BFH: Erstattung der Steuer für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig

Bundesfinanzhof (BFH), Pressemitteilung Nr. 1/25 vom 09.01.2025 zum Urteil IX R 5/23 vom 15.10.2024

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2024 (Az. IX R 5/23) entschieden, dass die Einkommensteuer, die auf den Ersatz eines Verdienstausfallschadens zu zahlen und anschließend vom Schädiger erstattet wird, vom Geschädigten zu versteuern ist. Dieses Urteil klärt eine bislang umstrittene steuerliche Frage und hat weitreichende Bedeutung für Betroffene.


Sachverhalt: Verdienstausfall nach Behandlungsfehler

Die Klägerin konnte aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers ihren Beruf nicht mehr ausüben. Sie erhielt von der Versicherung des Schädigers jährliche Zahlungen als Ersatz für ihren Verdienstausfallschaden. Diese Zahlungen galten als Entschädigung für entgangenen Arbeitslohn und unterlagen der Einkommensteuer (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG).

In den Streitjahren erstattete die Versicherung zudem die von der Klägerin in den Vorjahren bereits gezahlten Einkommensteuern, die auf die Entschädigungsleistungen entfielen. Das Finanzamt und das Finanzgericht sahen diese Erstattungen ebenfalls als steuerpflichtig an. Die Klägerin argumentierte jedoch, dass es sich dabei um einen steuerneutralen Ersatz eines Steuerschadens handele.


Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Nach Ansicht des Gerichts stellen sowohl der Verdienstausfallschaden als auch die darauf entfallende Steuerlast Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs dar. Beide Zahlungen sind somit einkommensteuerpflichtige Einnahmen.

Zentrale Argumente des BFH:

  1. Zivilrechtliche Grundlage:
    Der Anspruch auf Ersatz der Steuerlast ergibt sich aus dem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch. Dieser umfasst neben dem Nettoverdienstausfall auch die Steuerlast, die später vom Schädiger oder dessen Versicherung erstattet wird.
  2. Kein Unterschied in der Besteuerung:
    Die zeitliche Aufteilung der Zahlungen ändert nichts an der steuerlichen Behandlung. Beide Leistungen dienen dazu, entgangene Einnahmen zu ersetzen und unterliegen daher der Einkommensteuer.
  3. Keine tarifermäßigte Besteuerung:
    Eine ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG wurde ausgeschlossen. Der Grund: Die Zahlungen wurden nicht „außerordentlich“ in einem Jahr geleistet, sondern über mehrere Jahre verteilt. Damit fehlte die notwendige „Außerordentlichkeit“ der Entschädigung.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil verdeutlicht, dass der Ersatz von Steuerlasten, die auf Entschädigungsleistungen entfallen, steuerlich nicht anders behandelt wird als der ursprüngliche Verdienstausfallschaden selbst. Für Betroffene ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:

  1. Steuerpflicht bleibt bestehen:
    Sowohl der Nettoverdienstausfall als auch die erstattete Steuerlast unterliegen der Einkommensteuer. Betroffene sollten dies bei der finanziellen Planung berücksichtigen.
  2. Keine Steuerermäßigung:
    Auch wenn die Zahlungen auf mehrere Jahre verteilt erfolgen, ist keine tarifermäßigte Besteuerung möglich.
  3. Prüfung der Steuerlast:
    Es empfiehlt sich, die steuerlichen Auswirkungen der Schadenersatzleistungen genau zu prüfen und entsprechende Rücklagen zu bilden, um spätere Steuerforderungen begleichen zu können.

Fazit

Das Urteil des BFH schafft Klarheit, bringt jedoch für Betroffene zusätzliche Steuerbelastungen mit sich. Insbesondere in Fällen, in denen Schadenersatzleistungen gestaffelt gezahlt werden, sollte frühzeitig geprüft werden, wie die Steuerlast optimal bewältigt werden kann.

Haben Sie Fragen zu den steuerlichen Auswirkungen von Schadenersatzleistungen? Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.