Marktpreismethode)

4. Nahestehende Personen

  • Nicht nur natürliche Personen, sondern auch Gesellschaften können nahestehend sein
  • Maßgeblich: enge rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehungen

5. Anwendung und Übergangsregelung

  • Neue Regelungen gelten in allen offenen Fällen
  • ✅ Für Umsätze bis 31.12.2025: keine Beanstandung bei Anwendung der bisherigen Rechtslage, wenn Netzbetreiber und Betreiber übereinstimmen
  • ✅ Sonderregelung für KWK-Zuschläge: Bis 2025 können diese noch als steuerpflichtig behandelt werden, sofern einvernehmlich

6. Praxistipps

  • Verträge mit Netzbetreibern überprüfen: Besteht Übereinstimmung zur Behandlung von KWK-Zuschlägen?
  • Dokumentation sicherstellen: Direktverbrauch, Einspeisemengen, Kostenaufteilung
  • Steuerberater frühzeitig einbeziehen bei Umstellungen oder Einspruchsverfahren

Fazit: Anlagenbetreiber sollten die neue umsatzsteuerliche Einordnung aktiv prüfen und anpassen, insbesondere bei KWK-Zuschlägen und der Bewertung von Direktverbrauch. Die Übergangsfrist bis Ende 2025 bietet Spielraum zur Umstellung – aber auch Handlungsbedarf.

Keine steuerbare Einnahme: Untreue führt nicht zu Einkommensteuer

FG Schleswig-Holstein: Rückflüsse aus veruntreuten Geldern sind keine steuerpflichtigen sonstigen Einkünfte – Urteil rechtskräftig


Nicht jede Geldzahlung, die dem Steuerpflichtigen zufließt, ist auch steuerpflichtig. Das hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 2. Mai 2024 (Az. 4 K 84/23) entschieden – mit einem bemerkenswerten Ergebnis: Rückflüsse aus einer Untreuehandlung stellen keine steuerbaren Einkünfte dar – auch dann nicht, wenn sie dem Steuerpflichtigen zur persönlichen Bereicherung dienen.

Das Urteil ist rechtskräftig – und zeigt, wie eng die steuerrechtliche Beurteilung an das Zivil- und Strafrecht anknüpft.


Worum ging es im konkreten Fall?

Ein Arbeitnehmer hatte in seiner Position Zahlungen vom Geschäftskonto seines Arbeitgebers an einen Dritten veranlasst – mit dem Ziel, diesem für die Beeinflussung von Vergabeentscheidungen eine Zahlung zukommen zu lassen. Intern war mit dem Dritten jedoch abgesprochen, dass ein Teil dieser Zahlung wieder an den Arbeitnehmer zurückfließen sollte – was auch geschah.

Das Finanzamt wollte diese Rückflüsse als steuerpflichtige sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) erfassen – der Arbeitnehmer wehrte sich dagegen.


Die Entscheidung des Finanzgerichts

Das FG Schleswig-Holstein wies die Auffassung der Finanzverwaltung zurück:

  • Die Rückzahlung des Dritten sei keine Gegenleistung für eine Leistung des Klägers – sondern Teil einer vorher vereinbarten Beuteteilung.
  • Die Auszahlung an den Dritten sowie der Rückfluss an den Kläger erfolgten auf Grundlage eines einheitlichen kriminellen Plans.
  • Es handele sich nicht um eine wirtschaftlich begründbare Transaktion, sondern um eine bloße Aufteilung von veruntreutem Geld.
  • Es sei dabei steuerlich unerheblich, ob der Kläger zuerst selbst die Gelder veruntreut oder deren Auszahlung an den Dritten veranlasst habe – die Rückzahlung sei in beiden Fällen keine steuerbare Einnahme.

Steuerrecht trifft Strafrecht – warum das Urteil konsequent ist

Das Einkommensteuerrecht setzt grundsätzlich eine Vermögensmehrung im wirtschaftlichen Eigentum voraus. Wenn Gelder aufgrund einer Untreuehandlung vereinnahmt werden, besteht jedoch kein rechtlicher Anspruch auf das Geld, sondern vielmehr eine Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem geschädigten Eigentümer.

Im Ergebnis liegt daher keine echte „Bereicherung“ im steuerlichen Sinne vor – sondern ein (häufig strafbarer) Besitz ohne Rechtsgrundlage.

Auch wenn das Finanzgericht hier eine Nichtsteuerbarkeit bejaht, bedeutet das keinesfalls Straffreiheit. Im Gegenteil:

  • Die Untreuehandlung erfüllt regelmäßig den Tatbestand nach § 266 StGB.
  • Rückflüsse aus veruntreutem Vermögen unterliegen nicht der Einkommensteuer, aber sehr wohl der strafrechtlichen Verfolgung.
  • Auch die bloße Bereitstellung der Zahlungsströme kann für beide Beteiligte eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit oder Bestechung (§§ 299 ff. StGB) begründen.

Tipp für die Praxis:
Eine steuerlich nicht erfasste Einnahme kann trotzdem Auslöser für Ermittlungsverfahren sein. Steuerfreiheit ≠ Straffreiheit.

Grafik: Wann ist ein Vermögenszufluss steuerbar?

ZuflussartSteuerpflicht?Begründung
Arbeitslohn✅ JaEntgelt für eine Leistung
Schenkung❌ NeinUnterliegt ggf. der Schenkungsteuer, aber nicht der Einkommensteuer
Rückzahlung aus Untreuehandlung❌ NeinKein wirtschaftlicher Leistungsaustausch – bloße Beuteteilung
Provision für Vertragsvermittlungen✅ JaEntgeltliche Leistung, § 22 Nr. 3 oder § 15 EStG
Unterschlagung/Betrug mit Rückfluss❌ NeinKein zivilrechtlicher Anspruch, keine Einkunftsquelle
Schwarzgeld (z. B. bei Bauleistung)✅ JaSteuerpflicht trotz Illegalität, § 40 AO

Praxistipp: Grenzen der Steuerpflicht bei unrechtmäßigen Zuflüssen

Nicht jede Zahlung, die den Kontostand erhöht, löst auch Einkommensteuer aus. Besonders bei kriminellen Vorgängen wie Untreue, Unterschlagung oder Diebstahl ist Vorsicht geboten:

Strafrechtlich relevant = ja
Steuerpflichtig = nicht automatisch!

Aber Achtung: Das bedeutet nicht, dass solche Vorgänge steuerlich folgenlos bleiben. In anderen Konstellationen – etwa bei verdeckten Vergütungen oder Scheingeschäften – kann durchaus eine Steuerpflicht entstehen.


Fazit: Rückflüsse aus Unrechtstatbeständen sind keine steuerbaren Einnahmen

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat einen wichtigen Grundsatz bekräftigt:
Kriminell erlangte Gelder – auch wenn sie zur privaten Verfügung stehen – führen nicht zwangsläufig zu steuerpflichtigen Einkünften.
Die bloße Vermögensmehrung reicht nicht aus – es braucht einen wirtschaftlichen Leistungsaustausch.

Aber: Sie sind regelmäßig strafrechtlich relevant – und können auch steuerlich relevant werden, z. B. bei Verschleierungsversuchen oder Geldwäsche.

Verfallene Prepaid-Guthaben: Umsatzsteuerpflichtige Entgelte – nicht bloß verfallene Beträge

FG Schleswig-Holstein: Restguthaben aus Mobilfunkverträgen sind steuerpflichtige Gegenleistung – Revision beim BFH anhängig


Was passiert, wenn Kund:innen Prepaid-Guthaben aufladen, aber diese später nicht vollständig aufbrauchen? Lange war umstritten, ob solche verfallenen Beträge umsatzsteuerpflichtig sind. Mit Urteil vom 17.09.2024 (Az. 4 K 26/22) hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein nun entschieden: Ja – es handelt sich um steuerpflichtige Entgelte. Die Klägerin hat Revision beim BFH (V R 20/24) eingelegt.


Worum ging es im konkreten Fall?

Die Klägerin betrieb Mobilfunkdienste über eine Tochtergesellschaft und vertrieb aufladbare Prepaid-Karten. Die Kund:innen konnten Leistungen (Telefonie, SMS, Daten) entweder direkt bei der Anbieterin oder bei Dritten buchen. Nicht verbrauchtes Guthaben blieb zunächst rückforderbar – wurde aber häufig nicht abgerufen und verfiel.

Streitpunkt: Muss auf diese verfallenen Guthaben Umsatzsteuer abgeführt werden, obwohl ihnen keine konkrete Einzelleistung gegenüberstand?

Die Klägerin argumentierte:

  • Nur tatsächlich in Anspruch genommene Leistungen seien steuerbar.
  • Die bloße Bereitstellung der Netzinfrastruktur sei unentgeltlich erfolgt.
  • Bei Prepaid-Guthaben handle es sich um Mehrzweckgutscheine i.S.d. Gutscheinrichtlinie – deren Verfall sei nicht steuerbar.

Die Entscheidung des FG Schleswig-Holstein

Das Gericht wies die Klage ab und bezog sich auf die bestehende BFH-Rechtsprechung (u. a. BFH XI R 4/17):

  • Auch verfallene Prepaid-Guthaben beruhen auf dem ursprünglichen Vertragsverhältnis und sind als Entgelt für eine Leistung zu werten.
  • Die Leistung liegt bereits in der Bereitstellung der technischen Infrastruktur und der Ermöglichung von Mobilfunkverbindungen – auch passiv (Erreichbarkeit).
  • Der Verfall kommt einer Überzahlung gleich – die wirtschaftliche Grundlage bleibt die ursprüngliche Vereinbarung.
  • Die Behandlung als Mehrzweckgutschein wurde abgelehnt: Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 13 und Abs. 15 UStG lägen nicht vor, auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht.
  • Eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG komme ggf. in Betracht, sei hier aber nicht einschlägig.

Revision anhängig beim BFH

Die Klägerin hat gegen das Urteil Revision eingelegt – das Verfahren ist nun beim Bundesfinanzhof unter dem Az. V R 20/24 anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH die Sichtweise des FG Schleswig-Holstein bestätigt.


Was bedeutet das für die Praxis?

📌 Prepaid-Guthaben, die nicht eingelöst und nicht rückgefordert werden, sind als umsatzsteuerpflichtige Entgelte zu behandeln.
📌 Mobilfunkanbieter, aber auch Anbieter vergleichbarer Prepaid-Modelle (z. B. Park-Apps, Streaming, E-Mobilität), müssen sich auf Steuernachforderungen einstellen, wenn Guthaben verfallen.
📌 Die bloße Bereitstellung einer Nutzungsmöglichkeit (auch passiv!) kann als steuerbare Leistung gelten – auch ohne Inanspruchnahme.


Fazit: Prepaid ist kein Gutschein – jedenfalls nicht umsatzsteuerlich

Das FG Schleswig-Holstein zieht eine klare Grenze: Nicht eingelöste Prepaid-Guthaben sind keine steuerfreien Mehrzweckgutscheine, sondern stellen ein steuerpflichtiges Entgelt für bereitgestellte Leistungen dar.

Wer entsprechende Modelle im eigenen Unternehmen anbietet, sollte dringend prüfen, ob Umsatzsteuer korrekt erklärt wurde – und ob Rückstellungen oder Berichtigungen erforderlich sind.