Bei Grunderwerbsteuer ist Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger

Kernaussage

Eine Erbengemeinschaft ist als Einheit und damit als Erwerberin im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes anzusehen. Sie kann daher auch bei einem steuerschädlichen Anteilserwerb von 95 % zur Tragung von Grunderwerbsteuer verpflichtet sein.

Sachverhalt
Die Kläger sind in Erbengemeinschaft Miterben des im Jahr 2007 verstorbenen Erblassers. Dieser war mit 85 % an einer GmbH beteiligt, die restlichen 15 % hielt eine weitere Person. Auf einer Gesellschafterversammlung der GmbH wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen, wobei die Gesellschafter im Verhältnis ihrer bisherigen Anteile zur Übernahme zugelassen wurden. Da aber der weitere Gesellschafter eine Übernahmeerklärung nicht abgab und daher nicht an der Kapitalerhöhung teilnahm, erhielt die Erbengemeinschaft alle neuen Anteile. Die Erbengemeinschaft war daher sodann mit 97 % an der GmbH beteiligt. Da zum Gesellschaftsvermögen Grundbesitz gehörte, setzte das Finanzamt für die Erbengemeinschaft Grunderwerbsteuer fest. Hiergegen wandten sich die Erben. Es läge keine Überschreitung des gesetzlichen Erwerbsschwelle von 95 % der Anteile an der GmbH vor. Vielmehr habe jeder Miterbe nur die Hälfte der Anteile. Die Erbengemeinschaft könne als reine Abwicklungsgesellschaft nicht als Einheit angesehen werden.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Die Miterbengemeinschaft sei in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Erwerberin anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei eine Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes. Sie sei zwar zivilrechtlich nicht rechtsfähig. Gleichwohl sei sie aber nach außen auch bürgerlich-rechtlich weit verselbstständigt. Diese Betrachtungsweise entspreche auch dem Zweck des Grunderwerbsteuergesetzes. Mit der dort geregelten Fiktion sollen Rechtshandlungen, die auf die Vereinigung von Anteilen in einer Hand gerichtet seien, dem Grundstückserwerb gleichgestellt werden.

Konsequenz
Wenn eine Erbengemeinschaft Anteile an einer Gesellschaft erwirbt, zu deren Aktivvermögen Grundbesitz gehört, kann dies zu Grunderwerbsteuer führen. Entscheidend ist, ob die von der Erbengemeinschaft gehaltenen Anteile 95 % des Gesellschaftsanteile ausmachen. Eine transparente Betrachtung ist nicht möglich. Die Revision ist eingelegt.