Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung im Steuerrecht

Einleitung

Die Themen Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung gehören zu den komplexeren Bereichen im deutschen Steuerrecht. Sie betreffen insbesondere Unternehmer, Gesellschaften sowie deren steuerliche Berater und spielen bei Umstrukturierungen, Nachfolgelösungen oder der Aufgabe gewerblicher Tätigkeiten eine wichtige Rolle. In diesem Beitrag erhalten Sie eine praxisorientierte Übersicht über die steuerlichen Grundlagen, Zweifelsfragen und aktuelle Verwaltungsauffassungen.


1. Betriebsaufspaltung: Voraussetzungen und steuerliche Folgen

1.1 Grundbegriffe

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmen (sog. Besitzunternehmen) wesentliche Betriebsgrundlagen (z. B. Immobilien, Maschinen) an ein anderes Unternehmen (sog. Betriebsunternehmen) überlässt und dabei sowohl eine sachliche als auch eine personelle Verflechtung besteht.

  • Sachliche Verflechtung: Das Besitzunternehmen überlässt wesentliche Betriebsgrundlagen an das Betriebsunternehmen.
  • Personelle Verflechtung: Eine Person oder eine Personengruppe beherrscht beide Unternehmen.

1.2 Bedeutung von Einstimmigkeitsabreden

Entscheidend für die personelle Verflechtung ist, ob die beherrschende Person ihren Willen im Besitzunternehmen durchsetzen kann. Einstimmigkeitsabreden in Gesellschaftsverträgen (z. B. bei GbR, OHG, KG) können eine Beherrschung verhindern und damit das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung ausschließen (vgl. BFH, Urteile vom 21.01.1999, 11.05.1999, 15.03.2000).

  • Bei echten Einstimmigkeitsregeln für alle Geschäfte des täglichen Lebens ist keine personelle Verflechtung gegeben.
  • Bei Einstimmigkeit nur für außergewöhnliche Geschäfte bleibt die personelle Verflechtung bestehen.

Praxis-Tipp: Die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung sollte stets kritisch überprüft werden, um ungewollte steuerliche Folgen zu vermeiden.


2. Betriebsverpachtung im Ganzen und das Verpächterwahlrecht

2.1 Grundlagen

Bei einer Betriebsverpachtung im Ganzen bleibt der Betrieb steuerlich bestehen, obwohl er nicht mehr aktiv geführt wird. Der Unternehmer hat in diesen Fällen ein Verpächterwahlrecht:

  • Entweder er erklärt die Betriebsaufgabe und versteuert die stillen Reserven;
  • Oder er nutzt das Verpächterwahlrecht, der Betrieb ruht weiter steuerlich, und die Einkünfte gelten weiterhin als gewerblich.

2.2 Wiederaufleben des Verpächterwahlrechts (BMF vom 17.10.1994)

In bestimmten Konstellationen, in denen das Verpächterwahlrecht ursprünglich nicht bestand, kann es wieder aufleben, z. B.:

  • Gewerblich geprägte Personengesellschaft: Das Wahlrecht kann aufleben, wenn die gewerbliche Prägung wegfällt.
  • Ausscheiden eines verpachtenden Mitunternehmers: Nach dem Ausscheiden kann das Wahlrecht bestehen.
  • Ende einer Betriebsaufspaltung: Fällt die personelle Verflechtung weg, lebt das Verpächterwahlrecht auf.

3. Betriebsfortführungsfiktion nach § 16 Abs. 3b EStG

Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde in § 16 Abs. 3b EStG eine Fiktion der Betriebsfortführung eingeführt:

  • Ein Betrieb gilt bei Verpachtung im Ganzen oder Unterbrechung nicht als aufgegeben,
  • solange keine ausdrückliche Aufgabeerklärung abgegeben wird oder dem Finanzamt keine Tatsachen zur Aufgabe bekannt werden.

Diese Regelung verhindert eine ungewollte Betriebsaufgabe mit steuerlicher Aufdeckung der stillen Reserven.


4. Unechte Betriebsaufspaltung und steuerliche Folgen

Liegt keine personelle Verflechtung vor, handelt es sich um eine sog. unechte Betriebsaufspaltung. Steuerlich hat dies erhebliche Auswirkungen:

  • Die Wirtschaftsgüter gehören nicht zum Betriebsvermögen,
  • es liegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor,
  • eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 EStG ist nicht gegeben.

Wenn in der Vergangenheit fälschlich von einer echten Betriebsaufspaltung ausgegangen wurde, kann eine Rückabwicklung unter bestimmten Bedingungen erfolgen (vgl. BMF vom 07.10.2002).


5. Gestaltungshinweise und Praxistipps

  • Prüfen Sie bei jeder Vermietung an eine verbundene Gesellschaft, ob eine Betriebsaufspaltung vorliegt.
  • Achten Sie auf die Formulierungen in Gesellschaftsverträgen (z. B. Einstimmigkeit vs. Mehrheitsentscheidungen).
  • Nutzen Sie das Verpächterwahlrecht bewusst und dokumentieren Sie die Ausübung oder Nichtausübung klar.
  • Geben Sie eine Aufgabeerklärung nur ab, wenn Sie die steuerliche Betriebsaufgabe wirklich herbeiführen wollen.

Fazit

Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung bergen erhebliche steuerliche Chancen und Risiken. Eine fundierte steuerliche und gesellschaftsrechtliche Beratung ist unerlässlich, insbesondere bei Umstrukturierungen, Nachfolgeplanungen oder Verpachtungen. Durch kluge Gestaltung und rechtzeitige Dokumentation lassen sich steuerliche Nachteile vermeiden.

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