In seinem Urteil vom 1. August 2024 (Az. VI R 32/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Deutschland das Besteuerungsrecht für Einkünfte eines in der Schweiz ansässigen Piloten aus nichtselbstständiger Arbeit hat, wenn dieser für ein deutsches Luftfahrtunternehmen im internationalen Luftverkehr tätig ist. Die Entscheidung basiert auf den Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz aus den Jahren 1971/2010.
Kernaussagen des Urteils
- Besteuerung nach Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz:
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Luftverkehr erzielt werden, dürfen nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz in dem Staat besteuert werden, in dem sich die Geschäftsleitung des Luftfahrtunternehmens befindet. Für ein in Deutschland ansässiges Luftfahrtunternehmen bedeutet dies, dass Deutschland das Besteuerungsrecht für die Einkünfte hat. - Kein Grenzgängerstatus:
Piloten im internationalen Luftverkehr gelten nicht als Grenzgänger im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz. Damit findet die Sonderregelung für Grenzgänger keine Anwendung, die unter bestimmten Voraussetzungen das Besteuerungsrecht ausschließlich dem Wohnsitzstaat zuweist.
Hintergrund der Regelungen
- Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz:
Diese Vorschrift regelt die Besteuerung von Einkünften aus Tätigkeiten im internationalen Verkehr. Sie stellt sicher, dass Einkünfte von Personen, die in der Luftfahrt, im Schiffsverkehr oder im Straßenverkehr tätig sind, grundsätzlich im Staat der Geschäftsleitung des Unternehmens besteuert werden. - Art. 15a DBA-Schweiz (Grenzgängerregelung):
Für Grenzgänger, die regelmäßig in einen Nachbarstaat zur Arbeit pendeln, gilt grundsätzlich das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaats. Piloten, die überwiegend außerhalb der Schweiz tätig sind, fallen jedoch nicht unter diese Definition.
Praktische Bedeutung
- Besteuerung der Einkünfte:
Piloten, die in der Schweiz wohnen, aber für ein deutsches Luftfahrtunternehmen tätig sind, müssen ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit in Deutschland versteuern. Sie unterliegen dabei den Regelungen des deutschen Einkommensteuerrechts. - Vermeidung der Doppelbesteuerung:
Die Schweiz kann die Einkünfte aus der Tätigkeit im internationalen Luftverkehr nicht erneut besteuern. Sollte es dennoch zu einer Doppelbesteuerung kommen, ermöglicht das DBA entsprechende Anrechnungsmethoden, um diese zu vermeiden. - Abgrenzung Grenzgänger:
Piloten sollten ihre steuerliche Situation genau prüfen, da sie trotz regelmäßiger Rückkehr an ihren Wohnsitz in der Schweiz nicht als Grenzgänger im Sinne des DBA gelten. Dies hat wesentliche Auswirkungen auf die Steuerpflicht in Deutschland.
Fazit
Das BFH-Urteil schafft Klarheit hinsichtlich des Besteuerungsrechts für in der Schweiz ansässige Piloten, die für deutsche Luftfahrtunternehmen tätig sind. Es bestätigt die Anwendbarkeit von Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz und stellt sicher, dass Deutschland das Besteuerungsrecht ausüben kann. Piloten und ihre Arbeitgeber sollten die steuerlichen Konsequenzen im internationalen Kontext sorgfältig prüfen und bei Bedarf steuerliche Beratung in Anspruch nehmen, um ihre Pflichten korrekt zu erfüllen.