BFH: § 1 Abs. 5 AStG ist Einkünftekorrekturvorschrift, keine eigenständige Betriebsstättengewinnermittlung


Aktuelle Entscheidung des BFH, Urteil I R 45/22 vom 18.12.2024 (Pressemitteilung Nr. 29/25 vom 08.05.2025)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt: § 1 Abs. 5 Außensteuergesetz (AStG) ist nur eine Einkünftekorrekturvorschrift – und keine eigenständige Regelung zur Ermittlung des Betriebsstättengewinns. Eine vollständige Verwerfung einer eingereichten Gewinnermittlung allein auf Basis von § 1 Abs. 5 AStG und der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) ist unzulässig.

Hintergrund

Im entschiedenen Fall betrieb eine ungarische Kapitalgesellschaft eine Betriebsstätte in Deutschland. Sie reichte für diese Betriebsstätte eine veranlassungsbezogene Gewinnermittlung im Rahmen ihrer beschränkten Steuerpflicht ein.

Das Finanzamt verwarf diese Gewinnermittlung ohne weitergehende Prüfung und setzte stattdessen den Gewinn nach der kostenorientierten Verrechnungspreismethode (§ 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV) fest – gestützt auf § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH hat diese Vorgehensweise abgelehnt und die Vorentscheidung bestätigt:

  • § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG ist keine eigene Gewinnermittlungsvorschrift.
  • Die Norm erlaubt nur die Korrektur von Einkünften, wenn eine Einkünfteminderung auf nicht fremdübliche Bedingungen zurückzuführen ist.
  • Eine vollständige Verwerfung der veranlassungsbezogenen Gewinnermittlung und ein Ersatz durch eine Gewinnermittlung mittels Kostenaufschlagsmethode ist nicht zulässig, solange keine ordnungsgemäße Veranlassungsprüfung erfolgt ist.
  • Die Vorschriften in § 1 Abs. 4 AStG und § 32 BsGaV fingieren keine Einkünfteminderung.

Diese Grundsätze bestätigte der BFH auch im Parallelverfahren I R 49/23.

Praxisrelevanz

Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für die Besteuerung von ausländischen Unternehmen mit Betriebsstätten in Deutschland:

  • Finanzämter dürfen eingereichte Betriebsstättengewinnermittlungen nicht ohne Weiteres verwerfen und durch eine pauschale kostenbasierte Methode ersetzen.
  • Die Korrektur von Einkünften erfordert stets eine konkrete Prüfung, ob eine Einkünfteminderung tatsächlich auf nicht fremdübliche Bedingungen zurückzuführen ist.
  • Steuerpflichtige sollten Wert auf eine saubere Dokumentation der Verrechnungspreise und der Gewinnermittlung legen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Tipp:
Unternehmen mit deutschen Betriebsstätten sollten ihre Verrechnungspreisdokumentationen sowie Gewinnermittlungen regelmäßig steuerlich überprüfen lassen, um etwaige Risiken frühzeitig zu erkennen.

Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.12.2024, I R 45/22
(Volltext als LEXinform-Dokument Nr. 0954401 verfügbar)