1. Wann sind Beteiligungsverluste abziehbar?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Urteil vom 31.01.2024 (X R 11/22) klargestellt, dass der Verlust von Kapitalgesellschaftsanteilen, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers gehören, auch bei einem Wechsel zur Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) den Gewinn mindern kann. Entscheidend ist dabei, wann die für den Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind.
2. Sachverhalt
Der Kläger (K) war an der X GmbH beteiligt und führte zudem ein gewerbliches Einzelunternehmen, das Beratungsleistungen erbrachte und Wirtschaftsgüter vermietete (darunter auch an die X GmbH).
- K ermittelte seinen Gewinn zunächst durch Betriebsvermögensvergleich und aktivierte in den Bilanzen die Beteiligung an der X GmbH sowie Darlehensforderungen gegenüber der GmbH.
- Später wechselte K zur Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Zu diesem Zeitpunkt stellte die X GmbH ihren Geschäftsbetrieb ein.
- K erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen Verlust aus der Auflösung der X GmbH. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) erkannten diesen Verlust nicht an. Der BFH sah dies jedoch teilweise anders.
3. Entscheidung des BFH
Der BFH stellte fest, dass die GmbH-Beteiligung und die Darlehensforderungen bis zum Streitjahr zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmers K gehörten. Die folgenden Grundsätze wurden dabei konkretisiert:
- Keine Entnahme durch Gewinnermittlungswechsel: Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart (z. B. von Bilanzierung zur EÜR) führt nicht automatisch zu einer Entnahme von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen. Die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft bleibt weiterhin Teil des Betriebsvermögens, solange keine aktive Entnahme erfolgt.
- Verlustberücksichtigung: Der Verlust der Beteiligung ist im Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die aufgewendeten Mittel für das Wirtschaftsgut endgültig verlorengegangen sind. Im vorliegenden Fall hätte K den Verlust bei der Umstellung auf die EÜR im Übergangsergebnis ansetzen müssen.
- Nachträgliche Zahlungen: Da K in den Streitjahren noch weitere Zahlungen geleistet hatte, verwies der BFH die Angelegenheit zurück an das FG, um zu klären, ob diese Zahlungen zu einer Verlustberücksichtigung führen.
4. Praxishinweis
- Verlustberücksichtigung bei EÜR: Die Entscheidung des BFH macht deutlich, dass eine Beteiligung, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, diese Zuordnung erst durch eine Entnahme verliert. Der Wechsel zur Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) allein führt nicht zu einer solchen Entnahme.
- Zeitpunkt des Betriebsausgabenabzugs: Für den Verlustabzug ist der Zeitpunkt entscheidend, wann die aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind. Dies bedeutet, dass der Verlust nicht beliebig verlagert werden kann, sondern zu dem Zeitpunkt anzusetzen ist, an dem der Wertverfall endgültig eingetreten ist.
- Kein Rückgriff auf § 17 EStG: Die Grundsätze zur Verlustberücksichtigung im Betriebsvermögen sind unabhängig von den Regelungen für Beteiligungsverluste im Privatvermögen nach § 17 Abs. 4 EStG. Somit kann die spezielle Behandlung nach § 17 EStG hier nicht angewendet werden.
Zusammenfassung
Die Entscheidung des BFH klärt, dass eine Beteiligung, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines Einzelgewerbetreibenden gehört, auch nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart zur Einnahmenüberschussrechnung weiterhin Teil des Betriebsvermögens bleibt. Ein Verlust dieser Beteiligung kann daher auch im Rahmen der EÜR gewinnmindernd berücksichtigt werden. Maßgeblich für den Verlustabzug ist, wann die für die Beteiligung aufgewendeten Mittel endgültig verloren sind.
Quelle: BFH, Urteil vom 31.01.2024 – X R 11/22