Im Ertragswertverfahren ist die hypothetische Miete, die für die Mietobjekte nach Änderungen von Zuschnitt und Ausstattung zum Fortschreibungszeitpunkt 1.1.2006 nach den Wertverhältnissen von 1964 üblicherweise zu zahlen gewesen wäre, grundsätzlich anhand der seinerzeitigen örtlichen Mietenspiegel zu bestimmen, deren Heranziehung der Höhe nach nicht durch die Tabellen-mieten des Zweiten Bundesmietengesetzes (2. BMietG) begrenzt wird. Auch wenn ein Steuerpflichtiger im Massenverfahren der Einheitsbewertung für die Zwecke der Grundsteu-er keinen Anspruch auf ein Einzelgutachten hat, kann das Gericht ein Sachverständigen-gutachten einholen. Bei der Beweiswürdigung kann zu Lasten des Steuerpflichtigen berück-sichtigt werden, wenn er bei der Ermöglichung der Besichtigung der Räumlichkeiten nicht mitgewirkt und es etwa dem Gericht oder dem Sachverständigen überlassen hat, bei unvorbereitet tagsüber anwesenden Mietern um freiwilligen Einlass zu bitten, Urteil des 3. Senats vom 30.8.2013, 3 K 206/11 rechtskräftig.
FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 3 K 206/11
Urteil des Einzelrichters vom 30.08.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: AO § 99, AO§ 165, BewG § 19, BewG § 21, BewG § 27, BewG § 68, BewG § 76, BewG § 79, BewG § 82, GG Art. 3, 2. BMietG § 4, FGO § 76, FGO § 81, FGO § 82, ZPO § 402
Leitsatz: 1. Der Entscheidung über den Einheitswert 2006 steht die zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung für 2007 anhängige Ver-fassungsbeschwerde nicht entgegen, zumal nach Vorläufigkeitserklärung gemäß § 165 AO.
2. Im Ertragswertverfahren sind nach zwischenzeitlichen Ein- und Umbauten die für den aktuellen Zustand in 1964 üblich gewesenen Mieten grundsätzlich anhand der örtlichen Mietespiegel zu bestimmen; deren Heranziehung wird der Höhe nach nicht durch die Tabellenmieten des Zweiten Bundesmietengesetzes (2. BMietG) begrenzt.
3. Dass ein Steuerpflichtiger im Massenverfahren der Einheitsbewertung für die Zwecke der Grundsteuer keinen Anspruch auf ein Einzelgutachten hat, schließt die Einholung eines (ggf. mdl.) Sachverständigengutachtens i. V. m. richterlicher Augenscheinseinnahme nicht aus.
4. Soweit der Stpfl. zur Ermöglichung der Besichtigung der Räumlichkeiten nicht mitwirkt und es etwa dem Gericht überlässt, bei unvorbereitet tagsüber anwesenden Mietern um freiwilligen Einlass zu bitten, kann dieses Verhalten bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden.
Überschrift: Bewertungsgesetz: Einheitsbewertung eines gemischt genutzten Grundstücks
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Einheitswerts auf den 1. Januar 2006 für ein 1892 bebautes, gemischt genutztes Eck-Grundstück.
I.
1. Das Gebäude in beiderseits geschlossener Bauweise in Hamburg-R. verfügt über Erdgeschoss (bzw. Hochparterre), drei Obergeschosse, Untergeschoss (bzw. Souterrain) und Dachböden (Bau-A; Foto, EW-A vor Bl. 2; Beweisaufnahme-Protokoll, FG-A Bl. 167 ff.).
2. Auf den 1. Januar 1964 wurden die Mieten für den Einheitswert mangels betragsmäßiger Erklärung in 1971 komplett pauschal auf 1,80 DM/qm geschätzt (vgl. Wohnungs-Mietespiegel 1964, Rubrik Altbauten Ausstattungsstufe 2; EW-A Bl. 4, 11).
3. Nach diversen Mietereinbauten, Umbauten (Bau-A Bd. I-II) und nach Zwangsversteigerungs-Anordnung 2004-2005 veräußerten die letzten Voreigentümer das Grundstück für 2,55 Mio Euro mit notariellem Kaufvertrag und Auflassung vom … 2005 per 1. Januar 2006 an den Kläger, eingetragen am … 2006 (Gr-A Bl. … ff.; EW-A Bl. … ff.; GB-Auszug, FG-Anlbd.).
II.
1. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) war nach Grundstückserwerb des Klägers und Einheitswert-Zurechnungsfortschreibung (vgl. Eingabe vom 9. Januar 2006, EW-A Bl. 39) zunächst bis Februar 2010 mit der Kaufpreisaufteilung für das Wohnsitz-FA befasst (EW-A Bl. 42 ff., 66 f.) und erhielt dazu vom Kläger die durch die Verkäufer bei Vertragsschluss übergebene Mietenliste (EW-A Bl. 53, 61R).
2. Der Kläger stellte am 15. März 2007 einen Antrag auf Teilerlass der Grundsteuer 2006 wegen Ertragsminderung gemäß § 33 GrStG und reichte dazu Unterlagen betreffend die geforderten und tatsächlichen Mieten 2006 ein. Außerdem übersandte der Kläger die fristlose Kündigung des Gaststättenmieters vom … 2006 wegen Bauschäden nebst Kopie der Schlüsselübergabe-Quittung vom … 2006 (EW-A Bl. 68 ff., 98 f.).
Das Erlassverfahren wurde nach Bescheid vom 18. November 2008 durch Einspruchsentscheidung des FA vom 23. Februar 2010 abgeschlossen (EW-A Bl. 100 ff., 108 ff.).
3. Mit der hier interessierenden Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 2006 befasste sich das FA spätestens seit Juni 2010, und zwar aufgrund (aus den vorgenannten Verfahren) bekannt gewordener Nutzungsänderungen (EW-A Bl. 119 ff.).
4. Unter dem 16. Juni 2010 erließ das FA den hier hinsichtlich der Höhe des Einheitswerts angefochtenen Bescheid über die Wert- und Artfortschreibung des Einheitswerts auf den 1. Januar 2006. Dabei setzte das FA wie folgt den Einheitswert von vorher 156.200 DM auf 585.500 DM bzw. 299.361 Euro herauf (EW-A Bl. 121, 124).
[in den folgenden Tabellen werden alle kursiv fettgedruckten Zahlen im Standard-Format wiedergegeben; die Summe-Symbole durch Fragezeichen ersetzt]
Beträge in DM
Fläche qm
Miete/qm
Miete p.M.
Miete p.a.
Schönheitsrep.
Jahresrohmiete
Wohnzwecke
1.118
2,10
2.347,80
28.173,60
105%
29.581
Labor
155
5,50
852,50
10.230,00
Büro-/Praxis
371
7,50
2.782,50
33.390,00
Souterrain Gaststätte
168
8,00
1.344,00
16.128,00
Lagerfläche
30
1,00
30,00
360,00
fremdgew. u.a. Zwecke Ʃ
5.009,00
60.108,00
103%
61.911
Ʃ Jahresrohmiete § 79 BewG
91.492
Vervielf. § 80 BewG Anl. 5 gew. >50%, Bauausf. A, Altbau vor 1895
6,4
Grundstückswert
585.548
Einheitswert in DM (gerundet § 30 BewG)
DM
585.500
Umrechnung in Euro (DM : 1,95583)
Einheitwert in Euro
Euro
299.361
III.
1. Der Kläger legte am 22. Juni 2010 Einspruch ein und wandte sich gegen die rückwirkende Erhöhung des Einheitswerts auf die mehrfache Höhe (EW-A Bl. 122 ff.). Ihm liege keine Genehmigung für die Büro- oder Praxisnutzung vor; für gewerblich genutzte Wohnungen sei nur die Miete nach dem Wohnungs-Mietespiegel um 40 % zu erhöhen. Die Gaststättenräume seien beschädigt (Durchfeuchtung, Schimmel, irreparable Heizung und Belüftung; EW-A Bl. 129 ff.), wie durch Gutachten eines Sachverständigen vom 20. Februar 2006 gemäß dessen Besichtigung vom 1. Februar 2006 belegt (EW-A Bl. 150 ff.; FG-Anlbd.).
2. Nach dem Einspruchs-Schriftverkehr und weiteren Ermittlungen (Fotos u. a. von Praxen- und Klingelschildern, EW-A Bl. 134 f., 138 ff.) entwarf das FA mit Schreiben vom 20. Juli 2011 nachstehende Neuberechnung. In dieser legte es für die OG-Wohnungen den Wohnungs-Mietespiegel 1964 Rubrik I Altbauten mit Ausstattungsstufe 3 zugrunde. Weiter ging das FA bei der EG-Labor- und Praxisfläche vom RDM-Preisspiegel 1964 Rubrik Büromieten und bei der UG-Gaststätte vom RDM-Preisspiegel Rubrik Ladenmieten aus (EW-A Bl. 147 f.).
Beträge in DM
Fläche qm
Miete/qm
Miete p.M.
Miete p.a.
Schönheitsrep.
Jahresrohmiete
OG Wohnzwecke
1.170
2,10
2.457,00
29.484,00
105%
30.958
EG Labor und Praxis
334
5,50
1.837,00
22.044,00
UG Gaststätte
168
7,50
1.260,00
15.120,00
UG Lagerfläche
30
1,00
30,00
360,00
fremdgewerbliche u.a. Zwecke Ʃ
3.127,00
37.524,00
103%
38.649
Ʃ Jahresrohmiete § 79 BewG
69.607
Vervielf. § 80 BewG Anl. 5 gew. >50%, Bauausf. A, Altbau vor 1895
6,4
Grundstückswert
445.484
Einheitswert in DM (gerundet § 30 BewG)
DM
445.400
Umrechnung in Euro (DM : 1,95583)
Einheitwert in Euro
Euro
227.729
Auf das Schreiben bezugnehmend stellte das FA mit Einspruchsentscheidung vom Freitag 30. September 2011 den Einheitswert auf 445.400 DM bzw. 227.729 Euro fest (EW-A Bl. 161 ff.). Die Einspruchsentscheidung wurde am selben Tag mit einfacher Post abgesandt (EW-A Bl. 162). Der dritte Tag danach war der Feiertag Montag 3. Oktober 2011.
IV.
Im Verfahren über die am 3. November 2011 erhobene Klage hat das FA die angefochtene Einheitswertfeststellung nach Erörterungstermin vom 7. Juni 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2012 (Protokoll S. 2, FG-A Bl. 51) nebst maschinellem Bescheid vom 12. September 2012 (FG-A Bl. 59) gemäß § 165 AO im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde BVerfG 2 BvR 287/11 bzw. die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens für vorläufig erklärt.
V.
Nach unterschiedlichem Vorbringen, Wechsel der Vertretung des Klägers, mündlichem Gutachten in der vorgenannten Verhandlung gemäß Außenbesichtigung des Sachverständigen und Aktenlage sowie aufgrund Verhandlung, Augenscheinseinnahme und mündlicher Begutachtung im Ortstermin vom 3. Juni 2013 haben die Beteiligten tatsächliche Verständigungen getroffen.
1. Und zwar haben die Beteiligten sich im Ortstermin – insoweit ohne Widerrufs- oder Gesamteinigungsvorbehalt – über folgende Flächen und – für den Zustand 1. Januar 2006 nach den Wertverhältnissen 1. Januar 1964 – üblichen Mieten/qm verständigt (OT-Prot. FG-A Bl. 167 ff., S. 11-12, 14).
Beträge in DM
Fläche qm
Miete/qm
OG Wohnzwecke
1.170,00
1,95
HP Labor-/Praxisfläche
334,00
Souterrain Büro
79,00
4,00
Souterrain Gaststätte
168,00
2. Unter Vorbehalt der Gesamteinigung bzw. des bis 13. Juni 2013 befristeten Widerrufs haben sich die Beteiligten auf Vorschlag des Sachverständigen und des Gerichts zugleich verständigt über die nachstehend fett kursiv eingetragenen
differenzierten Gaststättenflächen,
üblichen Mieten für Labor, Praxis, Gaststätte vorn und hinten sowie
11 % Ermäßigung des Grundstückswerts wegen Bauschäden
(OT-Prot. FG-A Bl. 167 ff., S. 13, 15, 17).
Die nachstehende Tabelle enthält zugleich die systematisch unstreitigen Umrechnungen in Jahresbeträge, erhöht um Schönheitsreparatur in die Jahresrohmiete und deren Vervielfältigung, so dass zugleich die Ermäßigung wegen Bauschäden und die gesamten betragsmäßigen Auswirkungen erkennbar werden.
Beträge in DM
Fläche qm
Miete/qm
Miete p.M.
Miete p.a.
Schönheitsrep.
Jahresrohmiete
OG Wohnzwecke
1.170,00
1,95
2.281,50
27.378,00
105%
28.746,90
HP Labor-/Praxisfläche
334,00
5,50
1.837,00
22.044,00
Souterrain Büro
79,00
4,00
316,00
3.792,00
Souterrain Gaststätte vorn
100,00
7,50
750,00
9.000,00
Souterrain Gaststätte hinten
68,00
3,75
255,00
3.060,00
fremdgewerbl. u.a.. Zwecke Ʃ
3.158,00
37.896,00
103%
39.032,88
Ʃ Jahresrohmiete § 79 BewG
67.779,78
Vervielf. § 80 BewG Anl. 5 Bauausf. A, Altbau vor 1895, gew. >50%,
6,4
Grundstückswert
433.790,59
Behebbare Bauschäden 11%
-0,11
Ermäßigung § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG
-47.716,97
ermäßigter Grundstückswert
386.073,63
Einheitswert in DM (gerundet § 30 BewG)
statt lt. EE DM 445.400,00
DM
386.000,00
Umrechnung in Euro (DM : 1,95583)
Einheitwert in Euro
statt lt. EE Euro 227.729,00
Euro
197.358,00
3. Bei Augenscheinseinnahme, mündlicher Begutachtung und Verständigung sind neben den Bauakten die vom Kläger (aus anderen Zusammenhängen) eingereichten schriftlichen Bauschäden-Gutachten bzw. -Kostenschätzungen vom 20. Februar 2006, 19. Dezember 2006, 18. Dezember 2010 und 22. Februar 2013 erörtert bzw. berücksichtigt worden, auch unter Mitwirkung der Bausachverständigen des FA; so speziell auch bei der vorgenannten Ermäßigung wegen Bauschäden (FG-Anlbd., OT-Protokoll FG-A Bl. 167 ff. S. 2 ff., 10 f., 11 ff., 15 ff.).
4. Der Kläger hat durch am 13. Juni 2013 eingegangenen Widerruf die (vorstehend fett kursiv bezeichneten) unter Widerruf- bzw. Gesamteinigungsvorbehalt verständigten Beträge wieder streitig gestellt (FG-A Bl. 191 ff.).
VI.
Nach Ablauf einer gemäß §§ 65, 79b FGO gesetzten und bis zum 16. August 2013 verlängerten Ausschlussfrist (FG-A Bl. 195, 206 ff., 211 ff.) trägt der Kläger zum aktuellen Gegenstand des Klagebegehrens und dessen Begründung im Wesentlichen vor, wobei er vorbehaltlos verständigte Mieten einbezieht (FG-A Bl. 216 ff., 220 ff.):
Für die Wohnungen betrage die übliche Miete gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG 1,80 DM, wie für die Hauptfeststellung 1964 geschätzt und im Bescheid vom 8. Dezember 1971 zugrunde gelegt. Diese Miete entspreche dem Wohnungs-Mietespiegel 1964 für Altbauten der Ausstattungsstufe 2. Bescheidene Umbaumaßnahmen, die zu einer punktuellen Standardhebung geführt haben könnten, seien an anderer Stelle durch Standardverschlechterungen bei Wohnungs- und Raumzuschnitten kompensiert worden.
Für die Labor- und Praxisflächen erscheine ein Wert von 3 DM/qm in der Wohngegend ohne Lieferzonen/Parkmöglichkeiten bei schlechter Raumverteilung mit alten Badezimmern geeignet. Der RDM-Preisspiegel 1964 könne im Unterschied zum Wohnungs-Mietespiegel 1964 höchstens als relatives Hilfsmittel eingesetzt werden. Am Beispiel verschiedener RDM- bzw. IVD-Preisspiegel mit Neubaumieten für 1993, 2012 und 2013 spreche der Anschein dafür, dass auch der RDM-Preisspiegel 1964 nur Neubaumieten enthalte. Der Anteil von Neubaumieten innerhalb eines Kalenderjahres belaufe sich nur auf ungefähr 10 %. Im Übrigen sei Mitte der 60er Jahre ein Großteil der Vermietungen im Unterschied zu heute gerade nicht durch Makler durchgeführt worden. Anstelle primär heranzuziehender Vergleichs- und Spiegelmieten sei ein Sachverständigengutachten nur höchst hilfsweise einzuholen. Lebensfern sei die Annahme, dass der Sachverständige in 1964 im Alter von 23 Jahren einen umfassenden Marktüberblick gehabt und dieses Wissen bis heute konserviert habe.
Die Keller-Büro- und -Restaurantflächen seien nur als Abstellräume geeignet und mit 1 DM/qm anzusetzen. In fünf nahegelegenen Straßen mit vielleicht 100 Häusern gebe es im Unterschied zum benachbarten G.-hof oder dortigen Straßenecken kaum
eine eigenständige Nutzung von Keller- oder Tiefparterre-Räumen. Die vorübergehenden Vermietungen durch den Kläger seien ein großer Zufall.
Für die Ermäßigung wegen Baumängeln gemäß § 82 BewG seien unter Umrechnung der neueren Gutachten in DM-Beträge 1964 für das Dachgeschoss 43.209,89 DM, für das 2. OG 26.079,20 DM und für den Keller 32.842,36 DM, zusammen 102.131,45 DM zugrunde zu legen, die nach Begrenzung durch § 83 Abs. 3 BewG noch in Höhe von 53.893,64 DM abziehbar seien. Im Übrigen werde auf den merkantilen Minderwert wegen Schwamm und die Möglichkeit unentdeckter weiterer Schwammschäden hingewiesen.
Insgesamt ergebe sich nach einem Grundstückswert von 256.036,76 DM und der Ermäßigung wegen Bauschäden um 53.893,64 DM ein Einheitswert von gerundet 202.100 DM.
Nachdem der Kläger zunächst eine Herabsetzung des Einheitswerts von (laut Einspruchsentscheidung) 445.000 DM um 277.000 DM auf 168.000 DM beantragt hat (Schriftsatz vom 2., eingeg. 3. Februar 2012 FG-A Bl. 21),
beantragt der Kläger nunmehr (FG-A Bl. 219R, 221)
den mit Bescheid vom 16. 06. 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. 09. 2011, geändert durch Bescheid vom 12. 09. 2012, [auf 445.000 DM] festgestellten Einheitswert [um 242.900 DM] auf 202.100 DM herabzusetzen.
Das beklagte Finanzamt beantragt (FG-A Bl. 215, 221),
die Klage abzuweisen.
Das FA bezieht sich sinngemäß in Ergänzung der Einspruchsentscheidung auf die in den gerichtlichen Verhandlungsterminen getroffenen und den widerrufenen Verständigungen zugrunde gelegten Feststellungen. Im Übrigen sei zu prüfen, ob die Schätzung der Kosten zur Beseitigung der Bauschäden für ein Urteil ausreiche.
VII.
1. Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 8. Dezember 2011 auf den Einzelrichter übertragen (FG-A Bl. 11).
2. Das Gericht hat wie erwähnt Beweis erhoben durch mündliche sachverständige Begutachtung und richterliche Augenscheinseinnahme (FG-A Bl. 47, 50 ff., 94, 167 ff.).
3. Die Beteiligten haben auf weitere Beweisaufnahme verzichtet (FG-A Bl. 221).
4. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Terminsprotokolle
vom 7. Juni 2012 (FG-A Bl. 46 ff.),
vom 23. August 2012 (FG-A Bl. 50 ff.),
vom 23. April 2013 (FG-A Bl. 92 f.),
vom 7. Mai 2013 (FG-A Bl. 94 ff.),
vom 3. Juni 2013 (FG-A Bl. 167 ff.),
vom 30. August 2013 (FG-A Bl. 220 ff.)
und auf die vorbezeichneten Unterlagen nebst den damit zusammenhängenden Vorgängen aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) nebst Anlagenband (FG-Anlbd.)
sowie aus folgenden Akten:
Einheitswert- und Grundsteuerakten (EW-A) Bd. I-II,
Bauakten (Bau-A) Bd. 1-2,
Grundakte (Gr-A).
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist zulässig, nachdem vor der zuletzt gemäß § 65 FGO gesetzten Ausschlussfrist (A VI) zumindest das vorherige Klagebegehren bezeichnet war.
II.
Die Klage ist nur insoweit begründet, als der Einheitswert von laut Einspruchsentscheidung 445.000 DM um 59.000 DM auf 386.000 DM herabgesetzt wird (§ 101 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO).
1. Der Entscheidung über die Klage für den Bewertungsstichtag 1. Januar 2006 steht nicht die zur Frage der Verfassungsmäßigkeit (Art. 3 GG) der Einheitsbewertung (§§ 19 ff., 27, 68 ff., 74 ff., 78 ff. BewG) für 2007 beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde entgegen (BVerfG 2 BvR 287/11; vorgehend BFH-Urteil vom 30.06.2010 II R 12/09, BFHE 230, 93, BStBl II 2011/48; vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2010 II R 60/08, BFHE 230, 78, BStBl II 2010, 897; FG Hamburg, Beschluss vom 26.11.2010 3 K 46/10, EFG 2011, 1051).
Im Übrigen hat das FA den angefochtenen Einheitswert gemäß § 165 AO im Hinblick auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens gemäß § 165 AO für vorläufig erklärt (oben A IV; vgl. Ländererlass vom 19.04.2012, DStR 2012, 858).
2. Bei der Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse auf den Fortschreibungs-zeitpunkt 1. Januar 2006 ist nach §§ 22, 27, 79 Abs. 5 BewG von den Wertverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 auszugehen; seitdem wurde abweichend von § 21 Abs. 1 BewG keine neue Hauptfeststellung mehr gesetzlich angeordnet (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewG-Änderungsgesetz i. d. F. vom 22. Juli 1970, BGBl I 1970, 1118, BStBl I 1970, 911). Trotz des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts werden die Einheitswerte nach den bisherigen Vorschriften – noch – verfassungsgemäß festgestellt und der Grundsteuer zugrunde gelegt (BFH-Urteil vom 02.02.2005 II R 36/03, BFHE 209, 428, BStBl II 2005, 428; vom 18. Oktober 2006 II B 11/06, Juris, nachgehend BVerfG-Beschluss vom 26.02.2007 1 BvR 307/07, Juris; ständ. Rspr.).
Zutreffend hat das FA das gemischt genutzte Grundstück im Ertragswertverfahren und – mangels abweichender besonderer – Merkmale nicht im Sachwertverfahren
bewertet (§§ 68 ff., 74 ff., 76 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, §§ 78 ff., 83 ff. BewG; vgl. BFH-Urteile vom 16.05.2007 II R 36/05, BFH/NV 2007, 1827; vom 21.02.2002 II R 66/99, BFHE 198, 146, BStBl II 2002, 378).
3. Wegen der nicht vorliegenden tatsächlichen Mieten, sondern in der ursprünglichen Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1964 nur komplett gemäß Wohn-Mietespiegel Hamburg 1964 pauschal geschätzten Mieten (oben A I 2), und wegen der zwischenzeitlichen Nutzungsänderungen, Ein- und Umbauten (oben A I 3) bis zum Stichtag 1. Januar 2006 richtet sich für diesen der Ertragswert gemäß § 79 Abs. 2 BewG nach der üblichen Miete 1964. Nicht in Betracht kommt danach die sonst vorrangig zu prüfende Bewertung nach § 79 Abs. 1 BewG anhand tatsächlich in 1964 erzielter Mieten für ein bereits existierendes Objekt oder für zusammenhängende Gebäudeteile (vgl. insoweit FG des Saarlandes, Urteil vom 27.11.1991 2 K 214/85, EFG 1992, 650, 652 zu I 2 b; BFH-Urteile vom 17.05.1974 III R 30/73, BFHE 112, 407, BStBl II 1974, 506; vom 7. Dezember 1973 IIII R 158/72, BFHE 111, 264, BStBl II 194, 195).
4. Die hypothetische Miete, die für die Mietobjekte im Gebäude nach Änderungen von Zuschnitt und Ausstattung zum 1. Januar 2006 nach den Wertverhältnissen von 1964 üblicherweise zu zahlen gewesen wäre, ist vom FA zu Recht aufgrund von Mietespiegeln ermittelt worden.
a) Die übliche Miete 1964 wird zur Vermeidung von Ungenauigkeiten oder Ungleichheiten nicht durch Rückrechnung mittels Wertänderungsindex aus einer aktuellen Miete abgeleitet (FG Brandenburg, Urteil vom 14.01.2009 3 K 2567/04 B, Datev, Juris; BFH-Urteil vom 26.01.1979 III R 99/76, BFHE 126, 569, BStBl II 1979, 254, 255 zu 2).
b) Soweit tatsächliche Vergleichsmieten nicht aus eigenem unmittelbar benachbarten Bestand des Steuerpflichtigen vorliegen, können sie nicht praktikabel herangezogen und verglichen werden; das FA darf ihm vorliegende Vergleichsmieten ohne Befreiung vom Steuergeheimnis nach § 30 AO im Prozess nicht einzelnen Vergleichsobjekten zuordnen (BFH vom 24.09.1976 III B 12/76, BFHE 120, 270, BStBl II 1977, 196). Ebenso wenig kommt es auf unbezifferte und unbelegte Behauptungen über die Berechnung des Einheitswerts oder der Grundsteuer anderer Grundstücke an; abgesehen von der Frage ihrer zutreffenden Bewertung und Besteuerung.
c) Gemäß ständiger Rechtsprechung werden die in 1964 üblich gewesen Mieten nach Möglichkeit Mietespiegeln entnommen, die als Hilfsmittel zur Schätzung gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG i. V. m. § 162 AO dienen (BFH-Urteile vom 18.01.1998 II R 79/96, BFHE 187, 104, BStBl II 1999, 10; vom 25.01.1989 II R 111/88, BFHE 155, 561, BStBl II 1989, 402; vom 23.11.1988 II R 2/86, BFH/NV 1989, 626). Die Heranziehung der 1964 üblichen Spiegelmieten wird der Höhe nach nicht durch die Tabellenmieten des Zweiten Bundesmietengesetzes (2. BMietG, BGBl I 1960, 389) begrenzt. In die Spiegelmieten einzubeziehen waren auch die in 1964 gezahlten höheren preisrechtlich zulässigen oder als genehmigt geltenden Mieten (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.1974 III R 81/73, BFHE 114, 257, BStBl II 1975, 188) und die über die Tabellenmiete des 2. BMietG hinaus in die Jahresrohmiete einbezogenen Umlagen (FG Hamburg, Beschluss vom 26.11.2010 3 K 46/10, EFG 2011, 1051; vgl. BFH-Urteil vom 7.02.1975 III R 145/73, BFHE 115, 274, BStBl II 1975, 474; vgl.
ferner BVerfG-Beschluss vom 11.10.1983 1 BvL 73/78, BVerfGE 65, 160, BStBl II 1984, 20; entgegen vorl. Bem., Hamburger Grundeigentum 1968, 151).
Vorauszusetzen ist, dass Mietespiegel 1964 für den räumlichen Zuständigkeitsbereich des FA vorliegen und die betreffende Grundstücks- bzw. Gebäudeart umfassen (BFH-Urteil vom 05.05.1999 II R 54/97, BFH/NV 2000, 169, DStRE 2000, 33, HFR 2000, 2, 88; Schaffner in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, 3. A., § 79 Rd. 17; im Übrigen vgl. § 76 Abs. 3 BewG).
d) In Betracht kommen danach für den Bereich des in Hamburg für die Einheitsbewertung allein zuständigen beklagten FA zum einen der „Mietespiegel“ 1964 für Wohnobjekte, der unter Mitwirkung verschiedener Institutionen verwaltungsseitig aufgestellt wurde (OFD Hamburg vom 6. Dezember 1967 S 3202, Hamburger Grundeigentum 1968, 145) und zum anderen der vom RDM (jetzt IVD) herausgegebene „Preisspiegel“ 1964, der für eine Anzahl deutscher Städte neben Immobilienpreisen die Laden- und die Büromieten für die verschiedenwertigen Lagen ausweist.
Für das gemischte genutzte Gebäude – hier – sind erstens der Wohn-Mietespiegel für die Wohnungen, zweitens der RDM-Preisspiegel Rubrik Büromieten für die Labor-, Praxis- und Büroräume und drittens der RDM-Preisspiegel Rubrik Ladenmieten für die Gaststätte zugrunde zu legen. Soweit auch im Wohn-Mietespiegel Anhang 1 gewerblich oder freiberuflich genutzte Räume erwähnt werden, ist dort nur der Fall angesprochen, dass Teile einer Wohnung freiberuflich oder gewerblich genutzt werden (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 12.09.1974 III 125/73, EFG 1975, 4).
e) Soweit für den Zuständigkeitsbereich des FA erarbeitete Mietspiegel hinsichtlich ihrer Aufstellung und der Heranziehung von Vergleichsobjekten nicht substantiiert angegriffen werden, darf das FG, ohne sich eine eigene Überzeugung über das Zustandekommen der Mietspiegel verschaffen zu müssen, davon ausgehen, dass sie auf der Ermittlung und Auswertung einer repräsentativen Zahl von Vermietungsfällen beruhen und deren zusammengefasstes Ergebnis darstellen (vgl. BFH, Beschluss vom 29.01.2013 II B 111/11, BFH/NV 2013, 713; Urteil vom 17.02.1999 II R 48/97, BFH/NV 1999, 1452).
f) Unabhängig davon hat sich das Gericht die Überzeugung verschafft (§ 96 FGO), dass die Angaben im Hamburger Wohn-Mietespiegel 1964 und im RDM-Preisspiegel 1964 Rubriken Ladenmieten und Büromieten repräsentativ, in sich stimmig und praxistauglich sind.
Diese Überzeugung ergibt sich bereits aus der laufenden Zusammenarbeit des seit Anfang 1997 für das Bewertungs-Dezernat des FG zuständigen Berichterstatters (hier des Einzelrichters) mit insbesondere denjenigen beiden gerichtlich beauftragten Sachverständigen, die – wie oft detailliert berichtet – noch über eigene berufliche Erfahrungen im Makler- und Immobiliengeschäft aus 1964 verfügen. Diese Sachverständigen sind noch mit der Erstellung des Wohn-Mietespiegels 1964 vom Dezember 1967 und des RDM-Preisspiegels 1964 sowie mit der Einheitsbewertung zum Feststellungsstichtag 1. Januar 1964 aufgrund seinerzeit bereits persönlicher beruflicher Mitwirkung bei Datenerfassungen und Erklärungen vertraut, wie in Hamburg auch fachkollegial bekannt ist. Sie konnten so dem Finanzgericht in langjähriger Praxis ihre Erinnerungen vermitteln; zugleich vor dem Hintergrund ihrer jahrzehntelangen gutachterlichen Erfahrung einschließlich öffentlicher Bestellung
durch die Handelskammer, Berufung in den Gutachterausschuss für Grundstückswerte und Tätigkeit für verschiedene Gerichte.
So haben gerichtlich beauftragte Sachverständige, insbesondere die vorgenannten, einschließlich des früheren Vorsitzenden des RDM Hamburg und nachfolgenden Vorsitzenden des IVD Nord, der trotz vorgerückten Alters noch auffällig gesund und sportlich ist, auch wiederholt über das Zustandekommen des Wohn-Mietespiegels und des RDM-Preisspiegels 1964 nebst nachfolgenden Entwicklungen berichtet.
Dazu gehört auch die im vorliegenden Verfahren nochmals gutachtlich bestätigte Feststellung, dass der RDM-Preisspiegel 1964 (ungeachtet anderer) sich nicht auf Neuvermietungen beschränkt, sondern dass aufgrund Befragung von ca. 120 Hausmaklern (bzw. -Verwaltern) großen Teils Bestandsmieten eingeflossen sind (OT-Protokoll FG-A Bl. 167 ff., S. 12; FG Hamburg, Urteil vom 22.02.2010 3 K 159/09, EFG 2010, 1294).
g) Dementsprechend werden Miete- und Preisspiegel 1964 für die Einheitsbewertung in Hamburg gemäß ständiger Finanzamts- und Gerichtspraxis angewandt. Dass hierzu kaum weitere Entscheidungen des FG veröffentlicht sind, hat seinen Grund in der einverständlichen Erledigung bisher nahezu aller bisherigen gerichtlichen Verfahren im Einheitswert-Dezernat seit 1997 (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 22.02.2010 3 K 159/09, DStRE 2010, 1453).
h) Soweit ein Mietespiegel 1964 vorliegt und eine übliche Miete daraus abgeleitet werden kann, hat ein Steuerpflichtiger im Massenverfahren der Einheitsbewertung für die Zwecke der Grundsteuer keinen Anspruch auf ein Einzelgutachten (FG Nürnberg, Urteil vom 02.08.2000 IV 219/1999, DStRE 2001, 34; BFH-Urteil vom 10.08.1984 III R 18/76, BFHE 142, 297, BStBl II 1985, 200). Im Vergleich zu individuellen Wertermittlungen verstoßen die größeren Ungleichmäßigkeiten des Wertniveaus im typisierten und pauschalierten Ertragswertverfahren nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG (BFH-Urteil vom 14.12.1994 II R 104/91, BFHE 176, 439, BStBl II 1995, 360).
i) Diese Grundsätze schließen die Einholung eines (hier mündlichen) Sachverständigen-Gutachtens in Verbindung mit richterlicher Augenscheinseinnahme nicht aus, und zwar zwecks gerichtlicher Überzeugung nach freier Beweiswürdigung, z. B. aufgrund sachverständiger Einordnung in die Spiegel-Rubriken, -Lagen oder -Austattungen gemäß §§ 81, 82, 96 FGO i. V. m. §§ 402 ff. ZPO (FG Hamburg, Urteil vom 22.02.2010 3 K 159/09, EFG 2010, 1294).
j) Soweit der Steuerpflichtige zur Ermöglichung der Besichtigung des Grundstücks, des Gebäudes, der Mietobjekte und ihrer Räumlichkeiten entgegen § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht mitwirkt und es etwa – wie hier – dem Gericht überlässt, bei unvorbereitet tagsüber anwesenden Mietern um freiwilligen Einlass zu bitten (vgl. § 99 AO i. V. m. § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO), ist dieses Verhalten bei der Beweiswürdigung und Entscheidung nötigenfalls zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 16.01.1987 IX B 157/86, BFH/NV 1987, 382; Niedersächsisches FG, Urteil vom 09.03.1993 VII 314/90, EFG 1994, 182; Hessischer VGH, Urteil vom 25.06.1991, DVBl. 1991, 1371; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.04.2009 L 14 AS 263/09 B ER, Juris). In Wohnobjekten mit im Zeitlauf unterschiedlich verbesserter Ausstattung kann es sich erfahrungsgemäß bei den tagsüber wenigen Anwesenden um Nichterwerbstätige oder Geringverdiener in wenig renovierten Wohnungen handeln, während die nach
Mietereinbauten und Mieterwechseln besser ausgestatteten bzw. wertvoller vermieteten Wohnungen nicht zur Besichtigung zur Verfügung stehen.
5. Der Höhe nach ist für den Einheitswert des Mischnutzungs-Grundstücks zum Fortschreibungsstichtag entscheidend, welche Mieten für die Mietobjekte in dem Gebäude unter den bis Jahresbeginn 2006 veränderten tatsächlichen Verhältnissen (u. U. Lage, Zuschnitt oder Ausstattung) jeweils in 1964 nach den damaligen Wertverhältnissen gezahlt worden wären (BFH-Beschluss vom 11.12.2003 II B 151/02, BFH/NV 2004, 472).
Hinsichtlich der Ausstattung ist zu berücksichtigen, dass die Spiegelmieten sich nur auf die in 1964 üblichen Ausstattungen beziehen und nicht auf die darüber hinausgehenden zwischenzeitlichen Neuentwicklungen; dementsprechend erfassen die Mietpreisspannen für verschiedene Ausstattungsstufen im Mietespiegel und Preisspiegel 1964 nur die damals üblichen Ausstattungsklassen (vgl. BFH-Urteil vom 28.01.1987 II R 234/81, BFH/NV 1988, 351 zu 2 b).
Ungeachtet aktueller hochwertiger Ausstattungen kann schon eine gemäß heutigen Maßstäben als nur durchschnittlich anzusehende Ausstattung nach den Wertverhältnissen 1964 als gut oder sehr gut einzustufen sein (FG Brandenburg, Urteil vom 14.01.2009 3 K 2567/04 B, Datev, Juris: z. B. Zentralheizung und WC mit Warmwasser).
Im Übrigen erfassen im Preisspiegel die Mietespannen mit dem oberen Wert nicht die darüber hinaus seinerzeit in Einzelfällen erzielten Spitzenmieten. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass es sich bei den in den Preisspiegel eingeflossenen Mieten aus 1964 zum ganz überwiegenden Teil oder sogar fast ausschließlich noch um Altbauten gehandelt hat (FG Hamburg, Urteil vom 22.02.2010 3 K 159/09, DStRE 2010, 1453; vgl. oben 4 f. zu Bestandsmieten).
6. Im vorliegenden Klageverfahren haben sich die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht verständigt über die tatsächlichen Verhältnisse am Stichtag 1. Januar 2006 mit den gesamten Flächen und ihrer Aufteilung in OG Wohnzwecke, HP Labor-/Praxisfläche, Souterrain Büro und Souterrain Gaststätte sowie mit den dafür nach den Wertverhältnissen 1. Januar 1964 üblichen Mieten für die Wohnungen im OG und das Büro im Souterrain, und zwar insoweit vorbehaltlos (oben A V 1).
Diese Verständigungen über ansonsten schwierig zu ermittelnde – ggf. nach Besonderheiten aller Räumlichkeiten zu gewichtende und zusammenzufassende – Werte für die Gebäude- bzw. Grundstücksbewertung binden das Gericht (FG Hamburg, Zwischenurteil vom 07.10.2011 3 K 122/10, DStRE 2012, 759 zu III m. w. N.).
7. Soweit die übrigen im Ortstermin getroffenen tatsächlichen Verständigungen (oben A V 2-3) aufgrund Vorbehalt fristgerecht widerrufen worden sind (oben A V 4), kommt das Urteil gleichwohl zu denselben Werten.
Diese beruhen nämlich auf der erneuten Beweisaufnahme mit richterlicher Augenscheinseinnahme und nochmaligem mündlichen Sachverständigen-Gutachten im Ortstermin (§§ 81, 82 FGO i. V. m. §§ 371, 372, 402 ff. ZPO) und sind daher nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unverändert überzeugend (§ 96 FGO).
Nach Ausschlussfrist gemäß § 79b FGO (oben A VI) müsste neues unentschuldigt verspätetes und die Erledigung des Rechtsstreits verzögerndes Vorbringen nicht mehr berücksichtigt werden.
Im Übrigen ist auf weitere Beweisaufnahme verzichtet worden (oben A VII 3).
8. Unverändert überzeugt die – mit der Einspruchsentscheidung übereinstimmende – Bewertung der im Hochparterre belegenen 334 qm Labor- und Praxisflächen mit 5,50 DM/qm, sowohl ausgehend vom RDM-Preisspiegel 1964 Rubrik Büromieten, als auch gemäß Begutachtung durch den – wie dargelegt (oben 4 f.) – selbst über tragende Erfahrungen verfügenden – Sachverständigen.
Der Sachverständige hat insbesondere ausgeführt, dass die 5,50 DM/qm – trotz der städtischen Lage – sinngemäß dem mittleren Wert aus der untersten Lagekategorie Vorort mit der Spanne 4 bis 7 DM entsprechen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Protokolle der Begutachtungen nach Aktenlage am 23. August 2012 (FG-A Bl. 50 ff., Protokoll S. 4) und mit richterlicher Augenscheinseinnahme im Ortstermin am 3. Juni 2013 (FG-A Bl. 167 ff., S. 6-8, 11); ferner im Übrigen auf die Mietenliste 2006 mit (1.969,00 + 1.456,50 =) 3.425,50 Euro p. M. bzw. (3.425,50 / 334 =) 10,26 Euro/qm, umgerechnet 20,06 DM/qm (oben A II 2, EW-A Bl. 74). Die Mietverträge bestehen seit 2002 laut Mieterliste 2005 (oben A II, EW-A Bl. 53, 61R).
9. Ebenso überzeugt die differenzierte Bewertung der Souterrain-Gaststättenflächen mit vorn rd. 100 qm à 7,50 DM (insoweit wie in der Einspruchsentscheidung) und hinten mit restlichen rd. 68 qm zu je 3,75 DM (insoweit der Klage teilweise stattgebend).
Dabei ist – in Übereinstimmung mit der Einspruchsentscheidung – auf den Zustand mit der am Stichtag 1. Januar 2006 bereits jahrzehntelang gut bekannten Gaststätte und nicht auf die ggf. bei einer späteren Fortschreibung interessierende weitere Entwicklung im Mietobjekt (oben A II 2) oder in der Nachbarschaft abzustellen. Zum Stichtag wirkten sich die – vom Kläger bisher nicht beseitigten – Bauschäden noch nicht auf die Miete aus; so sind sie hier bei der gesonderten Ermäßigung des Grundstückswerts wegen behebbarer Bauschäden zu berücksichtigen (unten 11).
Gleichwohl überzeugen die gutachtlichen Einschätzungen des Sachverständigen, dass für den Gaststättenbereich vorn 100 qm nur entsprechend dem niedrigsten Wert aus dem Preisspiegel Rubrik Ladenmieten Kategorie Vorort mit 7,50 DM zu bewerten sind und die deutlich schlechter geschnittenen hinteren Räume bzw. 68 qm mit 3,75 DM. Wegen der Einzelheiten und unstreitigen Besichtigungsergebnisse wird verwiesen auf die Protokolle einschließlich Begutachtungen nach Aktenlage am 23. August 2012 (FG-A Bl. 50 ff., Protokoll S. 4 f.) und mit richterlicher Augenscheinseinnahme im Ortstermin am 3. Juni 2013 (FG-A Bl. 167 ff., S. 10 f., 14 f., 17). Ferner wird im Übrigen Bezug genommen auf die Mietenliste 2006 mit 2.975,00 Euro p. M. bzw. (2.975,00 / 168 =) 17,70 Euro/qm, umgerechnet 34,63 DM/qm, bezogen auf die gesamte Fläche vorn und hinten (oben A II 2, EW-A Bl. 74). Der Mietvertrag besteht seit 1982 laut Mieterliste 2005 (oben A II 1, EW-A Bl. 53, 61R).
10. a) Systematisch unstreitig sind alle bewerteten Qm-Mieten mit den Flächen in Monatsmieten umzurechnen und letztere mit 12 zu multiplizieren (Tabelle, oben A V 2).
Die Mieten verstehen sich – in Übereinstimmung mit dem RDM-Preisspiegel und dem Hamburger Wohn-Mietespiegel – zuzüglich Erhöhung wegen der üblichen Schönheitsreparatur-Mieterverpflichtung bei den Wohnflächen um 5 % und bei den Geschäftsraumflächen um 3 % (vgl. Urteile Hessisches FG vom 22.04.2010 3 K 1907/06, Juris; FG Baden-Württemberg vom 14.09.2004 8 K 215/00, EFG 2005, 170; BFH vom 28.01.1977 III R 58/76 BFHE 121, 359, BStBl II 1977, 376 zu 1; Abschn. 22 BewRGr).
Danach beträgt hier die Jahresrohmiete 67.779,78 DM (Tabelle, oben A V 2).
b) Wie bereits zur Auswirkung der Verständigungen tabellarisch dargestellt (oben A V 2), wird der Grundstücks-Ertragswert durch Multiplikation der Jahresrohmiete mit dem Vervielfältiger nach § 80 BewG errechnet. Bei gemischt genutzten Massiv-Altbauten vor 1895 mit mehr als 50 % Geschäftsraummiete-Anteil in Hamburg beträgt der Vervielfätiger 6,4 gemäß Anlage 5 zu § 80 BewG (Abschn. 26 ff. BewRGr).
Daraus würde sich hier ein Grundstückswert von 433.790,59 DM ergeben (Tabelle, oben A V 2).
11. Wegen der vorstehend noch nicht einbezogenen behebbaren Bauschäden (vgl. oben 9) ist der Grundstückswert gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG zu ermäßigen.
a) Die Feststellung der Bauschäden ergibt sich aus den eingereichten – teils zivilgerichtlich erstatteten – Gutachten und Kostenschätzungen und aus jeweiliger hiesiger Augenscheinseinnahme und Verhandlung zwischen den Beteiligten – einschließlich der Bausachverständigen des FA – sowie aufgrund ergänzender mündlicher Begutachtung durch den finanzgerichtlich beauftragten Sachverständigen (oben A V 3). Wegen der Einzelheiten wird auf die eingereichten Gutachten und Kostenschätzungen sowie auf die protokollierten Augenscheinseinnahmen und diesbezüglichen Verhandlungsinhalte verwiesen (FG-Anlbd., OT-Protokoll FG-A Bl. 167 ff. S. 2 ff., 10 f., 11 ff., 15 ff.).
b) In Anbetracht des zeitnahen Grundstücks-Gesamtkaufpreises 2,55 Mio Euro per 1. Januar des dem Bewertungsstichtag vorangegangenen Jahres (oben A I) konnten die zur Behebung der Bauschäden geschätzten Kosten der Einfachheit halber ins Verhältnis zu dem Kaufpreis gesetzt werden. Daraus ergibt sich eine genauere prozentuale Grundstückswert-Ermäßigung als bei theoretischer Berechnung von Gebäude- und Bodenwert (unten c).
Dementsprechend sind jeweils im Verhältnis zum Kaufpreis die Kosten für das Dachgeschoss mit rd. 5 %, für die Wohnungen im darunter liegenden dritten Obergeschoss mit rd. 3 % sowie für die Restaurant-Räume im Souterrain mit weiteren rd. 3 %, mithin insgesamt rd. 11 % geschätzt worden (oben A V 2-3). Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die im Wesentlichen zugrunde gelegten eingereichten Gutachten und Kostenschätzungen (FG-Anlbd.) sowie auf den protokollierten diesbezüglichen Inhalt der Verhandlung einschließlich der Erklärungen des finanzgerichtlichen Sachverständigen (OT-Protokoll FG-A Bl. 167 ff. S. 15 ff.).
Die Ermäßigung des Grundstückswerts von 433.790,59 DM um 11 % beläuft sich auf 47.716,97 DM (Tabelle, oben A V 2).
c) Damit wird nicht nur die Ermäßigungs-Obergrenze von 30 % des Grundstückswerts gemäß § 82 Abs. 3 BewG eingehalten, sondern es werden auch 30 % Ermäßigung des Gebäudewerts nicht überschritten, wenn gemäß Abschn. 20 Abs. 6 BewRGr der Bodenwert mit dem 2,31 fachen der Jahresrohmiete (67.779,78 DM x 2,31 =) 156.571,29 DM aus dem noch nicht ermäßigten Grundstückswert 433.790,59 DM herausgerechnet wird und danach der Gebäudewert (433.790,59 ./. 156.571,29 =) 277.219,30 DM beträgt. Denn davon 30 % wären 83.165,79 DM und damit mehr als die hier errechnete Ermäßigung um 47.716,97 DM.
d) Die Ermäßigung des Grundstückswerts von 433.790,59 DM um 47.716,97 DM führt zu einem ermäßigten Grundstückswert von 386.073,63 DM (Tabelle, oben A V 2).
12. Letzterer ist abzurunden gemäß § 30 BewG auf 386.000 DM und entspricht umgerechnet 197.358 Euro.
III.
Die Nebenentscheidungen über die Kosten und deren vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus § 136 Abs. 1, § 151 Abs. 3, § 155 Satz 1 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO (zur Änderung von § 708 Nr. 10 ZPO vgl. FG Hamburg, Urteil vom 29.11.2004 III 493, EFG 2005, 1434 u. nachf. Rspr.).
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO (oben A VII).