Betriebsprüfung | Zuschätzungen aufgrund eines Zeitreihenvergleichs (FG)

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass Zuschätzungen auf Grundlage eines sog. Zeitreihenvergleichs zulässig sind, wenn die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist (FG Münster, Urteil v. 26.7.2012 – 4 K 2071/09 E,U, Nichtzulassungsbeschwerde anhängig).

Nach der Rechtsprechung des BFH ist es zwar nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in ein Kassenbuch eingetragen werden; dann muss aber das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons oder aber die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden. Eine Aufbewahrungspflicht besteht lediglich dann nicht, wenn die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden (siehe hierzu BFH, Urteil v. 20.6.1985 – IV R 41/82, m.w.N.). Zu den aufzubewahrenden Unterlagen gehören auch die Organisationsunterlagen einer verwendeten Registrierkasse, um Manipulationen aufdecken zu können (Drüen in Tipke/Kruse, § 147 AO Rn. 24). Aufbewahrungspflichtig nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist auch die Speisekarte einer Gaststätte (FG München, Urteil v. 29.10.2009 – 15 K 219/07).

Der Kläger betrieb eine Speisegaststätte und führte für seine Bareinnahmen eine elektronische Registrierkasse. Einen Teil seiner Bareinnahmen buchte er jedoch nicht über die Kasse. Zudem waren die Tagesendsummenbons nicht vollständig bzw. nicht datiert. Das Finanzamt sah die Buchführung nicht als ordnungsgemäß an und schätzte Umsätze und Gewinne auf Grundlage eines Zeitreihenvergleichs hinzu. Dabei ermittelte es wöchentliche Rohgewinnaufschlagsätze und bildete für je zehn aufeinanderfolgende Wochen Mittelwerte. Den jeweils höchsten Mittelwert wendete es auf den erklärten Wareneinkauf an. Der Kläger wendete gegen die Zuschätzungen ein, dass seine Buchführung ordnungsgemäß sei und machte grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des Zeitreihenvergleichs geltend.

Die Kassenführung des Klägers, der wegen des hohen Anteils des Bargeschäfts eine erhebliche Bedeutung zukommt, ist nicht ordnungsgemäß, da nicht alle Bareinnahmen in der Registrierkasse erfasst worden sind. Die unvollständigen bzw. teilweise nicht datierten Tagesendsummenbons sind zudem nicht geeignet, eine Gewähr für die vollständige Erfassung der Einnahmen zu bieten. Der Zeitreihenvergleich stellt auch eine geeignete Schätzungsmethode für eine Speisegaststätte dar. Er geht davon aus, dass eingekaufte Waren innerhalb eines kurzen Zeitraums verbraucht werden und dass es in der Praxis kaum möglich ist, den Wareneinkauf wochenweise genau zu verschweigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Betriebsstruktur im Schätzungszeitraum nicht wesentlich verändert hat. Als innerer Betriebsvergleich liefert der Zeitreihenvergleich ein wahrscheinlicheres Ergebnis als andere Methoden (z.B. eine Richtsatzschätzung).

Quelle: FG Münster online