BFH: Insolvenzanfechtung im Kontext einer umsatzsteuerlichen Organschaft und die damit verbundenen Vorsteuerberichtigungen sowie Ausgleichsansprüche innerhalb des Organkreises

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Dezember 2023 (Aktenzeichen XI R 5/20) behandelt die steuerlichen Folgen einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung im Kontext einer umsatzsteuerlichen Organschaft und die damit verbundenen Vorsteuerberichtigungen sowie Ausgleichsansprüche innerhalb des Organkreises. Hier sind die wesentlichen Aspekte und Implikationen dieses Urteils zusammengefasst:

Hintergrund:

  • Eine Organgesellschaft hatte Darlehen für berufliche Aufstiegsfortbildungen erhalten, die teilweise erlassen wurden, nachdem die Fortbildungen erfolgreich abgeschlossen waren. Die Darlehen wurden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt und waren durch das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz unterstützt.
  • Über das Vermögen der Organgesellschaft und des Organträgers wurden Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter des Organträgers focht erfolgreich Zahlungen an Lieferanten der Organgesellschaft an, die zuvor von der Organgesellschaft getätigt wurden.

Entscheidung des BFH:

  1. Vorsteuerberichtigung: Der BFH entschied, dass der Vorsteuerabzug bei der Organgesellschaft zu berichtigen ist, wenn der Leistende (hier die Organgesellschaft) ein bereits vereinnahmtes Entgelt an den Organträger zurückzahlt, der die Zahlung erfolgreich angefochten hat. Dies steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH, wonach die Erstattung von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen als Einnahme bei der Einkunftsart zu erfassen ist, bei der die Werbungskosten früher abgezogen wurden.
  2. Keine Masseverbindlichkeit der Organgesellschaft: Der BFH stellte klar, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch keine Masseverbindlichkeit der Organgesellschaft im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstellt, die durch eine Handlung des Insolvenzverwalters der Organgesellschaft begründet worden wäre.
  3. Ausgleichsansprüche im Organkreis: Der BFH erkannte an, dass eine „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit der Organgesellschaft im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen kann, falls der Insolvenzmasse der Organgesellschaft aufgrund der erfolgreichen Anfechtung des Organträgers ein Ausgleichsanspruch gegen den Organträger (oder dessen Insolvenzmasse) zusteht.

Bedeutung:

Dieses Urteil unterstreicht die Komplexität der steuerlichen und insolvenzrechtlichen Behandlung von Vorsteuerberichtigungen und Ausgleichsansprüchen innerhalb eines Organkreises, insbesondere im Kontext von Insolvenzanfechtungen. Es verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der steuerlichen Folgen solcher Anfechtungen und der damit verbundenen internen Ausgleichsansprüche innerhalb des Organkreises.

Fazit:

Das Urteil hat wichtige Implikationen für die Praxis, insbesondere für die Handhabung von Vorsteuerberichtigungen und die Bewertung von Ausgleichsansprüchen im Falle von Insolvenzanfechtungen innerhalb eines Organkreises. Es betont die Bedeutung der genauen Zuordnung von steuerlichen Verpflichtungen und Ansprüchen innerhalb des Organkreises und die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung der Verantwortlichkeiten.